Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Wodurch bin ich Ich und du Du? Diese Frage bildet den Kernpunkt des genetischen Puzzles und ist auch von zentraler Bedeutung für die Erforschung der Blutgruppen. Welche belebende Kraft wirkt in dem Naturgesetz, das über die individuell unterschiedliche, einzigartige Zusammensetzung von Charakteristika jedes einzelnen Menschen entscheidet?
Der Schlüssel zu diesem Geheimnis liegt im genetischen Erbe. Dieses genetische Erbe gleicht einer ununterbrochenen Lebenslinie und reicht vom 21. Jahrhundert, in dem Sie leben, zurück bis hin zu Ihren Vorfahren, denen Sie durch ein gemeinsames Band verbunden sind. Die genetischen Informationen, aus denen sich die besonderen Charakteristika Ihrer Vorfahren entwickelten, wurden an Sie weitergegeben.
Als hilfreich erweist sich hier vielleicht der Vergleich mit der Art und Weise, in der ein Computer mit Informationen umgeht. Nehmen wir beispielsweise die Arbeit an diesem Buch. Während ich an meinem Computer sitze, sind mir nur durch meine schöpferischen Kräfte und meine Schreibfertigkeiten Grenzen gesetzt. Ansonsten aber steht es mir frei, Wörter, Sätze oder gar ganze Absätze beliebig hin- und herzuschieben. Alle diesbezüglichen Informationen sind im sogenannten RAM (engl. random access memory, Arbeitsspeicher) meines Computers gespeichert. Käme es unversehens zu einem Stromausfall oder würde ich es versäumen, das Geschriebene auf der Festplatte zu sichern, würde alles verlorengehen. Bin ich jedoch mit dem Text zufrieden, speichere ich ihn auf Dauer auf der Festplatte, um ihn später jederzeit wieder abrufen zu können.
Unser genetisches Erbe gleicht einer biologischen Festplatte.
Ein einfacher Weg, sich von den Zusammenhängen in diesem komplexen Netzwerk ein Bild zu machen, besteht darin, sich die eigene Beziehung zur Welt vor Augen zu halten. Betrachten Sie die Erde als menschliche Zelle. Der Globus (Zelle) ist in viele Staaten (Chromosomen) aufgeteilt, und diese Staaten wiederum in Länder (Chromosomenbande). In den Ländern schließlich finden sich Städte (Gene), in denen Menschen (DNS) leben.
Festgehalten sind darauf »Texte« aus fernster Vergangenheit, die - mitunter auch mit einigen »Diskettenfehlern« - für einen späteren Gebrauch gespeichert wurden. Diese Aufzeichnungen sind in der DNS (Desoxyribonukleinsäure) gespeichert. Und zu den abgespeicherten und gesicherten Informationen zählt unter anderem auch Ihre Blutgruppe.
Wodurch wird nun Ihre Blutgruppe bestimmt? Im Genetik-Fachjargon nennt man die Blutgruppenvarianten Allele. Jeder Mensch besitzt Allele - das heißt, Gene in veränderter Form. Die Allele bestimmen, ob Sie blaue Augen haben oder braune, hochgewachsen oder klein, schwarz- oder rothaarig sind sowie andere körperliche Merkmale. Bekannt sind drei Blutgruppen-Allele - A, B und 0, und dies bedeutet, daß es zu Ihrer Blutgruppe drei Varianten beziehungsweise Alternativen gibt. Allerdings ist der Einfluß Ihrer Blutgruppe wesentlich weitreichender als jener des für Ihre Augenfarbe verantwortlichen Gens. Zum Großteil hat dies etwas mit dem Sitz der Gene zu tun und ihrer Wechselwirkung aufeinander.
Das Gen des AB0-Blutgruppensystems sitzt auf dem q-Arm von Chromosom 9 nahe der Chromosomenbande 34. Die »Adresse« Ihres Blutgruppen-Gens lautet also 9 q34. Hier finden sich die drei fundamentalen Allele des AB0-Blutgruppensystems und legen fest, ob Sie ein 0-, A-, B- oder AB-Typ sind.1 Die Mechanismen des blutgruppenspezifischen Einflusses hängen mit der Art und Weise zusammen, in der sich Gene, die scheinbar nicht miteinander verwandt, aber dicht beisammen oder in naher Nachbarschaft angesiedelt sind, gegenseitig beeinflussen. Durch diesen Mechanismus läßt sich auch erklären, weshalb sich Ihre Blutgruppe auf so vielfältige Weise auf Ihren Organismus auswirken kann - angefangen bei den Verdauungsenzymen bis hin zur Bildung neurochemischer Substanzen.
Eine Reihe enger Beziehungenen zwischen Blutgruppen-Gen und anderen Genen, die sich auf Gesundheit und Wohlbefinden auswirken, sind bereits bekannt. So berichteten beispielsweise im Jahre 1984 Wissenschaftler im Fachjournal Genetic Epidemiology von einem Familienstammbaum, bei dem ein auf Chromosom 9 bei der Bande q34 lokalisiertes Gen für Brustkrebsanfälligkeit nachgewiesen wurde.2 Daraus ergibt sich eine eindeutige Verknüpfung zwischen Blutgruppe und Brustkrebs. Nicht wenige Ernährungsfachleute reagieren verblüfft, sobald ihnen erstmals etwas von der Verkettung zwischen Blutgruppe und Verdauung zu Ohren kommt. Genaugenommen ist es nicht das Blutgruppen-Antigen, das sich auf den Magensäurespiegel auswirkt, sondern vielmehr das für Ihre Blutgruppe verantwortliche Gen. Dieses AB0-Blutgruppen-Gen beeinflußt andere, mit ihm scheinbar nicht verwandte Gene, die unmittelbar oder sehr dicht daneben lokalisiert sind und sich auf die Magensäureproduktion auswirken können. Dieses als Gen-Koppelung bezeichnete Phänomen ist weithin bekannt, aber noch nicht ausreichend geklärt: Von Gen-Koppelung spricht man, wenn Gene die Aktivität anderer, mit ihnen scheinbar nicht verwandter Gene beeinflussen.
