Schweitzer Fachinformationen
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Die junge Journalistin Kate wittert ihre große Chance, als der geheimnisvolle, öffentlichkeitsscheue Multimillionär R.J. Lawson endlich einem Interview zustimmt. Kaum auf seinem idyllischen Weingut in Napa Valley angekommen, lernt sie den attraktiven Arbeiter Jamie kennen, und die beiden verlieben sich Hals über Kopf. Doch nach einer märchenhaft romantischen Woche ist Jamie plötzlich verschwunden, und Kate muss sich fragen, wer der Mann, der ihr Herz stahl, eigentlich wirklich ist.
Eines Morgens im Oktober erwachte ich um sieben Uhr früh in meiner kleinen Wohnung in Lincoln Park. Ich machte mich fertig, aß eine trockene Waffel, wickelte mich in vier Lagen Kleidung, marschierte zur L-Station an der Fullerton und stieg etwa um Viertel nach acht in den Zug. Nichts an diesem Morgen war ungewöhnlich, und doch war dies der Tag, der die Spielregeln ändern sollte - ich wusste es nur noch nicht.
Ich durchquerte drei Waggons, ehe ich ihn fand. Ich setzte mich hinter zwei meiner Gemeindemitglieder und bereitete mich auf die Messe vor. Dies war an jedem Morgen unsere Kirche, und unser Pastor war Bob, zumindest war er das für mich. Als ich ihm das erste Mal begegnet war, hatte ich ihn nach seinem Namen gefragt, und er sagte: »Bob.« Ich wartete darauf, dass er weitersprach, und da sagte er: »Einfach Bob«, also nannte ich ihn nun auch so.
Mein Selbsterhaltungstrieb hätte in meinem sechsundzwanzigjährigen Kopf Alarm schlagen müssen, als vor sieben Monaten Bob in einem Hochbahnwaggon voller unschuldiger Menschen zu predigen begonnen hatte, aber gleich als ich ihn das erste Mal sprechen hörte, war ich hin und weg. Nie redete er von der Bibel oder von Religion oder Feuer und Schwefel. Und das Erste, was er an jenem Tag sagte, war: »Ihr seid alles, was ihr habt!«
Er war ein alter, müde aussehender Mann, mindestens siebzig Jahre alt. Fünf graue Haare sprossen auf seinem runden, kahlen Kopf, und er trug an jedem einzelnen Tag die gleiche Dockers-Hose, das gleiche Pendleton-Hemd. Seine Kleidung war sauber, zumindest sah sie sauber aus, aber er verströmte einen sehr ausgeprägten Geruch. Er roch nach alten Büchern, so eindringlich wie die hinterste Ecke der ältesten Bibliothek auf Erden.
Ich stellte mir vor, dass er in einer süßen kleinen Wohnung lebte, die bis unter die Decke mit alten gebundenen Büchern vollgestopft war. Er konnte kaum stehen, umso weniger gehen, also war es ein wahres Wunder, dass er es mit der Präzision eines Uhrwerks an jedem Tag in den Zug schaffte, um zu seinen treuen Anhängern zu sprechen. Wir waren vielleicht zehn. Ich kannte die anderen gar nicht - im Grunde blieb doch jeder für sich -, aber die Gesichter waren mir in den vergangenen sieben Monaten vertraut geworden.
Chicago hat seinen Anteil an seltsamen Leuten, die gern mit der L fahren und laut vor sich hin reden. Ich weiß es, schließlich bin ich mein ganzes Leben lang mit dieser Bahn gefahren, aber Bob war anders. Er hatte eine Botschaft zu vermitteln, eine Botschaft, die ich einfach hören musste. Jeden Tag ging es um ein anderes Thema. Manchmal eiferte er Suze Orman nach und sprach über persönliche Finanzen; an anderen Tagen ging es um Pestizide und Konservierungsmittel in unserer Nahrung und darum, dass er der Ansicht war, diese Substanzen würden die Menschen größer machen.
