Schweitzer Fachinformationen
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Einem viermaligen Grunzen folgte die ungehaltene Frage, warum man ihn nicht einfach in Ruhe lassen könne. Dann schlug Mr Packington die Tür hinter sich zu und fuhr mit dem Zug um acht Uhr fünfundvierzig in die Stadt. Mrs Packington saß am Frühstückstisch. Ihr Gesicht war puterrot angelaufen, und ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich geworden. Es gab nur eins, das ihren Kummer nicht in Tränen verwandelte, und das war grenzenlose Wut. »Das lasse ich mir nicht bieten!«, sagte Mrs Packington. »Ich lasse mir das nicht bieten!« Sie blieb einige Augenblicke grübelnd sitzen und murmelte dann: »Diese Hexe. Widerliches, gerissenes, kleines Biest! Wie kann George nur so ein Dummkopf sein.«
Ihre Wut verging, und der Kummer kehrte zurück. Tränen traten Mrs Packington in die Augen und liefen ihr über das Gesicht, das Gesicht einer Frau mittleren Alters. »Ich kann hier sitzen und davon reden, dass ich es mir nicht gefallen lasse, aber was kann ich schon tun?«
Plötzlich fühlte sie sich einsam und verlassen, hilflos und elend. Langsam nahm sie das Morgenblatt zur Hand und las eine Anzeige auf der Titelseite, und das nicht zum ersten Mal.
»Lächerlich!«, sagte Mrs Packington. »Vollkommen lächerlich.« Und dann: »Na ja, ich könnte ja vielleicht .«
Das erklärt, warum Mrs Packington trotz einiger Nervosität um elf Uhr morgens in Mr Parker Pynes Büro geführt wurde.
Wie bereits gesagt, war Mrs Packington nervös, aber schon der schiere Anblick von Mr Parker Pyne beruhigte sie sehr. Er war wohlbeleibt, um nicht zu sagen fett; sein kahler Schädel hatte einen geradezu prächtigen Umfang, die Dicke seiner Brillengläser war mindestens genauso beeindruckend, und seine Augen funkelten verschmitzt.
»Bitte nehmen Sie Platz«, sagte Mr Parker Pyne. »Sie sind aufgrund meiner Anzeige hierhergekommen?«, fragte er freundlich.
»Ja«, antwortete Mrs Packington, sprach jedoch nicht weiter.
»Und Sie sind nicht glücklich«, sagte Mr Parker Pyne auf seine fröhliche, aber zugleich sachliche Art. »Die wenigsten Menschen sind das. Sie wären vermutlich sehr überrascht zu hören, wie wenige von uns wirklich glücklich sind.«
»Tatsächlich?«, fragte Mrs Packington, aber insgeheim dachte sie, dass es für sie nur von geringem Belang war, ob andere Menschen glücklich waren oder nicht.
»Das ist für Sie uninteressant, ich weiß«, sagte Mr Parker Pyne, »aber für mich ist es interessant. Wissen Sie, fünfunddreißig Jahre lang habe ich bei einer staatlichen Behörde Statistiken erstellt. Nun bin ich in Rente, und ich hatte die Idee, dass ich all meine Erfahrung auf neuartige Weise einsetzen könnte. Es ist eigentlich recht einfach. Die Gründe für fehlendes Glück lassen sich in fünf Kategorien einordnen - nicht mehr und nicht weniger, das versichere ich Ihnen. Sobald der Grund für das jeweilige Leiden erkannt ist, liegt eine Heilung sehr wohl im Bereich des Möglichen. Ich übernehme in diesem Fall die Aufgabe des Arztes. Zuerst diagnostiziert der Arzt die Erkrankung des Patienten, und dann schlägt er eine Behandlung vor. Es gibt Fälle, bei denen eine Behandlung nicht möglich ist. Wenn dem so ist, dann gestehe ich offen ein, dass ich nichts für Sie tun kann. Aber ich versichere Ihnen, Mrs Packington, wenn ich den Fall annehme, dann ist die Heilung praktisch garantiert.«
Konnte das wirklich sein? War es nur Unsinn, oder sprach er vielleicht die Wahrheit? Mrs Packington schaute ihn hoffnungsvoll an.
»Wollen wir Ihren Fall diagnostizieren?«, fragte Mr Parker Pyne lächelnd. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte die Fingerspitzen aufeinander. »Ihre Sorgen haben mit Ihrem Ehemann zu tun. Sie haben ein insgesamt recht glückliches Eheleben geführt, und Ihr Ehemann, so scheint es mir, ist recht erfolgreich gewesen. Ich gehe davon aus, dass in diesem Fall eine junge Frau im Spiel ist - vielleicht eine junge Frau im Büro Ihres Ehemanns.«
»Eine Schreibkraft«, meinte Mrs Packington. »Ein kleines, widerliches, aufgehübschtes Biest. Besteht nur aus Lippenstift, Seidenstrümpfen und Locken«, brach es plötzlich aus ihr hervor.
