Schweitzer Fachinformationen
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Es war ein Freitagmorgen, und die Cleveren waren bereits ins Wochenende aufgebrochen. Deshalb herrschte auf dem Weg nach Downtown kaum Verkehr, und Harry Bosch traf früh im Gericht ein. Statt wie verabredet auf der Eingangstreppe auf Mickey Haller zu warten, beschloss er, seinen Anwalt im Innern des riesigen Baus zu suchen, der mit seinen neunzehn Stockwerken einen halben Häuserblock einnahm. Die Suche nach Haller war jedoch nicht so schwer, wie die Größe des Gebäudes vermuten ließ. Nachdem Bosch den Metalldetektor im Foyer passiert hatte - eine neue Erfahrung für ihn -, fuhr er mit dem Lift in den vierzehnten Stock. Und nachdem er dort in alle Gerichtssäle geschaut hatte, arbeitete er sich über das Treppenhaus Etage für Etage nach unten vor. Die meisten Gerichtssäle, in denen Strafsachen verhandelt wurden, befanden sich in den Stockwerken acht bis vierzehn. Das wusste Bosch wegen der vielen Stunden, die er in den letzten dreißig Jahren in diesen Gerichtssälen verbracht hatte.
Er fand Haller in Saal 120 im zwölften Stock. An der Verhandlung, die dort stattfand, nahmen keine Geschworenen teil. Haller hatte Bosch gesagt, er hätte einen Termin bei Gericht, der bis zu ihrer Verabredung zum Mittagessen zu Ende wäre. Bosch rutschte auf eine Bank im hinteren Teil der Zuschauergalerie und verfolgte, wie Haller einen uniformierten LAPD-Officer im Zeugenstand befragte. Das Vorgeplänkel hatte Bosch verpasst, aber nicht die entscheidende Phase der Befragung des Polizisten.
»Officer Sanchez«, sagte Haller, »ich möchte Sie jetzt bitten, noch einmal Schritt für Schritt mit mir durchzugehen, wie es dazu gekommen ist, dass Sie am 11. Dezember vergangenen Jahres Mr. Hennegan festgenommen haben. Fangen wir doch am besten damit an, wie an besagtem Tag Ihr dienstlicher Auftrag lautete.«
Sanchez brauchte eine Weile, um sich eine Antwort auf diese scheinbar harmlose Frage zurechtzulegen. Er hatte drei Streifen an seinem Ärmel, von denen jeder für fünf Jahre Polizeidienst stand. Fünfzehn Jahre bedeuteten einiges an Erfahrung, und daraus schloss Bosch, dass Sanchez nicht nur auf der Hut vor Haller war, sondern sich auch gut darauf verstand, ihm Antworten zu geben, die mehr der Anklage halfen als der Verteidigung.
»Mein Partner und ich hatten Patrouillendienst im Seventy-Seventh-Street-Revier«, antwortete Sanchez schließlich. »Als es zu dem Vorfall kam, fuhren wir gerade auf der Florence Avenue in Richtung Westen.«
»Und Mr. Hennegan war ebenfalls auf der Florence Avenue unterwegs?«
»Ja, das ist richtig.«
»In welche Richtung fuhr er?«
»Er fuhr ebenfalls nach Westen. Sein Auto war direkt vor unserem.«
»Gut, und was ist dann passiert?«
»Die Ampel an der Normandie Avenue war rot. Mr. Hennegan hielt an, und wir hielten hinter ihm an. Dann betätigte Mr. Hennegan den rechten Fahrtrichtungsanzeiger und bog nach rechts in die Normandie, um in nördlicher Richtung weiterzufahren.«
»Beging er eine Verkehrswidrigkeit, als er an der roten Ampel rechts abbog?«
»Nein. Er brachte das Fahrzeug vollständig zum Stillstand, und als die Straße frei war, bog er rechts ab.«
Haller nickte und hakte etwas auf seinem Block ab. Sein Mandant saß in einem blauen County-Jail-Overall neben ihm - ein sicheres Zeichen dafür, dass es in der Verhandlung um eine schwere Straftat ging. Bosch tippte auf ein Drogenvergehen, und vermutlich wollte Haller verhindern, dass irgendetwas von dem, was im Auto seines Mandanten gefunden worden war, beim Prozess als Beweismittel zugelassen wurde, indem er geltend machte, er sei unrechtmäßig angehalten und durchsucht worden.
