Schweitzer Fachinformationen
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So ein blödes Kuhkaff! dachte Erich Kunert, als er die Bergstraße entlangging, in der Linken den Koffer aus Werkstoff. Fröstelnd zog er die Schultern hoch. Zur Rechten sah er hinter den Backsteinhäusern den Förderturm von «Altenberg». Er sortierte noch einmal seinen Entschluß: auf'm Pütt kann man wenigstens fudeln, steht kein Blaukittel wie auf der Scheißfabrik hinterm Arsch. Die alten Kumpels aus Bochum fühlen sich hier soweit ganz okay. Aber ich Blödmann wollte nach der Stillegung unbedingt bei Mausi am Drücker bleiben. Volle Kost, bis der olle Schlappiß uns auf der Couch überrascht hat. Damals wollte Willi mich ja mit Gewalt zum Kostgänger machen, wollte rumstrunzen mit dem Starboxer aus der Ostzone.
Als er nach einer Biegung vor sich das dreistöckige Haus direkt gegenüber dem Zechentor sah, wurde der lange Blonde mit den ausladenden Schultern von seinen Gedanken abgelenkt. Er zog sein Gesicht in Fältchen, die Augen waren nur Schlitze.
Bullenkloster! Wie schon vor zehn Jahren in Bochum. Bullenkloster: Spieler, Schläger, Samenkollerheinis, Wichser, Arschficker, Knastbrüder. Aber auch Kerls wie Samt und Seide, nur schade, daß sie soffen . veränderte Erich den Evergreen. Jau .! Man hat den Scheiß gelernt, und seit Januar sind sie auch im Bergbau sozial am Nachziehen, rechtfertigte er seine Entscheidung. Wieder Einfahren gibt mehr Moos, mehr Urlaub, Grubenklamotten frei.
Drei Steinstufen führten zur Eingangstür, die von zwei dicken Steinsäulen eingerahmt war.
Gleich links in der Halle die Pförtnerloge. Ein Fensterchen aus undurchsichtigem Glas hob sich.
Schnapsnase und Brille wurden sichtbar.
«Was gibt's?» stöhnte es heiser.
«Will hier malochen.»
«Zeig Ausweis. Muß dir hier einschreiben», sprach der Alte.
Erich hatte den Koffer abgestellt, zückte die Brieftasche, entnahm ihr den Paß und reichte ihn durchs Klappfenster.
«Kannst dir 'ne Bude aussuchen», erklärte Walter Brotmann, Frühinvalide und Pförtner im Ledigenheim. «Viel Platz! Malocht ja kein Vernünftiger mehr hier. Meist Türken. Mann, wenn ich die auf Nachtschicht morgens am Wecken bin. Ein Gestank von die blöde Knoblauchfresserei. Ich brech zusammen. Mit mein Staub, o Herr!»
Brotmann krächzte, beruhigte sich langsam, sagte: «Hier hast den Schlüssel. Zimmer 33 im zweiten Stock. Da haste noch paar deutsche Kumpels auf'm Flur.»
Wieder hustete der Pförtner.
«Scheißwetter, Kerl. Februar . ähem . und so 'n Scheiß. Man is sich am Plagen. Sechzig Prozent hamse anerkannt. Ich hab bestimmt hundert.»
Husten.
Geduldig ließ Erich, der den Koffer schon in der Hand hatte und mit der rechten Faust den Schlüssel umklammerte, den Alten ausreden.
«Oben is die Putze zugange. Sie soll dich das Bett beziehen. Aber vernasch se nich gleich. Die is 'ne Witfrau und hat 'n heißen Darm, hihihi .»
Erich grinste.
«Laß man. Erst langsam eingewöhnen. Weiber wird's in eurem Kuhkaff ja auch geben», sprach der junge Mann in Richtung Schnapsnase und Brille.
«Dat glow mi, Jung», sprach der Pförtner überzeugt.
