Schweitzer Fachinformationen
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Vor über zwanzig Jahren wurde Patricia Lockwood während eines Raubüberfalls entführt und schwer misshandelt. Ihr gelang die Flucht, doch ihr Peiniger wurde nie gefasst. Auch die damals gestohlenen Gemälde blieben verschollen. Bis in einem New Yorker Apartment neben einer Leiche eines der Bilder gefunden wird - und der Koffer, den der Entführer Patricia zu packen zwang.
Zeit für Patricias Cousin, Windsor Horne Lockwood III, den Dingen auf den Grund zu gehen: Win, wie seine wenigen Freunde ihn nennen, ist hochintelligent, skrupellos und wild entschlossen, den Fall zu lösen. Einen Fall, der die dunkelsten Geheimnisse seiner Familie ans Tageslicht zu bringen droht.
"Und wieder hat Harlan Coben es geschafft, mich bis zu den letzten zehn Seiten komplett im Dunkeln zu lassen, wer hier hinter der Geschichte steht. Seine Protagonisten sind immer vielschichtig, aber Windsor hat mich ganz besonders begeistert: ein Dandy mit Kampfkunsterfahrung, snobistisch, intellektuell und skrupellos. Ihn hätte ich nicht gerne als Feind."
"'Nichts bleibt begraben' ist ein spezieller Thriller, ein Psychogramm eines Psychopathen, der es sich leisten kann, dieser zu sein. 'American Psycho' lässt grüßen. Aber Cobens Werk ist auch ein Krimi mit einer komplexen Story, mehreren Handlungssträngen und einigen überraschenden Wendungen."
EINS
Es ist der Wurf, der die Meisterschaft entscheiden wird. Langsam und im hohen Bogen fliegt der Ball auf den Korb zu.
Mir ist das egal.
Alle anderen im Lucas Oil Stadium in Indianapolis starren mit offenen Mündern auf den Ball.
Ich nicht.
Ich starre auf die andere Seite des Felds. Zu ihm hinüber.
Natürlich habe ich einen Platz am Spielfeldrand auf Höhe der Mittellinie. Rechts neben mir sitzt ein Marvel-Superheld-Schauspieler der ersten Garde in einer Art Kompressions-T-Shirt, das jeden einzelnen Muskel hervorhebt - Sie kennen ihn -, und links von mir präsentiert der umjubelte Rap-Mogul Swagg Daddy, dem ich vor drei Jahren seinen Privatjet abgekauft habe, ein Modell seiner eigenen Sonnenbrillenmarke. Ich mag Sheldon (das ist Swagg Daddys richtiger Name), sowohl als Menschen als auch seine Musik, allerdings begrüßt er die Leute so überschwänglich und fröhlich, dass ich es als extrem unterwürfig empfinde und vor Scham im Boden versinken möchte.
Ich selbst trage einen maßgeschneiderten dunkelblauen Nadelstreifenanzug aus der Savile Row, ein Paar handgefertigte bordeauxfarbene Bedfordshire-Schuhe von Basil, dem besten Schuhmacher von GJ Cleverley's eine Limited Edition Lily-Pulitzer-Seidenkrawatte in Rosa und Grün und die Sonderanfertigung eines Hermès-Einstecktuchs, das mit himmlischer Präzision aus der linken Brusttasche hervorschaut.
Ich bin ein echter Dandy.
Außerdem bin ich - für alle, die nicht zwischen den Zeilen lesen können - reich.
Der Ball, der durch die Luft fliegt, wird über den Ausgang des gehypten College-Basketballturniers entscheiden, das auch als »March Madness« bekannt ist. Schon seltsam, wenn man sich das überlegt. All der Schweiß und die Tränen, das Taktieren, der Talentaufbau und das Training, dazu die unzähligen Stunden, in denen die Spieler allein vor der Garage auf den Korb werfen, die Dribbel- und Passübungen, das Gewichteheben und die Steigerungsläufe, die man so oft wiederholt, bis man sich übergibt, all die Jahre in den unterschiedlichsten, aber immer miefigen Sporthallen. Basketballgruppen für Kinder, Basketballsommercamps, Basketballjugendturniere, Highschool-Basketball, Sie verstehen schon, was ich meine - und im Endeffekt läuft alles nur darauf hinaus, dass eine simple orangefarbene Kugel den Regeln der Physik folgend genau in diesem Moment auf einen metallischen Zylinder zufliegt.