Haller befragte den Zeugen von seinem Platz am Tisch der Verteidigung. Wenn keine Geschworenen anwesend waren, entband der Richter die Anwälte davon, einen Zeugen im Stehen anzusprechen.
»Und Sie sind ebenfalls abgebogen und Mr. Hennegans Wagen gefolgt, richtig?«, fragte er.
»Das ist richtig«, antwortete Sanchez.
»Wann genau haben Sie beschlossen, Mr. Hennegans Fahrzeug anzuhalten?«
»Sofort. Wir haben ihn angeblinkt, und er ist rechts rangefahren.«
»Und was ist dann passiert?«
»Er hat angehalten, und im selben Moment ist die Beifahrertür aufgeflogen, und der Beifahrer ist geflüchtet.«
»Er ist weggelaufen?«
»Ja, Sir.«
»Wohin ist er gelaufen?«
»Es gibt dort ein Einkaufszentrum mit einer Durchfahrt dahinter. Und auf dieser Durchfahrt ist er in östlicher Richtung weggelaufen.«
»Haben Sie oder Ihr Partner seine Verfolgung aufgenommen?«
»Nein, Sir. Es wäre zu gefährlich und gegen die Vorschriften gewesen, uns zu trennen. Mein Partner hat über Funk Verstärkung und ein Luftschiff angefordert. Außerdem hat er eine Beschreibung des fliehenden Mannes durchgegeben.«
»Ein Luftschiff?«
»Einen Polizeihubschrauber.«
»Verstehe. Was haben Sie gemacht, Officer Sanchez, während Ihr Partner das alles über Funk durchgegeben hat?«
»Ich stieg aus dem Streifenwagen und ging an die Fahrerseite des Fahrzeugs und forderte den Fahrer auf, seine Hände aus dem Fenster zu strecken, damit ich sie sehen konnte.«
»Hatten Sie dabei Ihre Waffe gezogen?«
»Ja, hatte ich.«
»Was ist dann passiert?«
»Ich forderte den Fahrer - Mr. Hennegan - auf, aus dem Fahrzeug zu steigen und sich auf den Boden zu legen. Dem kam er nach, woraufhin ich ihm Handschellen anlegte.«
»Haben Sie ihm erklärt, weshalb er festgenommen wurde?«
»Zu diesem Zeitpunkt war er noch nicht festgenommen.«
»Er lag in Handschellen mit dem Gesicht nach unten auf der Straße, und Sie sagen, er war nicht verhaftet?«
»Wir wussten noch nicht, worum es ging, und meine Sorge galt zunächst nur meiner Sicherheit und der meines Partners. Wir hatten es mit einem Beifahrer zu tun, der die Flucht ergriffen hatte. Deshalb hielten wir es für angeraten, vorsichtig zu sein.«
»Es war also der Mann, der weggerannt ist, der alles in Gang gesetzt hat?«
Haller blätterte in seinem Block ein paar Seiten weiter, um seine Notizen zu Rate zu ziehen, dann sah er etwas in seinem Laptop nach, der offen auf dem Tisch der Verteidigung stand. Der Kopf seines Mandanten war weit nach vorn geneigt, und von hinten sah es aus, als schliefe er.
