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Argentinien, 1897: Clarissa und Javier feiern ihren ersten Hochzeitstag mit einem Ausflug an die Iguazu-Wasserfälle. Doch der wunderschöne Tag endet schrecklich: Javier stirbt und Clarissa stürzt in den reißenden Iguazu. Zur gleichen Zeit befindet sich der junge Arzt Robert Metzler auf einer Expedition durch den Dschungel. Am Flussufer findet er die ohnmächtige Clarissa. Robert bringt die Frau, die sich an nichts erinnern kann, zur Farm seiner Eltern, um sie dort gesund zu pflegen. Er ahnt nicht, dass Clarissa noch lange nicht in Sicherheit ist ...
Mit ihrer fesselnden Auswandersaga entführt Sofia Caspari die Leserinnen und Leser in das Argentinien des 19. Jahrhunderts - in die Welt von Arm und Reich, Ehrbahren und Verruchten, Hassenden und Liebenden.
Band 1: Im Land des Korallenbaums Band 2: Die Lagune der Flamingos Band 3: Das Lied des Wasserfalls
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Bei den Iguazú-Wasserfällen
Clarissa konnte nicht sagen, wie lange sie schon bis zur Taille im tosenden Wasser hing. Verzweifelt klammerte sie sich an den tief hängenden Ästen eines Baumes fest, doch ihre Kräfte schwanden zunehmend. Sosehr die junge Frau auch kämpfte, sie konnte sich nicht mehr halten. Und dieses Mal, das wusste sie, war es endgültig. Sie würde loslassen, der Fluss würde sie unerbittlich in seine Tiefen hinunterziehen und nie wieder hergeben.
Clarissa schloss die Augen. Sofort waren die schrecklichen Bilder zurück, die für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt sein würden: der Ausflug mit Javier zu den Wasserfällen, die fremden Männer, die plötzlich aufgetaucht waren und auf sie, Clarissa, geschossen hatten - um doch Javier zu treffen.
Wie sie in den Fluss gelangt war, konnte sie nicht sagen, nur noch, dass der mächtige Iguazú sie sofort mit sich gerissen hatte. Bis es ihr dann gelungen war, nach diesen Ästen zu greifen. Ein Schluchzen löste sich aus Clarissas Kehle, unhörbar im Gebrüll des Wassers.
Javier ist tot . Welchen Sinn macht es da noch weiterzuleben? Warum lasse ich nicht einfach los?
Ihr Herz wollte sich doch nur fortstehlen zu Javier, allein ihr Körper verweigerte ihr diesen Wunsch, ihr verräterischer Körper kämpfte unerbittlich ums Überleben.
Lange werde ich nicht mehr durchhalten .
Noch während Clarissa dieser Gedanke durch den Kopf fuhr, lösten sich ihre Finger. Sie tauchte unter, schluckte Wasser, kämpfte sich panisch hustend wieder nach oben. Der Fluss riss sie unerbittlich mit sich wie ein Stück Treibholz.
Warum bin ich nicht getroffen worden? Warum bin ich noch hier? Ich will bei Javier sein.
Doch sie hielt den Kopf weiter aus dem Wasser. Sie war eine gute Schwimmerin. Womöglich war das ihr Verhängnis .
Clarissa drehte sich auf den Rücken, erblickte einen Streifen Himmelblau zwischen einem Blätterdach aus vielfachen Grüntönen. Grün, grün, grün - in allen Schattierungen. Grün gefilterte Sonnenstrahlen.
Was wird mit meinen Eltern geschehen? Werde ich sie wiedersehen?
Ein Strudel wirbelte sie herum und zog sie unter die Wasseroberfläche. Sie schlug und trat um sich, schoss endlich wieder nach oben, rang nach Atem, hustete und spuckte, dachte an das Blut, das sie besudelt hatte, Javiers Blut.
Morgen wären sie ein Jahr verheiratet gewesen, ein schwieriges, aber auch ein glückliches Jahr.
Wieder schwappte Wasser über ihr Gesicht. Wieder spuckte und hustete sie. Clarissa war völlig erschöpft, ihre Gedanken bewegten sich schwerfällig.