«Noch mal so alt wie du, nach Ausweis biste ja erst dreißig. Jau, ich würd's besser machen! Kerl, das ist doch heut was bei dem vielen Porno und alles. Sex so richtig auf Deuwel komm raus!»
Walter kicherte und keuchte, rang nach Luft.
«Wenne nachher runterkommst, die Tür da geht zur Kantine», sagte er nach kurzer Pause und wies mit stoppligem Kinn nach links vorne. «Jau, Olle, ich geb nachher einen aus», gab Erich Auskunft und ging mit Koffer und Schlüssel zum Treppenaufgang, vorbei an der braungestrichenen Tür, an der ein Blechschild mit der Aufschrift «Kantine» hing. Im Flur des ersten Stockwerks sah Erich ein paar Türken, die um eine bunte Kittelschürze herumstanden. Mit Händen und Füßen redeten die Schwarzhaarigen auf die Frau ein. Wie die Täuber, dachte der Blonde.
Zweiter Stock rechts: Zimmer 33! Kunert schloß auf.
Zwei Bettgestelle, graue Matratzen und Kopfkeile. Grau wie der miese Februartag.
«Wird bald farbiger», murmelte er und grinste breit.
In der Mitte des Raums ein grober Tisch, zwei Stühle. Unter dem Fenster lief die Zentralheizung.
An den Wänden vor den Betten zwei riesige Schränke, fast bis an die gekalkte Decke.
Erich entschloß sich für den linken. Der Schlüssel steckte. Fächer, mit bemustertem Papier ausgelegt. An der Stange hingen Kleiderbügel.
Der Werkstoffkoffer landete auf dem Tisch. Geöffnet bot er nicht viel. Gestreifter Schlafanzug obenauf. Unterwäsche und der neue graue Anzug. Zuletzt hob Erich ein Paar schwarze Schuhe, Socken und einen Kulturbeutel aus dem Koffer, verstaute ihn und die Schuhe auf dem Schrankboden, nutzte für das übrige ein Fach und hängte schließlich Trenchcoat und den Grauen über die Kleiderbügel.
Es war nach zehn.
Ziemliche Ruhe herrschte.
Die Mittagschichtler schliefen noch, die Nachtschichtler schon und die Morgenschichtler betätigten sich derzeit in der «Unterwelt».
In der Jackettasche des jungen Mannes mit der leicht gebogenen Boxernase klimperten Münzen gegeneinander. Erich vergewisserte sich. Drei Markstücke lagen im Handteller.
Momente später blätterte er in der Brieftasche.
Ein Foto von Mausi. Eine Szene aus seinem letzten Kampf vor zwei Jahren auf einem zweiten, vergilbten Foto. Zwei blaue Scheine.
Ich muß auf der Kasse ein Konto einrichten, überlegte er. Die Zeche zahlt am Fuffzehnten. Also krieg ich, wenn ich übermorgen anfahre, am fuffzehnten März den halben Monatslohn vom Februar. Knapp, sehr knapp!
Die Dorfmiezen schucken bestimmt nich selbst. Die lassen sich freihalten.
Erst mal aufs Ohr legen. Au, der olle Pförtner will einen abstauben. Die Bettwäsche holen .
Erich öffnete die Zimmertür.
Am Ende des Flurs war eine Tür offen.
Er nahm das rhythmische Quietschen eines Bohnerbesens wahr.
Mal gucken.
Zimmer 38.
Kunert schob die Tür weiter auf. Rassige Beine, schwarze Strumpfbänder, Minikittel, dicker Po, lange Haare, sehr gepflegt frisiert für eine Frühaufsteherin.
Quietsch, quietsch, quietsch, machte der Bohnerbesen.
Mensch, Kerl, ich hab gestern auf dem Eierberg 'n Fuffziger springen lassen. Ich könnt schon wieder . Erst Abschied von Mausi, dann die Nutte und jetzt die hier. Ob die von vorn das hält, wasse von hinten verspricht? Kerl, die weiß noch gar nicht, daß ich hinter ihr steh . Zupacken?
