Schweitzer Fachinformationen
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»Kate«, sagte Reed Amhearst und fädelte seine langen Beine aus dem kleinen Wagen. »Um Himmels willen, was machst du ausgerechnet hier? Falls du dich entschlossen hast, dich dem Landleben hinzugeben, dann solltest du so nett sein, mir das schonend beizubringen. Es war ein ziemlicher Schock, aus Europa zurückzukommen und festzustellen, dass du dich hier auf einem verlassenen Hügel in den Berkshires eingerichtet hast. Was ist mit der Kuh los?«
Bevor Kate antworten konnte, kam eine rote Katze um die Hausecke gesaust, hitzig verfolgt von einem braunen Hund. »Die Fauna hat hier noch mehr zu bieten«, sagte Kate in, wie sie hoffte, versöhnlichem Ton. »Komm herein und erzähl mir alles über New Scotland Yard. Die Kuh brüllt nach ihrem Kalb.«
»Hat sie es verloren?«
»Man hat es ihr weggenommen; in ein, zwei Tagen hat sie es vergessen. Wie war es in England?«
Reed folgte Kate in den riesigen Wohnraum mit gewölbter Decke, an dessen einem Ende ein paar Sessel um einen ausladenden Kamin gruppiert waren. Etwas, das ganz nach einer Bar aussah, stand daneben. Reed bewegte sich gerade gemessenen Schrittes auf den Kamin zu, als ein schmächtiger Junge eine Treppe, die Reed nicht bemerkt hatte, heruntergeschossen kam und in der Mitte des Raumes landete. Reed erwog die Möglichkeit, ihn wieder zurückzubefördern, und nahm widerstrebend Abstand davon.
»Ich möchte wissen, ob du das beantworten kannst«, sagte das schmächtige männliche Geschöpf, ohne Reed zu beachten. »Was geht schneller, Verbluten oder Ersticken?«
»Ersticken, würde ich annehmen«, riet Kate. Reed sah fasziniert zu.
»Falsch, falsch, falsch. Ich habe gewusst, dass du das nicht weißt. Pass auf«, sagte der Junge und ließ an dieser Stelle merken, dass auch Reed davon profitieren könnte, »wenn ein Mensch ertrinkt und ein anderer aus seiner verletzten Schlagader blutet, dann muss man sich als Erstes den blutenden Mann vornehmen. Es dauert neun Minuten länger, bis man an Sauerstoffmangel stirbt, als bis man verblutet. Machst du mit mir ein paar Netzwürfe, Kate?«
»Im Augenblick bin ich beschäftigt«, sagte Kate. »Wo steckt William?«
»Streitet sich mit Emmet über einen Kerl namens James Joyce.«
»Also, dann sag William mal, er soll aufhören, über James Joyce zu diskutieren, und lieber ein paar Netzwürfe mit dir machen. Deinen Aufsatz hast du fertig?«
»In Ordnung, ich hole mir William«, antwortete der Junge und verschwand mit einer Geschwindigkeit, deren Ursache wohl in der Abneigung lag, sich weiter über den Aufsatz zu verbreiten.
»Kate .«, begann Reed.
»Setz dich«, sagte Kate. »Ich hole dir einen Drink und versuche, dir die ganze Sache zu erklären.«
»Ich habe nur ein paar Tage Zeit«, antwortete Reed und setzte sich. »Und dies klingt so, als dauerte es bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Warum hast du mir nicht erzählt, dass du aufs Land ziehst? Was ist das für ein Junge? Wer ist William? Wer ist Emmet? Mal ganz zu schweigen von der in ihren mütterlichen Gefühlen verletzten Kuh, der feuerroten Katze und dem Hund, der ihr hinterherhetzt. Und wer ist James Joyce?«
»Du wirst doch wohl wissen, wer James Joyce ist?«
»Wenn du den irischen Autor mehrerer unverständlicher Bücher meinst, den kenne ich. Aber angesichts der außergewöhnlichen Aspekte dieses Etablissements könnte es sich auch um den Gärtner handeln. Mein Gott, nun setz dich her und erkläre. Ich war nur sechs Monate in England, und nun finde ich dich so verändert, verwandelt und verklärt vor.«
»Das Letzte hast du nur gesagt, damit es gut klingt.«
»Ich habe allerdings niemals damit gerechnet, dich mit einem kleinen Jungen unter ein und demselben Dach wohnen zu sehen. Wie alt sind Emmet und William?«, fragte Reed, als sei ihm plötzlich der furchtbare Gedanke gekommen, Kate hätte sich zur Betreuung größerer Gruppen kleiner Jungen hinreißen lassen.
