Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Aus den Federn! Höchste Zeit, unseren Eine-Million-Dollar-Tag zu begrüßen«, rief Petey, als er in einem Streifenpyjama und einer Zahnbürste in der Hand aus dem Bad trat. »Irgendwie ist das hier doch wie Urlaub, oder?«
Warum lässt dieser Irre uns nicht einfach schlafen, fragte sich Luke. Das letzte Mal hatte er um vier auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr geschaut. Dann war er endlich eingeschlafen und wurde nun völlig grundlos geweckt. Wieder schaute er auf die Uhr. Es war Viertel nach sieben.
Er spürte die Anzeichen eines dumpfen, pochenden Kopfschmerzes. Seine Muskeln waren verspannt. Ein Ergebnis der feuchten Kälte und seiner unbequemen Lage. Der Wellengang des Flusses war stärker geworden, und das Schaukeln des Hausbootes verursachte ein unangenehmes Gefühl in Lukes Magengegend.
Was gäbe ich nicht für eine heiße Dusche, dachte er sehnsüchtig. Saubere Sachen. Eine Zahnbürste. Die kleinen Annehmlichkeiten des Lebens.
Er sah zu Rosita hinüber. Sie hatte sich halb aufgerichtet und stützte sich auf einen Ellbogen. Die Anspannung, unter der sie sich befand, war unübersehbar. Ihre braunen Augen wirkten geradezu riesig, bildeten einen frappierenden Kontrast zur Blässe ihres Teints.
Aber als sich ihre Blicke begegneten, brachte sie ein mühsames Lächeln zustande und deutete mit dem Kopf in Peteys Richtung. »Ihr Kammerdiener, Mister Reilly?«
Bevor Luke etwas erwidern konnte, klopfte es heftig an die Tür. »Ich bin's, Petey«, schrie C. B. ungeduldig. »Mach endlich auf.«
Petey ließ ihn ein und nahm ihm die McDonald's-Tüten ab.
»Und da kommt auch der Butler«, kommentierte Rosita leise.
»Haben Sie an mein Egg McMuffin mit Würstchen gedacht?«, fragte Petey hoffnungsvoll.
»Ja, Sie Nervensäge. Hab ich. Aber ziehen Sie sich endlich etwas an. Ich kann Sie kaum ansehen. Für wen halten Sie sich? Für Hugh Hefner?«
»Hugh Hefner ist stets von Scharen hübscher Mädchen umgeben«, entgegnete Petey verträumt. »Wenn wir die Million haben, kaufe ich mir einen Seidenpyjama. Exakt so einen, wie Hefner sie trägt.«
»Wenn Sie das Sagen hätten, würden wir die Million nie bekommen«, knurrte C. B. und schaltete das Radio ein.
Er sah Luke an. »Auf der Herfahrt habe ich lmus am Morgen gehört. Er sprach von einem Gespräch mit Ihrer Frau im Krankenhaus. Gleich wird sie zu hören sein.«
Nora war ein häufiger Gast der Sendung. Vermutlich hatte lmus von ihrem Unfall gehört und wollte sich nach ihrem Befinden erkundigen. Gespannt setzte Luke sich auf.
C. B. drehte an den Knöpfen, suchte den Sender. »Na bitte«, sagte er schließlich.
»Hallo, I-Man«, durchdrang Noras Stimme das statische Rauschen.
»Und wo sind die Hash Browns?« Gierig durchsuchte Petey die Tüten.
Luke konnte sich nicht beherrschen. »Maul halten!«, schrie er.
»Ist ja schon gut. Immer mit der Ruhe«, sagte Petey.
»Mit Bedauern haben wir von Ihrem Unfall erfahren, Nora«, begann Imus. »Ich falle vom Pferd und Sie stolpern über einen Teppich. Was ist nur mit uns los?«
Nora lachte.