Der Richter war so tief in seinen Sitz gesunken, dass Bosch nur den oberen Teil seines grauhaarigen Kopfs sehen konnte. Jetzt räusperte er sich und beugte sich vor, so dass er für die Anwesenden sichtbar wurde. Ein Schild an der Richterbank wies ihn als Honorable Steve Yerrid aus. Bosch kannte ihn weder persönlich noch namentlich, aber das hatte nicht viel zu besagen, denn in diesem Gebäude gab es mehr als fünfzig Gerichtssäle und Richter.
»Ist das alles, Mr. Haller?«, fragte Yerrid.
»Entschuldigen Sie bitte, Euer Ehren«, sagte Haller. »Ich muss nur kurz etwas nachsehen.«
»Aber beeilen Sie sich bitte.«
»Ja, Euer Ehren.«
Anscheinend fand Haller in seinen Notizen, was er suchte, und fuhr fort:
»Wie lang haben Sie Mr. Hennegan in Handschellen auf der Straße liegen lassen, Officer Sanchez?«
»Ich habe in seinem Auto nachgesehen, und sobald ich mich vergewissert hatte, dass dort sonst niemand war, ging ich zu Mr. Hennegan zurück und tastete ihn nach Waffen ab. Dann half ich ihm auf und setzte ihn zu seiner und unserer Sicherheit auf den Rücksitz des Streifenwagens.«
»Warum stand seine Sicherheit zur Debatte?«
»Wie bereits gesagt, wussten wir nicht, womit wir es zu tun hatten. Ein Mann läuft weg, der andere verhält sich nervös. Da war es das Beste, die Person erst einmal zu sichern und dann festzustellen, worum es bei der Sache ging.«
»Wann ist Ihnen zum ersten Mal aufgefallen, dass sich Mr. Hennegan, wie Sie es nennen, nervös verhielt?«
»Sofort. Als ich ihn aufforderte, die Hände aus dem Fenster zu strecken.«
»Sie hatten Ihre Dienstwaffe auf ihn gerichtet, als Sie diese Anweisung erteilten, ist das richtig?«
»Ja.«
»Gut, Mr. Hennegan sitzt jetzt also auf dem Rücksitz Ihres Streifenwagens. Haben Sie ihn gefragt, ob Sie sein Auto durchsuchen dürfen?«
»Das habe ich, und er hat es abgelehnt.«
»Was haben Sie getan, nachdem er es abgelehnt hat?«
»Ich habe über Funk einen Drogenhund angefordert.«
»Und was macht ein Drogenhund?«
»Er ist darauf abgerichtet, Laut zu geben, wenn er Drogen riecht.«
»Gut, und wie lang hat es gedauert, den Hund an die Kreuzung Florence und Normandie zu bringen?«
»Ungefähr eine Stunde. Er musste von der Academy geholt werden, wo gerade zu Ausbildungszwecken eine Vorführung stattfand.«
»Mein Mandant war also eine Stunde auf dem Rücksitz Ihres Autos eingesperrt, während Sie auf den Hund gewartet haben.«
»Richtig.«
»Zu seiner Sicherheit und Ihrer.«
»Wie oft sind Sie zu Ihrem Wagen gegangen, haben die Tür geöffnet und ihn erneut gefragt, ob Sie sein Auto durchsuchen dürfen?«
»Zwei- oder dreimal.«
»Und wie hat er darauf reagiert?«
»Er hat es weiter abgelehnt.«
»Haben Sie oder andere Polizisten den Beifahrer, der weggelaufen ist, jemals gefunden?«
»Meines Wissens nicht. Am Tag danach wurde die Angelegenheit der South Bureau Narcotics Unit übergeben.«
»Und was geschah, als der Drogenhund endlich eintraf?«
»Der K-9 Officer hat ihn um das Fahrzeug des Angeklagten geführt, und am Kofferraum hat der Hund Laut gegeben.«
»Wie hieß der Hund?«
»Cosmo, glaube ich.«
»Was für ein Fahrzeug fuhr Mr. Hennegan?«
»Einen alten Toyota Camry.«
»Und Cosmo hat Ihnen...
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