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Ich war nur wenige Sekunden davon entfernt, den Rechner durch das geschlossene Fenster zu werfen. Und mit jeder weiteren Fallakte, die mir Miller auf den Tisch knallte, wurde der Gedanke daran immer verlockender.
Seit drei Wochen verbrachte ich den kompletten Tag damit, diese verdammten Dinger anzulegen, zu kategorisieren und mit zig Schlagwörtern zu versehen. Drei Wochen, in denen ich dazu verdammt war, Fälle zu organisieren.
»Klemmt deine Tastatur?«
Ich stieß ein kurzes, abgehacktes Schnauben aus, ehe ich den Mund für ein knappes »Nein« öffnete. Mehr als das brachte ich gerade nicht fertig, ohne ihn anzuschnauzen.
Millers Gesicht tauchte über dem Rand seines Monitors auf, während ich weiterhin auf meinen eigenen starrte. An den meisten Tagen war ich mir nicht sicher, was ich mehr hasste - diese Arbeit oder die Tatsache, dass ich mit ihm in einem Büro sitzen musste. Ständig wollte er sich mit mir unterhalten. Kieran, wie findest du meine Krawatte? Kieran, magst du lieber Steak oder Burger? Kieran .
»Wieso hämmerst du dann darauf herum?«
Augenblicklich hielt ich inne und betrachtete für einen Moment meine Hände, die über den Tasten verharrten. Auf einmal war Millers lautes Atmen überdeutlich zu hören, ebenso wie die Gespräche auf dem Flur und in den Nachbarräumen, die ich bisher nicht wahrgenommen hatte.
»Geh ein bisschen pfleglicher mit ihr um. Du weißt doch, wie das hier mit neuer Hardware ist«, sagte er munter und hob seine Tasse in die Höhe, bei der ich mir zu fünfundneunzig Prozent sicher war, dass sie zu Dreiviertel mit Baileys und einem Schuss Kaffee gefüllt war. Vermutlich, um den Geruch des Baileys zu überdecken. Anders konnte ich mir nicht erklären, wieso Miller jeden Tag so scheiße gut gelaunt war. Schließlich war dieser ganze Orga-Kram sein Hauptjob.
Ich gab einen brummenden Laut von mir, weil ich leider wusste, dass er recht hatte, und lehnte mich in dem Bürosessel zurück. Auf der Suche nach irgendeinem Fixpunkt blieb mein Blick an der Lampe direkt über den Tischen hängen, die gelegentlich flackerte. Nicht genug, um die Birne auszutauschen, aber ausreichend, um meine ohnehin schon miese Laune ein Stück mehr in Richtung Keller zu befördern. Entnervt sah ich wieder auf den Monitor und somit auch zu Miller, der mir immer noch seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte.
»Ich geh mittagessen. Kommst du mit?«, fragte er und stand auf, das ächzende Geräusch seines Stuhls ertönte.
»Nein«, wiederholte ich tonlos. Der Alkohol musste langsam sein Gehirn zerfressen, sonst würde er mir diese beschissene Frage nicht jeden Tag stellen.
»Wie du willst.« Er zuckte mit den Schultern und verließ den beengten Raum, ging links den Flur hinunter in Richtung des Pausenraums, in dem vermutlich ein Teil meines Teams saß. Wie Mel und Dustin, die währenddessen Schach spielten. Oder Nick, der zwar immer anwesend war, doch in den letzten neun Monaten, die ich ihn kannte, hatte er noch nie irgendetwas auf dem Revier gegessen. Dafür ernährte er sich von ungefähr zwei Litern Kaffee am Tag. Das war ziemlich sicher nicht gesund, aber solange er seinen Job erledigte, konnte er auch Fotosynthese betreiben.
Und Easton .
Ich stieß erneut einen Seufzer aus und versuchte, meine Aufmerksamkeit wieder der Fallakte zu widmen, statt meinem Partner.
Meinem ehemaligen Partner, der mich jeden verdammten Tag dazu überreden wollte, mich zu ihnen zu setzen. Eher würde ich mir beide Hände abhacken und meine Dienstmarke abgeben, ehe ich so tat, als wäre nie etwas passiert. Ihre mitleidigen Blicke waren das Letzte, was ich wollte. Ihre Gesellschaft hatte ich einfach nicht mehr verdient.
Und solange meine Aufgabe nur aus diesem Organisationskram bestand, anstatt sie wirklich zu unterstützen, blieb ich, wo ich war. Bis mir Marshall Ross mitteilte, was mit mir passieren würde. Ob ich wieder Teil des Investigationsteams werden durfte. Oder ob ich mit einem Fehler alles verloren hatte.
»Klopf, klopf. Jemand zu Hause?«
»Nein«, antwortete ich beim Anblick von Easton, der im Türrahmen lehnte und grinste. Mel und Dustin waren nicht die Einzigen mit einem Routinezwang.
Eastons blondes Haar stand in alle Richtungen ab, als wäre er durch einen Sturm gelaufen, was wahrscheinlich war, schließlich war es Herbst. Und sowohl die Lederjacke als auch die Subway-Tüte, die er triumphierend in die Höhe hielt, waren ein Indiz dafür, dass er draußen gewesen war. Nicht einmal das schlechte Wetter konnte ihm die Laune ruinieren.
»Du bist ja wieder super drauf, Sonnenschein«, bemerkte er fröhlich und ließ sich auf Millers Schreibtischstuhl fallen, mit dem er neben mich rollte. »Aber dafür bin ich ja hier.«
»Die Mühe kannst du dir sparen«, brummte ich zur Erwiderung und versuchte, von ihm wegzurücken. Ohne Erfolg, denn rechts von mir war eine Wand.
