Schweitzer Fachinformationen
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Er träumte von druckluftbetriebenen Schleifmaschinen, die über feinstes Wurzelholz glitten, und von Schwalbenschwanzzinkungen mit Zapfen und Schlitzen, die so präzise herausgestanzt waren, dass man sie kaum sah. Er und sein Datt schreinerten gerade eine Waschkommode für seine Mamm, denn seit sie so etwas im Antiquitätenladen in Painters Mill entdeckt hatte, wünschte sie sich nichts sehnlicher. Er freute sich jetzt schon auf ihr Gesicht, wenn sie ihr die Kommode präsentierten .
Billy Hochstetler schreckte aus dem Schlaf hoch. Was ihn geweckt hatte, wusste er nicht, vielleicht ein Geräusch im Erdgeschoss oder aber das Trommeln des Regens auf dem Dach. Er war vierzehn Jahre alt, lag in seinem kuschelig warmen Bett und versuchte, den Traum zurückzuholen. Doch es gelang ihm nicht. Sein Herz schlug heftig, und er hatte keine Ahnung, warum. Er starrte in die Dunkelheit, lauschte, hörte jetzt aber nur noch Donnergrollen und das gelegentliche Klappern der losen Regenrinne. In den nächsten Tagen mussten er und sein Datt auf die Leiter steigen, um sie zu reparieren.
»Billy?«
Er war gerade wieder eingenickt, als das Flüstern seines kleinen Bruders ihn erneut weckte. »Schlaf weiter«, murmelte er.
»Ich hab was gehört.«
»Ach Quatsch. Und jetzt schlaf, bevor du noch alle weckst.«
»Unten sind Leute. Englische.«
Billy stützte sich auf die Ellbogen und blickte seinen kleinen Bruder verdrossen an. Little Joe war gerade acht geworden und sah in dem viel zu großen Nachthemd so süß aus, dass er trotz seines Ärgers über die Schlafstörung grinsen musste. »Das ist bloß das Gewitter. Angsthase.«
»Gar nicht!«
»Pssst!« Billy kicherte, glaubte ihm nicht. »Willst du bei mir schlafen?«
»Ja!« Sein kleiner Bruder kam angelaufen und machte einen Hechtsprung zu ihm ins Bett.
Gerade kuschelte er sich an ihn, da hörte Billy es auch. Das Geräusch kam von unten, ein Knall und dann das Kratzen von Holz auf Holz. Er sah Little Joe an. »Hast du das gehört?«
»Ich hab's dir ja gesagt.«
Billy drehte sich auf die andere Seite, nahm die Taschenuhr vom Nachttisch und sah blinzelnd auf das Zifferblatt. Drei Uhr dreißig. Sein Datt würde erst in einer Stunde aufstehen. Aber wer war dann unten im Haus?
Er stieg aus dem Bett und ging zum Fenster, schob die Gardine beiseite und spähte hinunter zur Kiesauffahrt. Niemand war zu sehen. Auch kein Buggy oder Auto. Kein Laternenlicht in der Scheune, und Werkstatt und Verkaufsräume waren ebenfalls dunkel.
Billy nahm die Hose vom Stuhl und schlüpfte hinein. Ein schwaches Murmeln drang jetzt durch die Lüftungsklappe über der Fußleiste. Bei ihnen zu Hause wurde nur Pennsylvaniadeutsch gesprochen, doch das war eindeutig Englisch. Aber wer besuchte sie mitten in der Nacht?
»Wo gehst du hin?«, flüsterte Little Joe.
Billy blickte zu seinem Bruder, der die Decke bis zum Kinn hochgezogen hatte. »Schlaf weiter.«
»Ich will mit dir gehen.«
»Pssst.« Er streifte sein Hemd über, öffnete die Tür und ging langsam die Treppe hinunter. Doch er hatte die unterste Stufe noch nicht erreicht, als der gelbe Strahl einer Taschenlampe über die Wand huschte.
»Datt?«, rief er. »Mamm?«
Keine Antwort, nur das Scharren von Schuhen auf Holz.
Er trat in die Küche, wo ihn der Strahl einer Taschenlampe im Gesicht traf. »Wer ist da?«, fragte er, die Hand schützend vor den Augen.
»Halt den Mund!«, zischte eine männliche Stimme.
Vor Schreck taumelte Billy in den Flur zurück. Aus dem Augenwinkel sah er die Umrisse eines Mannes in Jeansjacke und mit wollener Gesichtsmaske, dann wurde er unsanft am Arm gepackt und wieder in die Küche gezerrt. »Da rüber! Auf die Knie!«
Als er seine Mamm und seinen Datt erblickte, die mit den Händen hinterm Kopf auf der anderen Seite des Tisches knieten, packte ihn die nackte Angst. Mit zittrigen Beinen ging er um den Tisch herum. Wer war der englische Mann? Warum war er hier? Und was wollte er?
Niemand sprach, als er neben seiner Mamm niederkniete und leicht vorgebeugt seinen Vater ansah, der sicher wusste, was zu tun war. Willis Hochstetler wusste das immer.
»Gott wird uns schützen«, flüsterte sein Vater auf Pennsylvaniadeutsch.
»Mund halten!« Der Mann zog eine Pistole aus dem Hosenbund. »Und du nimm die Hände hoch, hinter den Kopf!«
Billy hob die Hände, aber sie zitterten so heftig, dass er Mühe hatte, sie hinter dem Kopf zu verschränken.
»Wo sind Laternen?«, wollte der Mann wissen.
»Da ist eine«, sagte Datt. »Neben dem Herd.«
Der Mann ging hin und nahm die Laterne. »Mach sie an«, befahl er Billy.
