Schweitzer Fachinformationen
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»Das ist alles, was man als berühmter Koch braucht, um einen Buch-Deal an Land zu ziehen? Eine zweizeilige E-Mail seines Agenten und einen lächerlichen Spitznamen?« Wütend wedelte ich mit der ausgedruckten Nachricht, die mich so empörte, vor meiner besten Freundin in der Luft herum.
Nicole streckte sich auf dem Stuhl des Konferenzraumes, elegant wie eine Katze, die sich in der schwachen Januarsonne aalte. »Tobias Paul vertritt als Agent alle, die in der Kochbranche Rang und Namen haben, und Happy Pirate Leprechaun ist ein grandioser Name. Immerhin ist der rothaarige Kobold das Wahrzeichen Irlands, und dass der Typ mit dem Bandana aussieht wie ein Pirat, kannst du nicht abstreiten.«
»Für eine Comicfigur auf einer Cornflakes-Packung ist das vielleicht ein grandioser Name«, murrte ich. »Das Jahr beginnt ja ganz wunderbar.«
An den meisten Tagen war es mein Traumjob, Ghostwriterin für Kochbücher zu sein. Die Verlage bezahlten mich fürs Kochen und fürs Schreiben, also für das, was ich liebte. Abgesehen davon, dass ich als Ghostwriterin den Tonfall der Person, für die ich schrieb, einzufangen hatte, war ich auch Übersetzerin, denn ich verwandelte die riesigen für Restaurants ausgerichteten Mengen und zahlreichen Kochschritte in simple Anweisungen, denen eine jede und jeder zu Hause in der eigenen Küche folgen konnte.
Um erfolgreich ein Kochbuch für eine andere Person zu schreiben, musste ich unerschütterlich sein: methodisch, präzise, gut im Zeitmanagement und vor allem geduldig im Umgang mit den Marotten anderer. Doch der Mangel an Informationen über dieses Projekt gab mir das Gefühl, auf einem Bürostuhl mit Rollen zu stehen und dabei kompetent rüberkommen zu müssen.
Dass Kieran O'Neill zu spät kam, half nicht gerade, mich zu beruhigen.
Sein Sieg in der Reality-Kochshow Fire on High hatte dazu geführt, dass sich sechs Verlage eine dramatische Auktion geliefert hatten, um sein erstes Kochbuch zu veröffentlichen. Der Lektor von Alchemy Press, Tad Winthrop, hatte am Ende gewonnen, indem er ihm eine lächerlich hohe Geldsumme und die Dienste seiner gewissenhaftesten Ghostwriterin zugesagt hatte. Ich sollte die Rezepte und Geschichten so schreiben, dass es nach ihm klang, meine Freundin Nicole würde für die Fotos zuständig sein. Heute würden wir uns alle zum ersten Mal treffen, um unseren Schlachtplan für die nächsten Monate zu entwickeln.
Ich las die E-Mail laut vor in der Hoffnung, dass wie von Zauberhand weitere Worte erscheinen würden. »Kieran O'Neill möchte ein Kochbuch darüber schreiben, wie man Spaß in der Küche hat. Rufen Sie mich an. Spaß? Super, danke, das sagt mir alles, was ich wissen muss.«
Nicole betrachtete die Spitzen ihrer langen schwarzen Haare. »Fire on High ist die Kochshow des Jahrzehnts. Ich weiß, du schaust dir nur historische britische Menschen an, die sich hoffnungslos verlieben, aber die Sendung hast selbst du durchgebinged.«
Ich nickte. »Dummerweise hab ich die ganze Staffel gesehen - fünfzehn Stunden meines Lebens, die ich damit hätte verbringen können, Stricken zu lernen oder endlich Eine gute Partie zu lesen und noch fünf andere Romane dazu.«
Sie ließ ihre Haarsträhnen fallen. »Wie kann es sein, dass dir das nicht gefallen hat? Dass er dir nicht gefallen hat! Er hat eine Wahnsinnsentwicklung gemacht.« Sie wedelte mit den Händen. »Er hat es als Außenseiter bis ganz nach oben geschafft und seine Stimme gefunden!«
Ich verschränkte die Arme und seufzte. »Das Rumgewedel mit deinen Händen ist echt niedlich, aber du weißt, dass ich mir die Show nur angeschaut habe, weil ich musste. Ich möchte nicht über andere urteilen, aber das Zeug ist einfach nicht mein Geschmack.«
Ich ging zum raumhohen Fenster und genoss für einen Moment die Friedlichkeit des Ausblicks. Die Golden Gate Bridge war eine elegante rote Linie in der Ferne, und die Marin Hills lagen im Licht des frühen Nachmittags wie smaragdgrüner Samt ausgebreitet.
Nicole lehnte sich neben mir an die Scheibe, aber betrachtete nicht den Ausblick.
»Ich weiß, du findest, Kochen sollte nicht so sein.« Ihr fröhlicher Ton war Sorge gewichen. »Dass es nicht darum gehen sollte, anzugeben und zynisch zu sein. Es sollte darum gehen, sich um Leute zu kümmern und sie glücklich zu machen. Aber vielen Menschen gefällt nun mal eine gute Performance. Der Banquet-YouTube-Kanal hätte sonst garantiert nicht Milliarden von Klicks.«
»Aber es ist so fake.«
»Okay, na schön, du wirst dir niemals witzige Kochvideos mit mir anschauen. Hast du dir die Show dann durch deine Finger angesehen? Oder weißt du tatsächlich etwas über den Typen?«
Ich legte mir in gespielter Empörung eine Hand an die Brust. »Wie kannst du es wagen, meine Suchmaschinenfähigkeiten anzuzweifeln? Ich weiß, dass sein Name Kieran Michael O'Neill ist und dass er siebenundzwanzig ist. Er hat am achtzehnten Dezember Geburtstag.«
Nicole lächelte. »War ja klar, er ist durch und durch Schütze.«
Ich verdrehte die Augen. »Natürlich, wenn du glaubst, dass der gesamte Charakter einer Person davon bestimmt wird, wo die Sterne zu einem willkürlichen Zeitpunkt am Himmel stehen.«
»Gesprochen wie eine wahre Jungfrau.« Sie schnalzte mit der Zunge.
