Schweitzer Fachinformationen
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Sonntag
Sophie Sturm rührte in dem Eimer Ochsenblut. Sie starrte in das Rot und stellte sich vor, wie es an den Wänden ihrer neuen Küche wirken würde. Ein paar Fliegen schwirrten umher. Sie hatte die Fenster weit geöffnet. Nach drei heißen Sommertagen lag endlich ein Gewitter in der Luft. Dunkle Wolken türmten sich auf und ein böiger Wind wehte. Sophie fummelte ein Zopfgummi aus ihrer Hosentasche und band sich das lange Haar im Nacken zusammen. Der Farbton Ochsenblut war ein echter Hingucker. Sie hatte sich die Wandfarbe extra anmischen lassen. Der matte Edelstahl ihrer Kochutensilien würde vor dem dunklen Rot großartig wirken. Auch wenn sie jetzt schon vier Wochen in ihrer neuen Wohnung in Othmarschen wohnte, sah es bei ihr aus, als wäre sie gerade erst eingezogen. Überall standen Umzugskisten herum und einige Wände warteten noch auf ihren Anstrich. Sie hatte keine Eile. Wichtig war nur, dass am Ende alles so war, wie sie es sich vorgestellt hatte. Jeden Abend knipste sie die Bauscheinwerfer an und renovierte mit dem einen oder anderen Glas Rotwein in ihrem neuen Zuhause herum. Nach den Ereignissen auf Fehmarn im vergangenen Jahr, die sie um ein Haar das Leben gekostet hätten, hatte sie beschlossen, aus Eppendorf wegzuziehen. Es hatte sich damals so viel in ihrem Leben geändert, dass es für sie unmöglich war, weiter in ihrer alten Wohnung zu bleiben. Zu viel erinnerte sie an die Vergangenheit. Sie wollte einen persönlichen Neustart und dabei war ein neues Heim in einem anderen Stadtteil die logische Konsequenz. Auf Fehmarn hatte sie die Weite und die Nähe zum Wasser lieben gelernt. Sie hatte sogar einen Augenblick darüber nachgedacht, aufs Land zu ziehen. Eppendorf war ihr plötzlich eng und hektisch vorgekommen. Ohne ihren geliebten Hund hatte sie auch keinen Grund mehr gesehen, durch die Parks zu spazieren, und um die Alster war sie schon unzählige Male gejoggt. Als sie im matschig nassen Hamburger Winter die Elbchaussee entlangfuhr, um von einer Promiveranstaltung im Hotel Louis C. Jacob zu berichten, fasste sie den Entschluss, an die Elbe zu ziehen. Sie hatte in der Zeitung und im Internet nach einer neuen Unterkunft gesucht. Am Ende war es Zufall gewesen, dass sie die perfekte Wohnung gefunden hatte. Die Freundin ihrer Großmutter hatte eine Bekannte, die eine Mieterin für die Hochparterrewohnung ihrer Villa suchte. Mrs. Hamilton lebte in Malaysia und war nur wenige Wochen im Jahr in ihrem Geburtshaus in Hamburg. Sie hatte ihre Wohnung im ersten Stock und wünschte sich eine zuverlässige Person, die ein bisschen nach dem Rechten sah. Sophie hatte die hellgelbe Villa und den Garten nur von außen gesehen und sofort zugesagt. Die Wohnung war ein Traum. Das schnuckelige Schlafzimmer mit angrenzendem Bad war bereits fertig. Das Wohnzimmer war riesig, hatte herrlichen Stuck an der Decke und einen alten Kachelofen. Durch eine großzügige Schiebetür kam man ins Esszimmer und in die angrenzende Küche. Vom Esszimmer ging es durch einen fantastischen Wintergarten ein paar Stufen hinunter in den Garten hinaus. Jetzt blühten die Kletterrosen und die Hortensien. Ein alter Gärtner kümmerte sich liebevoll um die Pflanzen und den Rasen. Sophie genoss jede Sekunde, die sie draußen sitzen konnte. Endlich hatte sie einen Garten. Für Pelle, ihren geliebten Labrador, hatte sie sich immer einen Garten gewünscht. Pelle war im letzten Jahr brutal erschlagen worden. Den Garten widmete sie ihm post mortem.
