Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Mistress Cochet schlägt ihre Kapuze zurück, womit sie offenbart, dass sie ihre Haube verloren hat und ihr Haar - es ist dunkelbraun mit einem Stich ins Rötliche - dem Netz entkommen ist. Fellowes' Mund fühlt sich plötzlich ganz trocken an, denn ihre Schönheit ist von solcher Art, dass alle Männer - aber auch Frauen, Kinder und sogar Hunde oder Pferde - abrupt stehen bleiben, um sie anzustarren, und sich zu ihr hinwenden wie Blumen zur Sonne. Sie warten darauf, von ihrem Lächeln erwärmt zu werden, sich in ihren braunen Augen zu verlieren und durch ihre Aufmerksamkeit in höhere Sphären emporgehoben zu werden, und sei es auch nur für einen Moment.
Und nun sitzt Fellowes, Knie an Knie, neben ihr auf der Bank einer Kutsche. Obwohl sich noch ein anderer Mann in ihrer Gesellschaft befindet und sie alle erschüttert zum Fenster auf die Straße hinausstarren, wo sich entsetzliche Szenen abspielen, ist ein kleiner Teil von Fellowes vollkommen auf seine Kniescheibe fixiert.
»Woher wusstet Ihr, dass wir es sind?«, fragt Walsingham.
»Ich habe Euch auf der Mauer gesehen«, antwortet sie. »Da habe ich mir gedacht: Himmel, diesen Hintern kenne ich doch. Gehört er nicht Master Walsingham?«
Walsingham läuft rot an. »Das . war nicht sehr würdevoll«, gibt er zu.
Sie macht eine wegwerfende Handbewegung, die ihre Armreife klirren lässt. Den Rest ihres Körpers bedeckt ein dunkelblaues Leinenkleid mit jenen berüchtigten roten Ärmeln, und an den Füßen trägt sie feine spitze Reitstiefel mit hohen Absätzen. Sie sind so glatt poliert, dass sie wie frische Kastanien glänzen.
»Manche Dinge sind es einfach nicht wert, dass man sich allzu lange damit befasst«, erwidert sie.
»Aber wohin wolltet Ihr?«, erkundigt sich Walsingham. »Und wie seid Ihr in diese Kutsche gelangt? Und an eine Leibgarde aus königlichen Truppen?«
»Ich habe die Königinmutter dazu überredet, sie nach Saint-Marceau zu schicken - für den Fall, dass die Meute bereits die Residenz erreicht hat. Und da habe ich mir gedacht, dass auch ich dort sein sollte, wenn etwas passiert.«
Walsingham lehnt sich, leise lachend, zurück. Endlich kann er glauben, was er sieht. »Mein Gott, Isobel, mein Gott! Ich wusste ja, dass Ihr in der Lage seid, auf Euch selbst zu achten, aber nicht, dass Ihr auch für uns sorgen könnt. Seid Euch meiner Dankbarkeit versichert.«
Sie bedenkt ihn mit einem zerstreuten Lächeln. Obwohl sie die ganze Zeit zum Fenster hinausblickt, zuckt sie zusammen, als mit einem Mal eine Hand gegen den Laden pocht. Eine Stimme knurrt einen Befehl, und gleich darauf ertönt das Donnern von Pferdehufen. Nur mühsam halten Soldaten die Menge zurück, als das Tor am südlichen Ende der Brücke für die Kutsche geöffnet wird.
»Was ist denn geschehen?«, fragt Walsingham.
»Das kann noch niemand genau sagen«, antwortet Isobel. »Aber entweder die Königinmutter oder der Kardinal von Lothringen hat gestern Abend den Befehl ausgegeben, dass Coligny in der Nacht ermordet werden soll. Die Attentäter haben ihn aus seinem Bett gezerrt und zum Fenster hinausgeworfen. Danach hat die Leibgarde des Königs die Hugenotten aus dem Palast getrieben und sie samt und sonders in den Straßen niedergemetzelt - und zwar mit Hellebarden -, sogar die Frauen und Kinder! Dazu wurden alle Glocken der Saint-Germain-Kirche geläutet, und ganz Paris war auf den Straßen. So hat es begonnen.«
»Und so war es geplant?«
Sie schüttelt zweifelnd den Kopf. »Da bin ich mir nicht sicher. Der Anfang natürlich schon. Die königliche Leibgarde . bei Gott, Ihr hättet sie sehen sollen! Trotzdem glaube ich .«, sie weist mit einer weit ausholenden Geste auf die Menschenmasse auf der Straße, ». dass diese Auswüchse völlig unerwartet kamen. Es herrscht einfach so große Angst - schaut nur. Die Leute sind fast erleichtert darüber, dass sie anderen das antun können, bevor es ihnen selbst so ergeht.«
Mein Gott, denkt Walsingham. Sie hat recht, es ist tatsächlich Erleichterung. Laut sagt er: »Ich fürchte, dies ist der Beginn von etwas Schrecklichem. Etwas, was die ganze Christenheit verschlingen wird. Katholiken werden Protestanten umbringen, und Protestanten werden Katholiken umbringen. Nur wird diesmal kein Publikum danebenstehen und zusehen. Alle müssen ihre Rolle spielen, und alle werden Blut an den Händen haben.«
Fellowes hört kaum hin. Er starrt auf Isobels Hals, auf die Stelle, wo ihr Puls so lieblich unter der Haut schlägt.
»Aber was habt Ihr überhaupt in Paris getan, Master Walsingham?«, fragt sie. »So fern der Heimat .«
Walsingham macht eine kleine Handbewegung, die sie sofort versteht: Das brauchst du nicht zu wissen, und es ist wirklich besser, wenn du nichts ahnst.
