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Der Kulturbegriff ist nicht neu. Er hat seinen Ursprung in der Anthropologie bzw. Ethnologie, wo er seit dem Ende des 18. Jahrhunderts als ein zentrales Konzept im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht (Sackmann 2017, S. 35). Das, was Kultur beschreibt, existiert allerdings schon, seitdem sich Menschen in Gruppen zusammengefunden haben, oder, im Hinblick auf Organisationen, seitdem diese »als ein soziales, produktives und autonomes System« (Krulis-Randa 1990, S. 1) entstanden sind. Ähnliches gilt für die Unternehmerfamilie als ein besonderer Typus einer Organisation. Als eine Gemeinschaft von Menschen weist diese schon immer eine Kultur auf, nur wurde das Phänomen Kultur im Zusammenhang mit Unternehmerfamilien in dieser Form noch nicht beleuchtet.
An dieser Stelle soll an eine Bemerkung von Krulis-Randa angeschlossen werden: »Begriffe werden erst dann gebraucht, wenn das Phänomen, welches sie bezeichnen, bewusst wird« (Krulis-Randa 1990, S. 1). Bei dem Phänomen Kultur geht es somit nicht darum, ob eine Kultur überhaupt existiert, sondern welche kulturellen Phänomene ein System prägen bzw. welche die Denk- und Handlungsweisen der Mitglieder beeinflussen (Grubendorfer 2016, S. 14). Zwei Fragestellungen sind bei der Beschäftigung mit Kultur demzufolge zentral (Katz, Weissmüller u. Thies 2007, S. 32):
Bei der Beobachtung oder Beschreibung von Kultur kommt es jedoch zusätzlich darauf an, durch welche Brille Kultur betrachtet wird; denn der Begriff Kultur wird heutzutage von den verschiedenen Disziplinen unterschiedlich verwendet - neben den oben genannten u. a. in der Soziologie und umfassend in der Organisationsforschung sowie -entwicklung. Obwohl es sich um den gleichen Begriff handelt, unterscheiden sich die jeweiligen Bedeutungsinhalte bei den Disziplinen und sogar innerhalb dieser. Jeder Zugang bedingt daher unweigerlich andere Erwartungen darüber, was das Kulturkonzept im jeweiligen Kontext leisten kann und soll (Sackmann 2017, S. 36).
Generell können zwei Blickrichtungen auf das Phänomen Kultur identifiziert werden, die auf unterschiedlichen Annahmen basieren und deshalb unterschiedliche Rückschlüsse auf die Gestaltung von Kultur eröffnen (Grubendorfer 2016, S. 14; Schreyögg u. Geiger 2016, S. 319):
Sackmann (2017, S. 42; 1990) stellt noch eine dritte Sichtweise auf Kultur zur Verfügung, die eine Synthese der beiden ersten Auffassungen darstellt:
Während die ersten beiden Auffassungen als zwei Endpunkte eines Spektrums angesehen werden können, liegt die dritte bildlich gesprochen in der Mitte. Letztere wird in diesem Buch geteilt. Kultur ist veränderbar, was einem analytisch-funktionalen Ansatz widerspiegelt, und gleichzeitig wird ein synthetisch-interpretativer Ansatz verfolgt, der ein Verständnis bezüglich Kultur fördern möchte (Hofstede u. Hofstede 2011, S. 371; angelehnt an Smircich 1983). Daraus ergibt sich folgender Blickwinkel auf Kultur (Sackmann 1990, S. 162 f.):
Aber was ist Kultur nun genau? Kultur beschreibt ein »soziales Phänomen« (Sackmann 2017, S. 98). Dieses kann als eine »unsichtbare Ordnungskraft« (Schreyögg u. Geiger 2016, S. 294) aufgefasst werden, die für Systeme einen gewinnbeeinflussenden und Erfolgsfaktor darstellt (Franken 2010, S. 203). Allerdings ist Kultur beides: »eine Kraftquelle (die daher bewahrt werden soll) und eine Quelle an Hindernissen und Beschränkungen ([die] [.] deshalb wahrscheinlich teilweise verändert werden muss)« (Schein u. Schein 2017, S. 100). Als »Phänomen ganz eigener Art« (Hofstede u. Hofstede 2011, S. 46) dient Kultur als ein »übergreifendes System kollektiv geteilter Symbolwelten und Praxen« (Hoffmann 2017, S. 55). Sie stellt das »geistige Zentrum« (Wien u. Franzke 2014, S. 12) eines Systems dar und dient als ein Medium der Kommunikation, vergleichbar mit einer Sprache. Wer diese anders spricht als in dem jeweiligen kulturellen Kontext üblich, fällt auf (Hall 1989).
Vor allem darf die Bedeutung von Kultur für ein System nicht unterschätzt werden. Kultur formt im besten Fall ein von allen Mitgliedern akzeptiertes Milieu bzw. stellt dieses Milieu zur Verfügung, in dem
Kultur bietet den Mitgliedern eine gewisse Erfahrungswelt, in der Deutungsmuster kollektiv geteilt werden. Aus dem Blickwinkel der Organisationsforschung kann jedes organisierte System gewissermaßen als eine autonome Kulturgemeinschaft aufgefasst werden, da diese eine jeweils spezifische Kultur produziert (Schreyögg 2008, S. 363 f.). Dies gilt auch für die Unternehmerfamilie, die sich anhand ihrer eigenen Wertvorstellungen, Normen und Eigenheiten begreifen lässt. Hierdurch rückt unweigerlich der Mensch in den Fokus. Die Unternehmerfamilie kann daher als ein von ihren Mitgliedern geschaffenes soziales Konstrukt aufgefasst werden, welches durch die Werte, Denk- und Handlungsweisen ihrer Mitglieder geprägt wird (Wien u. Franzke 2014, S. 1). Hieraus entstehen einzigartige Vorstellungs- und Orientierungsmuster, die ihrerseits die Mitglieder nachhaltig im Hinblick auf deren Verhaltensweisen nach innen und außen prägen (Schreyögg 2008, S. 364). Kultur darf deshalb nicht als ein Selbstzweck aufgefasst werden. Sie ist ein Weg bzw. ein Mittel für eine erfolgreiche Organisation, worunter auch Unternehmerfamilien fallen (Katz u. Weissmüller 2007, S. 28).
Bevor in den nächsten Kapiteln ein detailliertes Verständnis von Kultur vermittelt wird, wird zusammenfassend dargestellt, was Kultur nicht ist (Krulis-Randa 1990, S. 10 f.):
Wie an den einführenden Worten ersichtlich werden sollte, ist Kultur kein Produkt eines einzelnen Menschen. Demgegenüber entsteht sie kollektiv, d. h. in Gruppen und durch die darin stattfindenden unzähligen Interaktionen. Der Kulturbegriff kann daher auf alle sozialen Systeme übertragen werden: Gesellschaft, Organisationen (Unternehmen), Gruppen, Eigentümerkreis, (Unternehmer-)Familie, Interaktionsbeziehungen usw.
Kultur ist eine kollektive Orientierung, die das individuelle Verhalten beeinflusst. Kollektive Orientierungen entstehen dann, wenn eine...
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