Javiers Lächeln . seine Wärme. Seine festen Arme um meinen Körper . Nie, nie wieder.
Und plötzlich . Da war mit einem Mal etwas Festes unter ihren Füßen . Boden, schlammiger, von Steinen durchsetzter Boden . Der Geruch modernder Blätter, hier und da eine Berührung, rascher als ein Atemzug. Fische? Doch welche? Und dann sah sie es. Die Strömung hatte sie ans Ufer getrieben. Der Fluss gab sie frei.
Wo bin ich?
Clarissa schloss die Augen. Die Uferböschung, sie musste hinaufrobben . Doch sie war so unendlich müde. Ihre Gedanken flatterten wie wilde Vögel umher, mischten Vergangenes mit der Gegenwart: Javier, die Gesichter ihrer Eltern, Don Jorge, die Arbeit auf dem elterlichen rancho, dem kleinen Bauernhof in der Provinz Entre Ríos. Schüsse, die das Wasser rings um sie aufpeitschen ließen.
Ich will leben.
Nochmals nahm Clarissa alle Kraft zusammen und schob sich ein weiteres Stück die Böschung hinauf. Dann ließ sie den Kopf auf die Arme sinken. Nur ihre Füße wurden jetzt noch vom Flusswasser umspült. Moder und Feuchtigkeit drangen in ihre Nase, ein ihr nicht unbekannter Geruch nach Leben und Tod. Clarissa drehte mühsam den Kopf zur Seite, um besser atmen zu können. Alles war plötzlich so schwer. Ihre Wange schmiegte sich in den Schlamm. Riesige Bäume wuchsen in nächster Nähe, Geräusche vermischten sich miteinander: das Rauschen des Wassers, Vögel, Brüllaffen . der tiefe Wald der Iguazú-Wasserfälle .
Clarissa sah dunkel glänzende Wassertropfen auf den Pflanzen neben sich, meinte, Spinnen und anderes Getier zu erkennen und einen leuchtend bunten winzigen Frosch. Die Hitze des Regenwaldes war so drückend, so allumfassend. Das Wasser auf ihrer Haut mischte sich mit ihrem Schweiß. Sie kannte diese große Hitze, sie war immer vor ihr ins Haus geflüchtet. Wie schnell man sich an solche Annehmlichkeiten gewöhnte.
Ich will schlafen, fuhr es ihr durch den Kopf, nur noch schlafen . Ich bin so erschöpft, so furchtbar, so wahnsinnig erschöpft.
Ein neues Rascheln . Da war etwas, das durch das Gebüsch schlich und dabei doch kaum ein Geräusch verursachte. Mit allerletzter Kraft stemmte Clarissa sich nach oben, sah etwas Geflecktes, das sich seiner Umgebung perfekt anpasste. Bernsteinfarbene Katzenaugen, ein Geruch, der, wie sie jetzt erfasste, schon da gewesen war, bevor sie den Jaguar schattengleich aus dem Unterholz gleiten sah.
Robert Metzler lenkte seinen Wallach Silberfuchs nur mit den Schenkeln, während er sich bemühte, die Blechdose zu öffnen, die ihm seine Mutter Elsbeth in die Satteltasche gesteckt hatte, damit er sie immer wieder mit frischem Proviant füllen konnte. Er hatte sich entschieden, während des Reitens zu essen, wollte kein bisschen seiner ohnehin knapp bemessenen Zeit verlieren, denn zu bald schon musste er nach Rosario zurückkehren, wo er lebte und eine gut gehende Arztpraxis betrieb.
Vier Tage zuvor war er früh am Morgen vom rancho seiner Eltern aus aufgebrochen. Sein Ziel lag nicht mehr so weit entfernt, aber man wusste hier oben nie, wie der Zustand der Wege war. In der vergangenen Nacht hatte er in einer ihm bekannten pulpería übernachtet, jener typisch argentinischen Mischung aus Schenke und Einkaufsladen, die in diesem Fall sogar über einen weiteren Raum und einige Betten verfügte. Er freute sich auf sein kleines Abenteuer. Mindestens einmal im Jahr reiste er für einige Wochen hierher in den tiefen Urwald, in das Grenzgebiet zwischen Paraguay, Argentinien und Brasilien, um sich dem Studium der Tier- und Pflanzenwelt zu widmen.
