Schweitzer Fachinformationen
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»Wollen wir anfangen?«, frage ich das Paar auf dem Sofa. »Erzählt mir einfach eure Geschichte und denkt daran, mir dabei in die Augen zu sehen und nicht in die Kamera.«
Sian und Paul lächeln und nicken. Sie ist rothaarig und hat sich sorgfältig geschminkt. Er ist ein typischer Bodybuilder mit einem so markanten Kiefer, dass er perfekt in ein Marvel-Comic passen würde. Während Dylan, der Kameramann, noch ein paar letzte Korrekturen am Licht vornimmt, flüstert Paul Sian etwas ins Ohr und streichelt sanft ihr Knie. In dem kleinen Studio bin ich ihnen so nah, dass ich sehe, wie sich auf ihrem Bein eine Gänsehaut bildet. Wann habe ich das letzte Mal eine Gänsehaut bekommen, nachdem mich jemand berührt hat? Im Ernst, wann? Ich kann mich ungelogen nicht daran erinnern, dass es überhaupt schon mal passiert ist, es sei denn, man zählt das eine Mal mit, als mich im Supermarkt jemand mit einem gefrorenen Huhn in der Hand angerempelt hat.
»Alles bereit«, sagt Dylan. Das Licht an seiner Kamera hat aufgehört zu blinken und leuchtet nun konstant rot.
»Also, Paul, Sian, erzählt doch mal - wie habt ihr euch kennengelernt?«, frage ich. So beginne ich alle diese Interviews.
»Na ja, das ist ein bisschen peinlich«, sagt Sian und legt ihre Finger an die Lippen wie ein Pin-up-Girl aus den Fünfzigern. »Nach dem Junggesellinnenabschied einer Freundin war ich ziemlich betrunken, und als ich morgens nach Hause gekommen bin, hatte ich die dumme Idee, Popcorn auf dem Herd zu machen. Das habe ich dann aber vollkommen vergessen und bin eingeschlafen.«
»Wir erhielten einen Anruf aus einer Wohnung auf der anderen Straßenseite, dass eine Küche brennen würde«, sagt Paul. »Ich bin Feuerwehrmann.«
»Ich glaube, das sehen sie, Schatz.« Sian lächelt und deutet auf seine Uniform, die er zu dem Interview anziehen sollte. Unter all den Schichten müsste es sich für ihn eigentlich so anfühlen, als würde er bei lebendigem Leib gekocht werden. Das Studio ist winzig und hat keine Fenster; es gibt nur eine Kamera und ein paar Studiolampen sowie unser charakteristisches rotes Sofa, hinter dem das prominente Love Life-Logo an der Wand prangt. Die Lampen haben den Raum in Sekundenschnelle in einen Backofen verwandelt, aber Paul und Sian sehen immer noch aus wie frisch aus dem Ei gepellt. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich als Einzige etwas angespannt und nervös bin.
»Ich habe davon überhaupt nichts mitbekommen«, lacht Sian.
»Und ich musste die Tür eintreten, das Feuer löschen und die Jungfrau in Not retten«, erzählt Paul und dreht sich mit einem finsteren Schmollen zur Kamera.
»Nur, dass ich nicht der Ansicht war, dass ich gerettet werden müsste. Ich war noch ein bisschen benebelt von den vielen Gin Slings.« Sie zwinkert mir zu.
»Ich musste sie über die Schulter werfen und hinaustragen.«
»Und ich habe den ganzen Weg die Feuerleiter hinunter getreten und geschrien.«
»Ich hatte blaue Flecken«, sagt er und verzieht im Spaß das Gesicht, als hätte sie ihn ernsthaft verletzt.
»Tut mir leid, Schatz.« Sie küsst ihn auf die Wange, er drückt ihr Knie, und sie sehen sich verliebt in die Augen. Ich kann das Knistern zwischen ihnen förmlich spüren.
Ich bin mir ziemlich sicher, wenn man bei Google »von heißem Feuerwehrmann gerettet werden« eingibt, taucht ein Bild von Paul auf. Doch sollte jemals meine Küche in Brand geraten, würde ich garantiert von einer Furcht einflößenden, besserwisserischen Feuerwehrfrau gerettet werden, die mir währenddessen noch einen strengen Vortrag über die korrekte Wartung von Rauchmeldern hält. Als ich beobachte, wie sich Sian und Paul in die Augen schauen, bin ich hin- und hergerissen. Einerseits freue ich mich, dass sie sich gefunden haben, andererseits bin ich ein ganz kleines bisschen neidisch, dass mir so etwas nie passiert.
»Wir haben Sian ins Krankenhaus geschickt, um untersuchen zu lassen, ob sie eine Rauchgasvergiftung hat. Das ist Standard«, fährt Paul fort, »und als meine Schicht zu Ende war, dachte ich, ich schaue mal nach, wie es ihr geht.«
»Machst du das bei jedem, den du rettest?«, frage ich und sehe mit wissendem Blick in die Kamera.
»Also, sie ist mir vielleicht mehr in Erinnerung geblieben als die anderen.« Er hebt die Hand und streicht eine Strähne ihrer roten Locken zurück. »Dieses Feuer möchte ich niemals löschen.«
»Oooooo .«, sage ich und bin ehrlich gerührt, wie innig ihre Beziehung offensichtlich ist. Unsere Zuschauer werden diesen Kerl lieben - ein Körper aus Eisen, ein Herz wie ein Marshmallow.