»Wie dem auch sei. Er kommt aus Ojai in Ventura County, hat die Nordhoff Highschool besucht und am Santa Barbara City College einen Abschluss in Culinary Arts gemacht. Danach hat er zwei Jahre lang im Pacific Hotel in Montecito gearbeitet, ehe Steve Yuan ihn ins Qui in San Francisco geholt hat. Er hat sich in weniger als vier Jahren vom Praktikanten zum Sous Chef hochgearbeitet.«
»Woher stammt sein Spitzname?«
»Pirat, weil er immer ein schwarzes Bandana trägt. Leprechaun, also Kobold, weil er relativ klein und rothaarig ist.« Nicht dass er daran etwas ändern könnte.
»Lieblingszutat?«
Danach wurde er in jedem Interview gefragt. »Zitrus. Ihm gefällt, wie dieses Aroma das Essen zum Leben erweckt.«
Nicole warf ihre Hände in die Luft. »Okay, dann kennst du also ein paar Fakten. Aber weißt du, wie er ist?«
»Ich schätze, das werde ich herausfinden, wenn ich ihn kennenlerne. Falls er jemals hier ankommt.«
Sie ächzte. »Ich kapier's nicht. Dieses Projekt ist so was von nicht dein Ding. Warum hast du dich dazu bereit erklärt? Aber bevor du mir eine lächerlich komplizierte Antwort gibst, brauche ich Nahrung.« Sie drehte sich um und nahm eins der faden Supermarkt-Croissants von dem Plastiktablett auf der Mitte des Tisches. »Willst du eins?«
Ich schüttelte den Kopf. »Traurige Backwaren.«
»Traurige Backwaren sind besser als keine Backwaren.«
Ich betrachtete das zusammengesunkene Croissant in ihrer Hand. »Da bin ich anderer Meinung.«
»Du bist so picky.«
»Ich würde es eher urteilsfähig nennen. Übrigens habe ich Ja gesagt, weil Tad mich ausdrücklich gebeten hat. Er meinte, er brauche die verlässlichste Person.« Ich war stolz darauf, niemals zu spät abzuliefern und immer mit einem Lächeln.
»Die Welt geht nicht unter, wenn du ab und zu mal Nein zu ihm sagst«, erwiderte sie mit der Müdigkeit einer Person, die dieses Gespräch schon viele Male geführt hatte. »Du musst nicht immer verfügbar sein.«
Ich ignorierte ihren nörglerischen Unterton. Verfügbar zu sein, war kein Problem, wenn ich ohnehin nichts anderes zu tun hatte. »Ich bin ihm etwas schuldig, weil er sich in Bezug auf Max so toll verhalten hat.«
Ihre Züge wurden ein wenig weicher. »Du warst ihm vor zweieinhalb Jahren etwas schuldig. Und es war schließlich nicht so, als hättest du das La-Estufa-Kochbuch grundlos zu spät fertiggestellt. Dein Mann ist gestorben. Und seitdem bist du grandios. Besser als grandios.«
»Vielleicht.« Tad hatte mir versichert, ich könne mir so viel Zeit nehmen, wie ich brauchte. Bis ich wieder bereit war, zu arbeiten, hatte er mir Fertigessen für meine Tiefkühltruhe sowie ein Buch mit seinen Lieblingsgedichten von Auden geschickt und sich jede Woche nach meinem Wohlbefinden erkundigt.
»Nicht vielleicht, aber was soll's. Dann weiß ich jetzt also, was Tad will. Doch was willst du, Ellie?«
Ich sah zu, wie ein kleines Boot in Richtung Emeryville Marina raste, und folgte mit meinem Blick seiner Route über das Wasser.
Ich wusste, was ich wollte.
Sicherheit.
Nachdem ich ein ganzes Jahrzehnt damit verbracht hatte, für meinen jüngeren Bruder da zu sein, weil unser Dad weg war und unsere Mom nicht wirklich ansprechbar, waren Max und die Wassermans mein sicherer Hafen gewesen. Wenn ich sie besuchte, küsste mich sein Vater schmatzend auf beide Wangen, schenkte mir ein Bier ein und fragte mich nach meiner Meinung zum letzten Basketballspiel der Warriors. Seine Mutter Diane zog mich immer in die Küche, um mich eine Soße probieren zu lassen und mit mir zu fachsimpeln, ob mehr Salz oder Zitrone hineinmüsste. Meistens drückte sie mir noch ein Buch in die Hand, wenn ich wieder ging.
Nachdem Max und ich geheiratet hatten und er an die University of California berufen wurde, konnte ich mich darauf verlassen, dass er mir jeden Abend, wenn er den Studierenden Flaubert und Balzac auf Französisch nähergebracht hatte, sagte, wie sehr er es liebte, mich lächeln zu sehen. Jeden Mittwoch brachte er mir rote Rosen mit. Jeden Freitagnachmittag fuhren wir für das Schabbat-Dinner nach Berkeley.
Als seine Stelle unbefristet wurde, wusste ich, dass wir ein...
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