Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Hat ihr Glück in der Ferne eine Chance?
Ein Dorf am Rande des Hunsrücks, 1844: Anne und Thomas lieben einander, sehen jedoch als Magd und Knecht des Großbauern Reichard keine Möglichkeit, eine Familie zu gründen. Zudem beginnt Reichard, Anne nachzustellen. Als ein Auswanderungsagent durch ihr Dorf reist und von Brasilien berichtet, beschließen Anne und Thomas, die Überfahrt zu wagen. Doch ihre Ersparnisse reichen zunächst nur für Annes Überfahrt. Sie tritt in die Dienste eines jungen Mannes, der ebenfalls nach Brasilien reist. Doch Anne weiß nicht, welche geheimen Pläne dieser verfolgt und dass dessen Rache ihr eigenes Glück mehr als bedroht.
Eine fesselnde Familiensaga vor der farbenprächtigen Kulisse Brasiliens - für Fans von Sarah Lark und Elizabeth Haran.
eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
»Pünktlichkeit ist eine Tugend.« Erich Berlau schaute die Tochter unter seinen buschigen Augenbrauen hervor wütend an. »Aber offenbar zählt das heutzutage nicht mehr. Dein lieber Sohn Wilhelm ist auch noch nicht da, dabei hat er wenig genug zu tun. Es wird Zeit, dass der junge Herr lernt, was wirkliche Arbeit ist und was es heißt, ein Gut zu führen. Alt genug ist er ja.«
»Ich habe ihn heute noch nicht gesehen«, setzte Lydia an.
Erich wischte ihre Worte mit einer Handbewegung fort. »Still, ich hasse nichts mehr als Schnattermäuler bei Tisch.«
Lydia senkte den Kopf und starrte ihren Teller an. Der erste Gang war wie immer Suppe. Sie löffelte, ohne etwas zu schmecken, und verlor sich in ihren Gedanken.
Diese Frau heute in der Jagdhütte, diese Anne . Waren Michel Reichard und sie ein Paar? Reichard musste doppelt so alt sein wie die junge Frau. Nun gut, niemand konnte vorhersagen, wo die Liebe hinfiel.
Ob die beiden glücklich waren? Lydia wusste nicht, ob sie eifersüchtig oder angeekelt sein sollte. Die beiden dort zu sehen hatte in jedem Fall Erinnerungen in ihr geweckt, die sie gut in sich verschlossen geglaubt hatte. Sie hätte nicht gedacht, dass eine Wunde nach so vielen Jahren noch so schmerzen konnte.
Nichts ist verheilt.
Ohne es zu bemerken, richtete sie den Blick auf den Platz, an dem früher immer ihr jüngerer Bruder Hanno gesessen hatte.
»Was glotzt du denn so?«, herrschte Erich sie an.
Natürlich war es ihm aufgefallen. Ihm entging nichts. Lydia starrte wieder auf ihren Teller und kämpfte gegen die Tränen an.
Ach, Hanno, dachte sie, ach, Hanno, Hanno, Hanno .
Sie hatte ihren Bruder sehr geliebt. Mit ihm hatte sie sich weniger allein gefühlt. Auch jetzt noch sah sie sein rundes Gesicht vor sich, umrahmt von braunen Locken, seinen weichen rosigen Mund. Er war schlank gewesen, feingliedrig, so anders als der grobschlächtige Vater, mehr ein Ebenbild der Mutter.
Lydia seufzte. Seit so vielen Jahren durfte man nicht mehr über ihn sprechen, und doch blieb sein Platz frei. Nicht aus Liebe oder Respekt, sondern als ewige Mahnung.
»Sind Sie fertig, Frau Berlau?«
Lydia tauchte aus ihren Erinnerungen auf. Das Mädchen stand neben ihr und sah sie fragend an. Lydia hatte kaum ein paar Löffel von der Suppe gegessen und nickte doch.
Der Vater schüttelte den Kopf. »Du wirst noch ganz hager werden. Wer soll dich dann noch ansehen?«
Niemand braucht mich mehr anzusehen, schoss es Lydia durch den Kopf. Ein Teller mit Fleisch, Kartoffeln und Rotkraut wurde vor sie gestellt. Sie hasste den Geruch von Fleisch, hatte ihn immer gehasst, auch schon damals, als sie noch geglaubt hatte, die Welt müsse ihr offenstehen.