»Mitte oder Ende zwanzig, nehme ich an. William Lenehan ist Leos Hauslehrer (du weißt, der mit den verschiedenen Todesarten), und Emmet Crawford arbeitet für mich ein paar Unterlagen durch. Die Katze gehört Emmet und der Hund dem Gärtner, der nicht James Joyce heißt, sondern Mr Pasquale. Die Kuh gehört dem Bauern und Nachbarn, der unser Land bestellt. Leo ist mein Neffe. Zum Wohl.«
»Also, trotz einer dreistündigen Autofahrt, auf die ich nicht vorbereitet war, und einer Umgebung, die ich mir für dich nicht im Traum hätte vorstellen können, ist es schön, dich zu sehen, Kate.«
»Danke, gleichfalls. Unter den gegebenen Umständen gehe ich sogar das Risiko der Übertreibung ein und sage dir, du bist eine Freude für meine entzündeten Augen.«
»Du hast einfach den Anblick all dieser Kühe satt; ich fühle mich nicht gerade geschmeichelt. Ich habe dich vermisst, Kate. In England dachte ich die ganze Zeit .«
»Kate«, unterbrach ihn ein junger Mann, der in der Tür auftauchte. »Wenn dieser Frau der Zutritt zu diesem Haus weiterhin gestattet ist, werde ich um meine Entlassung bitten müssen. Widerstrebend, da können Sie sicher sein, denn es handelt sich um eine faszinierende Sammlung. Da gibt es einen Brief - aber ich vertrage es nicht, dass diese Frau über mir hängt, als wäre ich ein Pudding, um diese oder jene außerordentlich interessante Neuigkeit über Sie wie Rosinen aus mir herauszupicken.«
»Emmet, Sie sollten wissen, dass Leute vom Land so unheilbar neugierig sind wie Katzen. Nur Städter sind in der Lage, ihre Nachbarn zu ignorieren. Erzählen Sie Mrs Bradford, dass Leo mein uneheliches Kind ist, dass ich seinen Vater ermordet habe und dass ich hier meine Kolonie der Lustknaben aufbaue, weil ich eine neue Religion gründen will. Das dürfte ihr für eine Weile die Sprache verschlagen.«
»Das Einzige, was dieser Frau die Sprache verschlagen kann, ist eine Kugel in den Kopf, und selbst dann wird sie aus reiner Gewohnheit die Lippen noch weiterbewegen. Als Entschuldigung für ihr Erscheinen bringt sie übrigens vor, dass sie sich etwas Essig ausborgen möchte.«
»Kann Mrs Monzoni ihr nicht Essig geben?«
»Mrs Monzoni würde Mary Bradford nicht einmal ein gebrauchtes Papiertaschentuch leihen. Vielleicht gehen Sie einmal hin und versuchen, mit ihr fertigzuwerden. Am besten erzählen Sie ihr, dass ich gerade zehn Jahre wegen Kannibalismus gesessen habe und unberechenbar bin.«
»Na gut. Reed, darf ich dir Emmet Crawford vorstellen? Mr Reed Amhearst.« Kate ging sichtlich widerstrebend hinaus, umhüllt von Emmets offensichtlichem Mitleid.
»Wer ist Mrs Monzoni?«, fragte Reed.
»Die Köchin. Haben Sie die Korrespondenz zwischen Joyce und seinem englischen Verleger aus dem Jahre 1908 gelesen? Es ist wirklich unglaublich. Stellen Sie sich vor, Dubliner galt als obszön, weil Edward VII. darin nicht gerade als Ausbund der Tugendhaftigkeit dargestellt wird und an zwei Stellen das Wort >verdammt< vorkommt. Natürlich hat Lingerwell sich darüber hinweggesetzt, mutig, wie er war. Er hat auch das Porträt eines Künstlers als junger Mann gemacht.«
»Wollen Sie damit sagen, dass er Maler war?«
»Wer?«
»Lingerwell.«
»Maler? Wieso, um Himmels willen, sollte ein Maler das Porträt veröffentlichen?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, Mr Crawford, und außerdem das unselige Gefühl, nichts von dem verstanden zu haben, was ich gehört und gesehen habe, seit ich auf diesen reichlich steilen Berg gekommen bin .«
»Ich möchte wetten, im Winter ist das .«
»Offen gesagt - es interessiert mich überhaupt nicht, wie es hier zur einen oder anderen Jahreszeit aussieht. Ich versuche nur zu verstehen, wovon Sie reden. Das Porträt stammt von Joyce, wie konnte es dann ein Verleger machen?«
»Sind Sie nicht von der Kongressbibliothek?«
»Ganz bestimmt nicht. Ich bin von der Bezirksstaatsanwaltschaft in New York, falls mein Beruf für dieses außergewöhnliche Gespräch von Bedeutung sein sollte.«
»Tut mir leid. Die Leute von der Kongressbibliothek haben uns regelrecht die Tür eingerannt. Wollen Sie hier jemanden festnehmen?«
»Ich bin gekommen ., also, ich habe gehofft, ich käme, um jemanden zu besuchen. Ich bin ein Freund von Miss Fansler.«
»Da wird Kate sich freuen. William und ich reden ständig nur über theologische und nicht theologische Hermeneutik, und Leos Gesprächsstoff bewegt sich zwischen Basketball und den grausameren Aspekten der Ersten Hilfe. Alsdann, ich darf annehmen, dass Mary Bradford wieder abgezogen ist, und ziehe mich wieder zu meinen Aufgaben des Odysseus zurück. Wir sehen uns beim Dinner.« Er wanderte hinaus und ließ einen Reed zurück, der zwischen den jeweils relativen Vorteilen eines weiteren Drinks und einer sofortigen Abreise schwankte. Mit Kates Rückkehr neigte sich der Zeiger eindeutig in Richtung Drink.
»Sie ist fort«, sagte Kate, »aber nicht, ohne eine Flasche Essig mitgenommen, zuvor ihr maßloses Entsetzen über den doppelt so hohen Preis von Weinessig im Vergleich zu normalem ausgedrückt und mich gefragt zu haben, ob ich ihr das Haus für eine Teestunde ihres Gartenclubs überlasse. Außerdem hat sie mich wissen lassen, dass sie mehr zu tun hat als jeder andere Mensch auf der Welt, und mit kaum verhüllter schmutziger Fantasie gefragt, was für eine Rolle die beiden jungen Männer wohl in meinem Haushalt spielen. Ich habe meine Illusionen über den Charakter der Landbevölkerung ziemlich verloren. Ich glaube inzwischen, Wordsworth...
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