Schweitzer Fachinformationen
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Wenn du dich mit drei blutverschmierten Fingern bekreuzigst, dir mit dem Blut die Stirn beschmierst (von wo sich ein dünnes Gerinnsel an deiner schwärzlichen und geschwungenen Nase entlang auf den linksseitig mit einem Goldfaden eingeschnürten Schnurrbart ergießt, um auf die Malachitfliesen der königlichen Festung zu tropfen), dann einen Fleck hinterlässt auf den Schößen deines Atlashemdes von einem solchen Weiß, dass es gülden zu schimmern scheint, und zwei weitere auf seinen Schultern mit den Epauletten aus Opal, zuerst auf der rechten, dann auf der linken, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen, wird diese deine Bekreuzigung dann angenommen werden? Man hat dir stets gesagt, dass du ein Kreuz von einem Draufgänger bist, und ebendies warst du, seitdem du von dir weißt, denn so bist du aus dem Bauch deiner vom griechischen Archipel stammenden Mutter geschlüpft, ein Kreuz aus Fleisch, auf dem viele, unzählige Märtyrer ihre Seele ausgehaucht haben, ein Kreuz des Stolzes und der Lust, worauf du mit deinen von Blut und Schießpulver getränkten Händen, deinen stinkenden Fingernägeln, die du immerzu lang getragen und nie gereinigt hast, damit du keinen einzigen Körper vergisst, ob es nun der eines Weibes oder eines Mannes war, in den du sie gekrallt hattest, worauf du gekreuzigt wurdest, zuerst deine arme Seele, ein Gespenst aus durchscheinender Luft, durchstochen von Zimmermannsnägeln und brüllend vor Schmerz, und Blumen aus Blut, wie sie oben erblühen, rechts und links, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.
Du warst ein Mann des Blutes, Theodoros, hast getan, was böse ist vor dem Herrn, du hast Blutendes gegessen und hast Blut getrunken, drum wird dein Opfer nicht angenommen werden, denn das Leben jedes Körpers steckt in seinem Blute. Dein ganzes Leben lang hast du versucht, den Bräutigam und das Blut zu versöhnen, hast noch ein Brett unten bei den Füßen an dein Kreuz geschlagen, dem gleich, worüber sich die Arme strecken, und an diese Achsen an den Balkenenden hast du Räder mit bronzenen Speichen montiert und das Kreuz umgeändert in einen Streitwagen, gezogen von vier Pferdepaaren, und du, Herrscher über die roten afrikanischen Sande, du, verlogener Gott, du, Prophet des Gemetzels, du, Tewodoros II. von Äthiopien, was du je werden solltest, hatte niemals ein Ahn deines Geschlechts sich träumen lassen können, du aber hattest es gewusst, vom Anbeginn der Zeiten schon, als wäre nicht des Menschen Sohn, als wärest vielmehr du, ein Wurm, beteiligt gewesen an der Schöpfung und hättest mitangesehen, wie Satan blitzgleich vom Himmel stürzte, du, der seinen Traum offenen Auges gesehen, und dessen Augen weder Verdammnis noch Segnung ertragen konnten, du, der letzte Mensch auf diesem Erdenrund, hast die Zäume aller vier Pferdepaare in Händen gehalten, standest mit deinen vom roten Löß bedeckten Stiefeln auf dem weißen unbefleckten Holz des Kreuzes, als wär's entrindete Birke, und über den ineinander verkeilten Heeren flatterte die grün-gelb-rote Fahne mit dem bezwingenden Löwen vom Stamme des Juda inmitten, Moa Ambassa ze imnegede Yehuda, du, Löwe der Löwen und Herrscher der Herrscher .