Seit sie die junge Frau dort gesehen hatte, wo sie einmal so glücklich gewesen war, war es ihr, als wäre die Wunde erst gestern geschlagen worden.
Sie war nie verheilt und würde nie verheilen. Das verstand sie jetzt.
Draußen in der Halle polterte es mit einem Mal, dann wurde die Tür aufgestoßen. Wilhelm kam herein, das Haar so blond wie das seines Vaters, die Augen ebenso hellbraun. Natürlich war ihr das schon früher aufgefallen, aber jetzt schien es ihr erstmals richtig bewusst zu sein. Es mochte daran liegen, dass Severin, als sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, so alt gewesen war wie Wilhelm heute.
»Guten Abend zusammen«, rief ihr Sohn munter. Er machte sich keine Gedanken darum, dass er zu spät kam. Er war die wichtigste Person in diesem Haushalt, seit er geboren worden war, gehegt und verhätschelt von einem Großvater, dessen Herz ansonsten aus Stein war. »Mama!« Er kam an ihre Seite und küsste sie auf die Wange.
Er ist solch ein gut aussehender Bursche, dachte Lydia. Er ist wirklich kein Kind mehr, er ist ein junger Mann.
»Setz dich endlich«, brummte Erich.
Wilhelm nahm Platz, ließ sich von dem strafenden Blick des Hausherrn weiterhin nicht aus der Ruhe bringen. Das Mädchen brachte ihm die Suppe. Es zitterte ein wenig, als es den Teller absetzen wollte. Wilhelm fing ihn geschickt auf, bevor er kippen konnte.
»Pass doch besser auf«, herrschte Erich Berlau seine Bedienstete von der anderen Seite des Tisches her an. »Bleibst wohl besser in der Küche.«
Lydia sah, wie dem Mädchen die Tränen in die Augen schossen, wie Wilhelm es aufmunternd anlächelte und es sich sofort etwas entspannte.
»Es ist doch nichts passiert, Großvater«, sagte der junge Mann lachend und widmete sich gut gelaunt seiner Suppe.
Erich blickte immer noch wütend drein, aber er sagte nichts mehr.
Lydia ließ ihre Gedanken erneut schweifen. Die Liebe, die sie gegenüber ihrem Sohn empfand, war unfassbar. Gleichzeitig erkannte sie etwas, auf das sie vielleicht schon seit Jahren hätte vorbereitet sein müssen. Er brauchte sie nicht mehr, er war erwachsen. Bald würde er sie verlassen. Der Schmerz, der mit diesem Gedanken einherging, war überwältigend.
Angelika hatte sich neben Anne auf die Bank gesetzt. Die umklammerte mit einem Arm ihre Schüssel mit Grütze und aß mechanisch Löffel um Löffel. Hier unter den Mägden und Knechten war sie die Einzige, die auf diese Art und Weise aß. Anne hatte es sich in dem Kloster angewöhnt, in dem sie die ersten zehn Jahre ihres Lebens verbracht hatte, bevor die Schwestern sie an Reichard übergeben hatten, damit sie das abarbeiten konnte, was man in all den Jahren für sie aufgewendet hatte.
Auch heute noch fragte Anne sich, wofür sie wohl zu bezahlen hatte: für die ungeheizten Schlafräume und das schlechte Essen, für Holzpantinen tagein, tagaus, die einem die Füße aufscheuerten, für die grauen Kittel aus dem kratzenden Sackleinen? Trotzdem . Es hatte in dieser schweren Zeit einen Lichtblick gegeben - Schwester Donata, die den Kindern zur Seite gestanden und ihnen die Liebe gegeben hatte, die ihnen von den anderen verwehrt worden war.
Wenn es einen Gott gibt, hatte Anne später immer gedacht, dann zeigt er sich in Schwester Donata. Sie besuchte die liebenswürdige alte Frau, wann immer es möglich war.
Ohne es recht zu bemerken, hatte Anne ihre Schüssel geleert. Nun schob sie sie zurück und warf einen kurzen Blick zu Thomas hin, der am anderen Ende des langen Tisches saß und Frieder zuhörte. Als hätte er ihren Blick bemerkt, schaute er kurz auf. Sein Ausdruck war immer noch besorgt. O ja, er wusste, wie knapp sie Reichard dieses Mal entkommen war.
