Schweitzer Fachinformationen
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Ich suche mit den Augen das Zimmer ab, bevor ich mich im Bett aufrichte. Rob ist nicht da. Ich halte den Atem an und lausche angestrengt, ob ich hinter der geschlossenen Badezimmertür ein Geräusch von ihm vernehme. Auf dem Nachttisch fällt helles Sonnenlicht auf etwas Metallisches - seinen Platin-Ehering, der noch vor wenigen Tagen in einer Samtschachtel steckte. Wahrscheinlich ist er im Fitnessstudio.
Auf Zehenspitzen schleiche ich ins Bad, nur für alle Fälle. Mein kleiner Gecko-Freund sitzt dort auf meiner Schminktasche. Sein langer Schwanz ruht quer über meiner Zahnbürste.
Ein kleines Auge verfolgt mich, als ich vor dem Waschbecken stehe und den blauen Fleck betrachte, der sich unter meiner linken Augenbraue immer dunkler färbt.
Ich fühle mich wie in einem Albtraum, als hätte ich ein Paralleluniversum betreten.
Zwei Jahre. So lange waren Rob und ich schon zusammen, bevor es anfing. Wir hatten uns gerade verlobt, und er hatte zu diesem Anlass eine Riesenparty mit all unseren Freunden organisiert. Ich war die glücklichste Frau der Welt.
Zwei Abende später war Rob irgendwie verstimmt und fing an, mich über einen Typen auszufragen, mit dem ich auf der Party geplaudert hätte. Ich hatte buchstäblich keine Ahnung, von wem er sprach. Er redete immer weiter und ließ nicht locker. Ich war gerade von der Arbeit nach Hause gekommen und nach einer langen Schicht völlig erschöpft. Ich hatte nicht einmal Zeit zum Mittagessen gehabt. Ich kramte im Schrank, um Nudeln oder irgendwas anderes Essbares zu finden, denn Rob hatte sich nicht die Mühe gemacht zu kochen. Als ich den Gasherd einschaltete, trat er auf mich zu, sein Gesicht ganz nah an meinem. Ich erinnere mich, dass ich bei seinem Gesichtsausdruck zusammenzuckte - er sah überhaupt nicht aus wie er selber. Es war, als stünde ein Fremder vor mir, der nur so tat, als wäre er mein Verlobter, mein attraktiver Freund. Der, von dem alle sagten, ich könne mich glücklich schätzen, ihn zu haben.
Er fing an, den Zeigefinger drohend auf mein Gesicht zu richten, und bohrte dann den Finger zwischen meine Schulter und Brust. Das tat richtig weh, und ich wich zurück. »Hey!«, rief ich. »Rob, verdammt nochmal!«
Und dann schlug er mich. Fegte mit der flachen Hand rasch über mein Gesicht.
Es war eine sanfte Ohrfeige, nicht hart genug, um mich umzuwerfen oder so. Doch allein die Tatsache, dass er es getan hatte, warf mich aus der Bahn, und mir schwirrten die Worte Rob hat mich gerade geohrfeigt durch den Kopf.
Er entschuldigte sich sofort, und ich beobachtete, wie der seltsame Doppelgänger zu verschwinden schien und der Mann zurückkehrte, den ich liebte. Er sagte, er hätte Probleme bei der Arbeit. Daran musste es liegen. Es ergab Sinn. Rob würde mich nie schlagen, nicht absichtlich. Er war ausgerastet. Er meinte es nicht so.
Acht Monate vergingen. Wir planten die Hochzeit. Rob gab sich alle Mühe und wollte unbedingt, dass alles so wäre, wie ich es mir immer erträumt hatte. Dasselbe galt für die Flitterwochen. Ich wäre mit ein paar Tagen auf Kreta zufrieden gewesen. Aber dann heiratete Robs Neffe, und die frisch Vermählten flogen in den Flitterwochen auf die Malediven.