Luke war tief beeindruckt, wie locker und gelassen sie sich anhörte. Schließlich wusste er, dass sie ebenso verzweifelt war wie er im umgekehrten Fall. Aber sie musste den Schein wahren, bis die Sache ihr Ende gefunden hatte.
Welches auch immer, dachte er düster.
»Wie geht es dem Bestattungsunternehmer?«, fragte Imus.
»Er wird gut versorgt«, krähte Petey. »Könnte ihm gar nicht besser gehen.«
»Oh, gut. Sehr gut«, lachte Nora.
»Er ist an Bord einer Yacht«, schrie Petey ins Radio und schlug sich vor Begeisterung über seinen Scherz auf die Schenkel.
Imus bedankte sich für die Kinderbücher, die Nora seinem kleinen Sohn geschickt hatte. »Er liebt es, wenn wir ihm etwas vorlesen.«
Luke wurde von akuter Wehmut erfasst und erinnerte sich daran, wie Nora früher immer Regan etwas vorgelesen hatte. Während sich Nora von Imus verabschiedete, schluckte Luke schwer. Würde er ihre Stimme vielleicht nie wieder hören?
»Mistress Reilly hat auch meinen Jungen Bücher zu Weihnachten geschickt«, erzählte ihm Rosita. »Von ihr weiß ich, wie Regan es liebte, wenn Sie ihr vorlasen.«
Und Regan hatte ein Lieblingsbuch, dachte Luke, ein ganz bestimmtes Buch, mit dem sie ihm auf Schritt und Tritt nachgelaufen war. »Ich möchte, dass du mir daraus vorliest, Daddy«, hatte sie ihn gebeten und war auf seinen Schoß geklettert. O mein Gott, dachte er, als er sich an den Titel des Buches erinnerte.
Lukes begann fieberhaft nachzudenken. C. B. war einverstanden gewesen, dass Regan vor der Übergabe des Lösegeldes heute Nachmittag noch einmal mit ihm und Rosita sprach. Wäre es ihm dabei vielleicht möglich, ihr einen Hinweis auf den Ort zu vermitteln, an dem man sie festhielt? Auf die George-Washington-Brücke und den roten Leuchtturm, den ihr letzter Bogen überspannte?
Ihr Lieblingsbuch als kleines Mädchen trug immerhin den Titel Der kleine rote Leuchtturm und die große graue Brücke.
Bis dann, I-Man.«
Nora legte den Hörer auf.
»Gut gemacht, Mom«, lobte Regan.
Beide waren in der Nacht kaum zur Ruhe gekommen. Manchmal, wenn Regan auf ihrer Liege aus dem Schlaf hochschreckte, hörte sie ihre Mutter leise und stetig atmen, aber in anderen Momenten erkannte sie sofort, dass Nora wach war. Dann unterhielten sie sich leise in dem fast dunklen Krankenhauszimmer, bis sie wieder einschliefen.
»Es heißt doch, dass kurz vor dem Tod das ganze Leben vor einem abläuft wie ein Film«, bemerkte Nora irgendwann in der Nacht. »Ich habe das sonderbare Gefühl, dass es mir jetzt genauso geht, aber in Zeitlupe.«
»Mom, ich bitte dich!«
»Oh, damit meine ich nicht, dass ich sterben werde. Aber ich glaube, man wird von einem Kaleidoskop der Erinnerungen überwältigt, wenn ein Mensch, den man liebt, in ernster Gefahr ist. Gerade eben musste ich an das Apartment denken, das Dad und ich nach unserer Hochzeit bezogen. Es war klein, geradezu winzig, aber es gehörte uns, und wir konnten beieinander sein. Er ging zur Arbeit, und ich setzte mich an die Schreibmaschine. Obwohl ich von den Verlagen zunächst nur Absagen erhielt, zweifelte er keine Minute daran, dass ich es irgendwann schaffen würde. Was haben wir gefeiert, als endlich die erste Kurzgeschichte von mir erschien.«
Nora verstummte kurz. »Ein Leben ohne ihn kann ich mir nicht vorstellen«, sagte sie schließlich.
