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Major Richard Sharpes Regiment befindet sich in tödlicher Gefahr. Sie geht jedoch nicht vom französischen Feind aus, sondern von den Bürokraten in Whitehall. Vergebens wartet Sharpe in Spanien auf Verstärkung für sein Regiment. Fest entschlossen, seine Männer vor dem sicheren Untergang zu bewahren, kehrt er nach England zurück, um Hilfe zu holen. Doch dort stößt er auf ein Nest hochrangiger Verräter - und sieht sich einem Kampf gegenüber, der härter sein wird als alle Schlachten, die er jemals geschlagen hat.
SPANIEN, JUNI 1813
MacLaird, der Sergeant Major des Regiments, war ein kräftiger Mann, und der Druck seiner Finger, die Major Richard Sharpes linke Hand umklammerten, war schmerzhaft. Der sterbende Sergeant Major öffnete langsam die Augen. »Ich will nicht weinen, Sir.«
»Ja.«
»Niemand soll sagen, er hätte mich weinen gesehen, Sir.«
Sharpe nickte.
Eine Träne rann dem Sergeant Major übers Gesicht. Sein Tschako war heruntergefallen und lag einen halben Yard von seinem Kopf entfernt.
Sharpe überließ dem Sergeant Major seine linke Hand und zog mit der Rechten behutsam den roten Uniformrock des Verwundeten auseinander.
»Vater unser, der Du bist im Himmel.« Dann versagte MacLaird die Stimme. Er lag auf dem harten Kopfsteinpflaster. Einige der dunklen Pflastersteine waren mit seinem Blut befleckt. »O Jesus!«
Sharpe starrte auf den aufgerissenen Bauch des Sergeant Major. MacLairds schmutziges Hemd war in die Wunde hineingepresst worden, aus der glänzend rotes Blut quoll. Sharpe bedeckte sanft den grauenvollen Anblick mit dem Rock. Da war nichts mehr zu machen.
»Sir«, die Stimme des Sergeant Major klang schwach.
»Bitte, Sir?« Sharpe war verlegen. Er wusste, was dieser harte Mann wollte, der einst gerauft und gehurt und seine Pflicht getan hatte. Sharpe sah die Entschlossenheit des starken Mannes, angesichts des Todes keine Schwäche zu zeigen, und er packte MacLairds Hand, als könne er dieser letzten Äußerung von Soldatenstolz förderlich sein.
MacLaird blickte zu dem Offizier auf. »Sir?«
»Vater unser, der Du bist im Himmel, geheiligt werde Dein Name«, die Worte gingen Sharpe stockend von den Lippen. Er wusste nicht, ob er sich an das ganze Gebet würde erinnern können. »Dein Reich komme, Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden.« Sharpe hing keiner Glaubensrichtung an, konnte sich jedoch vorstellen, dass er im Sterben ebenfalls den Trost altbekannter Worte suchen würde. »Unser täglich Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern.« Es waren die verfluchten Franzosen gewesen, die sich versündigt hatten. Wie lauteten die nächsten Worte? »Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel, denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, amen.«
Sharpe nahm an, dass ihm alles eingefallen war, aber das war jetzt unerheblich. MacLaird war tot, gestorben an einem bajonettgroßen Steinsplitter, der sich beim Einschlag einer französischen Kanonenkugel von einem Felsbrocken gelöst hatte. Das Blut hatte aufgehört zu fließen, und an MacLairds Hals war kein Pulsschlag zu ertasten.
Sharpe bog ihm langsam die Finger auf. Er legte die Hand auf die Brust des Toten, wischte ihm die Tränen vom Gesicht und stand auf. »Captain Thomas?«
»Sir?«
»Der Sergeant Major ist tot. Lassen Sie ihn begraben. Captain d'Alembord!«
»Die Feldposten sollen fünfzig Yards weiter hügelaufwärts vorrücken. Wir halten hier, verdammt noch mal, kein Manöver ab! Bewegung!« Die Posten waren genau richtig platziert, das wusste jeder, aber Sharpe machte seinem Ärger Luft.