Und hier noch eine weitere Verkettung, die auf einen Zusammenhang zwischen Blutgruppe und Gehirntätigkeit hindeutet. Das Gen für das Enzym Dopamin-ß-hydroxylase (DBH), das Dopamin in Noradrenalin umwandelt, ist unmittelbar auf 9 q34 lokalisiert und sitzt buchstäblich auf dem Blutgruppen-Gen.3 Wie sich im weiteren Verlauf zeigen wird, ist dies von ausschlaggebender Bedeutung für die Beziehung zwischen Blutgruppe einerseits und Streß, seelischer Gesundheit und sogar Persönlichkeitsmerkmalen andererseits.
Obgleich es auf den ersten Blick betrachtet vier Blutgruppen gibt - 0, A, B und AB - wäre es eine absurde Vereinfachung anzunehmen, auf unserem Planeten würden nur vier Menschentypen leben. In Wirklichkeit ist alles weit komplizierter und vielschichtiger. Begeben wir uns also auf eine andere Ebene. Mit einer weitergehenden Bestimmung Ihrer Blutgruppe, insbesondere Ihres Sekretor-Status, ergibt sich ein noch spezifischeres Blutgruppenprofil. Die Blutgruppe sitzt nicht inaktiv irgendwo in Ihrem Organismus, sondern offenbart sich auf vielerlei und dazu recht unterschiedliche Weise. Nehmen wir als einfachen bildhaften Vergleich einen Wasserhahn. Je nach Wasserdruck kommt das Wasser in einem dicken Strahl oder tröpfchenweise aus dem Hahn; das heißt, Sie haben Zugang zu reichlich oder nur wenig Wasser. Ähnlich verhält es sich mit Ihrem Sekretor-Status: er steht im Verhältnis zu Menge, Ausprägung und Verteilung Ihrer Blutgruppen-Antigene in Ihrem Organismus.
Gegenüber von 9 q34, auf den Chromosomen 11 und 19, sitzen die überaus wichtigen leiblichen Vettern des Blutgruppen-Gens - die blutgruppenspezifischen Sekretor-Gene. Obgleich unabhängig von Ihrer Blutgruppe, beeinflußt Ihr Sekretor-Gen die Art und Weise, in der sich Ihre Blutgruppe offenbart. Jeder Mensch besitzt ein Blutgruppen-Antigen auf seinen Erythrozyten, doch die meisten Leute (zwischen 80 und 85 Prozent der Bevölkerung) weisen zudem in den Körperflüssigkeiten frei umherschwimmende Blutgruppen-Antigene auf. Diese Personen bezeichnet man als »Sekretoren«, weil sie ihre Blutgruppen-Antigene in Körpersekrete wie beispielsweise Speichel, Schleim und Sperma absondern. Beim Sekretor läßt sich die Blutgruppe nicht nur anhand des Blutes, sondern auch durch andere Körperflüssigkeiten bestimmen. Menschen, bei denen Blutgruppen-Antigene nur im Blut, aber nicht in anderen Körperflüssigkeiten nachweisbar sind, werden als »Non-Sekretoren« bezeichnet.
Bei Sekretoren finden sich in verschiedenen Körperregionen Blutgruppen-Antigene, und deshalb verfügen sie auch über mehr Nachweismöglichkeiten für die Blutgruppe als Non-Sekretoren. Der Sekretor-Status kann einen merklichen Einfluß auf die Merkmale des Immunsystems ausüben und ist mit einer Vielzahl von Krankheiten und Stoffwechselstörungen verknüpft.
Der Sekretor-Status läßt sich rasch und mühelos bestimmen, und zwar mit Hilfe des Lewis-Systems, eines Blutgruppensystems, das mit der Sekretorgenetik insofern funktionell verzahnt ist, als dasselbe Gen sowohl für den Sekretor-Typ als auch das Lewis-System zuständig ist. In dem auf Chromosom 19 angesiedelten Lewis-System können zwei mögliche Antigene zustandekommen, und zwar mit der Bezeichnung Lewisa und Lewisb. (Die mit »a« und »b« gekennzeichneten Antigene des Lewis-Systems dürfen nicht mit dem »A« und »B« des AB0-Systems verwechselt werden.) Unterschieden wird nach drei Gruppen: Lewisa+b-, Lewisa-b+ und Lewisa-b- (eine vierte Variante - Lewisa+b+ - kommt äußerst selten vor). Zur Bestimmung des Sekretor-Status eignet sich das Lewis-System insofern, als Personen mit Lewisa+b- Non-Sekretoren und jene der Gruppe Lewisa-b+ Sekretoren sind. Erklären läßt sich die Verbindung zwischen Sekretor-Status und Lewis-System folgendermaßen: Sekretoren wandeln ihre Lewisa-Antigene in die Lewisb-Form um (=Lewisb+), Non-Sekretoren hingegen nicht (es bleibt bei...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.