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PROLOG
ZWEITER WELTKRIEG ZWEITE SCHLACHT VON CORREGIDOR PHILIPPINEN 20. Februar 1945
Der Tunnel explodierte.
Sergeant Daniel Kekoa warf sich auf den Boden und bedeckte den Kopf mit den Armen, während der M4 Sherman, der auf den bereits stark beschädigten Eingang gefeuert hatte, von der zweiten mächtigen Explosion im Innern des Tunnels mehrere Meter zurückgeworfen wurde. Der Dreißig-Tonnen-Tank vollführte eine Rolle seitwärts und landete auf seinem Gefechtsturm, ehe ihn eine durch die Erschütterung in der Munitionskammer aus ihrer Halterung herausgefallene Geschützgranate in einem Feuerball auseinanderriss.
Nachdem der Trümmerregen, der um ihn herum auf den Erdboden prasselte, versiegt war, kämpfte sich Kekoa schwankend auf die Füße, im Kopf schrillte nach der ohrenbetäubenden Explosion ein Klingeln. Dutzende von amerikanischen Soldaten lagen reglos im Tunneleingang oder krümmten sich vor Schmerzen. Er drehte den Mann, der ihm am nächsten lag, auf den Rücken. Die leeren Augen und der Stahlsplitter, der aus der Brust des Soldaten ragte, zeigten, dass für ihn jede Hilfe zu spät kam.
Voller Abscheu schüttelte Kekoa den Kopf. Die Informationen des Geheimdienstes der Army besagten, dass sich in speziell diesem Tunnel feindliche Soldaten versteckten, um die strategisch ideal an der Einfahrt zur Manila Bay gelegene Inselfestung zu verteidigen. Kekoa hatte den Panzer angefordert, um einer selbstmörderischen Banzai-Attacke zuvorzukommen, wie sie bei den fanatischen Japanern in dieser Phase der Schlacht üblich war. Aber es hatte keinerlei Hinweise gegeben, dass in nächster Nähe des Tunneleingangs größere Mengen Munition und Sprengstoff lagerten.
Captain John Hayward, die Hände noch immer auf die Ohren gepresst, kauerte nicht weit entfernt in einem der vielen Granattrichter, die das Gelände nach dem Bombardement übersäten, mit dem die Amerikaner ihre Invasion eingeleitet hatten. Kekoa beugte sich zu ihm hinab und reichte ihm eine Hand, um ihn auf die Füße hochzuziehen. Der schmächtige Mann mit dem braunen Haar und einer Nickelbrille mit kreisrunden Gläsern zitterte am ganzen Leib.
»Alles klar jetzt, Captain«, sagte Kekoa. »Ich hatte Ihnen versprochen, dass ich Sie in einem Stück durch diese Schlacht bringe.« Natürlich hatte Kekoa ein solches Versprechen eigentlich nicht geben können, aber was sollte er diesem Offizier, dessen Sicherheit die Army in seine Hände gelegt hatte, anderes sagen?
»Danke, Sergeant. Das rechne ich Ihnen hoch an. Ich weiß nicht, womit ich das verdient habe.« Hayward starrte mit weit aufgerissenen Augen auf das Gemetzel. »Was ist passiert?«
»Offenbar haben sie die Höhle als Munitionslager genutzt. Ihre Leute vom OSS haben uns erzählt, die Munition würde viel tiefer im Tunnelsystem aufbewahrt werden.«
»Das sind nicht meine Leute. Diese Information ist aus einem anderen Bereich des Office of Strategic Services gekommen. Ich bin kein Spion, Sergeant Kekoa. Ich bin Wissenschaftler und arbeite in der Abteilung für Forschung und Analyse.«
»Wenn ich mir ansehe, wie Sie Ihren Karabiner in der Hand halten, kann ich nicht behaupten, dass mich das überrascht.«
Die Einsatzbesprechung für diese Mission war erstaunlich kurz gewesen. Der Bataillonskommandeur hatte ausdrücklich verlangt, dass Kekoa für Captain Hayward den Babysitter spielte und seine Befehle ausführte, während er gleichzeitig dafür sorgen sollte, dass er den Einsatz überlebte. Alle anderen Informationen waren geheim und nur bestimmten Personen zugänglich, und als einfacher Landser in der 24th Infantry »Hawaiian« Division brauchte Kekoa offensichtlich nicht über jede Einzelheit informiert zu sein. Alles, was Hayward seiner Einheit mitgeteilt hatte, war, dass er unbedingt in die Untergrundfestung gelangen müsse, ehe sich den Japanern die Gelegenheit bot, sie zu zerstören.
Die Insel Corregidor, deren Umrisse frappierende Ähnlichkeit mit einer Kaulquappe hatten, und die auf ihr in Stellung gebrachten Feldhaubitzen bewachten die Einfahrt zur Manila Bay, einem der größten natürlichen Häfen des Pazifiks. Der strategisch wichtige Außenposten, auch unter dem Namen The Rock bekannt, war sechs Kilometer lang und an seinem »Kopfende«, wenn man sich das Aussehen einer Kaulquappe vor Augen hielt, kaum mehr als anderthalb Kilometer breit.
Als Mitglied des Commonwealth der Vereinigten Staaten waren die Philippinen die letzte amerikanische Bastion, die dem japanischen Angriff zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zum Opfer gefallen war, nachdem die Streitkräfte der Insel den Japanern bis zum Mai 1942, zwei Monate nach General Douglas MacArthurs Evakuierung, hatten standhalten können.
