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«Wenn du noch einmal in eine Kneipenschlägerei gerätst, brauchst du gar nicht mehr ans Set zurückzukommen», brüllte Ron. «Begreifst du überhaupt, was du angestellt hast, du Arschloch? So ein unreifes Verhalten .»
Mittlerweile ging die Schimpftirade - Alex reckte den Hals, um einen Blick auf Rons Rolex zu erhaschen - in die zehnte Minute. Und es war kein Ende abzusehen. Beeindruckend, wie viel aufgeblasene Langeweile der Showrunner von Gods of the Gates in einer so kurzen Zeitspanne unterbringen konnte.
Alex hätte applaudiert, wäre er nicht so beschäftigt damit gewesen, sowohl ein Gähnen zu unterdrücken als auch das Bedürfnis, seinem Boss in die Eier zu boxen.
Rons Nasenlöcher blähten sich mit jedem scharfen Ausatmen, aber er brachte es dennoch fertig, seine Stimme zu senken. «Du hast Glück, dass wir dir nur eine Aufpasserin besorgt haben. In Anbetracht der negativen Publicity, die du durch deine betrunkenen Eskapaden verursacht hast, hätten wir durchaus die Möglichkeit, finanzielle und berufliche Konsequenzen zu ziehen, was unter anderem bedeuten würde .»
Der Showrunner redete noch immer, aber Alex hatte auf Durchzug geschaltet. Stattdessen studierte er die Frau, die etwa anderthalb Meter links von Ron saß.
Sie hatte scharf geschnittene Gesichtszüge, inklusive einer schnabelartig gebogenen Nase. Kluge Augen und einen sehr runden Körper, dazu vergleichsweise dünne Gliedmaßen. Und sie war unfassbar klein.
Seine neue Nanny sah aus wie ein Vogel.
Ein ziemlich stiller Vogel. Sie hatte noch keinen Pieps von sich gegeben trotz des anbrechenden Morgens.
Sobald Ron von den Ereignissen der Nacht Wind bekommen hatte, hatte er als Allererstes ein Meeting für diesen Morgen einberufen. Obwohl Alex das Gods-Set erst gegen Mitternacht verlassen und vor etwa einer Stunde die Arrestzelle des örtlichen Gefängnisses geräumt hatte. Er hatte gerade noch Zeit gehabt, zu duschen und an der Rezeption des Hotels schnell einen Apfel zu essen, ehe er zur Arbeit zurückkehrte.
Die drei hätten sich auch in einem Wohnwagen treffen können, aber der Showrunner bevorzugte öffentliche Demütigungen. Also hatten sie sich im Freien versammelt, in der Nähe eines schäbigen Lattenzauns, wo Hunderte von Alex' Kollegen seine Bloßstellung mitanhören konnten. Genauso wie sie.
Die blassgesichtige Fremde. Wer auch immer sie war. Was auch immer sie war.
Seine Augen waren blutunterlaufen, das rechte Lid geschwollen, seine Sicht verschwommen. Wenn er im frühmorgendlichen Nebel die Augen zusammenkniff, könnte es sich bei den zerzausten, aschbraunen Haaren, die sich um die weiche Kieferpartie der Frau kräuselten, genauso gut um Federn handeln.
Ja, sie war definitiv ein Vogel. Nur was für einer .
Vielleicht eine Schnepfe? Das würde zumindest im übertragenen Sinn hinkommen.
Obwohl? Nein, Schnepfen waren zu oval und zu langschnäblig, das passte nicht zu ihr.
Nachdem Ron mit seinem Vortrag begonnen hatte, hatte sie sich auf einer provisorischen Bank einige Meter von den beiden Männern entfernt niedergelassen. Ruhig und still hob sich ihre Silhouette vor dem Chaos des Schlachtfeld-Sets ab, das sich entlang der spanischen Küste erstreckte. Doch irgendwie stach sie selbst inmitten der groß angelegten inszenierten Zerstörung und der unaufhörlichen Betriebsamkeit von Statisten und Crewmitgliedern deutlich hervor. Sie wirkte unpassend klein vom Wuchs, wenngleich nicht vom Umfang. Gelassen. Vogelartig.
Ron schimpfte immer noch auf ihn ein - irgendetwas über vertragliche Verpflichtungen und meine Cousine Lauren Clegg und inakzeptables Verhalten für einen Schauspieler in meiner Serie und die Versicherung wird uns die Finanzierung entziehen, bla, bla, bla - und natürlich war Alex wütend über den Anschiss und die ihm zugedachte Strafe und darüber, dass ihn niemand, nicht eine einzige Person, gefragt hatte, was tatsächlich in der Bar geschehen war, aber .
Hey, seine bezahlte Aufpasserin, offenbar eine unglückselige Verwandte von Ron, sah aus wie ein verfluchter Vogel.
Diese ganze Diskussion war nicht nur ärgerlich. Sie war .
«Lächerlich», schnaubte Alex und wies mit dem Arm in Richtung der Frau auf der Bank. «Diese Vogelfrau reicht mir nicht einmal bis zur Brust. Wie will sie mich davon abhalten, das zu tun, wonach mir, verdammt noch mal, der Sinn steht? Willst du, dass sie sich an meine Knöchel klammert wie eine überdimensionierte Fußfessel? Mein klitzekleiner Klotz am Bein?»
Er stellte es sich vor. Eine menschliche Fußfessel würde sein Training herausfordernd, aber nicht unmöglich machen.