»Ich auch nicht«, stimmte Regan leise zu, die die Nacht gleichfalls mit Erinnerungen an ihren Vater verbracht hatte.
Um sechs Uhr stand Regan auf und zog nach dem Duschen die schwarzen Jeans und den Pullover an, die sie sich vor dem Weg ins Krankenhaus aus dem Apartment geholt hatte.
Auf der Fahrt von New Jersey nach Manhattan am Abend zuvor hatte sie Jack angerufen und erfahren, dass die Limousine am John F. Kennedy Airport entdeckt worden war. Sie würde zur Garage der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle an der 20. Straße East gebracht, um akribisch nach Hinweisen auf die Identität der Entführer untersucht zu werden.
Aus eigener Erfahrung wusste Regan, welche mühsame Kleinarbeit damit verbunden war. Man würde jeden gefundenen Fingerabdruck mit den Millionen von Abdrücken in den FBI-Computern vergleichen, und jedes Haar, jedes Stoff- oder Wollfädchen einsammeln, um sie zu analysieren. Regan war an vielen Fällen beteiligt gewesen, bei denen sich ein winziges, scheinbar belangloses Objekt als der Schlüssel erwies, der zur Lösung des Rätsels führte.
Jack Reilly hatte sie auch über die Ergebnisse der Überprüfung der elektronischen Kennkarte informiert und hinzugefügt: »Natürlich muss uns das nicht weiterbringen. Sie können das Auto gewechselt haben.«
Jetzt sah Regan auf das Frühstückstablett ihrer Mutter. Die Dinge darauf waren praktisch unberührt. »Warum trinkst du nicht wenigstens den Tee?«
»Das irische Allheilmittel«, murmelte Nora, griff aber nach der Tasse.
Die Nachricht von Noras Beinbruch hatte sich in Windeseile verbreitet und zu einer Flut von Blumen von Bekannten und Freunden geführt. Als ihr Zimmer nach wenigen Stunden aussah wie ein Blumengeschäft, bestand Nora darauf, die weiteren Sträuße überall im Krankenhaus zu verteilen.
Es klopfte und eine Schwesternhelferin schaute lächelnd ins Zimmer. »Darf ich eintreten?«
Sie hielt einen Karton mit einer breiten roten Schleife in den Händen.
»Selbstverständlich«, erwiderte Nora und bemühte sich ebenfalls um ein Lächeln.
»Das wurde schon gestern Abend am Empfang für Sie abgegeben, aber mit der Bitte, es Ihnen erst heute früh zu überreichen. Also - hier ist es.«
Nora streckte die Hände nach dem Paket aus. »Vielen Dank.«
»Keine Ursache«, erwiderte die Frau und wandte sich an Regan. »Achten Sie bitte darauf, dass sie ihr Bein nicht überanstrengt.«
»Das werde ich.« Regan hörte selbst, wie schroff sie klang. Aber sie war erpicht darauf, mit Nora allein zu sein. Ohne Ohrenzeugen. Falls die Entführer sich über das vereinbarte Gespräch hinaus meldeten, wollte sie frei reden können und den Anruf mit Alvirahs Mikrofonbrosche aufnehmen.
»Ich halte viel von Rückversicherung«, hatte Alvirah Regan erklärt, als sie ihr das winzige Aufnahmegerät in die Hand drückte. »Auch wenn die Cops Ihr Telefon überwachen, verfügen Sie hiermit über eine eigene Bandaufnahme.«
Nora löste die Schleife von dem Karton.
»Dann wünsche ich Ihnen einen guten Tag«, flötete die Pflegerin lächelnd, verließ den Raum und ließ die Tür einen Spalt offen stehen.
Als Regan sie schloss, hörte sie einen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.