Der Boden war durchnässt vom nächtlichen Regen. Auf dem Pfad hatten sich Pfützen gebildet. Einige waren mit Blut verfärbt. Links von Sharpe, hügelabwärts, hackte ein Arbeitstrupp den dürren Boden auf, um dort Gräber auszuheben. Zehn Leichen, ohne Röcke und Stiefel, die zu wertvoll waren, um mit begraben zu werden, warteten neben der flachen Grube.
»Lieutenant Andrews!«
»Zwei Sergeants! Zwanzig Mann! Steine sammeln!«
»Steine, Sir?«
»Keine Fragen!« Sharpe wirbelte herum und wiederholte barsch den Befehl. In dieser Stimmung wäre es töricht gewesen, den großen dunkelhaarigen Offizier zu erzürnen, der aus den Mannschaften aufgestiegen war.
Sharpe ging zu der Stelle zwischen den großen Felsen, wo die Verwundeten geschützt vor dem beißenden Wind untergebracht waren. Sharpes Scheide mit dem schweren Säbel, den er mit der Wucht einer Axt zu schwingen verstand, schlug klirrend auf, als er in die Hocke ging. »Dan?« Daniel Hagman, Rifleman und ehemaliger Wilderer, grinste ihm zu. »Bin gar nicht so übel dran, Sir.« Seine linke Schulter war verbunden. Uniformrock und Hemd waren über den Verband drapiert wie zwei Umhänge. »Kann mir nur nicht die Pfeife stopfen, Sir.«
»Hier.« Sharpe nahm die kurze Tonpfeife, kramte in Hagmans Munitionsbeutel nach dem Tabak und stopfte die Pfeife. »Wie ist das passiert?«
»Verdammter Plänkler. Hab den Bastard für tot gehalten, Sir.« Hagman war der älteste Mann im Bataillon, er war möglicherweise über fünfzig, aber das wusste niemand so genau. Außerdem war er der beste Schütze im Regiment. Er nahm seine Pfeife entgegen und sah zu, wie Sharpe seine Zunderbüchse hervorholte. »Hab den Kerl getroffen, Sir. Dann wollte ich hin zu ihm, aber er hat mich erwischt, der Halunke.« Hagman paffte, blies Rauch aus und sog erneut an der Pfeife. »Angel hat den Kerl mit dem Messer getötet.« Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Sir.«
»Sei kein Narr, Dan. Ist nicht deine Schuld. Du wirst bald wieder gesund sein.«
»Wir haben die Kerle geschlagen, Sir.« Hagman und Sharpe gehörten beide den Riflemen an, einer Kompanie, die es wie Treibgut im Ozean dieses Krieges in die rotberockten Reihen des South Essex Bataillons verschlagen hatte. Sei es aus Trotz oder aus Stolz, jedenfalls trugen sie nach wie vor ihre grünen Uniformröcke. Sie waren Riflemen. Sie waren die Elite. »Wir haben die Kerle noch immer geschlagen, Sir.«
»Ja.« Sharpe lächelte, und der spöttische Ausdruck seines Gesichts, der durch die Narbe an seiner linken Wange hervorgerufen wurde, verschwand plötzlich. »Wir haben die Schweinehunde besiegt, Dan.«
Natürlich hatten sie gesiegt. Das South Essex, ein Bataillon, das mit weniger als halber Sollstärke marschierte und vom Krieg zermürbt war wie ein Bajonett, das durch ständigen Gebrauch und Nachschärfen abgenutzt ist, hatte die Franzosen besiegt. Sharpe dachte an Leroy, den Amerikaner, der früher der kommandierende Offizier des Bataillons gewesen war. Leroy wäre heute stolz auf sie gewesen.
