1. Der Schlüssel

In diesem Kapitel

• Ein kühnes Versprechen
• Das Wort mit »S«
• Die einfache Wahrheit
• Wir müssen reden
• Eine Methode, die wirklich funktioniert
• Das kann dieses Buch leisten
• Die Anweisungen

Ist Essen für Sie kein Genuss mehr? Haben Sie das Gefühl, Ihrem Essverhalten ausgeliefert zu sein? Können Sie den Verlockungen von Junkfood auch dann nicht widerstehen, wenn Sie gar keinen Hunger haben? Dann ist es höchste Zeit, dass Sie sich aus dem elenden Gefängnis des emotionalen Essens befreien - den Schlüssel dazu halten Sie zum Glück bereits in der Hand.

Emotionales Essen ist eine Störung, bei der die Betroffenen versuchen, mit ihrem Essverhalten unangenehme Gefühle wie Sorgen, Stress, Einsamkeit und Langeweile abzustellen. Fast jeder Mensch kennt den Drang, sich mit Nahrung zu »trösten«, wenn man sich schlecht fühlt, sich langweilt oder unter Druck steht, doch in manchen Fällen dominiert dieser Drang das gesamte Leben und löst einen zerstörerischen Kreislauf aus, in dem Essen zu Schuldgefühlen, schlechter Stimmung und letztendlich weiterem Essen führt.

EIN KÜHNES VERSPRECHEN

Dieses Buch richtet sich an Menschen, die merken, dass sie in diesem Teufelskreis gefangen sind. Es ist jedoch kein Diätratgeber. Diäten führen nicht zum Erfolg, denn sie konzentrieren sich zu sehr auf die körperlichen Aspekte und lassen außer Acht, was sich im Kopf abspielt. Diäten sind anstrengend, und selbst wenn man sein Ziel erreicht, mehren sich die Pfunde sofort wieder, sobald man nicht mehr Diät hält.

Dieses Buch befasst sich mit den psychologischen Abläufen, die zu emotionalem Essen führen. Es wird Ihnen verdeutlichen, was aus welchem Grund in Ihrem Kopf vor sich geht, und anschließend dabei helfen, Ihre Einstellung so zu verändern, dass Sie kein Bedürfnis mehr nach Trostessen haben.

Anders als bei einer Diät müssen Sie keinerlei Opfer bringen. Sie müssen nicht sämtliche Willenskraft aufbringen, um einem Gefühl von Verzicht standzuhalten. Sie werden feststellen, dass keine Gefahr droht, erneut in die Falle zu geraten, wenn Sie Ihre Probleme mit dem emotionalen Essen überwunden haben.

Vielleicht erscheint Ihnen dieses Versprechen zu schön, um wahr zu sein. Die gängige Meinung besagt, dass Probleme wie emotionales Essen sehr komplex sind und man ungeheure Willenskraft benötigt, um sie zu überwinden. Dieses Buch wird Ihnen zeigen, dass diese gängige Meinung falsch ist. Nicht nur das - sie ist sogar kontraproduktiv.

Die Wahrheit lautet, dass Sie emotionales Essen ohne Qualen oder Opfer abstellen können, unabhängig von Ihrer Persönlichkeit oder Ihrer individuellen Lebenslage. Sie müssen lediglich aufgeschlossen sein.

Wenn Sie das skeptisch sehen, stellen Sie sich bitte eine Frage: Hat die gängige Meinung Ihnen bislang weitergeholfen? Wenn dem so wäre, würden Sie dieses Buch nicht lesen.

DAS WORT MIT »S«

Emotionales Essen ist deshalb so komplex, weil es nichts mit echtem Hunger zu tun hat. Wer aus emotionalen Gründen isst, verspürt nicht den Drang, nährstoffreiche Nahrung wie Obst und Gemüse zu sich zu nehmen, sondern verlangt nach Lebensmitteln, die auf die Schnelle das liefern, was wir als »Genuss« oder »Trost« wahrnehmen: reichlich Zucker, stärkehaltige Kohlenhydrate und Salziges. Solche Lebensmittel haben nur geringen oder gar keinen Nährwert und machen zu allem Überfluss sehr schnell süchtig. Deshalb kann man sie getrost als »Junkfood« bezeichnen. Dass wir darauf Appetit verspüren, hat nichts mit echtem Genuss oder Trost zu tun, sondern liegt einzig und allein an der Sucht.

In diesem Buch verwende ich den Begriff »Junkfood« oder »Junk« für sämtliche nährstoffarmen, süchtig machenden Nahrungsmittel, nach denen man beim emotionalen Essen greift, zum Beispiel Süßigkeiten, Kuchen, Kekse, Schokolade, Chips, Brot und Fastfood. Diese Nahrungsmittel sind Junkfood, weil sie den Magen füllen, ohne Ihrem Körper die benötigten Nährstoffe zu liefern. Das Verlangen danach nimmt auch dann kein Ende, wenn Ihr Magen bereits voll ist - wieso das so ist, werde ich später erläutern. Wer das durchschaut, erlebt oft eine richtiggehende Offenbarung, denn so lässt sich erklären, wieso man von diesen Lebensmitteln regelmäßig zu viel isst.

Wir neigen dazu, unser Verlangen nach diesem »Comfort Food« auf die leichte Schulter zu nehmen, indem wir leichthin behaupten, wir seien süchtig danach.

