Schweitzer Fachinformationen
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Hier sitze ich nun, schreibe ein Buch über Frieden und hoffe, dass es dich dazu inspirieren wird, darüber nachzudenken, was Frieden für dich ganz persönlich bedeutet. Ich selbst bin Mitte fünfzig und schaue auf eine Menge bereits gelebter Tage zurück, so, wie auf die Seiten eines Buches, das man in- und auswendig kennt.
Vor genau zwei Wochen habe ich die überraschende Nachricht erhalten, dass der Cousin meiner Frau, der nur drei Wochen älter war als ich, gestorben ist. Wenn ich über mein Leben mit all seinen Unzulänglichkeiten nachdenke und dieses mit seinem Leben vergleiche, sehe ich, was für ein Glück ich gehabt habe. Jörg, so war sein Name, verbrachte praktisch sein ganzes Leben in einem Heim für geistig behinderte Menschen, wo man ihn liebevoll pflegte und umsorgte. Da Ruth, seine Mutter, bereits hochbetagt ist, war ich in den letzten Jahren sein gesetzlicher Betreuer. Sein Tod hat mich wachgerüttelt.
Er hat mir gezeigt, was für ein Glück ich habe, gleichzeitig aber auch, welch große Verantwortung darin liegt, mein Leben dankbar zu leben und so zu gestalten, dass ich meinen Beitrag leiste, damit andere auf ihrem Lebensweg inspiriert werden.
Ich schreibe diese Zeilen, weil jedes Leben lebenswert ist. Jeder Mensch hat seine Würde und jedes Individuum das Recht auf Frieden und Glück. Unser Leben ist eine Reise durch diese Welt und Frieden das höchste Gut, das wir finden können. Frieden ist das Elixier, das unser Leben beflügelt. Frieden ist die Gewissheit, dass ich mit all dem, was mich betrifft, gesehen, erkannt und geliebt werde. Nehme ich diese Liebe an, werde ich dem Himmel nah sein. Habe ich sie nicht, kann es mir den Boden unter den Füßen wegreißen. Frieden hängt nicht vom sozialen Status ab und auch nicht davon, ob ein Mensch gesund oder mit Beeinträchtigungen lebt, in einem reichen oder armen Land, in einem Friedensgebiet oder mitten im Krieg geboren wurde. Frieden ist wie ein tiefes unerklärliches und, trotz aller Widerstände, inneres, vollkommen gutes Gefühl, das einen Menschen in sich selbst zu Hause sein lässt. Wie im Urlaub bei sich selbst. Traumhaft, oder?
FRIEDEN IST WIE EIN TIEFES UNERKLÄRLICHES UND, TROTZ ALLER WIDERSTÄNDE, INNERES, VOLLKOMMEN GUTES GEFÜHL, DAS EINEN MENSCHEN IN SICH SELBST ZU HAUSE FÜHLEN LÄSST.
Ich bin Menschen begegnet, die materiell gesehen alles besaßen, aber innerlich keinen Frieden hatten. Auf der anderen Seite begleitete ich Menschen, die qualvoll starben, Menschen, die unter schrecklichen Umständen lebten, die bitterarm waren und dennoch Frieden ausstrahlten, ja, mehr noch: Sie halfen anderen Menschen.
Frieden, der von innen kommt, ist wie ein unsichtbarer Fluss, der, wohin auch immer er fließt, Lebenskraft schenkt. Es waren genau solche Menschen, Menschen, die Frieden ausstrahlten, die mich dazu inspiriert haben, meinen ganz persönlichen Frieden zu suchen. Dass ich heute lebe, glücklicher Ehemann und stolzer Vater zweier junger Männer bin, hier sitze und Worte auf einer Tastatur tippe, verdanke ich diesen Menschen.
Ich werde dir in diesem Buch über meinen langen Weg hin zum Frieden erzählen, davor aber werde ich dir von einem Tag berichten, der mich deutlich erkennen ließ, dass es meine Lebensaufgabe ist, vom Frieden zu sprechen.
Endlich ist es so weit. Mein Herz schlägt schneller. Das Display meines Handys zeigt 11 Uhr. Es ist ein kalter Samstagmorgen, als wir unseren neuen, selbst gebauten Kochtisch auf Rädern die Treppe unseres Kirchengebäudes hinuntertragen. Ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt und Adrenalin durch meine Adern pumpt. Wird mein Plan aufgehen?
Rückblick: An einem sommerlich heißen Sonntag, als sich das Wetter in Hamburg von seiner besten Seite zeigte, stolperte ich im Eingangsraum unserer Kirche dreißig Minuten vor Gottesdienstbeginn über einen coolen, volltätowierten jungen Mann. Er hatte blondierte Haare und trug T-Shirt und kurze Hose. Mein erster Gedanke war: Der scheint sich wohl verlaufen zu haben. Zu meiner großen Überraschung wollte er tatsächlich in unseren Gottesdienst. Gegen Ende, als er Richtung Ausgang ging, eilte ich ihm hinterher, und wir sprachen kurz miteinander. Ich erzählte ihm von unserem Brunch-Gottesdienst für junge Leute, in der Hoffnung, dass er sich dort bestimmt wohlfühlen würde. Einen Sonntag später kam er wieder und an den folgenden Sonntagen danach auch.
Sein Name war Maurice. Er war Mitte dreißig und wohnte mit seiner Frau Caro und einem frechen Hund namens Wauzi im Gebäude neben unserer Kirchengemeinde. Wauzi hatte mich einst beinahe in die Nase gebissen.