Sophie hatte gerade die Farbrolle in den Eimer getaucht und war die Leiter hinaufgestiegen, als ihr Handy klingelte. Fluchend kletterte sie wieder hinunter und warf die Rolle zurück in den Eimer. Sie gönnte sich noch einen Schluck Wein, während sie das Telefon aus ihrer Handtasche fingerte.
»Hallo, Sophie Sturm!«
»Sophie! Wie schön, deine Stimme zu hören!«
»Mit wem spreche ich bitte?«
»Ich bin's, Laura Crown!«
Sophie riss die Augenbrauen hoch. Laura? Vor über zehn Jahren waren sie als Models für die gleichen Shows gebucht worden. Sie hatten sich auf eine oberflächliche Art gut verstanden und waren manchmal nach einer Modenschau zusammen noch etwas essen gegangen oder hatten einen Drink genommen und über Gott und die Welt geplaudert. Laura war außergewöhnlich gewesen mit ihrem langen, fast schwarzen Haar und den eisblauen Augen. Sie hatte später mit Erfolg ins Schauspielfach gewechselt und war vor ein paar Jahren tatsächlich nach Hollywood aufgebrochen. Seitdem waren sie sich nie wieder begegnet. Wenn überhaupt, hatten sie höchstens dreimal miteinander telefoniert.
»Laura.« Es kam nicht oft vor, dass Sophie die Worte fehlten, aber jetzt war sie wirklich baff. »Lange nichts von dir gehört.«
»Ich weiß, ich weiß! Sorry, Darling! Ich war echt schlimm busy. Aber stell dir vor, ich mache gerade eine kurze Pause von Hollywood.«
»Läuft es doch nicht so?«
»Ach, Quatsch! Es läuft super! Aber Deutschland hat mich anscheinend wiederentdeckt. Ich werde eine Serie machen. Stell dir vor, das Angebot kam vom alten Rubens! Immer noch der Erfolgsproduzent in Good Old Germany.«
Sophie staunte tatsächlich. An Victor Rubens kam man, was hochkarätige Fernsehproduktionen in Deutschland anging, nicht vorbei. Einer seiner unzähligen Filme hatte auch Laura vor sieben Jahren zum Publikumsliebling gemacht.
»Das freut mich für dich. Victor Rubens ist immer noch der Erfolgsgarant. Gratuliere! Wann kommst du nach Deutschland?«
»Süße, ich bin schon längst da! Und ich habe eine tolle Idee! Du wirst begeistert sein!«
»Ich wüsste nicht .«
»Na, ich habe zufällig erfahren, dass du jetzt bei diesem Magazin bist. >Stars & Style<. Ich habe mir gedacht, unserer alten Freundschaft wegen bin ich es dir ja schuldig, dass ich dir als Erste die Möglichkeit gebe, ein Interview mit mir zu machen.«
»Laura, wir .« Ein Blitz zuckte am Himmel. Fast zeitgleich donnerte es gewaltig.
»Ich dachte an eine Homestory«, erklärte Laura weiter. »Im Moment wohne ich zwar im Hotel Atlantic, aber ich habe ein Haus auf Fehmarn gemietet. Dort zeichnen sie mit mir die >Dinnerparty< auf. Du weißt schon, diese Promikochsendung. Ihr könntet Fotos machen, wie ich meine Speisen zubereite und den Tisch dekoriere. Nebenbei gebe ich euch ein Interview und verrate euch meine neuen Pläne.«
Sophie lief es kalt den Rücken hinunter, als sie das Wort >Fehmarn< hörte.
