Schweitzer Fachinformationen
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Jack trat aus dem Railway Arms, blieb unter der Straßenlaterne stehen und zog seine Jacke fester zu.
Obwohl schon April war, waren die Nächte noch kühl, und es waberte ein dichter Nebel durch die Luft und ließ die Straße nass schimmern.
Im Pub hinter sich hörte er die Junggesellenabschiedstruppe, die mittlerweile das Stadium lauter Gruppengesänge erreicht hatte. Und der Abend war noch lange nicht vorbei.
»Lust auf einen Kaffee oder Tee, Jack?«
Jack drehte sich zu Len um, der sich seine Jacke angezogen hatte und ebenfalls nach draußen gekommen war. »Ich wohne gleich da unten am Brückenpfad. Der Holzofen ist an, also ist es schön warm und gemütlich.«
Jack hielt inne und dachte nach. Es war spät, und er wollte wirklich gern zurück zu seinem Boot, der Grey Goose, unten am Fluss.
Und Riley, sein Springer Spaniel, hoffte wahrscheinlich auf einige Minuten an Land vor dem Schlafengehen.
Doch je wilder der Abend wurde, desto vergnüglicher hatte er Lens Gesellschaft gefunden. Ein Tee und ein kurzes Gespräch am knisternden Feuer klang wie ein guter Abschluss.
Vor allem, da es auf seinem Heimweg lag.
»Ich hätte auch etwas Stärkeres, falls Ihnen immer noch danach ist«, fügte Len hinzu. »Einen Single Malt vielleicht?«
Erstaunlich für jemanden, der nicht trank.
»Ha, ein Mann nach meinem Geschmack!«, sagte Jack. »Worauf warten wir?«
Gemeinsam gingen sie die High Street von Cherringham hinunter, vorbei am Ploughman, dann bogen sie in die Mogdon Lane ein und liefen weiter, bis sie eine Reihe alter, von Hecken und Holzzäunen gerahmter Cottages erreichten.
Len ging voraus zur Tür des ersten Hauses, drehte sich um und flüsterte: »Lizzie ist sicher schon im Bett, also müssen wir leise sein. Gehen Sie einfach durch zum Arbeitszimmer hinten.«
Er öffnete. Jack folgte ihm nach drinnen und schloss die Tür leise hinter sich. Dann blickte er sich um. Alles wirkte gemütlich und wohnlich. Alte Möbel, aber moderne Kunst an den Wänden. Jede Menge Familienfotos - wie Jack sah, dominierte Grace die meisten.
Er zog seine Jacke aus und hängte sie neben der Tür auf, ehe er mit Len in die Küche durchging.
»Ich mache den Tee, und Sie können sich einen Scotch aus dem Schrank dort nehmen«, sagte Len und befüllte den Wasserkocher. »Ist ein wenig Glückssache, denn ich weiß nicht genau, was da drin ist.«
Jack ging zu dem Schrank, öffnete ihn und zog eine Flasche heraus.
»Ein zwölf Jahre alter Macallan?«, wunderte er sich. »Für einen Mann, der nicht trinkt, haben Sie einen guten Geschmack, Len.«
Len lachte und reichte Jack ein Glas. »Ach, früher habe ich gern mal ein oder zwei Gläser getrunken. Ich kenne mich noch aus - auch wenn ich selbst nichts mehr trinke.«
Jack schenkte ein, nahm einen Schluck und ließ ihn genießerisch auf seiner Zunge wirken: Es war einer seiner Lieblingswhiskys.
»Gut, der Tee ist fertig«, sagte Len schließlich. »Gehen wir ins Arbeitszimmer.«
Jack folgte ihm, als er eine Tür öffnete, die von der Küche abging.
»Meine Männerhöhle - so nennt Lizzie es«, erklärte Len, während er noch ein Scheit in den Kaminofen warf, die Glastür schloss und die Luftklappe einstellte. »Für mich ist es mein Arbeitszimmer.«
Jack setzte sich in einen alten Ledersessel und genoss den Whisky in dieser anheimelnden Atmosphäre von gedämpftem Licht und Coltrane, der über Lens überraschend edle Lautsprecher erklang. Es waren sehr gute Yamaha-Boxen mit großen Subwoofern.
Ausgesprochen klassisch, dachte Jack.
Er nickte zu dem kleinen Mischpult mit Monitoren und Keyboard in der Ecke.
»Ich schätze, dieser Tage braucht man nicht mehr viel Platz für Aufnahmen«, sagte er. »Was komponieren Sie?«
»Musik für Werbung, Dokus . So ziemlich alles, was sich rechnet. Recht simpel, um ehrlich zu sein. Früher habe ich auch ein bisschen Hörspiele gemacht, aber heutzutage haben die kaum noch ein Budget.«
»Ich schätze, die Kirchen- und Chor-Auftritte zahlen sich nicht aus?«
Jack war Len erstmals vor ein paar Jahren begegnet, als er bei den Bässen im Dorfchor den »Messias« mitsang. Len hatte alles aufgenommen und ihren Gesang irgendwie - wenigstens für Jacks Ohren - richtig professionell klingen lassen.