Aber Leroy war tot, war eine Woche zuvor bei Vitoria gefallen, und bald, wusste Sharpe, würde ein neuer Lieutenant Colonel kommen, dazu neue Offiziere, neue Männer. Diese Männer würden aus England eintreffen, und Sharpe würde das vorübergehende Kommando über diese dezimierte Truppe verlieren, die am heutigen Tag keine Schlacht hätte schlagen sollen.
Sie waren unterwegs nach Pasajes gewesen, nach dem großen Sieg von Vitoria dorthin befohlen. Da hatte sie per Kurier der Befehl erreicht, das South Essex solle diesen Pfad aus den Bergen blockieren. Der Kurier hatte nicht gewusst, was vorging, hatte nur erschrocken von den französischen Truppen berichtet, die über die Grenze geströmt waren, und gesagt, dass das South Essex zufällig diesem Pfad am nächsten war. Sie hatten ihre Frauen und das Gepäck an der Straße zurückgelassen und waren nach Norden gezogen, um die Franzosen zu stoppen.
Das war gelungen. Sie hatten am Pfad entlang Stellung bezogen und im tödlichen Rhythmus des Pelotonfeuers ihre Musketen abgeschossen. Sie hatten den Zugang von Norden her gedeckt und die Reihen des blauberockten Feindes zerfetzt.
Das South Essex hatte standgehalten. Die Verwundeten hatten sich selbst in Sicherheit gebracht oder waren an Ort und Stelle verblutet. Selbst als die Kanone des Feindes zu schießen begonnen und die Männer reihenweise in blutiges Chaos gestürzt hatte, waren sie nicht zurückgewichen. Sie hatten die Bastarde gestoppt und dann verjagt, und nun sah Major Richard Sharpe, welchen Preis er dafür gezahlt hatte.
Elf Tote, und noch mehr, die an ihren Wunden sterben würden. Mindestens zwölf der Verwundeten würden nie mehr in die Glieder zurückkehren. Ein weiteres Dutzend, darunter auch Hagman, würden überleben und wieder kämpfen, allerdings nur, wenn sich ihre Verletzungen nicht entzündeten und sie nicht den fiebrigen langsamen Tod starben.
Sharpe spuckte aus. Er hatte kein Wasser, denn eine feindliche Kugel hatte seine Feldflasche leckgeschlagen. »Sergeant Harper!«
»Sir?« Der hünenhafte Ire kam zu ihm. Im gesamten Bataillon war dieser Rifleman wohl der Einzige, der Richard Sharpes Zorn nicht fürchtete, denn Harper hatte in jeder Schlacht dieses Krieges an Sharpes Seite gekämpft. Sie waren durch Spanien marschiert und waren jetzt, im Sommer 1813, nahe der französischen Grenze. »Wie geht es Dan, Sir?«
»Er wird es überleben. Hast du noch Wasser?«
»Ich hatte welches, aber jemand hat damit ein Wunder bewirkt.« Harper, der verbotenerweise Rotwein in seiner Feldflasche mit sich führte, bot Sharpe davon an. Der Major trank und verkorkte anschließend die Flasche.
»Danke, Patrick.«
»Ist noch reichlich da, wenn Sie's brauchen, Sir.«
Harper hatte vor zwei Tagen geheiratet, und Sharpe hatte dem großen Iren befohlen, bei seiner jungen spanischen Frau zu bleiben, als der Kampfbefehl eingetroffen war, aber Harper hatte sich geweigert. Nun spähte Harper nordwärts zum menschenleeren Horizont. »Was wollten die Scheißer hier?«
»Sie hatten sich verlaufen.« Sharpe konnte es sich nicht anders erklären. Er wusste, dass eine Reihe französischer Einheiten, die durch die Niederlage Joseph Bonapartes bei Vitoria versprengt worden waren, auf Umwegen zurück nach Frankreich marschierte. Diese Einheit war Sharpes Trupp zahlenmäßig überlegen gewesen, und es war ihm rätselhaft, warum sie auf einmal den Kampf aufgegeben hatte. Er konnte sich die Sache nicht anders erklären, als dass der Feind...
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