Schon als kleines Kind fragtest du dich, was der Glaube sei, denn wenn dein Glaube wenigstens so groß ist wie ein Senfkorn, kannst du dem Feigenbaum gebieten, er möge sich ins Meer verpflanzen, und dieser löst sich mitsamt seinem Wurzelwerk aus dem Erdreich und fliegt mit bebendem Blattwerk über Berge und Täler und Hohlwege und gelangt an das steinige Ufer des Meeres - das Meer am Archipel, smaragdfarben und in den Tönen frisch geraspelten Lapislazulis, kein anderes trugst du jemals im Herzen und im Sinn - und fährt mit den dutzenden, hunderten verletzten und rohen Wurzelchen hinein ins gelatinöse Fleisch der Wellen, und findet dort Halt, ein Feigenbaum inmitten des Meeres, ein nie vernommener, nie gesehener Anblick, und dort trägt er Früchte, und der Duft reifer Feigen, weich wie Brüste und süß wie Honig, erfüllt die Eilande. Du warst ein zerlumpter und rotznäsiger Junge, der im hintersten Winkel eines ungepflegten Gartens in einem Land, das unter den himmlischen Gefilden hinweggeglitten war, die Alixandria büffelte, als zum ersten Mal und wie ein Senfkorn in dir der Gedanke spross, dass . Damals aber hieltest du inne mit einem Mal in furchtverödeten Herzensgründen, als hättest du gemeint, wenn du nur tüchtig glaubtest, nicht winzig wie ein Senfkorn bloß, sondern größer und mehr und nochmals mehr, so viel ein Scheffel fasst oder dein eigener Körper auf die Waage bringt, dann könntest du im Himmel droben der Sterne Lauf verändern, gar Sonne und Mond anhalten wie Joshua, als der Herr die Liebenden in seine Hände gelegt, vermöchtest auch darzutun, dass ein alter Mann nun neuerlich in seiner Mutter Leib schlüpft und daraus wieder geboren wird, oder könntest auf Cherubim schweben, unter den Füßen eine Kuppel aus Saphir so wie in seiner Reinheit der Himmel selbst. Wenn man das Schicksal des Menschen sehen könnte, wenn jeder Mann und jedes Weib und Kind so eine goldene Scheibe um den Kopf herum trüge wie die auf die Kirchenwände gemalten Heiligen, dann wäre leicht zu sehen, wie groß der Glaube in ihnen ist, denn etliche hätten gar keine Aureole, bei anderen wiederum wäre die runde Scheibe aus gehämmertem Gold so groß, dass sie nicht allein deren gesamten Körper in ihrem güldenen Schicksalsgeflecht einfinge, sondern auch die Häuser und Bäume und Zäune und Felder ringsum, und sie sänke auch hinab ins Erdreich, das nun durchscheinend würde, sodass man die Gefilde der Toten sehen könnte, die Dörfer und Fluren derer, die eingegangen sind längst in die Ewigkeit. Und dann könnte man noch etliche sehen, deren Geschick darin besteht, keines zu haben, und die es sich selber bereiten, denn so gebietet es ihnen der Wille, der stark ist und frei allen Zweifels.
Du warst ein Knabe noch, als du mit der Aufgewecktheit deines scharfen Geistes dich nach Alexandria fragtest und Äsopia und Archyrien und Anadan und Halimaua mit ihren Wundern, und nach den endlosen Geschichten deiner Mutter, Sofiana von der Insel Tinos, Heimstatt der vom heiligen Kloster Panagia Evangelista gekrönten Orthodoxie des Archipels, zu denen späterhin sich Moses' Bücher gesellten, und Apostel Paulus' Taten, das Zeugnis des heiligen Johannes aus Patmos und schließlich Kebra Nagast, das allerheiligste Buch der äthiopischen Tewahedo-Kirche, fragtest als Kind dich, ob denn Wille und Glaube eins sei und dasselbe, ohne damals etwas zu verstehen, doch verstehst du es jetzt und hier sehr gut, in einer der zweihundert Kammern der Festung von Magdala, wo du, »der Gatte Äthiopiens und Verlobte von Jerusalem«, wie du dich so gerne nennst, die letzten Augenblicke deines Lebens zubringst: Der Glaube kommt von Gott, vom Teufel der Wille. »Denn die Auflehnung ist wie die Sünde der Hexerei und der eigene Wille wie Ungesetzlichkeit und Idolatrie«, beschied der Prophet Samuel den Saul, als der Herr ihn verlassen hatte und bereute, ihn zum König erhoben zu haben. Es ist die gleiche Energie, doch entspringt die erste einem reinen Herzen und die zweite einem perversen, götzendienerischen Geist, dessen Idol niemand anderer als du selber bist. Du hast dich, seit du von dir weißt, vor deinen eigenen Füßen prosterniert, Theodoros, hast keinen anderen Gott gehabt neben dir, und jetzt, da alles zu Ende ist, Napiers Truppen die Festung zerstört haben und seine Kanonen immer noch zu hören sind, donnernd wie die Stimme des Allmächtigen, und die Soldaten der Königin sämtliche Klausen nach dir durchsuchen, um dich am Barte hinauszuzerren und vor die Hunde zu werfen, die Kaiserin Tiruwork und ihr Sohn haben sich zurückgezogen in ihre Gemächer, stolzer sind sie und herzloser als du selbst, bereit, dir den Hals abzuschneiden, elender Mann aus dem Volke, Sohn einer Frau, die Mittel gegen Spulwürmer verkaufte, weil du es gewagt hast, eine Nachfahrin Salomons des Weisen zu entehren und Ytege Yetemegnu, deine Konkubine, deren Leib gezeichnet ist von blauen Striemen über Bauch, Hintern und Schenkeln, weil du seit Jahr und Tag ihr nicht mehr...
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