An jenem Tag lieferte er, dessen bin ich ziemlich sicher, eine Vorstellung von Gandhi mit Chicagoer Akzent. Er sagte, man selbst solle die Veränderungen herbeiführen, die man sich wünsche. Er sagte: »Visualisiere, um zu realisieren, das ist es, was ich euch heute sage, liebe Leute. Ihr müsst es sehen, ehe es geschehen kann. Ihr müsst euer eigenes Wunder sein. Ihr müsst visualisieren, um den Traum zu realisieren!«
Die Bahn näherte sich meiner Haltestelle. Ich stand auf und ging zur Tür. Bob saß wie so oft vorn in der Nähe des Ausstiegs, während er seine Predigt hielt. Als ich vorbeigehen wollte, erhob er sich auf seinen wackeligen Beinen und legte mir eine Hand auf die Schulter. Das war höchst ungewöhnlich.
»Kate«, sagte er - mir war bis dahin nicht bewusst gewesen, dass er meinen Namen kannte. »Dies ist ein Tag, an dem sich die Spielregeln für dich ändern können. Visualisiere, um das zu realisieren.« Und dann, wie stets am Ende seiner Ansprachen: »Und nicht vergessen .« Bob zog die Brauen hoch und wartete darauf, dass ich den Satz zu Ende brachte.
»Ich bin alles, was ich habe«, sagte ich.
»Exakt.«
Rückblickend betrachtet, war das irgendwie unheimlich, aber es war auch genau das, was ich zu diesem Zeitpunkt brauchte. Er ließ meine Schulter los, und ich trat an der State Street hinaus in den eiskalten Chicagoer Wind, erfüllt von dem sonderbaren Gefühl, mein Leben würde nie mehr das gleiche sein.
Nicht dass eine kleine Veränderung mir wehgetan hätte. Nach meiner ersten zufälligen Begegnung mit Bob hatte ich angefangen, an jedem Morgen in der Braunen Linie nach ihm zu suchen, obwohl ich bei dieser Route zu spät zur Arbeit kam. Es fing genau eine Woche nach Roses Tod an, zu einer Zeit, in der ich mich erstmals vollkommen allein fühlte.
Rose war seit ihrer Kindheit mit meiner Mutter befreundet gewesen und hatte mich aufgezogen, nachdem meine Mutter an Brustkrebs verstorben war, als ich gerade acht Jahre alt war. Meine Mutter bekam mich erst mit vierzig. Den größten Teil ihres Lebens hatte sie geglaubt, sie könne nicht schwanger werden - bis sie meinen Vater kennenlernte. Leider war er nicht bei ihr geblieben. Ich hatte nicht einmal Gelegenheit gehabt, ihn kennenzulernen.
Meine Mutter war ein wunderbarer Mensch. In ihren Augen war ich ein Wunder, entsprechend vernarrt war sie in mich. Sie versuchte, mir alles zu geben, was ich brauchte, lehrte mich aber zugleich, eigenständig zu denken. Sie war die Art Mensch, die immer wie aus dem Ei gepellt aussieht, bis sie schließlich krank geworden war, und dennoch weiß ich noch, wie sie mir sagte: Du bist ein hübsches Mädchen, Kate, aber verlass dich nie auf dein Aussehen. Dann pflegte sie mir mit dem Zeigefinger an die Schläfe zu tippen und hinzuzufügen: Was du damit machst, darauf kommt es an.
Ich erinnere mich, sie war liebevoll, aber auch knallhart, als wollte sie mich auf die Herausforderungen des Lebens vorbereiten. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, sie würde nicht allzu lange bei mir sein, und das war sie auch nicht, doch ich hatte wenigstens Rose . bis auch sie nicht mehr da war. Sie starb an einer Infektion infolge einer Routineoperation zur Entfernung eines Gallensteins. Ich konnte nicht verstehen, welche Art von Gott mir jeden Menschen nahm, dem etwas an mir lag. Und dann begriff ich. Niemand wird sich um mich kümmern, ganz gleich, wie viele Leute um mich herum sind. Ich bin alles, was ich habe. Diese Worte wurden zu meinem Mantra.