Ron grinste kurz. «Sie ist vielleicht lächerlich, aber sie hat das Sagen.» Er warf seiner Cousine einen Seitenblick zu und richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf Alex. «Du tust, was Lauren sagt, bis das Finale ausgestrahlt wurde. Bis dahin begleitet sie dich, wohin auch immer du .»
Moment mal! Alex wollte nicht sie lächerlich nennen, er hatte die Idee gemeint, dass es diese Frau schaffen sollte, ihn monatelang aus Schwierigkeiten herauszuhalten.
Ron redete und redete und redete. «. jedes Mal, wenn du das Set oder dein Haus verlässt. Ist das klar?»
Na ja, nein. Er war gedanklich so von . Lauren, nicht wahr? . abgelenkt, dass Alex Rons zahlreichen Verlautbarungen und Erlassen nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
Theoretisch müsste ein Schauspieler, der seinen Job behalten wollte, an den Lippen seines Showrunners hängen. Aber weshalb sollte er seinen Modus Operandi nach über sieben Jahren kontinuierlicher, lukrativer, einst-glücklicher-und-jetzt-nur-noch-quälender Beschäftigung ändern?
Selbst wenn Ron nicht einer der ermüdendsten und abstoßendsten Menschen der ganzen Fernsehbranche wäre - und das wollte schon etwas heißen -, hätte Alex wohl Schwierigkeiten gehabt, ihm zu folgen. Sein Gehirn war wie ein Radio, das entweder zu häufig den Kanal wechselte oder viel zu lange auf einem hängen blieb - egal, was er wollte. Außerdem war die Frequenz, die es wählte, nicht immer die, auf die es eigentlich eingestellt sein sollte.
Abgesehen davon waren Ron und sein Showrunner-Kollege R.J. einfach ermüdende Arschlöcher, was bedeutete, dass ihre Programmplätze in Alex' Kanalliste schlechten Empfang hatten und durch das statische Rauschen ziemlich schwer zu verstehen waren. Im Laufe der Jahre war Alex sehr geschickt darin geworden, jegliche Aufmerksamkeitslücken zu verbergen, während er sich mit ihnen unterhielt.
Heute war es ihm egal.
«Nein. Es ist überhaupt nichts klar», teilte Alex Ron mit einem Grinsen mit, das sein Gesicht schmerzhaft verzog. «Zu meiner absoluten Schande muss ich gestehen, dass ich das meiste von dem, was du gerade gesagt hast, verpasst habe. Ich entschuldige mich von Herzen.»
Als der Sarkasmus in Alex' vorgetäuschtem Bedauern zu ihm durchsickerte, begann Ron mit dem Kiefer zu mahlen. Lauren beobachtete die beiden einfach weiter, ihr seltsames, asymmetrisches Gesicht blieb ausdruckslos.
Marcus, Alex' bester Freund, würde behaupten, dass er schon wieder die verdammten Grenzen ausreizte, und ihm raten, sich auf die Zunge zu beißen und die Konsequenzen zu bedenken, die weitere Aufsässigkeit nach sich ziehen könnte.
Lass den Film bis zum Ende laufen, würde Marcus ihn drängen. Was passiert, wenn du das Drehbuch nicht änderst?
Es war die letzte Woche der Dreharbeiten für ihre Serie, was hieß, dass es zu spät war, um Alex zu feuern, doch es könnte andere Konsequenzen geben. Geldbußen. Eine Verleumdungskampagne, die es ihm schwer machen würde, neue Jobs zu ergattern. Selbst Vergeltungsmaßnahmen im Schneideraum waren denkbar, obwohl Alex sich nicht vorstellen konnte, wie man den Handlungsbogen seiner Figur noch umfassender ruinieren könnte, als es ohnehin schon geschehen war.
Er sollte sich benehmen. Er würde sich benehmen.
Größtenteils.
«Vielleicht könntest du die Situation noch mal etwas kürzer zusammenfassen?» Er bückte sich und holte sein Telefon aus einem versteckten Täschchen in dem Köcher, der zu seinen Füßen ruhte. «Ich werde mir diesmal Notizen machen.»
Rons Gesicht verfärbte sich zwar leicht violett, aber mehr geschah nicht. Angesichts der Mischung aus Wut, Verzweiflung und Erschöpfung, die an seiner Impulskontrolle zehrte, konnte Alex nicht anders. Nicht einmal Marcus' Ermahnungen konnten ihn noch retten, zumindest nicht vollständig.
Was wiederum deutlich machte, warum dieser ganze Plan - zumindest das, was er davon mitbekommen hatte - lächerlich war. Denn wenn weder die Bitten seines besten Freundes noch sein Selbsterhaltungstrieb ihn aus Schwierigkeiten heraushalten konnten, wie sollte dann eine so unwahrscheinlich kleine, runde Frau diese Aufgabe bewältigen?
Ganz abgesehen davon: Hätten sie ihn ernsthaft gefragt, was bei der Kneipenschlägerei passiert war, dann wüssten sie, weshalb er sich geprügelt hatte und weshalb er unter ähnlichen Umständen wieder genau das Gleiche tun würde, ohne Rücksicht auf Konsequenzen oder irgendwelche Aufpasserinnen. Sie hätten außerdem erfahren, weshalb er sein blaues Auge oder seine aufgerissenen Fingerknöchel nicht eine Sekunde lang bereute.
Nur gut, dass seine Figur - Amor - während der finalen Schlachtszene sowieso verletzt werden sollte.
«Erzähl weiter», sagte er fröhlich. «Ich höre dir jetzt...
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