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Das literarische Gegenstück zu Martin Scorceses Gangs of New York
Manhattan, NYC, 1883-1919. Nachdem das Waisenkind Ben Ravage aus einer Hölle von Waisenhaus gerettet wurde und in Harvard Jura studierte, wird er Detektiv bei der Kehillah, einer Privatpolizei reicher jüdischer Geschäftsleute, die deren Interessen an der Lower East Side durchsetzen soll. Vor allem soll er einen halbverrückten Bösewicht, der die Prostituierten in der Allen Street angreift, aus dem Verkehr ziehen. Dabei entdeckt er, dass sein Schicksal unwiderruflich mit dem dieses gewalttätigen, finsteren Mannes verbunden ist.
Er war ein Verkäufer von Metallrohren und Knochen, der seinen eigenen Schrott und Kram angehäuft hatte, einen Friedhof von Beschlägen und Schellen und Schrauben, und er musste eine blonde Katze groß wie eine Kirche beschäftigen, die mit ihren Pfoten nach jedem Eindringling schlagen, einen Türknauf drehen oder eine monströse Ratte erstarren lassen konnte, die vom Blei in seinen Rohren lebte. Sie hieß Chlöe, und sie hörte auf niemanden außer dem Chef selbst. Fremde und seine Angestellten fauchte sie an, aber er musste nur »Chlöööeeee« rufen, und schon ließ sie die graue Ratte los, mit der sie gerade spielte, erhob sich über den Friedhof der Rohre und sprang ihm direkt auf den Schoß. Manchmal wurde er von ihrer ungestümen Kraft aus dem Stuhl geschleudert, und sie klammerte sich ohne ausgefahrene Krallen an ihn, während sein Betriebsleiter leise »Lionel und seine Löwin« murmelte.
Aber er konnte nicht den ganzen Tag mit einer Katze verbringen. Er streifte herum und jagte wie Chlöe, wenn er eigentlich nach Hause zu seiner Frau hätte gehen sollen. Er war Henriettas bereits überdrüssig, noch bevor sie im Temple Emanu-El heirateten. Er schlief mit ihr aufgrund einer rabbinischen Vorschrift, deren Sinn sich ihm noch nie erschlossen hatte. Er zog Chlöes Moschusduft dem von Henrietta vor. Er hatte in eine Sippe einflussreicher bayerischer Kaufmannsfürsten eingeheiratet, während sein eigener Papa selbst ein Fürst anderer Art war, ein Eisenwarenhändler wie Lionel, ein Immobilienspekulant mit kräftigen Armen, der im Alter von sechsundfünfzig Jahren zusammenbrach und wie ein Hund auf der Straße verendete, ohne dass ihm eine Menschenseele auch nur einen Becher Wasser angeboten hätte.
Lionel behielt das Firmenschild seines Papas, Ravage & Son, kaufte weiter Mietshäuser unter Marktpreis auf und ging in der Allen Street auf Jagd nach frischem Frauenfleisch. Alles, was er fand, waren jedoch verkommene Waschbecken - und verlotterte Schwestern, die ihn mit ihren geübten Handlungen nicht zu ergötzen vermochten. Und wann immer er ein Bordell zerlegte und in blinde Raserei verfiel, tauchte ein Kaufmannsfürst mit einem Detective von der Mulberry Street auf, und schon bald herrschte im Bordell wieder eitel Sonnenschein, auch wenn Lionel nach seinem Amoklauf blutverschmiert war.
»Ah, Mr Ravage, ein Gentleman wie Sie sollte sich nicht mit solchem Gesindel abgeben. Diese Damen haben ihre Luden, und die könnten Sie eines schönen Tages aufschlitzen. Uns würden Sie nur einen üblen Berg Formalitäten hinterlassen, fänden wir Sie im Leichenschauhaus.«
Also hatte er sich von einem Silberschmied an der Baxter Street eine Waffe anfertigen lassen. Sie war erheblich eleganter als der Schlagstock eines Polizisten oder ein Baseballschläger. Lionel Ravage besaß einen Gehstock aus Kiefernholz mit einem Wolfskopf aus poliertem Silber als Knauf. Mit seinem Gehstock konnte er jedem Luden einen Scheitel ziehen und Räuber abwehren, die ihn um seine Börse mit den Mieteinnahmen erleichtern wollten. Er schickte mehr als nur einen dieses Gesindels ordentlich durchgeprügelt ins jüdische Krankenhaus. Lionel trieb seine Mieten vorzugsweise selbst ein. Auf diese Weise begegnete er einer molligen Hausfrau, die mit der Miete im Rückstand war und deren Mann sich auf irgendeiner Armenstation die Lunge aus dem Leib hustete. Lionel war nie grob. Er würde niemals einen Räumungsbescheid an ihre Wohnungstür nageln, würde sich nie der Dienste des zuständigen Sheriffs bedienen. Er duldete einen Mietrückstand von drei oder vier Monaten. Die Hausfrau starrte dann in seine silberblauen Augen. Er trug ihr ein Gedicht vor. Er hatte ein Semester auf dem Amherst College studiert, bevor sein Papa ihn ins familiäre Eisenwarenimperium zurückholte, das einen immer größeren Teil der Canal Street einnahm. Lionel vermisste das Land, nicht so sehr das College. Sein feines Gespür für Abwasserkanäle und die geheimnisvolle Welt der Rohre hatte ihn zum besten Klempner von Amherst gemacht. Aber er hatte gehen müssen. Und jetzt, kurz vor dem Abschluss seines Bachelor of Arts in Klempnerei, trug er der Hausfrau Zeilen von Shakespeare in dem Jiddisch vor, das er bei den Kunden seines Vaters aufgeschnappt hatte, und dabei übernahm Lionel alle Rollen - die des Prospero im einen Moment, des Caliban im nächsten.
