Schweitzer Fachinformationen
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Hals-Chakra
Das Hals-Chakra, im Sanskrit » Vishuddha« genannt, befindet sich im Hals, ungefähr auf Höhe des Kehlkopfes. Zwischen Kopf und Herz gelegen, ist es das Chakra, das die Integrität zwischen dem, was gedacht und gefühlt wird, aufrechterhält.
Heiß glühender Schmerz und unmittelbar darauf einsetzende berauschende Euphorie und Erleichterung befrieden den Krieg, der in mir tobt. Ich will den Schmerz nicht . Ich brauche ihn. Für einen langen Moment sitze ich still und genieße die Sekunden der inneren Ruhe und der Gelassenheit nach dem ersten Durchstechen der Haut. Jedes Ritzen lindert die Angst, die Unruhe, den puren Abscheu, den ich gegenüber mir selbst und der Welt um mich herum empfinde. Einer Welt, der er nicht länger angehört.
Ich bohre die Klinge tiefer hinein und verlange mehr . auf der Suche nach etwas, das ich nie finden kann. Es funktioniert eine Weile. Kurze Augenblicke lang. Die einzige Schönheit, auf die ich mich noch freuen kann. Erinnerungen an glücklichere Zeiten rauschen mir durch den Kopf wie ein sich in einer Bö drehendes Windrad.
Wir laufen durch den Wald - er folgt mir dicht auf den Fersen, und ich quietsche vor Freude.
Noch tiefer drücke ich die Rasierklinge hinein. Mehr Schmerz.
Er meidet die gemeinen, ach so beliebten Mädchen, die mich in der Schule schikaniert haben.
Jeder neue, verflixt wohltuende Ritzer lässt alle meine Nerven vibrieren.
Filme. So viele Filme. Jeden Sonntag sitzen wir gemeinsam vor dem Bildschirm, mit einer Schüssel Popcorn zwischen uns, und wir lachen immer an denselben Stellen.
Nachdem es mich erst gelockt hat, stößt es mir nun sauer auf. Säure wogt und brennt in meinem Magen.
So lange ist es her, dass wir uns aneinandergekuschelt haben, als ob die ganze Welt verschwunden wäre und es nur uns beide gäbe.
Ich sinke mit dem Kopf an die Wand, schließe die Augen und lasse die Hitze meine Haut durchdringen und das Adrenalin durch meine Adern schießen, während ich mein Handgelenk drehe, bis ich etwas spüre . irgendwas.
Schmerz ist für mich das einzige Gefühl, das mir die Liebe und den Verlust ersetzen kann.
Sobald das warme Blut tropft, kleine Lachen auf meinem Unterarm bildet und zu rotbraunen Klümpchen gerinnt, schaue ich mich um und blinzle das Bedauern und die Tränen weg. Ich habe diese »Session« beendet und kauere mich in die Ecke, in der Wanne und Wand aufeinandertreffen. Meine Zehen sind eiskalt, eingerollt, auf den kalten Fliesenboden gepresst, auf dem ich sitze. Ich seufze, vor Übelkeit dreht sich mir der Magen um, während sich Selbstablehnung und Ekel in mein Denken schleichen.
Hannon würde es nicht gutheißen.
Er hatte es nicht gutgeheißen, als wir sechzehnjährige Jugendliche waren und er mich dabei erwischte. Jetzt, wo ich Mitte zwanzig bin, würde er es erst recht ablehnen. Aber es spielt auch keine Rolle, denn er ist nicht hier, um mich zu schelten.
Um mich festzuhalten.
Mich zu lieben.
Um mich zu retten.
Ein trockenes Auflachen entfährt mir, als ich aufstehe und mich zitternd und Halt suchend auf den Waschtisch stütze. Mein frischer Schnitt puckert und schmerzt, die zwei Zentimeter lange Linie ist mit langsam trocknendem Blut verschmiert. Diesmal bin ich nicht so tief hineingegangen. Nicht so tief, wie ich wollte.
Angsthäsin.