»Für meinen lieben Partner ist mir nichts zu schwierig.« Großmütig winkte er ab, öffnete die Papiertüte und hielt mir eines der eingewickelten Sandwiches hin. Auf dem Papier stand ein leicht verwischtes K, um sie auseinanderhalten zu können. Denn im Gegensatz zu mir mochte er so etwas Seltsames wie Tomaten.
»Mir fällt gleich der Arm ab«, sagte er, während ich immer noch auf das Sandwich starrte, das er mit einer Hand umklammerte. »Und ich hab Hunger. Wäre also super, wenn du dich in den nächsten drei Sekunden entscheiden könntest, ob du es haben willst, oder nicht.«
Eigentlich wollte ich, dass er verschwand. Dennoch griff ich schließlich danach, strich über meinen Anfangsbuchstaben, der noch ein wenig mehr verwischte.
»Kommst du wenigstens heute mit rüber? Nicholas hat Geburtstag und gibt zur Feier des Tages eine Runde Filterkaffee aus.« Er hielt kurz inne. »Also er lässt uns welchen übrig.«
Keine Ahnung, ob das stimmte oder ob es nur ein vorgeschobener Grund von Easton war, mich in den Pausenraum zu locken. Doch gerade brachte ich es nicht einmal fertig, genervt die Augen zu verdrehen. Stattdessen presste ich meine Kiefer schmerzhaft aufeinander und schüttelte den Kopf.
Easton seufzte. »Die anderen würden sich echt freuen, dich mal für länger als ein Meeting zu Gesicht zu bekommen.«
Gerade er und Mel hatten mehrfach versucht, mich abzufangen und mir Gespräche aufzuzwingen, die ich nicht führen wollte. Ich hatte sie angefahren. Auch wenn es nichts gab, was ich tun konnte, damit Easton mich in Ruhe ließ, hatte Mel danach aufgehört, es zu versuchen.
Ein Grund mehr, nicht bei ihnen aufzutauchen.
Vage gestikulierte ich zu den Akten, die sich auf der Seite meines Tisches stapelten, dann wieder zum Monitor. »Ich habe Arbeit.«
Eine billige Ausrede, das wussten wir beide, weil es dieselbe war, die ich seit drei Wochen brachte.
Easton betrachtete mich einen Moment ungewohnt ernst, schüttelte dann mit einem lang gezogenen Seufzen den Kopf. Das leise Quietschen von Millers Schreibtischstuhl erklang erneut, als er aufstand und ohne ein weiteres Wort den Raum verließ. Ich legte das eingewickelte Sandwich auf den Tisch und atmete tief ein.
Wir arbeiteten seit knapp drei Jahren zusammen und wenn ich etwas über Easton gelernt hatte, dann, dass er nicht eher Ruhe gab, bis er bekommen hatte, was er wollte.
Das hier war noch nicht das Ende. Deswegen überraschte es mich nicht, als er fünf Minuten später wieder hereinspazierte, mit seinem eigenen Essen in der Hand und ohne Jacke. Erneut quietschte Millers Stuhl, als er sich setzte. Ehe ich weiter darüber nachdachte, meinen Rechner durchs Fenster zu werfen, sollte ich mit dem Ding anfangen.
Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns aus. Normalerweise mochte ich sie, weil es bedeutete, dass alle anderen Menschen den Mund hielten. Aber seit drei Wochen fiel es mir immer schwerer, sie zu ignorieren, denn in Wirklichkeit wartete ich nur darauf, dass sie jemand plötzlich mit Vorwürfen durchbrechen würde. Also wandte ich mich wieder meiner Arbeit zu, auch wenn mir klar war, dass sich Easton davon nicht stören ließ. Er wickelte sein Sandwich aus, holte sein Handy aus der Hosentasche und lehnte sich gemütlich zurück.
»Gibt waf Neufes zum vermifften Mädchen«, murmelte er plötzlich undeutlich zwischen zwei Bissen, ohne aufzusehen. »Du weifft schon, hat sich mit irgendeinem Typen aus dem Internet treffen wollen. Hat 'ne Nachricht an ihre beste Freundin geschickt.«
»Was stand drin?«, fragte ich, weil ich die Akte kannte. Bisher hatten sie kaum etwas herausgefunden - und ich konnte ihnen nicht einmal bei den Ermittlungen helfen. Das Mädchen war erst fünfzehn Jahre alt. Easton hatte ihre Social-Media-Profile und ihre E-Mail-Konten prüfen lassen, aber das hatte genauso wenig gebracht wie die Gespräche mit ihren Eltern, Freunden oder Lehrern.
»Easton?«, wiederholte ich, da er nach zwanzig Sekunden nicht reagiert hatte und stattdessen grinsend auf sein Handy starrte. »Gibt es etwas Neues?«
»Hm?«, machte er und sah von dem Display auf. Falls er ein Gespräch mit mir führen wollte, war das echt ein beschissener Versuch. »Such nicht nach mir. Zwei Tage nachdem sie verschwunden war.«
»Habt ihr die IP-Adresse der Nachricht ihrer Freundin gecheckt?«, fragte ich langsam, während ich gedanklich die Infos durchging, an die ich mich erinnern konnte. In der Akte hatte nichts davon gestanden, aber vermutlich hatte Easton auch nicht daran gedacht. Doch anstatt mir zu antworten, lachte er nur laut auf. Irritiert sah ich ihn an.
»Diamonds neuste Enthüllungen sind wieder auf der Titelseite jeder Klatschzeitung...
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