Sprache hast mich gelehrt, und mein Gewinn Ist, dass ich fluchen kann. An Pest krepier Fürs Lehren deiner Sprache!
Die Hausfrau war begeistert. Sie zog sich vor ihrem lyrischen Vermieter aus. Und wenn eine gewisse Hausfrau schwer zu kriegen war, bot er ihr womöglich an, sie heimlich zu heiraten. Er holte sich aus einer Synagoge an der Norfolk Street einen fehlgeleiteten Gabbai, besorgte aus einem Kramladen einen Ehering, küsste die Braut unter einem Gebetsschal und trank einen Pokal koscheren Wein. Schon bald hatte Lionel ein Dutzend Mätressen-Ehefrauen - und hatte von jeder einzelnen die Nase voll. Er kehrte mit seinem Silberknüppel in die Allen Street zurück, wie ein Caliban der Lower East Side, Herr und Diener seiner Begierden und Ambitionen, mit einer lähmenden Wut auf die Partner seines Papas, die ihn um sein Erbteil zu bringen versuchten. Er trieb sie alle in den Ruin, kaufte ihre Vermögenswerte auf und vergrößerte seinen Friedhof der Rohre und Armaturen mit Chlöe als ständiger Begleiterin. Allerdings konnte er mit einer Katze mit Schnurrhaaren und Krallen keine Liebe machen, egal, wie oft sie ihm auf den Schoß plumpste. Lionel musste sich auf die Jagd machen .
Er begegnete ihr zufällig. Er kassierte gerade die Miete in der Attorney Street, und sie kam in einem fadenscheinigen seidenen Morgenrock zur Tür. Sie hatte die wie gemeißelten Wangen und das wilde blonde Haar eines Dibbuk. Sein Mieter Rabinowitz war ein schwindsüchtiger Philosoph aus Wilna, der auf der Straße Äpfel verkaufte, wann immer es ihm gelang, einen Handwagen und eine Kommission Äpfel aufzutreiben. Lionel interessierte sich nicht für die Miete. Er konnte mit Rabinowitz über das Konzept der Schwerkraft diskutieren und auch über die Aufzugfahrkörbe, die schon bald immer höher und höhere Gebäude in Manhattan beherrschen würden, und über Meilen von Rohren, die allein Ravage & Son liefern konnten.
Lionel glaubte nicht an Dibbuks. Er hatte ein College im Herzen von Massachusetts besucht. Er war nicht in einem Viehwaggon nach Amerika gekommen - er war ein Aristokrat mit dem Zugriff eines Handwerkers. Dennoch konnte er die Augen nicht von dieser Blondine in fadenscheiniger Seide nehmen. Sie hatte sich mit diesen hohen Wangen in seine eigenen inneren Installationen eingeklinkt. Sie konnte nicht älter sein als achtzehn oder neunzehn.
»Hey«, sagte er mit dem groben Wortschatz eines Mieteintreibers, »du bist eine dieser importierten Bräute, hm? Wie hat der alte Mann das Geld für die Passage zusammenbekommen? Er besitzt doch keinen Cent.«
Sie schlug ihm ins Gesicht. Es war ein schlimmer Schlag, mit der ganzen Kraft von Chlöe, nur dass Chlöe nicht so unfreundlich gewesen wäre.
»Ich bin seine Tochter«, erwiderte sie mit einem Akzent, der von keiner Schule Manhattans stammen konnte. »Und er ist auch nicht Ihr alter Mann.«
»Genau, er ist ein Apfelpolierer, der seine Miete nicht zahlen kann.«
Sie schlug ihn wieder, und diese grandiosen Wangen pochten vor lauter Bosheit. »Ich liebe dieses verrückte Mädchen«, flüsterte er, und es machte ihm Angst. Lionel war noch nie verliebt gewesen, weder in sündige Hausfrauen noch in Uptown-Prinzessinnen wie Henrietta mit all ihren feinen Umgangsformen oder nassforsche Downtown-Mädchen, die ihn bis aufs Hemd ausziehen würden, wenn sie die Gelegenheit bekämen. Er hatte nur Chlöe. Jetzt musste er sich mit der hier auseinandersetzen, und er war im Nachteil. Rabinowitz' Mädchen mit den wilden blonden Haaren besaß erheblich schärfere Krallen als Chlöe.
Sie heiße Manya, sagte sie. Und sie war allein von ihrem Vater...
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