Schweitzer Fachinformationen
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Der Typ an der Bar
«Der ist total hot«, sagte Zara und nahm einen Schluck von ihrem Espresso Martini.
»Wer?«, fragte ich.
»Der mit dem weißen Hemd, da an der Bar. Aber nicht sofort hinschauen, das ist sonst zu offensichtlich. Tu gleich einfach so, als würdest du dich umsehen, dann schaust du ihn dir kurz an.«
»Sei nicht albern. Ich gucke jetzt«, sagte ich.
Zara packte blitzschnell meinen Arm. »Nicht!«
Ich wollte sie nicht ärgern, also sah ich mich total bescheuert in der ganzen Bar um, nur um meine Neugier zu verschleiern.
»Ich glaub, ich hab ihn gesehen. Da stehen aber drei Typen mit weißen Hemden. Welchen meinst du?«, fragte ich.
Zara rutschte ein Stück zur Seite, sodass ich einen weiteren diskreten Blick an ihr vorbei riskieren konnte. »Ist das dein Ernst? Der eine ist fett, und der andere sieht aus, als hätte er einen Baseballschläger ins Gesicht bekommen.«
»Ich meine natürlich den gut aussehenden, Amelia«, erwiderte sie entrüstet.
»Okay, beruhig dich.«
»Und?«
»Ja, der sieht gut aus. Irgendwie europäisch«, sagte ich.
Der Mann machte nicht den Eindruck, als würde es ihm etwas ausmachen, wenn er niemals ein Wort mit mir wechselte. Allein wie er am Tresen lehnte, wirkte so selbstbewusst, dass es mich völlig verunsicherte. Aber anstatt mich abschrecken zu lassen, wurde ich nur noch neugieriger. Irgendwie hatte ich Lust, mit ihm in Kontakt zu treten, aber das ging nur, indem ich ihm die Aufmerksamkeit vorenthielt, die er sonst vermutlich immer bekam. Ich musste es cooler angehen.
Wenn ich einem Mann begegne, den ich wirklich attraktiv finde, passieren eigenartige Dinge mit mir. Ich habe das Gefühl beweisen zu müssen, dass ich nicht verzweifelt auf der Suche bin. Ständig achte ich darauf, ihm nur nicht zu häufig Nachrichten zu schicken, und analysiere jeden einzelnen meiner Schritte. Normalerweise liegt es nicht an den Männern, dass ich mein Verhalten ändere; es liegt an mir. Ich werde nervös. Fast immer tue ich irgendetwas, das mich wie ein Psycho wirken lässt. Manchmal breche ich die Kommunikation schon ab, bevor es überhaupt dazu kommt, nur weil ich vorher schon weiß, dass ich's vermasseln werde. Wahrscheinlich denken die Typen dann, ich habe kein Interesse und gehe ihnen aus dem Weg, dabei bin ich manchmal einfach nur so eingeschüchtert, dass ich nicht mehr ich selbst bin. In einer idealen Welt würde ich mich gegenüber den Männern, die ich anziehend finde, genauso benehmen, wie gegenüber denjenigen, die mir gleichgültig sind.
Es kann großartig sein, ganz ehrlich kein Interesse zu haben. Dann habe ich nämlich viel mehr Stärke in mir. Ich bin nicht angreifbar. Ich kann bleiben, wie ich bin, und trotzdem klar denken. Wenn ich jemanden zu anziehend finde, geht das alles flöten. Ich verliere die Kontrolle. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich mir geschworen habe, künftig keinem Mann mehr Aufmerksamkeit zu schenken, die er nicht verdient hat. Aber natürlich kommt doch immer wieder einer, der mich Lügen straft. Am liebsten möchte ich mir dann selbst in den Arsch treten. Manchmal frage ich mich, wenn wir wirklich an jemandem interessiert sind - aber auch nicht zu sehr interessiert -, ob wir dann nicht einfach so tun könnten, als wäre es nicht so? Oder geht es schon zwangsläufig schief, sobald wir auch nur in Gedanken mit der Vorstellung spielen, er könnte einem selbst überlegen sein?
Über den Tresen hinweg sah ich, wie der Mann seinem Freund im Gespräch zulächelte. Fast wäre ich gestorben . ich stehe total auf schönes Lächeln. Seine weißen Sportschuhe, die leicht ausgefranste helle Jeans, das am Kragen aufgeknöpfte Leinenhemd standen ihm einfach ausgezeichnet. Ich bin keine Fashionista, aber wenn ich einen Mann vor mir habe, der sich gut anzuziehen versteht, erkenne ich das auf den ersten Blick. In der Bar waren auch noch andere gut aussehende Männer, aber deren Stil wirkte zu gewollt, zu schön. Ganz zu schweigen davon, dass sie offenbar mehr Zeit auf ihre Frisur verwendeten als ich. Dieser Mann hatte verstrubbelte, dunkelblonde Haare. Eine Out-of-Bed-Frisur, aber heiß. Er schien einfach ganz mühelos so auszusehen. Seine Ärmel waren locker bis über die Handgelenke hochgekrempelt, und sein Hemd saß perfekt. Ich warf ihm möglichst viele verstohlene Blicke zu, tat dabei aber so, als würde ich mich nach dem DJ umdrehen, der nicht weit hinter ihm stand. Meine Gedanken rasten . ob er gesehen hatte, dass ich ihn anschaue? Seine Sonnenbräune ist echt sexy. Ich glaube, er kommt nicht von hier.