Für einen Moment hielt Robert jetzt in seinen Bemühungen, die Blechdose zu öffnen, inne und beobachtete einen der unzähligen vielfarbigen Schmetterlinge, die durch die schwere, feuchte Luft tanzten. Sonnenstrahlen, die durch das an dieser Stelle nicht vollkommen dichte Blätterdach fielen, brachten die hellbraunen Haare des jungen Mannes zum Schimmern. Seine dunkelbraunen Augen wurden schmaler, als er nun einem besonders schönen Morphofalter hinterherblickte, der ihn in seiner metallisch blauen Färbung an ein taumelndes Stück Himmel gemahnte.
Robert sah sich um, beobachtete den Wald links und rechts des schlammigen Weges. Dichte Farne wuchsen hier, und Bromelien grüßten mit ihrer Farbenpracht, darüber erhoben sich Baumriesen, deren Brettwurzeln als Stütze für eine Vielfalt von Kletterpflanzen dienten. Ameisen- und Eisenholzbäume mit dunkelgrünen Blättern, die sich im Herbst leuchtend orangerot bis violett verfärben, ragten in den Himmel, Orchideenbäume und der Lapacho, den man auch Baum des Lebens nennt und der von Mai bis August, je nach Art, rosarote, gelbe und weiße Blüten trägt. Aus der Ferne drangen mit einem Mal die Rufe von Brüllaffen zu Robert herüber. Etwas musste sie aufgescheucht haben, um diese Zeit hielten sie eigentlich Mittagsruhe.
Nun, vielleicht hatte eines der Tiere eine Raubkatze entdeckt, von denen einige durch die Wälder der Umgebung streiften. Mit dem Jaguar, dem Puma und dem Ozelot hatte ihn sein Freund Jacy vom Volk der Guaraní, einem Indio-Stamm, der im Grenzgebiet heimisch war, bekannt gemacht. Jacy und Robert waren zusammen aufgewachsen. Jacys Familie hatte die seine nach ihrer Ankunft in der Neuen Welt unterstützt. Robert dachte gern an diese Zeit zurück. Jedes Mal, wenn er aus dem Schmutz und Gestank Rosarios herkam, fühlte er sich frei - wie damals, als Jacy und er noch durch die Wälder in der Nähe seines Elternhauses gestreift waren.
Es raschelte. Robert sah das helle Fell, die lang gezogene Schnauze und den langen geringelten Schwanz eines Nasenbären im Blättergrün. Er beobachtete ihn eine Weile, dann widmete er sich erneut seiner Blechbüchse, die wenig später endlich nachgab: Brot, das er in der pulpería gekauft hatte, und der letzte Rest Räucherwurst von zu Hause, dazu ein Päckchen Yerba-Mate, den herben Tee, den man in Argentinien so gern mit viel Zucker gesüßt trank und den er sich am Abend am Lagerfeuer zubereiten würde. Er liebte das Ritual, er würde es genießen, auch wenn er allein war - die calabaza, das birnenförmige Behältnis, aus dem der Tee getrunken wurde, und die bombilla, der Trinkhalm aus Metall mit seinem typischen kleinen Sieb, befanden sich gut verstaut in seinem Gepäck.
Robert lächelte. Er bedauerte, dass er an diesem Tag den letzten Rest seines Proviants vertilgen würde. Seine Mutter liebte es, ihren Jungen zu umsorgen, wenn der seine Eltern besuchte. Was viel zu selten geschah, wie sie ihn sanft zu rügen pflegte.
»Es ist einfach ein gutes Stück von Rosario hinauf nach Villa Veinticinco de Mayo«, führte er dann jedes Mal an, lächelte und fügte hinzu: »Ich besuche euch doch, sooft ich kann.«
»Wie läuft die Praxis?«, wechselte der Vater in solchen Momenten gern das Thema.
Auch er vermisste seinen Sohn, auch ihm fehlte die helfende Hand, die in arbeitsreichen...
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