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Mitte der 1530er Jahre entdeckte der Bretone Jacques Cartier an der nordamerikanischen Küste den Sankt-Lorenz-Golf und fuhr als erster Europäer den Sankt-Lorenz-Strom hinauf und stieß damit bis tief ins Innere des nordamerikanischen Kontinents hinein. Auf insgesamt drei Reisen, über die zum Teil sehr detaillierte Berichte angefertigt wurden, sammelte er Erkenntnisse über Geographie, Fauna und Flora des Landes, die uns heute anders nicht erhältliche Einsichten in dessen damaligen Zustand vermitteln. Wie kam es hierzu?
Um die Gründe und Voraussetzungen für Cartiers Unternehmung zu verstehen, ist es hilfreich, sich einige Gegebenheiten im Europa des ausgehenden 15. Jahrhunderts ins Gedächtnis zu rufen. Unter anderem hatten der Hundertjährige Krieg, die schwarze Pest oder die Flagellanten die Bevölkerung in weiten Strichen traumatisiert. Wirtschaftliche Entwicklung, einsetzende Verstädterung und anderes mehr brachten die Vorahnung mächtiger Staaten und Fürsten.
In Frankreich war ein Aspekt dieser Entwicklung der Kampf zwischen dem Haus Valois und dem Herzogtum Burgund, der schließlich 1477 durch die Eliminierung Karls des Kühnen zum Vorteil der französischen Krone entschieden wurde. In England gingen 1485 die Tudor aus dem Gemetzel der Rosenkriege siegreich hervor; und in Spanien vollendete Ferdinand von Aragon 1492 die Reconquista mit der endgültigen Vertreibung der letzten Mauren von der iberischen Halbinsel. Die Renaissance hatte nun in Europa freies Feld.
Die Wirren jener Jahrzehnte stellten Vieles in Frage.
Nationalität wurde ein Unterscheidungsmerkmal. Vorrangstellungen, die bis jetzt unhinterfragt akzeptiert worden waren, wurden nun angefochten. Die Verbreitung des Buches nach der Erfindung des Buchdrucks löste Diskussion aus. Die Kirche konnte ihr Dogma nicht mehr unbestritten vertreten, und schließlich spaltete sich die Christenheit in zwei einander wenig versöhnlich gegenüber stehende Blöcke. Noch einige Jahrzehnte zuvor hatte in strittigen Fragen die Entscheidung Roms genügt; jetzt mussten Erfahrung und Vernunft jene Aussagen beweisen, die seit alters wiederholt worden waren und nicht zuletzt einem christianisierten Aristoteles zugeschrieben wurden.
Die Bourgeoisie suchte sich schließlich durchzusetzen gegenüber einem Adel, dessen Privilegien nicht mehr den geleisteten Diensten entsprachen. Es gelang ihr umso besser, als damals eine außerordentliche wirtschaftlich-geographische Entwicklung stattfand, deren hauptsächliche Nutznießerin sie wurde.
Die Kreuzzüge hatten den Warenverkehr zwischen Europa und Asien anwachsen lassen, sehr zum Profit einiger italienischer Meeresanrainer. Allerdings zog der letztliche Misserfolg der Kreuzzüge dann einen plötzlichen Mangel an den asiatischen Produkten nach sich, an die sich Europa inzwischen gewöhnt hatte. Die Einnahme Konstantinopels 1453 durch die Türken verstärkte diese Knappheit.
Man musste somit einen neuen Weg finden, um zu den fabelhaften Traumländern Cathay (China) und Cipango (Japan) zu gelangen. Als erste Möglichkeit bot es sich an, Afrika zu umschiffen, um nach Indien zu kommen. Portugal lag hierfür am günstigsten. Prinz Heinrich der Seefahrer forcierte die Reihe der Expeditionen nach Süden, die schließlich 1498 zur Ankunft Vascos da Gamas in Calicut an der indischen Malabarküste führten.
Die Suche nach diesem Weg hatte sich als lang erwiesen, und auch dieser selbst erforderte gewaltige Mittel. Bestünde nicht andererseits auch Aussicht auf Erfolg, wenn man sich schlicht nach Westen wandte? Schon Platon hatte im Timaios von einem dortigen ehemaligen Kontinent gesprochen. Schreiber wie Ptolemäus oder noch im 15. Jahrhundert der französische Kardinal Pierre d'Ailly in seiner Imago Mundi hatten an Land im Westen glauben wollen.
Die Westfahrt der Wikinger um das Jahr 1000 war unter anderen Voraussetzungen erfolgt und Episode geblieben. Ähnlich verhielt es sich auch noch mit den Zügen der Fischer, deren Gegenwart im Sankt-Lorenz-Golf von der Mitte des 15. Jahrhunderts an bezeugt ist. Vor allem aus Frankreich kommend, aber auch aus England, Spanien und Portugal, interessierten sie sich nur für die dortigen reichen Kabeljau- und Lachsvorkommen. Die Fischausbeute war ihr Anliegen, nicht Erkundung des Territoriums oder gar eine Landnahme.