»Laura, jetzt halte bitte mal die Luft an! Ich weiß gar nicht, ob das für unser Magazin interessant ist. Wir haben A-Promis.«
»A-Promis? Na, dann wäre ein echter Hollywoodstar doch mal eine Abwechslung. Warum treffen wir uns nicht einfach zum Lunch und besprechen die Sache?«
Die ersten Regentropfen prasselten auf die Küchenfliesen. Sophie klemmte sich das Telefon unters Kinn und schloss die Fenster.
»Laura, das ist nicht so einfach. Ich muss den Chefredakteur von der Geschichte überzeugen und ehrlich gesagt .«
»Sophie, Darling, sei nicht sauer, aber ich muss los. Wir sehen uns ja bald. Ich freu mich.«
Laura hatte aufgelegt. Sophie fragte sich, wohin sie denn so plötzlich musste? Eine Promiveranstaltung mit Laura Crown auf der Gästeliste gab es heute nicht. Davon hätte sie erfahren. Was auch immer der Grund für das abrupte Ende des Telefonats war, egal. Es passte zu Laura. Sie war schon immer etwas seltsam gewesen.
Sophie entschied sich, die Küche heute nicht mehr zu streichen. Sie verschloss den Farbeimer gründlich, schenkte sich noch ein Glas Wein ein und ging in den Wintergarten. Der Regen prasselte heftig auf das Glasdach. Sie öffnete die Tür und setzte sich auf die Treppe unter das Vordach. Es war noch immer warm. Die Erde schien zu dampfen und roch wunderbar. Der Duft erinnerte sie an die schönen Stunden bei ihren Großeltern, als sie noch ein kleines Mädchen war. Ihr Großvater hatte sich immer über diese Sommergewitter gefreut und ihr erklärt, wie dringend die Pflanzen den Regen brauchten. Sophie lächelte, als sie an ihren Opa dachte. Er hatte ihr, dem Stadtkind, die Augen für die Natur geöffnet. Plötzlich kam ihr Laura wieder in den Sinn. Sie sah sie genau vor sich. Laura hatte eine unheimlich starke Präsenz. Wenn sie einen Raum betrat, bekam das jeder mit. Sie hatte eine tiefe, rauchige Stimme und ein Lachen, das fast schon verrucht klang. Ihre Bewegungen waren dagegen anmutig. Wäre Laura ein Tier, dann wäre sie ein Panther. Und diese Augen. Sophie musste plötzlich grinsen, als sie sich erinnerte. Tina hatte einmal behauptet, dass diese Augen unnormal seien und sie sich durchaus vorstellen könnte, dass Laura eine Außerirdische sei. Natürlich hatte Tina das nicht wirklich ernst gemeint, aber sie hatten herzlich darüber gelacht und Laura nur noch >das Alien< genannt. Tina war damals und auch jetzt ihre allerbeste Freundin. Seit den Ereignissen auf Fehmarn hielten sie engen Kontakt. Laura hatte sie >Darling< genannt. Wahrscheinlich hatte sie es sich angewöhnt, jeden Darling zu nennen. In Hollywood machte man das so. Aber hier? Lächerlich! Sie war nie mit Laura befreundet gewesen. Bestenfalls würde sie Laura als eine alte Bekannte einstufen. Und eigentlich hatte sie die letzten Jahre nicht einmal mehr an Laura gedacht. Lauras Schauspielkarriere hatte sich damals rasant entwickelt. Sophie erinnerte sich wieder. Sie hatte das Biest in einer Daily Soap so überzeugend gespielt, dass weitere Angebote folgten. In kurzer Zeit hatte sie sich zu einer beliebten Darstellerin entwickelt. Ihre Hauptrolle in >Die mexikanische Nanny< hatte sie deutschlandweit über Nacht bekannt gemacht. Ihr stand eine glanzvolle Zukunft bevor. Sie hatte sich in die Herzen der...
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