Kekoa und die Einheit, die er führte, waren Teil der Operation, den Malinta Hill am schmalen Ende der Insel zurückzuerobern. Dessen ausgedehntes Tunnelsystem wurde von einem acht Meter breiten Hauptgang unterteilt, der als Lazarett und MacArthurs Stabsquartier gedient hatte. Dutzende von kleineren Tunneln zweigten von dieser Hauptader ab und bildeten ein Netzwerk, das vor Bombenangriffen weitgehend sicher schien. Es war derart weitläufig, dass dort nicht nur Munition, Lebensmittel und Trinkwasser für eine große Garnison gelagert wurden, die damit einer monatelangen Belagerung standhalten konnte. Darüber hinaus war auch ausreichend Platz für das Lazarett mit eintausend Betten. Die drei Jahre, während derer die Japaner Corregidor kontrollierten, hatten sie genutzt, um wichtige Positionen zu sichern und weiter zu befestigen, sowie zusätzliche Tunnel zu graben, um das System, das von den Amerikanern angelegt worden war, immer mehr auszudehnen. Einige Tunnel waren vor der Kapitulation im Mai 1942 absichtlich zum Einsturz gebracht worden.
Auf einen dieser Tunnel und das, was sich in ihm befand, hatte Hayward es abgesehen.
Kekoa zählte Dutzende von Gefallenen und musste dabei feststellen, dass zwei der Toten zu seinem Zug gehörten. Kekoa hatte mit beiden Männern in der Nationalgarde in Honolulu gedient, ehe er nach dem Angriff auf Pearl Harbor in die Army eingetreten war. Danach hatte er während der Invasion von New Guinea auf der Philippineninsel Leyte Seite an Seite mit ihnen gekämpft. Sie waren nicht die ersten Männer, die er verloren hatte, und dem Irrsinn dieser Mission nach zu urteilen würden sie auch nicht die letzten sein.
Die Explosion hatte den Eingang verschlossen. Sie mussten sich einen anderen Weg hineinsuchen. Auf Haywards Befehl hin sammelte Kekoa seinen Zug und marschierte zur Südseite des Malinta Hill. Der Lärm von Gewehrfeuer und Artilleriegeschützen ringsum auf der Insel wurde nicht weniger, und die Luft, die Kekoa und seine Männer atmeten, war mit dem Gestank von Schießpulver und verbranntem Fleisch geschwängert.
Sobald sie ihre neue Position erreicht hatten, suchten Kekoa und Hayward in einem Schützenloch Deckung, um den Angriff zu planen.
Als er Hayward um weitere Befehle bat, zögerte der Captain und fragte dann: »Was schlagen Sie vor?«
»Haben Sie überhaupt schon mal an einem Kampfeinsatz teilgenommen, Sir?«
»Ich denke, die Antwort auf diese Frage ist Ihnen bekannt. Meine Wirkungsstätte ist mein Büro im neuen Gebäude des Pentagons. Dies ist das erste Mal, dass ich außerhalb der Vereinigten Staaten tätig bin und erst recht unter feindlichem Beschuss.«
»Was tun Sie in Washington?«
»Ich bin Biochemiker.«
»Ich weiß noch nicht einmal, was das ist. Was ich aber weiß, ist, dass es reiner Selbstmord wäre, diese Tunnel zu betreten, ehe wir sie ausgeräuchert haben.«
Mühsam brachte Hayward ein Lächeln zustande. »Ich dachte, Sie hätten versprochen, mich in einem Stück durch diese Geschichte zu lotsen.«
»Ich werde mein Bestes tun, Sir. Aber diese Verteidiger sind fanatisch. Ich habe von Soldaten in einigen der anderen Kampfbataillone gehört, dass sie sich mit Sprengstoff gefüllte Westen überziehen und kamikazeähnlich auf uns zugerannt kommen. Unser Schlachtplan sieht vor, dass sich unsere Leute so nahe wie möglich an die Tunnel heranarbeiten, um Benzin in die Eingänge zu schütten, es in Brand zu setzen und die Eingänge dann zu verschließen, damit der gesamte Sauerstoff verbrannt wird.«
»Genau deshalb muss diese Mission erfolgreich durchgeführt werden«, sagte Hayward. »Wir müssen hineingelangen, ehe das geschieht.« Er sah sich um und senkte die Stimme, damit die anderen Männer seine Worte nicht hören konnten. »Glauben Sie, mir gefällt es, gerade in diesem Augenblick hier zu sein, Sergeant? Ich habe eine Frau und zwei Kinder und ein hübsches Haus an einem Stadtrand in Virginia. Ich war Professor auf dem College in Georgetown, bevor dies alles angefangen hat. Ich bin kein Kämpfer.«
»Warum sind Sie dann hier, Sir?«
Hayward seufzte resignierend. »Viel darf ich Ihnen darüber nicht erzählen, aber Sie verdienen es, die Risiken zu kennen, falls Sie wegen mir sterben sollten. Sie können doch ganz bestimmt erkennen, wohin dieser Krieg führt, nicht wahr? Dass wir in Richtung Norden von einer Insel zur anderen hopsen.«
Kekoa nickte.
»Der Krieg in Europa ist fast vorbei. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Deutschland kapituliert, was bedeutet, dass die Vereinigten Staaten alle Ressourcen in diesem Teil der Welt zusammenziehen. Unsere Regierung hat erklärt, dass wir nicht mehr und nicht weniger akzeptieren als eine bedingungslose Kapitulation - also, was meinen Sie, könnte unser Ziel im Pazifik liegen?«
»Die Invasion Japans?«
»Richtig. Sehen Sie sich um. Wir kämpfen auf diesem winzigen Felsen um jeden Meter Boden. Und jetzt versuchen Sie...
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