Mr Parker Pyne nickte beschwichtigend. »Da ist doch nichts Schlimmes dran - ich bin mir sicher, dass es Ihr Ehemann so formuliert.«
»Das sind genau seine Worte.«
»Warum sollte er daher nicht einfach die Freundschaft dieser jungen Frau genießen und ihr schlichtes Dasein mit ein wenig Freude, ein wenig Fröhlichkeit verschönern? Das arme Kind, es hat so wenig zu lachen. Ich nehme an, so denkt er darüber.«
Mrs Packington nickte energisch. »Humbug - alles Humbug. Er nimmt sie mit auf Flussrundfahrten - dabei mag ich das auch sehr gerne, aber die letzten fünf oder sechs Jahre meinte er nur, das gehe wegen seiner Golftermine nicht. Aber für sie kann er sein Golf ausfallen lassen. Ich gehe gerne ins Theater - George hat immer gesagt, er wäre zu müde, um abends noch ausgehen zu können. Jetzt geht er mit ihr tanzen - tanzen! Und kommt erst um drei Uhr nachts nach Hause. Ich - ich -«
»Und zweifellos beklagt er sich über die Tatsache, dass Frauen so eifersüchtig sind, wenn es dazu überhaupt keinen Anlass gibt?«
Erneut nickte Mrs Packington zustimmend. »So ist es.« Sie fragte ihn im scharfen Ton: »Woher wissen Sie das alles?«
»Statistiken«, lautete Mr Parker Pynes einfache Antwort.
»Ich fühle mich so elend«, meinte Mrs Packington. »Ich bin George immer eine gute Frau gewesen. Als wir frisch zusammen waren, habe ich Knochenarbeit geleistet. Ich habe ihm geholfen, etwas aus sich zu machen. Ich habe nie auch nur einen Gedanken an einen anderen Mann verschwendet. Seine Sachen sind immer gut gepflegt, er bekommt etwas Ordentliches zu essen, und sein Heim wird gut und sparsam geführt. Und jetzt, wo wir etwas in der Welt erreicht haben und uns endlich etwas leisten und reisen könnten, um endlich mal all das zu tun, worauf ich mich immer gefreut habe - jetzt das!« Sie holte tief Luft.
Mr Parker Pyne nickte ernst. »Ich versichere Ihnen, dass ich Ihren Fall bestens verstehe.«
»Und - können Sie irgendetwas tun?« Ihre Frage kam in einem Flüsterton.
»Selbstverständlich, meine Liebste. Es gibt ein Heilmittel. O ja, es gibt ein Heilmittel.«
»Was für eins?«, fragte sie erwartungsvoll und mit großen Augen.
Mr Parker Pyne sprach leise und entschlossen. »Sie werden tun, was ich Ihnen sage, und mein Honorar beträgt zweihundert Guineen.«
»Zweihundert Guineen?«
»Genau. Sie können sich ein solches Honorar leisten, Mrs Packington. Sie würden diese Summe auch für eine Operation ausgeben. Glück ist genauso wichtig wie Ihre körperliche Gesundheit.«
»Ich bezahle Sie im Nachhinein, nehme ich an?«
»Ganz im Gegenteil«, sagte Mr Parker Pyne. »Sie bezahlen mich im Voraus.«
Mrs Packington stand auf. »Ich bedaure, aber ich sehe keine Möglichkeit -«
»Die Katze im Sack zu kaufen?«, fragte Mr Parker Pyne gut gelaunt. »Nun, Sie haben vielleicht recht. Das Risiko ist eine solche Summe vielleicht nicht wert. Sie müssen mir vertrauen, verstehen Sie. Sie müssen diese Summe bezahlen und es darauf ankommen lassen. So lauten meine Bedingungen.«
»Genau. Zweihundert Guineen. Das ist eine Menge Geld. Guten Tag, Mrs Packington. Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie Ihre Meinung ändern sollten.« Er reichte ihr die Hand und lächelte unbeirrt.
Nachdem sie gegangen war, drückte er einen Summer auf seinem Schreibtisch. Eine abschreckend wirkende junge Frau mit Brille erschien.
»Eine Akte, Miss Lemon. Und Sie sollten Claude darauf vorbereiten, dass ich seine Dienste bald wieder in Anspruch nehmen werde.«
»Eine neue Klientin?«
»Eine neue Klientin. Sie sträubt sich im Moment noch, aber sie wird zurückkommen. Vermutlich heute Nachmittag gegen vier. Legen Sie sie schon mal an.«
»Schema A?«
»Schema A, natürlich. Es ist interessant zu sehen, dass alle Leute glauben, ihr Fall wäre etwas Besonderes. Nun ja, warnen Sie Claude schon mal vor. Nichts zu Exotisches, sagen Sie ihm das. Kein Duftwässerchen, und er sollte sich besser die Haare kurz schneiden lassen.«
Es war Viertel nach vier, als Mrs Packington Mr Parker Pynes Büro erneut betrat. Sie zog ihr Scheckheft hervor, schrieb einen Scheck aus und überreichte ihn. Sie erhielt eine Quittung.
»Und nun?«, fragte Mrs Packington erwartungsvoll.
»Und nun«, sagte Mr Parker Pyne mit einem Lächeln, »werden Sie nach Hause gehen. Morgen früh erhalten Sie mit der Post entsprechende Anweisungen. Ich bitte Sie freundlichst, diese auszuführen.«
Mrs Packington kehrte in bester Laune nach Hause zurück und freute sich auf den nächsten Tag. Mr Packington kam mit wohlüberlegten Rechtfertigungen heim, denn er wollte seinen Standpunkt deutlichst vertreten, sollte die Diskussion vom Frühstückstisch eine Wiederholung finden. Er war aber sehr erleichtert, als er bemerkte, dass seine Frau in keinster Hinsicht angriffslustig wirkte. Sie war nur ungewöhnlich nachdenklich.
George lauschte dem Radioprogramm und fragte sich, ob dieses nette Kind, Nancy, ihm erlauben würde, ihr einen Pelzmantel zu schenken. Sie war sehr stolz, das wusste er. Er wollte sie auf keinen Fall beleidigen. Dennoch - sie hatte sich so über die Kälte beklagt. Ihr Tweedmantel bestand aus billigem Stoff, und warm hielt er auf jeden Fall nicht. Vielleicht konnte er es so formulieren, dass er sie nicht verärgerte .
Sie sollten möglichst...
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