Billy sprang auf die Füße und ging zu ihm, spürte den Blick des Mannes auf sich. Tapfer nahm er die Laterne, holte Streichhölzer aus der Schublade und zündete den Docht an. Dabei dachte er an Litte Joe oben in ihrem Zimmer und betete, dass er wieder eingeschlafen war.
»Her damit«, sagte der Mann und riss ihm die Laterne so heftig aus der Hand, dass das Petroleum darin schwappte.
»Geh da rüber und sei still.«
Billy kniete sich wieder neben seine Mamm und hoffte, dass der Mann sich einfach nahm, was er wollte, und verschwand.
Ein zweiter Mann betrat die Küche, eine Taschenlampe in der einen und eine Pistole in der anderen Hand. Er war athletisch gebaut, hatte blonde Haare und ein Tuch über Mund und Nase gebunden. »Wo ist das Geld«, herrschte er Billys Vater an.
Noch nie hatte sein Datt Angst gezeigt, doch als der zweite Mann erschien, konnte Billy sie sehen, an seinen weit aufgerissenen Augen und dem bebenden Mund. Aber die Sorge galt nicht ihm selbst oder dem Geld, für das er so schwer gearbeitet hatte. Er fürchtete um das Leben seiner Frau und seiner Kinder.
»In einem Glas«, sagte sein Datt. »Im Schrank über dem Herd.«
Mit einem hungrigen Leuchten in den Augen, das Billy nicht verstand, ging der blonde Mann zu dem Hängeschrank und riss die Tür auf. Er holte ein altes Erdnussbutterglas heraus, schraubte es auf und schüttete das Geld auf die Ablage.
Billy sah die Scheine herausfallen - Zwanziger und Zehner und Fünfziger -, die Einnahmen aus den Verkäufen von mindestens einem Monat.
»Wenn Sie gesagt hätten, dass Sie Geld brauchen, hätte ich Ihnen Arbeit und einen fairen Lohn angeboten«, sagte Willis Hochstetler.
Der blonde Mann ignorierte ihn.
»Mamm?«
Billys Blick schoss zur Küchentür, wo Little Joe stand, die Beine unter dem Nachthemd wie dürre bleiche Knochen. Als er hinter ihm auch noch Hannah und Amos und Baby Edna entdeckte, sank ihm das Herz in die Hose.
»Die Kinner.« Mamm sprang auf. »Die Zeit fer in bett is nau.« Geht sofort ins Bett.
»Was soll das?« Der blonde Mann drehte sich um und richtete die Pistole auf sie. »Runter auf die Knie!«
Aber Mamm eilte zu den Kindern, sah nur sie und hatte die Worte des Mannes scheinbar gar nicht gehört.
»Sag ihr, sie soll zurück an ihren Platz!« Der Mann in der Jeansjacke richtete die Pistole auf Datt. »Das ist mein Ernst! Sag's ihr!«
»Wanetta«, sagte Datt. »Gehorch ihm.«
Als spürte sie, dass etwas nicht stimmte, fing Baby Edna an zu weinen, unmittelbar gefolgt von Hannah, und dann weinte auch Little Joe, der sich mit seinen acht Jahren für einen Mann hielt und zu alt für so etwas.
Mamm kniete sich hin und zog die Kinder in ihre Arme. »Pssst.«
»Es reicht!« Der blonde Mann stampfte zu Billys Mutter und riss sie von den Kindern weg. »Zurück auf deinen Platz!«
»Sie sind doch noch so klein.« Sie entwand sich seinem Griff und schlang die Arme um ihre Kinder. »Sie verstehen das doch gar nicht.«
»Mamm!«, entfuhr es Billys Mund, ohne dass er es beabsichtigt hatte.
»Wanetta!« Datt sprang auf die Füße.
Ein Schuss durchschnitt die Luft. Der Knall hallte wie nach einer Explosion stoßwellenartig in Billys Kopf. Wie eine Kugel, die durchs Wasser zischt und alles um sich herum aufwühlt. Sein Datt schwankte, Unglaube in den Augen.
Schlagartig war es still.
»Datt?«
Billy hatte das Wort kaum herausgebracht, als sein Vater auf die Knie sank, nach vorn kippte und reglos liegen blieb. Billy hielt die Luft an, betete, dass er aufstehen möge. Doch sein Datt rührte sich nicht.
Der blonde Mann wirbelte zu dem anderen in der Jeansjacke herum und starrte ihn an. »Bist du wahnsinnig«, schrie er.
In der Küche brach Chaos aus. Die beiden Einbrecher gingen aufeinander los, stoßend und zerrend brüllten sie sich an, dazwischen Mamms Wehklagen und die schrillen Schreie der Kinder. Ein entsetzliches Durcheinander erfüllte den Raum.
Billy erinnerte sich nicht, dass er zu seinem Vater gekrochen war, bemerkte nicht das warme Blut an den Händen, als er ihn an der Schulter fasste und auf den Rücken drehte. »Datt?«
Willis Hochstetlers Augen standen offen, jedoch ohne einen Funken Leben darin. Das Gesicht war grau, die Lippen blau. »Wach auf.« Billy berührte das blutige Hemd seines Vaters, wusste nicht, was er tun sollte oder wie er ihm helfen konnte. »Sag mir, was ich machen soll«, stieß er weinend hervor.
Aber sein Datt war tot.
Er sah den Mann an, der ihn erschossen hatte. »Er hat Ihnen doch das Geld gegeben«, stieß er weinend hervor. »Warum haben Sie das...
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