Rob erzählte allen, wir würden unsere Flitterwochen ebenfalls auf den Malediven verbringen, noch ehe wir überhaupt darüber gesprochen hatten. Ich wusste, er hatte ein wenig Geld geerbt, als seine Mutter starb, aber ich dachte, wir würden es für den Kauf eines Hauses sparen. Nein, sagte er. Für so langweiligen Kram hätten wir noch den Rest unseres Lebens Zeit.
An dem Tag, als wir die Flitterwochen buchten, zog er mich an den Haaren. Ich erinnere mich, wie verunsichert ich mich fühlte, sobald ich nach Hause kam, als läge ein unsichtbarer Code in der Luft, den ich sofort entschlüsselte. Der Doppelgänger war wieder da - ich konnte es in seinem Gesicht sehen, konnte ihn regelrecht riechen.
Rob fragte mich, ob ich die E-Mail mit der Buchungsbestätigung für die Malediven erhalten hätte. Ich bejahte. Dann erinnere ich mich, wie ich eine Packung Chips aufmachte, weil ich wieder keine Zeit fürs Mittagessen gehabt hatte, und ihn fragte, ob er auch das richtige Datum gebucht habe. Ich fragte deshalb, weil unsere Hochzeitslocation - Lindhurst Hall - sich erkundigt hatte, ob wir unseren gewünschten Hochzeitstermin am Zweiten auf den Dritten verschieben könnten. Seither hatten wir beide ständig die Termine durcheinandergebracht, und ich hatte Sorge, dass wir versehentlich die Flitterwochen vor der verdammten Hochzeit gebucht haben könnten.
Ich sah, wie sich sein Blick verhärtete. Ich hatte ihn nur gefragt, ob er auch für das richtige Datum gebucht hatte. Aber er schlug mir die Packung aus der Hand, so dass es Chips auf den Boden regnete.
»Rob!«, rief ich und warf ihm einen verwirrten Blick zu, ehe ich mich bückte, um die Chips aufzuheben. Als ich mich hinabbeugte, packte er mich an den Haaren und zog mich mit einem Schrei hoch auf die Beine. Entsetzt drehte ich mich zu ihm um und sah die Wut in seinen Augen. Er ließ los und stürmte davon.
Wieder flüchtete der Doppelgänger, und der Mann, den ich liebte, kehrte zurück, zutiefst beschämt und reumütig. Es wirkte so echt, so plausibel. Und der Gedanke, ihn zu verlieren, war niederschmetternd.
Ich freute mich auf unsere Hochzeit, wirklich. Aber ich hatte auch ein komisches Gefühl im Bauch.
Das Jahr ging zu Ende, und Rob war wieder ganz der Alte: witzig, freundlich, sexy. Dass er zweiundvierzig war, sah man ihm nicht an. Jedenfalls war ich fest entschlossen, unsere Hochzeit zu etwas Besonderem zu machen. Alles plante ich selbst. Das Menü für den Empfang, die Kleideranprobe, die Tortenverkostung. Die Sitzordnung, um sicherzustellen, dass verkrachte Verwandte nicht beieinandersaßen.
In der Nacht vor unserer Hochzeit schlug mich Rob mit der geschlossenen Faust.
Nicht fest genug, dass ich zu Boden ging. Aber es war ein Schlag, und er tat weh. Er hinterließ einen blauen Fleck, der von Stunde zu Stunde schlimmer aussah.
Ich hatte von anderen Frauen gehört, die geschlagen wurden, und sie insgeheim verurteilt, weil sie nicht ihre Sachen packten und gingen. Aber das hier war nicht dasselbe. Jede Beziehung ist schließlich anders, richtig? Er entschuldigte sich; der Hochzeitsstress setze ihm zu. Wir hätten zudem unser Budget gesprengt, da wir uns statt für ein paar Tage auf Kreta für die Malediven entschieden hätten. Ich überlegte, ob ich erwähnen sollte, dass die Flitterwochen auf den Malediven und die fette Hochzeitsparty seine Idee gewesen waren, ließ es aber lieber bleiben. Immerhin schämte er sich für sein Verhalten, sagte, er stehe auf ewig in meiner Schuld - aber jetzt, wo ich zurückblicke, sehe ich, dass seine Entschuldigung einen neuen Twist hatte. Eine neue Qualität.