»Ha, nein, das ist alles Pro-Bono. Lizzie ist schon immer eine regelmäßige Kirchgängerin, und ich ließ mich vor Jahren für die Audio-Gestaltung der Gottesdienste einspannen. Das wird mit jedem Jahr technischer!«
»Dann sorgen Sie gewiss auch für die Musik an dem großen Tag.«
»Oh, darauf können Sie wetten. Ich gehe die Titelliste schon seit Monaten mit Grace durch. Das wird etwas ganz Besonderes.«
»Ja, da bin ich mir sicher«, sagte Jack. »Grace ist ein entzückendes Mädchen . Nun ja, kein Mädchen mehr, aber Sie wissen schon, was ich meine.«
»Für mich bleibt sie ein Mädchen. Sie ist mein Ein und Alles.«
»Es ist eine große Sache, wenn eines der eigenen Kinder heiratet.«
»Und ich finde es großartig. Natürlich abgesehen von den Rechnungen.«
»Ha, wem sagen Sie das?« Jack lachte. »Nur noch wenige Tage, hm?«
»Ja, dann führe ich Grace zum Altar. Und ich werde sagenhaft stolz sein.«
»Das Gefühl kenne ich«, sagte Jack, der sich gut daran erinnerte, als er selbst Brautvater gewesen war.
»Haben Sie auch eine Tochter?«
»Ja. Sie ist Ärztin in L.A. Ich habe sogar eine Enkelin.«
»Sehen Sie die beiden oft?«
»Nicht annähernd oft genug«, antwortete Jack, und der Gedanke betrübte ihn jedes Mal aufs Neue. »Es ist schwierig für sie, sich freizunehmen und herzufliegen. Bald bin ich dran, sie zu besuchen. Vielleicht bleibe ich dann etwas länger. Das habe ich schon einmal getan, als sie Hilfe brauchte.«
»Sie muss Ihnen fehlen. Und Ihre Enkelin zweifellos auch!«
»Oh ja«, sagte Jack, nahm noch einen Schluck von dem Macallan und lauschte Coltranes Saxofonspiel. »Haben Sie noch andere Kinder, Len?«
Len holte tief Luft.
Ein schmerzliches Thema?
»Nein. Lizzie und ich bekamen Grace, als wir uns gerade ein Jahr kannten. Und wir entschieden, es dabei zu belassen. Lizzie musste lange Schichten im Krankenhaus arbeiten, und wir hatten wenig Geld. Da fanden wir, dass ein Kind genug war.«
»Tja, Sie können sich glücklich schätzen, sie zu haben«, sagte Jack. »Sie ist klasse.«
»Oh, ich weiß. Das ist sie.«
Und dann läutete es, gefolgt von einem lauten, zweimaligen Klopfen.
Jack sah Len an, der nicht minder überrascht wirkte.
»Es ist nach Mitternacht«, sagte Jack, als sie beide aufstanden. »Seltsam.«
»Nick vielleicht? Ob es Probleme gibt?«
»Bei der Verfassung, in der sie waren, würde es mich nicht wundern.«
Len ging voraus, und Jack folgte ihm.
Durch das Glas der Haustür konnte Jack große Umrisse sehen, die in blinkendem Blaulicht zuckten.
Und er hörte ein Funkgerät.
Erschrocken öffnete Len die Tür - und sie fanden sich Cherringhams einzigem Polizisten gegenüber, Alan Rivers. Hinter ihm konnte Jack noch zwei Constables in einem Mannschaftswagen der Polizei ausmachen.
Alan war sichtlich verblüfft, Jack neben Len zu sehen.
»Alan«, entfuhr es Jack.
Doch Alan antwortete nicht, sondern wandte sich an Len.
»Leonard Taylor?«, fragte er.
»Ja, Alan. Du weißt doch verdammt gut, wer ich bin. Was gibt's? Ist irgendwas mit den Jungs, dem Junggesellenabschied oder .«
Jack entging nicht, wie unwohl Alan sich fühlte.
»Ich nehme Sie kraft eines EU-Haftbefehls fest«, begann er und räusperte sich. »Ausgestellt von der spanischen Regierung wegen Mordverdachts.« Wieder räusperte er sich. »Die Tat wurde 1990 in San Antonio auf der Insel Ibiza begangen.«
Jack starrte Alan an. Seine Gedanken rasten, während er schnellstmöglich herauszufinden versuchte, was zum Teufel hier los war.
Könnte es ein Streich sein? Ein schlechter Scherz?
»Was?«, fragte Jack.
Er sah Len an, der wie versteinert dastand, als hätte man ihn in Trance versetzt.
Allerdings wirkte er nicht ganz so überrascht, wie Jack erwartet hätte.
»Len, was ist? Was ist da los?«, erklang eine Frauenstimme oben an der Treppe hinter Jack.
Jack drehte sich um und sah Lens Frau Lizzie - er erkannte sie vom Chor wieder -, die in einem Morgenmantel auf halber Höhe der Treppe stand. Sie gürtete den Morgenmantel fester zu, während sie ungläubig zu der kleinen Gruppe unten schaute.
Jack ging zur Seite, als Alan vortrat, dessen Verhalten brüsk und ganz offiziell war. Er löste ein Paar Handschellen von seinem Gürtel und legte sie Len an, der sich nach wie vor nicht rührte.
»Sie müssen nichts sagen, aber es könnte Ihrer Verteidigung schaden, wenn Sie sich später auf etwas berufen wollen, was Sie bei der Befragung ausgelassen haben. Alles, was Sie sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden.«
Und mit diesen Worten traten die beiden Constables vor, legten jeweils eine Hand auf Lens Schultern und dirigierten ihn nach draußen. Für Sekunden schien Len zu begreifen, was geschah.
»Keine Sorge, Lizzie«, sagte er. »Es ist bloß . bloß eine Sache. Kein Wort zu Grace, okay? Kein Wort. Bitte. Ich regle das.« Dann ergänzte er beinahe flüsternd: »Es ist alles ein Irrtum.«
Die Polizisten führten ihn von der Haustür fort und in die dunkle Aprilnacht hinein, wo die Scheinwerfer des Transporters im Nebel leuchteten.
»Halt! Das könnt ihr nicht...
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