Von diesen früheren Aktivitäten wusste Kolumbus ohnehin kaum etwas oder nichts, als er 1492 in den Bahamas Land betrat. Zwar wurde sein Irrtum zu glauben, in Indien zu sein, allmählich aufgeklärt. Aber seine Entdeckung der Karibik konnte doch als Bestätigung der Existenz eines Westwegs nach Asien verstanden werden, und eine Legion von Abenteurern und Konquistatoren begab sich nach ihm auf die Suche nach dem letzten Abschnitt der Route zu den Ländern der Gewürze, der Seiden und Juwelen. Der Portugiese Ferdinand Magellan setzte 1519 zur Weltumrundung an und fand dabei den Weg um Südamerika herum.
Gleichzeitig erwies sich die von Kolumbus gefundene Region als außerordentlich rentabel für die spanische Entdeckermacht, und vielleicht gab es auch in der westlichen Hemisphäre noch mehr zu entdecken? Da Spanien fortan die Karibik und ihre Umgegend beherrschte, suchten andere europäische Monarchen weiter außerhalb ihre Chance. Konnten Goldländer nicht auch im Norden des amerikanischen Kontinents existieren? Wenn die amerikanische, nun von Florida bis Feuerland erforschte Kontinentalbarriere eine Öffnung im Süden besaß, warum sollte dann im Norden nicht auch eine ähnliche zu finden sein? Sie mochte sich sogar als sehr profitträchtig herausstellen, wenn ihr Kap keine so unendliche Fahrt wie das von Magellan umfahrene erforderte.
Der englische König Heinrich VII., Sieger in den Rosenkriegen, beauftragte daher den Italiener Giovanni Caboto, einen Weg durch den amerikanischen Nordwesten zu finden. 1497 erreichte dieser ein nicht mehr zu bestimmendes Territorium, wohl Neufundland, Labrador oder die Prinz-Eduard-Insel. Eine zweite Reise führte zu keinem uns bekannten Ergebnis. Sich anschließende britische Versuche, dem Glück im Norden Amerikas nachzuspüren, so diejenigen Frobishers, Davis', Hudsons oder Baffins, brauchen uns hier nicht weiter zu interessieren.
Näher kamen andere der dann von Cartier erkundeten Region. Der misslungene Versuch Cabotos ärgerte Portugal, da man in Lissabon glaubte, Anspruch auf das von Caboto bereiste Gebiet zu haben. Im Abkommen von Tordesillas, geschlossen auf Betreiben Papst Alexanders VI., hatte Portugal 1494 alle Ländereien östlich einer etwa am 46. Längengrad (West) verlaufenden Linie zugesprochen bekommen und Spanien die hiervon westlich gelegenen. Nach (geographisch falscher) portugiesischer Auffassung hatte daher Caboto mit seinen Reisen portugiesische Belange gefährdet. Um auf jeden Fall zu retten, was zu retten war, segelten daher 1500 und 1501 die portugiesischen Brüder Gaspar und Miguel Corte Real über den Atlantik und fuhren an Labrador, Neufundland und Neuschottland entlang. Sie kamen allerdings nicht mehr zurück. Ein anderer Portugiese, João Álvares Fagundes, unternahm 1520-1521 verschiedene Expeditionen nach Neufundland und Neuschottland, hinterließ dabei aber keine bleibenden Spuren. Nach diesen Misserfolgen konzentrierte sich Portugal auf seine Interessen anderwärts.
Die Entwicklung der spanischen Kolonien und ebenso die von Magellan gefundene Route faszinierten auch den französischen König Franz I. 1524 segelte der Italiener Giovanni da Verrazano in französischem Auftrag die Atlantikküste von North Carolina bis Neuschottland und Neufundland entlang, um eine Route in Richtung Pazifik zu finden. Erfolg hatte er hierin nicht, aber er ergänzte immerhin die geographische Kenntnis der befahrenen Küsten. Franz I. war danach mehr denn je überzeugt, dass eine Durchfahrt nach Westen existieren müsse.
Franz' I. Missgeschick bei Pavia 1525 und die anschließende Gefangenschaft in Madrid hinderten ihn zunächst, seine Idee weiter zu verfolgen. Auch galt es vorerst noch, das durch den Vertrag von Tordesillas aufgeworfene Problem zu klären. Rechtlich fühlte sich der französische König durch denselben zwar nicht gebunden, aber angesichts der spanischen Macht erschien es ihm doch ratsam, hier Klarheit zu schaffen. Die Gelegenheit kam schließlich im Oktober 1533, als Papst Clemens VII. bei einem Besuch in Marseille versicherte, dass die in Tordesillas getroffene Regelung nur die damals schon bekannten Kontinente beträfe und nicht die später von anderen Mächten noch entdeckten. Solchermaßen abgesichert konnte die inzwischen angepeilte nächste Expedition nach Übersee ohne Bedenken unternommen werden.
Der Entschluss des französischen Hofes zu einer weiteren Erkundungsreise nach Nordamerika reifte ab 1532, zumal man zuversichtlich sein konnte, mit dem Bretonen Jacques Cartier einen brauchbaren Expeditionsleiter gefunden zu haben. Heute ist über dessen Leben von seiner Geburt bis zum Antritt seiner ersten hier vorgestellten Reise im Jahre 1534...
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