Ruhig, Erich, schön, schön ruhig bleiben.
Vielleicht zart über die Hüften streicheln? Danach braven Diener mit 'zeihung? Er steht mir, jauchzte es in ihm, und schon griff er zu.
Wenigstens das Streicheln in der Hüftgegend der Emsigen gelang.
Ach, wie sich das grüne Nylon anfühlte.
Zum Verbeugen und der Vorstellung kam es nicht gleich.
Erschrocken oder scheinbar erschrocken ließ Lotti Blum das Reinigungsgerät fallen, fuhr herum. Und da war Erich richtiggehend baff.
So eine junge Frau schon Witwe? Augen . Ein feuriger Ring durchzog das Dunkelblau. Scharfe Augen. Über dem schmalen Mund die Andeutung eines weichen Bärtchens. Dunkel, schwarz, heiß: Urwüchsiges Weib!
Der Schwanz beulte die Hose aus, und statt Schamhaftigkeit zu heucheln, provozierte Erich noch, spannte den Pint; der Stoff der Unterhose verbrannte fast die empfindliche Stelle. Die Blicke der Frau entfernten sich von seinen schwärmerischen Augen und saugten sich am Symbol seiner Kraft fest. Dorthin sah sie noch, als sie fragte: «Wer sind Sie? Was wollen Sie?»
Erich sprach: «Zigarettchen? Mal Fünwe nehmen . Pause machen! Setzen wir uns doch.»
Er fühlte sich dank seines einnehmenden Wesens schon als Hahn im Korb. O Herr, hier gibt's auch Weiber! Auf'm Dorf! - Sie saßen sich gegenüber.
Nicht am Tisch, sondern auf den Stühlen, so daß Erichs Knie beinah die ihren berührten. Er sah das weiße Dreieck zwischen runden Schenkeln. Das fällt, das fällt heut noch, drehte der blonde Mann fast durch.
«Ich heiße Erich Kunert, bin dreißig, komm aus Bochum, fang hier auf'm Pütt an und wohne in <33> und, was wichtig is: Ich brauche Bettwäsche, blau-weiß karierte sicherlich, habe aber auch gern grün drauf und schwarz und - weiß .»
Er musterte nacheinander mit scharfem Blick Kittel, Augen, Haar und - schamlos, das gespannte Dreieck zwischen ihren Schenkeln.
Lotti hob lächelnd das linke über das rechte Bein.
«Ich heiße Lotti Blum, bin Witwe, hab 'nen Freund. Nur einen», betonte sie und blies den Rauch der Zigarette energisch aus. «Mein Mann stürzte im Schacht. Angeblich Selbstmord. So hab ich 'ne schmale Rente und bin mich hier am Plagen.»
«Ham Se denn den Oll . Ihren Mann so kirre gemacht, daß .»
«Der war am Spinnen.» Zwischen zwei Lungenzügen sah sie Erich tief in die Augen.
«Entweder habt ihr zwei linke Hände oder malocht wie die Bekloppten, seid mit Moos am Verwöhnen, aber Liebe? Nee, is nich.»
Erich lachte.
«'ne Ringeltaube bin ich nich. Aber 'n bißchen Maloche, das ist wie Training, alles bleibt in Form. Nich nur Arme und Beine, auch sonst, wenn ich mir vorstelle .»
«Vorstellen reicht nich», fuhr jetzt die Frau in die Rede Erichs. Lottis Mund verzog sich bei ihren Worten verächtlich.
«Paß mal auf, Mädchen», Erich Kunert drückte die Zigarette im Unterteller aus, der als Aschenbecher diente. «Phantasie ist alles. Und beim Schippen da unten hältste den Körper in Form und kannst schön denken. Was meinste, was de so denkst? Nur an Thema eins. P . P . P:...
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