Schweitzer Fachinformationen
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»Excuse me, sind die Liegen neben dir noch frei?«
Ich ruckele meine Gucci-Sonnenbrille zurecht, mit der ich aussehe wie Puck die Stubenfliege, und schaue hoch. Vor mir stehen zwei Mädels. Die eine blond, die andere brünett. Sie tragen Sonnenhüte, verboten kurze Shorts und Sandalen.
Bestimmt Amerikanerinnen.
»Sure«, antworte ich lässig, ganz Kosmopolitin, klappe mein Buch zu und richte mich auf. »Legt euch gerne neben mich.«
»Great, thank you«, freut sich die Brünette, als hätte ich ihr die Teakholzliege vom Hotelpool soeben geschenkt, und setzt ihre Strandtasche ab. »Ich bin Maggie, und das ist meine Freundin Lynn«, stellt sie sich vor.
»Angenehm«, erwidere ich, »ich bin Annika.«
Interessiert beobachte ich die beiden, während sie es sich auf den Sonnenstühlen neben mir gemütlich machen, und stelle zufrieden fest, dass ich mit ihrem Look durchaus mithalten kann. Es hat sich also doch gelohnt, vor meiner Anreise mein Konto dem Erdboden gleichzumachen, um angemessen gestylt an der Costa Smeralda aufzuschlagen.
Lynn hat Shorts und T-Shirt abgelegt und trägt darunter einen ähnlichen Armani-Bikini wie ich. Maggie hat ein seidenes Strandoberteil an und sich dazu passend ein turbanartiges Tuch um den Kopf geschlungen.
»Also, Annika, was machst du hier?« Maggie mustert mich mit ebenso unverhohlener Neugierde wie ich sie. »Are you on vacation?«
Urlaub! Ich doch nicht.
»Nein, ich bin beruflich hier«, kläre ich sie auf. »Ich arbeite als Public-Relations-Managerin bei GID Germany und bin für ein Launch-Projekt eines Neuwagens auf der Insel.«
Für das Projekt meines Lebens, wie ich finde. Ich soll auf Sardinien das Event zur Präsentation des sensationellen Geländewagens Dakar organisieren und darf dafür die nächsten Wochen in einem Luxushotel vor Ort verbringen.
»Oh, that sounds great.«
Lynn und Maggie nicken bewundernd, erklären mir ihre eigenen beruflichen Positionen und en passant auch die ihrer Eltern. Sie tun dies mit einer Nonchalance, als hätte es sich im Gespräch einfach so ergeben. Aber jetzt weiß ich wenigstens, wer den beiden die Ferien in einem der teuersten Hotels der Insel spendiert. Und die passenden Klamotten dazu.
Bei mir sieht die Sache etwas anders aus. Okay, meine Firma zahlt mir die Unterkunft. Für einen standesgemäßen Auftritt jedoch habe ich meinen gesamten Jahresbonus und ein halbes Monatsgehalt obendrauf auf den Kopf gehauen. Sollte ich hier nämlich zufällig auf Naomi Campbell, Elton John oder Flavio Briatore treffen, will ich diesen Leuten in Modefragen auf Augenhöhe gegenübertreten. Zumindest ein bisschen.
Ein umwerfend gut aussehender Kellner kommt auf uns zu und fragt mit einer leicht demütigen Verbeugung, ob es »etwas sein darf«.
Hm, mit feschen Kerlen wie ihm dürfte es notfalls eine ganze Menge sein, denke ich, aber vorerst bin ich mit einem schlichten Gläschen Champagner zufrieden. Zur Feier des Tages.
Gut gelaunt gebe ich meine Bestellung auf, da mustern mich Lynn und Maggie abwartend.
»Eh«, beeile ich mich zu sagen, »darf ich euch auch etwas anbieten?« Die beiden sind es offenbar nicht gewohnt, für sich selbst zu sorgen.
»Yeah, thank you«, reagiert Lynn prompt und bedeutet dem Kellner, ihr das zu bringen, was ich gerade bestellt habe.
Der Schönling schaut fragend auf Maggie, die ebenfalls nickt, und wendet sich dann erneut an mich. »Darf es dann vielleicht gleich eine ganze Flasche sein?«
Zwar fröstelt es mich bei diesem Vorschlag und den finanziellen Folgen kurz, ich will mir jedoch vor dem schönsten Kellner meines Lebens keine geizige Blöße geben.
»Ja, danke, gute Idee.« bestätige ich daher übertrieben begeistert. »Ich habe«, füge ich übermütig hinzu, »schon so viel von den berühmten sardischen Austern gehört - ein Dutzend davon, bitte.«
Was lacostet die Welt .
Der Kellner nickt und zieht sich zurück.
Maggie starrt ihm versonnen hinterher und errät meine Gedanken. »Isn't he cute?«, fragt sie.
»Sehr süß«, nicke ich.
»Do you have a boyfriend?«, fragt Maggie überraschend direkt.
»Nee, vor Kurzem beendet«, gebe ich zurück. »Und ihr?«
Die beiden sehen sich an und grinsen.
»Nichts, was uns abhalten könnte«, antwortet Lynn dann. »So oft im Leben kommen wir schließlich nicht nach Italia.«
»Ich verstehe«, sage ich verschwörerisch.
Zu dritt beobachten wir unseren zurückgekehrten schönen Kellner, der unserem illustren Gelage ehrerbietig eine Flasche Champagner auf einem kleinen Silbertablett serviert, zusammen mit einem Schälchen Erdbeeren und einem mit Kräckern.