Entweder geht der Ball daneben und die Duke University gewinnt, oder er geht rein und die South State University und ihre Fans stürmen zum Feiern auf den Platz. Der Marvel-Superheld war auf der South State University. Swagg Daddy hat, so wie ich, die Duke University besucht. Beiden sieht man die Erregung an. Die lärmende Menge verstummt vor Anspannung. Die Zeit scheint langsamer zu vergehen.
Noch einmal: Obwohl meine Alma Mater beteiligt ist, ist mir das egal. Ich kann mit dem ganzen Fanrummel nichts anfangen. Es interessiert mich nicht, wer einen Wettbewerb gewinnt, an dem ich nicht aktiv teilnehme - oder jemand, der mir am Herzen liegt. Ich frage mich oft, warum andere Leute so etwas tun.
Ich nutze die Zeit, um mich auf ihn zu konzentrieren.
Er heißt Teddy Lyons und ist einer der übertrieben vielen Assistenztrainer auf der Bank von South State. Er ist gut einen Meter achtzig groß und kräftig, ein fescher, fleischiger Bauerntrampel. Big T - er möchte so genannt werden - ist dreiunddreißig Jahre alt, und dies ist bereits sein vierter Job als College-Coach. Soweit ich weiß, ist er ein ganz ordentlicher Taktiker, sein Spezialgebiet ist jedoch die Talentsuche.
Die Hupe ertönt und verkündet das Ende der Spielzeit. Der Ausgang des Wettbewerbs ist noch immer offen.
Es ist so still in der Arena, dass ich tatsächlich höre, wie der Ball auf den Ring trifft.
Swagg umklammert mein Bein. Der Marvel-Superheld drückt mir einen muskulösen Trizeps auf die Brust, als er erwartungsvoll die Arme ausbreitet. Der Ball prallt einmal, zweimal, dann ein drittes Mal auf den Ring, als wollte dieses leblose Objekt die Menge piesacken, bevor es völlig eigenständig über Sieg oder Niederlage entscheidet.
Ich behalte weiterhin Big T im Auge.
Als der Ball schließlich vom Ring rollt und zu Boden fällt - eindeutig ein Fehlwurf -, explodiert der Bereich der Arena, in dem die Blue-Devil-Fans sitzen. Am Rand meines Sichtfelds sacken alle auf der South-State-Bank zusammen. Ich mag das Wort »niederschmetternd« nicht - es ist ein seltsames Wort -, aber hier passt es. Sie sacken zusammen und wirken tatsächlich niedergeschmettert. Ein paar kollabieren und brechen in Tränen aus, als die Realität der Niederlage langsam in ihr Bewusstsein vordringt.
Nicht so Big T.
Marvel-Superheld lässt sein hübsches Gesicht in seine Hände sinken. Swagg Daddy umarmt mich. »Wir haben gewonnen! Win!«, schreit er. Dann überlegt er kurz: »Oder klingt >Wir sind Gewinner, Win< besser?«
Ich runzele die Stirn. Das Stirnrunzeln sagt ihm, dass ich Besseres erwartet habe.
»Ja, schon gut«, sagt Swagg.
Ich kann ihn kaum hören. Das Getöse ist mehr als ohrenbetäubend. Er beugt sich weiter zu mir herüber.
»Meine Party wird fantastisch!«
Er läuft aufs Feld und mischt sich unter die Feiernden. Mit ihm stürmt der Rest der ausgelassen jubelnden Masse auf den Platz und verschluckt ihn. Ein paar Leute klopfen mir im Vorbeigehen auf den Rücken. Sie wollen mich zum Mitfeiern animieren, ich aber bleibe sitzen.
Wieder halte ich nach Teddy Lyons Ausschau, doch der ist verschwunden.
Aber nicht lange.
***
Zwei Stunden später sehe ich Teddy Lyons wieder. Er stolziert auf mich zu.
Ich befinde mich in einem Dilemma.
Ich werde Big T verletzen. Daran führt kein Weg vorbei. Ich bin mir noch nicht sicher, wie, aber auf jeden Fall wird er schwere körperliche Schäden davontragen.