Da sieht Fellowes Stahl in ihrem Auge aufblitzen, einen winzigen Splitter nur. Aber natürlich ist sie nicht daran gewöhnt, dass ihr Einhalt geboten wird. Sie wirft ihm einen scharfen Blick zu und versucht sofort, den harten Ausdruck zu verbergen - mit einem Lächeln, das dafür sorgt, dass Fellowes weiche Knie bekommt. Er stammelt irgendetwas über Dankbarkeit dafür, dass sie ihm das Leben gerettet hat, und schwört ihr, dass er ohne Frage dasselbe für sie tun würde, sollte sich je die Gelegenheit dazu bieten.
Sie schenkt ihm ein sanftes, belustigtes Lächeln, bei dem ihn allerdings das Gefühl beschleicht, von irgendetwas ausgeschlossen zu sein, wie ein Kind von einem Gespräch zwischen Erwachsenen.
Walsingham tätschelt ihm den Arm. »Nun, Oliver, es besteht die Möglichkeit, dass du dein Versprechen schon bald einlösen wirst.«
Erleichtert wendet Fellowes sich ihm zu. Fürs Erste muss er sich nicht mehr beim Anblick von Isobel Cochets Haut nach ihr verzehren.
»Sir?«
»Wenn wir in der Residenz eintreffen, möchte ich, dass du das Kommando über Tewlis und die Hälfte seiner Männer übernimmst und dich bereithältst, den Trupp zu dem Kahn bei Issy zu führen.«
Fellowes starrt ihn verdattert an. »Ihr kommt nicht mit?«
»Nein. Ich werde hier in Paris bleiben und das Meine tun, um die Residenz so lange wie möglich zu halten. Falls noch mehr Leute kommen.«
Jetzt lässt Fellowes den Kopf hängen. »Könnte nicht Sir Philip meine Aufgabe übernehmen?«, schlägt er vor. »Oder Tewlis selbst? Mein Platz ist hier, Sir, an Eurer Seite.«
Obwohl die Vorstellung, so viele Tage an Isobel Cochets Seite zu verbringen, kein schlechter Trost wäre .
Doch nun ergreift Isobel das Wort.
»Ich bleibe ebenfalls in Paris«, verkündet sie.
Jäh fühlt sich Fellowes aus allen Träumen gerissen.
»Seid Ihr sicher?« Walsingham runzelt die Stirn. »Macht Ihr Euch keine Sorgen um die kleine Rose? Und wird Rose sich nicht Euretwegen grämen?«
Ein Schatten huscht über Isobels Gesicht. »Meine Tochter ist bei meinem Vater«, erklärt sie mit leiser, bekümmerter Stimme. »Sie ist in Sicherheit, aber . ich werde ihr eine Nachricht überbringen lassen, und zwar durch Euch, wenn ich Euch darum bitten darf, Master Fellowes.«
Sie kennt tatsächlich seinen Namen!
Fellowes errötet. »Aber natürlich. Ich würde mich freuen.«
Walsingham wirft ihm einen prüfenden Blick zu, kommt aber nicht mehr dazu, etwas zu sagen. Durch das Fenster sehen sie, wie mehrere Männer eine verzweifelt schreiende nackte Frau an den Haaren in ein Feld schleifen.
Isobel schließt sofort den Vorhang und ruft dem französischen Hauptmann etwas zu, worauf dieser die Kutsche zum Stehen bringt. Gleich darauf donnert über ihnen ein Schuss. Der Kopf eines der Männer auf dem Feld fliegt zur Seite, dann kippt der Kerl um.
»Was für ein Schütze!«, schwärmt Fellowes.
»Er ist Schotte«, bemerkt Isobel. Es klingt, als hätte sie einen neuen Hutmacher entdeckt.
»Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich einen Grund habe, für die Allianz zwischen Schottland und Frankreich dankbar zu sein«, murmelt Walsingham.
Drei Reiter jagen den Vergewaltigern nach. Zwei töten sie mit ihren Schwertern oder verwunden sie so schwer, dass sie so gut wie tot sind; die anderen fliehen über die Felder. Von oben kracht ein weiterer Schuss und trifft einen der Kerle am Gesäß. Die Reiter geben sich gar nicht erst damit ab, ihm den Gnadenstoß zu versetzen, sondern kehren zurück.
Nun, da sie gerettet ist, setzt die Frau sich auf und versucht, ihre Brüste zu bedecken.
»Allons-y!«, ruft der Hauptmann, worauf die Kutsche langsam losrumpelt.
Weiter vorne liegt die Residenz. Um sie herum hat sich eine kleine Menschenmenge gebildet, die sogleich zurückweicht, als die Königsgarde auftaucht. Vor dem Tor hält die Kutsche an. Laut ruft Walsingham nach Sir Philip Sidney. Dieser hat kaum sein hübsches Gesicht über den Wall gereckt, als er in schallendes Gelächter ausbricht. Dann verschwindet er wieder. Gleich darauf wird das Tor geöffnet. Walsingham hilft Isobel noch beim Aussteigen, dann bedanken sie sich erneut bei dem Hauptmann und dem Schützen.
Der Hauptmann deutet mit dem Kinn auf den Kutschbock und schnippt mit den Fingern.
»Écossais«, sagt er.
Der Schotte mustert sie mit unbeteiligtem Blick von seinem Sitz aus. Er ist ein hochgewachsener Mann mit langen Gliedern, einem breiten, von Sommersprossen übersäten Gesicht und vermutlich rotem Haar, das jetzt allerdings unter dem Helm verborgen ist. Die Hakenbüchse, die er neben sich liegen hat,...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.