»Ich liebe diesen Look, Dreitagebart auf sonnengebräunter Haut«, sagte Zara und unterbrach meinen Tagtraum.
Abrupt kehrte ich in die Realität zurück. »Ja, er sieht megagut aus.«
Zara stellte ihr fast leeres Glas auf den Tresen.
»Hast du das gerade gesehen?«
»Was?«, fragte ich.
»Er hat dich abgecheckt.«
»Hat er nicht.«
»Doch, hat er. Schau hin. Siehst du?«
»Oh Gott, jetzt hat er geguckt. Ich seh total scheiße aus«, erwiderte ich, wandte mich rasch ab und fasste mir nervös ins Gesicht.
»Lächel ihn an«, sagte Zara und schlürfte den letzten Schluck ihres Drinks.
»Das geht gerade nicht. Nicht nach allem, was in den letzten Wochen passiert ist«, sagte ich.
»Ich regele das schon für dich, es wird mal wieder Zeit. Aber von mir aus mach, was du willst. Ich bin im Urlaub und will Spaß haben«, sagte sie und kramte in ihrer viel zu vollgestopften Clutch.
»Es wird Zeit? Wie lange hast du gebraucht, bis du über den Kerl hinweg warst, der fünf Jahre jünger war als du? Du warst völlig verrückt nach ihm, dabei habt ihr euch nur ein einziges Mal getroffen«, sagte ich.
Manchmal erteilt Zara anderen gerne Ratschläge, die sie selbst nicht befolgt. Ich weiß, dass sie es gut meint, trotzdem finde ich es manchmal wahnsinnig nervig.
Sie schaute zu mir auf. »Ich hab dir gesagt, dass ich dir nicht erklären kann, warum ich so verrückt nach ihm war. Manche verfangen sich einfach im Netz und bleiben hängen . man wird sie nicht los.«
»In welchem Netz?«, fragte ich zurück.
»Von allen Männern, die man kennenlernt, geht einem einer - oder genau genommen eher einige - nicht mehr aus dem Kopf. Sie haben sich im >Netz< verfangen. Man denkt immer wieder an sie oder entdeckt, dass sie was auf Instagram gepostet haben, dann meldet man sich bei ihnen. Da ist immer noch ein kleines bisschen Hoffnung, dass sie sich mit dir verabreden wollen. Und irgendwann ergibt das einen Kreislauf«, sagte sie. »Wenn man sie kontaktiert, starrt man wie bescheuert auf sein Handy, wartet darauf, dass sie antworten. Dabei sollte man ihnen besser sagen, dass sie sich verpissen sollen. Oder man sollte sie ignorieren, wenn sie einem dann doch noch eine beiläufige Nachricht schicken, nur weil sie gerade nichts gegen ein bisschen sexy Telefongequatsche hätten, du aber nicht. Und wenn sie sich verabreden wollen, lässt du alles für sie stehen und liegen. Bei ihnen bist du schwächer als beim Rest. Und der Mist ist, die können sich jahrelang im Netz verfangen. Sie bleiben einfach ewig dort hängen, weil die Sache mit ihnen nicht so gelaufen ist, wie du dir das vorgestellt hast. Das bedeutet nicht, dass du sie heiraten wolltest - du wolltest eigentlich nur, dass sie scharf auf dich sind. Du willst diejenige sein, die die Macht hat«, fuhr sie fort und kramte wieder in ihrer Clutch.
»Was suchst du denn?«, fragte ich.
Sie ignorierte mich, hielt den Kopf gesenkt und murmelte leise vor sich hin: »Will nur schauen, wie viel Geld ich noch hab.«
Ich wusste, dass sie log; ich konnte es spüren.
»Hör mal, ich weiß, dass du immer noch geknickt bist, und du weißt, dass ich das verstehe, aber wir sind nicht ohne Grund in New York. Wir sind jetzt beide Single; und wir leben nur einmal. Ganz im Ernst, überleg dir das. In ein paar Tagen steckst du wieder in deinem alten Trott und siehst dieselben Leute. Also mach dich jetzt einfach mal locker, und hab ein bisschen Spaß. Früher warst du doch immer die Taffere von uns beiden. Dir wird schon nichts passieren«, fuhr Zara leidenschaftlich fort.
Ich wusste es! Sie hatte Koks dabei. Der kleine Vortrag war Zaras Art, mich zu überreden einen »schönen« Abend zu haben. Hätte ich nachgefragt, hätte ich ein ganz neues Thema damit losgetreten. Vielleicht lasse ich mich ja verleiten, auch ein bisschen was zu schniefen. Ich spielte mit dem Gedanken, einfach mal loszulassen. Ein Teil von mir wollte Jay einfach nur vergessen und Spaß haben.
»Ich weiß, was du dabeihast.«
Zara hörte auf, in ihrer Clutch zu kramen, und seufzte. »Okay, mach jetzt keinen Stress. Ich hab seit über einem Monat nichts mehr genommen. Wir sind noch ein paar Tage hier, also entspannen wir uns, bevor wir nächste Woche wieder in den >Arbeitsmodus< schalten. Außerdem ist es ja nur Koks. Morgen geht's dir wunderbar. Außerdem hab ich noch CBD-Öl und...
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