Ich sang sie vor mich hin, als ich die Lobby des Chicago Crier betrat, ein Medienunternehmen, das eine bekannte Chicagoer Zeitung verlegte, einen Blog betrieb und seit fünf Jahren mein Arbeitgeber war. Ich hatte Artikel für das Special-Interest-Ressort verfasst, die sich um Themen wie die Gefahren von Transfetten, Yoga versus Pilates, die Vorzüge von rotem Lippenstift und Tipps zu Anbietern teurer Qualitätsweine drehten. Eine ernsthafte Aufgabe war mir nie übertragen worden.
Jerry, der Herausgeber, liebte mich, aber seit Rose verstorben war, hatte ich mit null Begeisterung unterdurchschnittliche Artikel produziert. Ich hatte keinerlei Hoffnung, in der Redaktion aufzusteigen, weil ich unmotiviert war und weil ich es offen gestanden auch nicht verdiente. Aber irgendwie hatte ich, als ich an diesem Tag zur Tür hineinging, eine Vision. Ich konnte es nicht ganz greifen, aber ich hatte ein Bild von mir im Kopf, wie ich am Rechner sitze und mit Leidenschaft schreibe - etwas, was ich seit acht langen Monaten nicht mehr getan hatte.
Als ich in meiner Etage ankam, sah ich Beth in der Nähe meines Arbeitsplatzes stehen. Sie war eine große, einschüchternd wirkende Frau mit mattbraunem Haar, besaß aber ein großes Herz und ein echtes Talent zum Schreiben. Sie kleidete sich wie ein männlicher Teenager, Baseballshorts, T-Shirts und Sneakers, und zwar an jedem einzelnen Tag, aber das war nicht weiter wichtig, denn sie war - mit Fug und Recht - die Chefredakteurin der Zeitung. Sämtliche wichtigen Aufträge landeten bei ihr, denn sie steckte all ihr Herzblut in jedes einzelne Wort, das sie schrieb. Ich verehrte sie geradezu.
»Hey, Kleines.«
»Hi, Beth, wie war dein Wochenende?«
»Toll. Hab zehntausend Wörter geschrieben.«
Was sonst? Warum konnte ich nicht etwas mehr so sein wie sie?
»Was ist das?« Ich deutete auf einen Stapel Papier auf meinem Schreibtisch. Das Deckblatt war leer, abgesehen von dem fett gedruckten Schriftzug: R. J. LAWSON.
»Jerry gibt dir diese Story«, sagte sie.
Zunächst hatte ich keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte, aber dann erinnerte ich mich, dass ich Jerry über R. J. Lawson schimpfen gehört hatte. Jerry war besessen davon, ein Interview mit ihm zu bekommen. Ich persönlich wusste rein gar nichts über ihn.
»Mir? Warum um alles in der Welt sollte er die gerade mir geben?«
Beth lächelte nur. »Ich weiß es nicht, aber er wird in einer Sekunde hier sein, um mit dir darüber zu reden. Ich wollte diese Story unbedingt, Kate. Niemand hat es bisher geschafft, ein Interview mit ihm zu kriegen, seit er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat. Aber ich bin trotzdem froh, dass du sie bekommen hast - du brauchst so was.«
Einige Augenblicke lang starrte ich sie nur an. »Ja«, murmelte ich dann, »ich weiß . das könnte wirklich was für mich ändern.«
»Du hast es erfasst.« Dann beförderte sie ein zusammengeknülltes Stück Papier mit einem Sprungwurf in hohem Bogen zielsicher in den Papierkorb hinter mir. »Sauber versenkt.«
Als sie sich abwandte und davonspazierte, starrte ich auf die ordentlich aufgestapelten Papiere und lachte in mich hinein,...
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