»Die Austern folgen sofort«, haucht er, reicht uns je einen gefüllten Champagnerkelch und eilt erneut davon - unsere Blicke auf seinem wohlgeformten Po ruhend.
Sobald der arme Mann außer Hörweite ist, erhebe ich mein Glas und proste Lynn und Maggie zu. »Auf einen tollen Nachmittag zusammen«, rufe ich.
»Yeah«, rufen die Mädels zurück, »let's have a great time!«
Ich nippe an dem Champagner, knabbere an einem Kräcker und seufze zufrieden. Erst vor drei Stunden gelandet und schon mittendrin im Hautevolee-Geschehen. Genau so habe ich mir Sardinien vorgestellt.
Bereits am Flughafen in Olbia bestätigten sich sämtliche Klischeevorstellungen, die ich von Sardinien hatte. Die Gepäckausgabe spuckte fast ausschließlich Markenkoffer in allen Größen und Formen aus. Überspannte Touristen, ganz in Weiß und Gold gekleidet, luden Berge von Taschen auf ihre Gepäckwagen, während sie mit der freien Hand eifrig telefonierten oder kleine Schoßhunde im Arm warm hielten.
Draußen vor dem Gate standen dann eine Horde Reisebegleiter, Taxifahrer und ähnlich motivierte Personen herum, die irgendjemanden erwarteten oder in Empfang nahmen. Es gab ein lautstarkes Hallo und Gewinke um mich herum, Küsse und Befehle wurden verteilt, Gepäck wurde erleichtert dem nun endlich verfügbaren Personal übergeben.
Nur für mich war weit und breit niemand da. Ein super Start für die Shuttle-Service-Agentur, die wir für unser bevorstehendes Mega-Event gebucht hatten.
Ich wühlte in meiner Tasche nach den Kontaktdaten der Agentur ohne Service und zückte mein Handy. Es war werktags, zwei Uhr am Nachmittag, und niemand nahm ab.
»Zurzeit ist niemand zu erreichen. Bitte versuchen Sie es später noch einmal«, informierte mich eine weibliche Stimme auf zärtlichem Italienisch.
Toll!
Das fing ja gut an.
Mit zwei Koffern, einer Reisetasche und meiner Handtasche beladen, stolperte ich irgendwie vor das Terminal ins Freie. Dort setzte ich mich in eine Bar und beobachtete das Treiben der Menschen um mich herum.
Am Tisch neben mir hatte sich soeben eine Gruppe russischer Touristen niedergelassen, die sich zur Stärkung erst einmal eine Flasche Hochprozentiges bestellt und ein paar teure Zigarillos angezündet hatten. Das Grüppchen aus Männern und Frauen in zäpfchenförmigen Markenslippern, mit klobigen Handtaschen und - sofern weiblich - prall gespritzten Brüsten in viel zu engen, glitzernden Shirts hatte ohne Zweifel das gleiche Reiseziel wie ich: die Costa Smeralda.
Weshalb die Reisegruppe neben mir nicht gleich in einem Mietwagen gehobener Klasse in ihr Urlaubsziel abrauschte, sondern neben ihren Gepäckbergen noch ein paar Gläschen zischte, wusste ich nicht. Ich hingegen konnte nicht anders, als herumzusitzen und auf einen Fahrer zu warten, der weder in Erscheinung trat noch telefonisch erreichbar war.
Ich beschloss also, das Beste daraus zu machen und die ersten Eindrücke der Insel bei einem kleinen Drink auf mich wirken zu lassen. Dazu brauchte ich nur noch einen Drink.
»Scusi - Entschuldigung -, eine Cola bitte«, rief ich einem vorbeieilenden Kellner zu, froh, nach zehn Minuten endlich mal jemanden vom Service zu entdecken.
»Hier keine Bedienung am Tisch«, unterrichtete er mich, ohne mich dabei eines Blickes zu würdigen, und stapelte gelassen ein paar Tassen auf einem Wägelchen aufeinander, »dafür müssen Sie an den Tresen gehen.«
Mussten die Russen für ihren Wodka etwa auch am Tresen anstehen oder hatte er bei denen eine lohnenswerte Ausnahme gemacht?
Mit dem Rücken zur Wand, um erstens mein Gepäck und zweitens die vorbeifahrenden Wagen auf der Anfahrtsstraße vor dem Arrivi-Terminal im Auge zu behalten, trippelte ich zur Bar und gab meine Bestellung auf.
Just in diesem Moment bog eine silberne Limousine um die Ecke. Das musste für mich sein. Mit der Cola in der Hand sprang ich an den Straßenrand und versuchte winkend, den Mann am Steuer auf mich aufmerksam zu machen. Die russische Reisegruppe hinter mir kicherte leise.
Der Wagen hielt, und ein kleiner, schmächtiger Mensch in einem billigen Anzug und mit ungeputzten schwarzen Schuhen stieg aus.
»Signorina Errmaane?«, fragte er zögernd.
»Annika Herrmann, ja das bin ich«, antwortete ich.
»Buon giorno, signorina, und herzlich willkommen auf Sardinien«, begrüßte er mich freundlich. »Ich bin Enzo, Ihr Fahrer.«
Ich nickte bemüht freundlich und wartete auf eine Entschuldigung oder zumindest eine Erklärung ob seiner Verspätung. Nichts dergleichen geschah.
Schließlich zuckte er...
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