Einen Hauch von Schuldzuweisung.
Es tat ihm zwar leid, aber ich hatte einen Tonfall verwendet, der ihn ausrasten ließ.
Ich verdrängte diese Schuldzuweisung und sagte mir, dass ich nie wieder in diesem Ton mit ihm reden würde.
Ich hatte das verursacht. Ich war diejenige, die unsere Beziehung kaputtmachte.
Statt mit Freudentränen zum Traualtar zu schreiten, ging ich auf meinen zukünftigen Ehemann zu und machte mir Sorgen, dass ich nicht genug Make-up aufgetragen hatte, um den blauen Fleck zu verbergen, den er in meinem Gesicht hinterlassen hatte. Als ich ja sagte, fühlte ich mich wie betäubt. Als ich den Trauschein unterschrieb, wollte ich mich übergeben.
Es ist so heiß hier, zweiunddreißig Grad, achtzig Prozent Luftfeuchtigkeit. Aber ich fühle mich innerlich kalt, die Taubheit, die sich vor ein paar Tagen eingeschlichen hat, steckt mir in den Knochen.
Ich putze mir die Zähne, schlüpfe dann aus dem Spitzennegligé, das ich für unsere Hochzeitsnacht gekauft habe, und ziehe wieder meinen Bikini an. Hier ist es sinnlos, den blauen Fleck mit Make-up zu kaschieren - es zerläuft ja doch nur. Am Flughafen habe ich mir eine Sonnenbrille und einen Strandhut mit breiter Krempe gekauft. Das sollte mein Auge verdecken. Wenn jemand fragt, sage ich einfach, dass ich mir eine Schranktür gegen das Gesicht geschlagen habe.
Von irgendwo in der Villa ertönt ein Klopfen, als wolle jemand meine Aufmerksamkeit erregen. Ich erstarre und lausche auf die schweren Schritte, die Rob ankündigen. In Sekundenschnelle wird mir klar, dass er es nicht ist - ich kenne inzwischen jede seiner Bewegungen und wittere seine Stimmung schon aus einer Meile Entfernung. Nein, wer auch immer in der Villa ist, es ist nicht Rob. Vielleicht ist es Devaj, unser Butler.
»Hallo?«, rufe ich. »Ich brauche keine neuen Handtücher, danke.«
»Oh, sorry«, sagt eine Stimme. Ein englischer Akzent. Ich schaue aus der Schlafzimmertür zum Zwischengeschoss. Eine Frau in einem orangefarbenen Kleid steht dort, eine Chanel-Tasche unter den Arm geklemmt.
»Sorry«, sagt sie wieder und sieht zu mir hoch. »Ich muss die falsche Villa erwischt haben.«
Sie holt ein paar Papiere heraus, um nachzusehen, und ich ziehe meinen Bademantel an, um hinunterzugehen.
»Brauchen Sie Hilfe, um Ihre Villa zu finden?«, frage ich höflich.
Sie studiert ihren Papierkram. »Ich wohne in Villa Nummer vier.« Sie lässt ihren Blick über mich gleiten, und ich zucke zusammen. »Welche Nummer ist das hier?«
»Villa drei.«
»Oh Gott, das tut mir leid. Meine Schlüsselkarte hat aber funktioniert .«
»Schon okay. Nicht so schlimm, wirklich. Ich habe wohl die Tür nicht richtig abgeschlossen.«
Ich frage sie, ob sie möchte, dass ich ihr...
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