Anne dachte daran, wie erleichtert sie sich gefühlt hatte, als sie endlich wieder bei ihm gewesen war, wie er sie viel zu kurz in die Arme genommen hatte und sie in Tränen ausgebrochen war wie ein kleines Kind.
Sie stand auf und nahm ihre Schüssel, um sie zum Spülstein zu tragen, wo sie an diesem Tag keinen Dienst leisten musste. Angelika, die sie die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte, folgte ihr auf dem Fuß.
»Hast du geweint?«
Anne schüttelte den Kopf. »Und wenn schon . Geht's dich was an?«
Sie mochte Angelika nicht besonders. Die Magd, mit der sie die Kammer teilte und mit der sie zu oft Seite an Seite arbeiten musste, kannte keine Grenzen und biederte sich gerne an. Anne traute der jungen Frau nicht. Sie hatte solche Menschen im Kloster kennengelernt und war auf der Hut.
Aus den Augenwinkeln sah sie, dass auch Thomas aufgestanden war. Er näherte sich mit seiner Schüssel. Sie wollte gehen, doch Angelika hielt sie am Ärmel fest.
»Wollte dir Reichard an die Wäsche?«
Anne wunderte es nicht, dass Angelika eifersüchtig klang. Wenn der Reichard was von mir wollte, hatte sie einmal gesagt und vielsagend in die Runde gelächelt, dann wüsste ich, was ich täte. Die alte Trude hatte darüber nur den Kopf geschüttelt und den Arm schützend um Anne gelegt, aber Trude war im letzten Frühjahr ertrunken, als der Fluss nach der unerwarteten Schneeschmelze hohes Wasser geführt hatte.
Anne zerrte ihren Ärmel aus Angelikas Hand.
»Lass mich in Ruhe«, blaffte sie, drehte sich um und ging eilig davon.
Es war schon spät am Abend, als Thomas und Anne sich noch einmal unter der Weide am Fluss, ihrem geheimen Treffpunkt, einfanden. Anne hatte im Haus noch etliches zu erledigen gehabt. Piet, einer der anderen Knechte, hatte Thomas aufgehalten. Stumm hielten Anne und Thomas sich endlich in den Armen. Thomas strich sanft über Annes Haar.
»Was ist genau geschehen? Wo warst du?«
»Reichard hat mich in einer alten Jagdhütte eingesperrt, mitten im Wald.«
»Mitten im Wald? Ich wusste nicht, dass es da eine Jagdhütte gibt.«
»Ich wusste es auch nicht.«
Mit einem Seufzer, der all ihre Anspannung ausdrückte, ließ Anne sich auf den Boden sinken und klopfte auf den Platz neben sich. Thomas setzte sich. Die welken Blätter raschelten im Wind. An den Abenden war es manchmal schon empfindlich kalt. Die junge Frau kuschelte sich an Thomas und schloss die Augen. Unter dem zerschlissenen Leinenhemd konnte sie seine harten Muskeln spüren. Sie ließ eine Hand unter das Hemd gleiten und strich über seine warme Haut. Thomas küsste ihre Schläfe.
Dann erzählte Anne, was genau geschehen war, wie sie schließlich von der überraschten Lydia Berlau entdeckt worden war und Reichard hatte entkommen können.
»Wir müssen endlich etwas tun«, murmelte Thomas, als sie geendet hatte. »Es geht so nicht weiter.« Ein Moment der Stille folgte. Anne schloss die Augen und wartete. Sie hörte, wie sich Thomas räusperte. Einen Augenblick lang zögerte der junge Mann deutlich, bevor er weitersprach. »Wir müssen heiraten, Anne.«
Was hatte Thomas da gesagt? Hatte sie richtig verstanden? Anne öffnete die Augen wieder.
»Heiraten?«, fragte...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.
Dateiformat: ePUBKopierschutz: ohne DRM (Digital Rights Management)
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet – also für „glatten” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Ein Kopierschutz bzw. Digital Rights Management wird bei diesem E-Book nicht eingesetzt.