Als Maurice mich dann am vierten oder fünften Sonntag zu einem Kaffee einlud, freute ich mich riesig. Ich war sehr neugierig, zu erfahren, wie es dazu gekommen war, dass er ausgerechnet in unseren Gottesdienst gekommen war und ob er sich dort wohlgefühlt hatte. Die Liste der Fragen, die ich ihm stellen wollte, war ziemlich lang. Aber die Zeit, die wir miteinander verbrachten, war so erfüllt von persönlichen und tief gehenden Gesprächen, dass ich gar nicht mehr weiß, ob ich ihm überhaupt irgendeine meiner Fragen gestellt habe. Er erzählte mir seine Geschichte und ich ihm meine.
Es stellte sich heraus, dass Maurice damals gerade dabei war, einen großen dreitägigen Kongress namens Nice Dry zu organisieren. Die Zielgruppe waren hauptsächlich junge Menschen mit Suchterkrankungen. Durch unseren Schaukasten erfuhr er von meiner Kochaktion namens Friedensmenü: In einem Café kombinierte ich jeden Freitag auf einem Teller Gerichte von zwei Ländern, die politisch gesehen in Konflikt miteinander standen, um durch den entstandenen Geschmack zu zeigen, wie deren Frieden schmecken würde. Gestartet habe ich das Kochprojekt während der ersten Lockerung der Coronamaßnahmen. Es war ein voller Erfolg. Viele Menschen aus dem Stadtteil kamen, um ein Friedensmenü zu genießen. Etliche meiner Freunde und besonders einige Freunde meiner Söhne waren an fast jedem Freitag mit dabei. Mein Ziel war es, dafür zu sorgen, dass die Konflikte unserer Welt nicht in Vergessenheit gerieten, und so präsentierte ich die Menüs als eine Art Gebet um Frieden, den man schmecken kann. Meine große Hoffnung dabei aber war, dass die Gäste sich mit dem Thema Frieden beschäftigen würden und dass sie sich die Frage der Fragen stellten, nämlich: Wie sieht es mit meinem persönlichen Frieden aus? Habe ich ihn?
Dann überraschte mich Maurice mit der Frage, ob ich bereit wäre, während des Kongresses ein Friedensmenü für die Gäste zu kochen. Ich sagte sofort zu. Was für eine Chance. Ich würde die Möglichkeit haben, den Kongressbesucherinnen und -besuchern zu begegnen. Es war aber auch die begeisterte Art und Weise, wie Maurice davon sprach, die mich dazu brachte, sofort zuzusagen. Da war ein Funkeln in seinen Augen, das nicht zu übersehen war. Als ich dieses Funkeln sah, wusste ich, dass dieser Kongress eine große Sache werden würde. Denn: Begeisterte Menschen begeistern andere. Und ich wollte unbedingt Maurice unterstützen, indem ich einen Beitrag dazu leistete.
Kaum hatte ich Ja gesagt, fragte er mich, aus welchen zwei Ländern das Friedensmenü wohl bestehen würde. Doch ich überraschte mich selbst: »Frieden ist etwas zutiefst Persönliches, deswegen werde ich für jede Besucherin und jeden Besucher meines Standes ein ganz persönliches Friedensmenü zubereiten.«
Maurice schaute mich ziemlich verblüfft an und hakte nach: »Habe ich das richtig verstanden? Du willst für jede Person ein ganz persönliches Menü zubereiten? Wie soll das funktionieren?«
»Das wird schon klappen.«
Gleichzeitig fragte ich mich: Was hast du dir dabei nur gedacht? Ich hatte ja gar keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte .
Und nun mache ich mich bei typisch winterlich kaltem und nassem Hamburger Wetter mit zitternden Knien auf den Weg in die Kongresshalle. Während Tabea und Olaf den selbst gebauten Kochtisch zu Fuß den ein Kilometer langen Weg Richtung Kongresshalle transportieren, bringe ich per Carsharing eine Menge frischer Lebensmittel, ausgefallener Gewürze, Töpfe, Pfannen, elektrischer Herdplatten und viele andere Dinge dorthin. Es wird ein intensiver Tag.
Mein Stand misst vier Quadratmeter. Vier Quadratmeter voller knallgelbem Curry, der die Augen verzaubert, frischen Kräutern und Salatblättern in allen Grüntönen bis hin zu Lila, alles mit unterschiedlichen Aromen und individueller Note. Es gibt Zutaten und Soßen von cremiger Konsistenz, die die Zunge warm werden lassen. Knusprig gebrochene Brotkruste, die zwischen den Zähnen wie Musik klingt. Nussig-salzig, lang gereifter Balsamico und Zutaten für fruchtig, vollmundig warme Soßen. Von kalt erfrischend prickelnder Selfmade-Limonade bis hin zu bitter-süßem, wachrüttelndem Kaffee, Gewürzen und Aromen, die in den Nasenflügeln kitzeln und die Gedanken fliegen lassen, ist alles dabei. Die ersten Gäste kommen. Und ich bin bereit.
»Hast du Hunger?«, frage ich meine erste Standbesucherin.
»Wenn ich all das rieche und sehe, was du hier hast, bekomme ich auf jeden Fall richtig Hunger!«, entgegnet mir die junge Frau, die vor mir steht und neugierig all die Zutaten betrachtet.
Ich mag Neugier, denn sie hat die Macht, uns mit auf Reisen zu nehmen, damit wir Neues entdecken.
»Ich werde dir gern zeigen, wie dein persönlicher Frieden schmecken kann, aber davor hätte ich gerne, dass du mir verrätst, was Frieden für dich bedeutet«, antworte ich.
Sie lacht verlegen, dann versucht sie sich an einer Definition für etwas so Abstraktes wie Frieden. Ich frage nach, sie antwortet und plötzlich unterhalten wir uns ganz prächtig. Das, was oberflächlich...
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