»Er wollte mich im Krankenhaus besuchen«, sagt sie und klimpert mit den Wimpern, »aber inzwischen war ich wieder nüchtern und habe mir schreckliche Sorgen um meine Katze gemacht. Also wollte ich mich davonschleichen, weil sie sich weigerten, mich offiziell zu entlassen.«
»Wir standen nebeneinander im Aufzug, ohne dass ich gemerkt habe, dass sie es ist.« Wieder beginnt er, ihr Bein zu streicheln.
»Dann blieb der Aufzug stecken - kannst du dir das vorstellen?« Sian seufzt und kuschelt sich an seine Schulter. »Fünfundvierzig Minuten später war ich verliebt.«
»Es hat nur zehn Minuten gedauert, bis ich wusste, dass ich mit dieser Frau den Rest meines Lebens verbringen will.«
Wie oft bin ich in meinem Leben schon mit einem Aufzug gefahren? Wahrscheinlich vierhundertmal. Okay, das war nur geraten, ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Jedenfalls schon sehr oft, und nicht ein einziges Mal ist einer stecken geblieben; und ganz sicher bin ich dort noch nie einem auch nur halbwegs annehmbaren Kerl begegnet. Vielleicht ist der Teil des Universums, der für Verabredungen zuständig ist, auch für Fahrstuhlpannen verantwortlich.
»Süßer«, flüstert Sian und neigt ihm ihr Gesicht zu.
Sie küssen sich vor der Kamera und scheinen vollkommen vergessen zu haben, dass ihnen jemand dabei zusieht, ein richtiger, vollkommener Kuss, als wollten sie sich sagen: »Lass uns schnell nach Hause fahren und uns die Klamotten vom Leib reißen.« Ich wette, sie bringt ihn dazu, sein Feuerwehr-Outfit im Bett zu tragen. Ich schüttle den Kopf und versuche, diese unangebrachten Gedanken zu verdrängen. Als ich wieder hochsehe, knabbert sie an seinem Ohrläppchen.
Vielleicht wäre es einfacher, diese Interviews zu führen, wenn ich nicht Single wäre. Mein Ex David und ich hatten nicht gerade den besten Sex, den man sich vorstellen kann, aber wenigstens musste ich während der Beziehung mit ihm nicht eifersüchtig auf andere Paare sein.
Was, wenn ich nie den einen besonderen Menschen finde? Bei diesem Gedanken spüre ich einen Kloß im Hals. Alle denken, alleinstehende Frauen, die auf die dreißig zugehen, machen sich ausschließlich Gedanken darüber, ob sie jemals heiraten und ein Baby bekommen werden. Aber ich fände es viel schlimmer, nie so eine innige Verbindung mit jemandem zu teilen, wie diese beiden es offensichtlich tun. Und ich will mindestens einmal in meinem Leben Sex wie im Film haben. Ich weiß, ich weiß. Film-Sex ist nicht echt - alles ist choreografiert, beide kommen gemeinsam zum Orgasmus, als wäre es ein perfekt aufeinander abgestimmtes Orchester, aber es muss doch irgendjemanden geben, der so umwerfenden Sex hat wie in Wie ein einziger Tag. Diese zwei hier haben bestimmt solchen Sex.
»Versucht das nicht zu Hause nachzumachen, Leute«, sage ich und wende mich mit meiner fröhlichsten, unbefangensten Stimme zur Kamera. »Fackelt ja nicht euer Haus ab, nur weil ihr denkt, dass ihr so den perfekten Partner findet. Ha, ha. Wenn ihr uns auch gerne erzählen wollt, wie ihr euch kennengelernt habt, meldet euch bitte auf unserer Website. Wir sind ganz gespannt auf weitere romantische Liebesgeschichten aus dem echten Leben! Ich bin Laura Le Quesne und berichte für Love Life - Liebe, was du kaufst, kaufe, was du liebst.«
Ich schaue zu Dylan hinüber, um ihm zu signalisieren, dass es sich um einen Schnitt handelt, dann springe ich auf, um die Tür zu öffnen und etwas kühlere Luft hereinzulassen. Wir mieten das Studio und die gesamte Ausrüstung stundenweise, also muss ich auf die Anzahl der Takes achten, die wir machen.
»Hey, das war perfekt - ihr seid brillant, bezaubernd«, sage ich, dann kneife ich frustriert die Augen zusammen. »Oh, Moment, ich habe vergessen, nach der Katze zu fragen. Ging es ihr gut?«
Einen Moment lang herrscht Schweigen, dann lässt Sian Pauls Hand los.
»Nein, also .« Sie schlingt ihre Arme um sich. »Es hat sich herausgestellt, dass Felicia von Pauls Feuerwehrwagen überfahren wurde. Sie musste eingeschläfert werden.«
Paul drückt Sian die Schulter und schüttelt den Kopf.
»Oh, das tut mir sehr leid«, sage ich und mache ein mitfühlendes Gesicht. »Nun, ich denke, es ist vielleicht besser, wenn wir dieses Detail weglassen.«
Sian zuckt ganz leicht zusammen. Offenbar habe ich die aufgeheizte Stimmung zwischen ihnen zerstört, indem ich die Katze erwähnt habe. Jetzt werden sie nicht nach Hause rennen und sich dort gegenseitig die Kleider vom Leib reißen. Kein Sex für niemanden! Juhu!
Was ist nur los mit mir? Ich bin ein furchtbarer Mensch.
Heute Morgen stehen noch drei weitere Interviews an: ein Paar aus Liverpool, das sich kennengelernt hat, als sie Schutz vor einem Gewittersturm suchten (sie haben ihr erstes Kind Blitz Jones genannt - kein Witz), ein Paar aus Nordlondon: Beide wurden am selben Tag im selben Krankenhaus geboren, haben sich dann dreißig Jahre später wiedergetroffen...
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