»Ich bin eben Schokoholiker.«

»Ich bin süchtig nach Kohlenhydraten.«

»Zucker ist meine Sucht.«

Dass emotionales Essen tatsächlich eine Sucht ist, kommt dagegen niemandem in den Sinn. Eine Sucht liegt immer dann vor, wenn ein Teil des Gehirns, den man gemeinhin als »Belohnungspfade« bezeichnet, betroffen ist.

Über die Belohnungspfade werden angenehme Gefühle ausgelöst, wenn wir etwas tun, das gesund oder gut für uns ist, was wiederum dazu führt, dass wir dieses Verhalten wiederholen.

Drogen wie Heroin und Nikotin kapern jedoch die Belohnungspfade und beeinträchtigen ihre Funktion, sodass wir nicht zwischen echtem und vermeintlichem Genuss unterscheiden können.

Auf vermeintlichen Genuss folgt immer ein schwerer Absturz. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen echten Genüssen und den falschen Genüssen, die uns Drogen verschaffen: Echter Genuss sorgt für ein anhaltendes Hochgefühl und hat nicht zur Folge, dass Sie sich anschließend schlecht oder niedergeschlagen fühlen. Nicht nur die bekannten Drogen kapern die Belohnungspfade - Zucker und »schlechte Kohlenhydrate« haben genau die gleiche Wirkung.

Wenn Sie am liebsten Brot, Nudeln, Reis oder Kartoffelprodukte essen, nicht zu vergessen raffinierten Zucker (Desserts, Schokolade, Kuchen, .), dann sind Sie wahrscheinlich süchtig nach »schlechten Kohlenhydraten«. Mein Buch Endlich ohne Zucker befasst sich eingehend mit dieser Problematik und könnte Ihnen weiterhelfen, wenn Sie das emotionale Essen überwunden haben. Ich verspreche Ihnen, dass ich hier nicht zu ausführlich auf die Sucht nach anderen Drogen wie Nikotin oder Alkohol eingehen werde, doch hin und wieder wird es sinnvoll sein, damit bestimmte Zusammenhänge zu veranschaulichen.

Wenn das durch eine Droge (oder Junkfood) ausgelöste vermeintliche Hochgefühl abebbt, verspüren Sie ein Gefühl der Leere und Unruhe. Bei einer Sucht spricht man dann von Entzugserscheinungen. Sobald Sie die nächste Dosis der Droge zu sich nehmen, schwindet das leichte Unbehagen des Entzugs. Man fühlt sich auf der Stelle besser. Doch bald kommt es zum nächsten Entzug, Leere und Unruhe kehren zurück. Nun erinnert sich Ihr Gehirn, dass die zweite Dosis der Droge die unangenehmen Erscheinungen nach der ersten Dosis abgestellt hatte.

Somit wird das Gehirn zu dem Trugschluss verleitet, dass die Droge Genuss verschafft - es deutet die Linderung der Entzugserscheinungen als Genuss oder Belohnung. Folglich löst das Gehirn Verlangen nach mehr von der Droge aus, wenn sich erneut Entzugsgefühle regen.

Die Beseitigung des Unbehagens, das durch den Entzug ausgelöst wurde, sorgt lediglich dafür, dass die süchtige Person sich kurzzeitig wieder normal fühlt. Mit anderen Worten: Sie braucht die nächste Dosis der Droge, um sich so zu fühlen wie jemand, der überhaupt nicht süchtig ist. Dieser Bluff ist die Grundlage sämtlicher Drogensüchte.

Im Grunde ist dieser Ablauf genial, denn er verdreht die Realität und hält Sie in einem Wust von Illusionen gefangen. Doch sobald Sie die Illusionen durchschauen - wie es bald der Fall sein wird -, wird die Wahrheit sonnenklar. Wer süchtig ist, will immer mehr und mehr von seiner Droge, während der vermeintliche Genuss immer weiter nachlässt.

VERMEINTLICHER GENUSS LÄSST NACH =
ENTZUG VON DER DROGE

ENTZUGSERSCHEINUNGEN WURDEN DURCH DIE ERSTE DOSIS DER DROGE AUSGELÖST.

DIE NÄCHSTE DOSIS STELLT DEN ENTZUG NICHT AB - SIE LINDERT DIE SYMPTOME, BEVOR SICH DER NÄCHSTE ENTZUG ANBAHNT.

Wie alle Süchtigen klagen auch Menschen, die aus emotionalen Gründen essen, dass ihnen die Nahrung, die sie so übermäßig verzehren, keinen Genuss verschafft. Trotzdem sehen sie sich nicht in der Lage, damit aufzuhören - ungeachtet der Schuldgefühle und des Selbsthasses, die sie deshalb empfinden. Das ist ein klassisches Symptom der Sucht: Etwas, das eigentlich emotionales Leid abstellen sollte, verstärkt dieses Leid letztendlich.

Es fängt ganz harmlos an, sodass Sie meinen, alles im Griff zu haben. Bald jedoch artet das Suchtverhalten so weit aus, dass Sie die Kontrolle verlieren und das gesamte Leben in Mitleidenschaft gezogen wird. Sie essen immer mehr Junkfood, um sich Befriedigung zu verschaffen, die sich jedoch niemals einstellt. Dass Sie nicht aufhören können, Junkfood zu essen, obwohl Sie wissen, wie sehr es Ihnen schadet, ist ein weiteres untrügliches Zeichen einer Sucht.

Wie bei allen Süchten werden Sie durch eine Illusion in der Falle gehalten: die Illusion, dass das Suchtverhalten echten...