Das ist nicht mein Dilemma.
Mein Dilemma ist das Wie.
Nein, ich habe keine Angst, erwischt zu werden. Dieser Aspekt ist komplett durchgeplant. Big T hat eine Einladung zu Swagg Daddys Party bekommen. Und so kommt er gerade durch die Tür, die er für den VIP-Eingang hält. Was er aber nicht ist. Eigentlich findet hier nicht einmal die Party statt. Es dröhnt zwar laute Musik durch den Korridor, aber das ist nur Show.
In diesem Lagerhaus sind nur Big T und ich.
Ich trage Handschuhe. Ich bin bewaffnet - das bin ich immer -, obwohl ich die Waffen nicht brauchen werde.
Big T kommt näher, also kehren wir zurück zu meinem Dilemma: Schlage ich ohne Vorwarnung zu, oder gebe ich ihm das, was manche Leute als eine faire Chance betrachten würden?
Es geht mir nicht um Moral oder Fair Play oder so etwas. Wie die allgemeine Bevölkerung dies bezeichnen würde, ist mir egal. Ich habe mir im Laufe der Jahre schon diverse Kratzer geholt. Wenn man in den Kampf zieht, sind sämtliche Regeln schnell hinfällig. Beißen, treten, mit Sand werfen, Waffen benutzen, man tut einfach, was nötig ist. In richtigen Kämpfen geht es ums Überleben. Da gibt es weder Preise noch Belobigungen für Fairness. Es gibt einen Sieger und einen Verlierer. Weiter nichts. Ob man dabei »geschummelt« hat, ist völlig egal.
Kurz zusammengefasst: Bei dieser abscheulichen Kreatur habe ich nicht die geringsten Skrupel zuzuschlagen, auch wenn sie noch nicht bereit ist. Ich habe keine Angst davor, ihn mit einem - um es umgangssprachlich auszudrücken - »billigen Trick« zu überrumpeln. Eigentlich hatte ich sogar genau das geplant: Ich wollte ihm eine verpassen, solange er noch unvorbereitet ist. Mit einem Schläger, einem Messer oder dem Pistolenkolben. Bring es zu Ende.
Und wo liegt jetzt das Dilemma?
Das Dilemma ist, dass es mir nicht ausreicht, ihm die Knochen zu brechen. Ich will auch seinen Geist brechen. Und wenn ein harter Kerl wie Big T einen vermeintlich fairen Kampf gegen meine zierliche Wenigkeit verliert - ich bin älter, viel kleiner und leichter und viel attraktiver (daran gibt es keinen Zweifel), also das Paradebeispiel eines verweichlichten Dandys -, würde das Big T wahrhaft demütigen.
Und genau das will ich erreichen.
Er ist nur noch wenige Schritte von mir entfernt. Ich treffe meine Entscheidung, trete vor und versperre ihm den Weg. Big T bleibt stehen und runzelt die Stirn. Er starrt mich einen Moment lang an. Ich lächle ihm zu. Er erwidert das Lächeln.
»Ich kenn Sie«, sagt er.
»Was Sie nicht sagen.«
»Sie sind vorhin beim Spiel gewesen. Haben am Spielfeldrand gesessen.«
»Schuldig«, sage ich.
Er streckt seinen riesigen Handschuh aus, um mir die Hand zu schütteln. »Teddy Lyons. Man nennt mich Big T.«
Ich schüttele seine Hand nicht. Ich starre sie an, als hätte er sie gerade aus dem Anus eines Hundes gezogen. Big T wartet einen Moment, wie erstarrt, dann zieht er seine Hand zurück, als wäre sie ein kleines Kind, das getröstet werden muss.
Ich lächle ihm wieder zu. Er räuspert sich.
»Wenn Sie mich entschuldigen würden .«
»Das würde ich nicht, nein.«
»Was?«, fragt er.
»Sie sind etwas schwer von Kapee, nicht wahr, Teddy?« Ich seufze. »Nein, ich würde und werde Sie nicht entschuldigen. Für Sie gibt es keine Entschuldigung. Können Sie mir jetzt folgen?«
Sein Blick verfinstert sich wieder. »Haben Sie irgendein Problem?«
»Hm. Was lässt sich darauf...
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