Allein das Wort schon versetzt meiner Psyche einen Knacks, und stichelt höhnisch gegen die Loserin in mir. Ich lege die Finger um die Rasierklinge und frage mich, ob ich es einfach tun könnte. Das alles beenden. Niemand würde mich vermissen. Schon gar nicht meine Eltern oder die verzogenen High-Society-Töchterchen, die mich ihre Freundin nennen, wo ich doch weiß, dass es kein bisschen stimmt. Diese Goldgräberinnen nutzen nur alles und jeden aus, bis nichts mehr übrig ist. Denen geht es bloß um den Status, nicht um echte Freundschaft.
Ein Schluchzer schüttelt mich, während ich, wieder einmal, darüber nachdenke, wie abgrundtief Hannon alles verabscheuen würde, was ich getan habe. Was in seiner Abwesenheit aus mir geworden ist. Pah! Wütend starre ich mein Spiegelbild an.
»Du willst, dass ich aufhöre, Han? Komm zurück, und zwing mich dazu!« Ich schlage mit der flachen Hand auf die Konsole, und die Rasierklinge fällt mir aus den Fingern. Landet klirrend im Waschbecken, wo sie blutige Schlieren auf der weißen Keramikoberfläche zieht.
Keine Antwort. Nicht mal ein Anzeichen. Nur mein Abbild ist da im Spiegel, und das bietet wirklich einen traurigen Anblick. Blondes Haar, so hell, dass es fast weiß scheint. Lange und widerspenstige Beach Waves, mit denen ich gerade nichts gemacht habe. Meine Augen sind zwei hohle Ovale, grau und leblos. Passen zu meiner Stimmung. Aufgesprungene, trockene Lippen, die ich mal für hübsch hielt, wölben sich in zwei Bögen, die sich in der Mitte treffen. Früher war ich hübsch. Jetzt bin ich einfach nur da. Bringe jeden Tag hinter mich und wünsche mir, ich wäre dort, wo er ist.
Die Sehnsucht, bei Hannon zu sein, hämmert, wie immer, in meinem Herzen, ein drückender »Beat«, dem ich nicht entkommen kann. Ich drehe den Wasserhahn auf, wasche das Blut ab und spüle die frische Schnittwunde aus, wobei mir auffällt, dass die anderen daneben schon schön verblasst sind. Die kunstvollen Henna-Tattoos decken sie gut ab, sehr zum Missfallen meiner Eltern. Ein Grund mehr, meine Sünden weiterhin mit dem erdigen Färbemittel zu verdecken. Ich muss es ohnehin auch wieder auftragen, damit dieses ganz frische Zeichen verschwindet, aber das geht ganz leicht. Dennoch nimmt mir das neue Zeichen nicht den Drang, zu fliehen, zu rennen, um ihm nahe zu sein.
Mit einer Geschwindigkeit, wie ich sie nach meinen »Sessions« nun schon gewohnt bin, flitze ich in mein Zimmer, ziehe einen Kapuzenpulli aus meinem Schrank, werfe ihn über. Schnell, schnell, die Verzweiflung treibt mich zur Eile an, lässt mich nicht los. Ich schlüpfe in meine Tennisschuhe, die Schnürsenkel sind bereits gebunden, und bin schon aus der Tür. In der Diele angekommen, gehe ich auf Zehenspitzen die Treppe hinunter, die zum herrschaftlichen Haupteingang der Villa meiner Eltern führt. Die schwarz-weißen Marmorböden wurden bis zur Perfektion poliert, nicht das kleinste Schmutzfleckchen ist zu entdecken. Mit weniger würde sich Mrs Judith Gannon-Carichael auch niemals zufriedengeben.
Ich höre laute Stimmen, dröhnend und aufgeblasen vor Rechtschaffenheit hallen sie durch den Empfangsraum neben dem Eingang. Die Tür steht auf, also versuche ich, so gut es geht, versteckt im Dunkeln auf der anderen Seite vorbeizuschlüpfen, und baue darauf, dass ich so in die Küche und in die Garage komme, ohne entdeckt zu werden. Meine Mutter würde nur abfällig meinen »legeren« Freizeitlook mustern und sich ganz schockiert zeigen vor ihren Freundinnen und Freunden, mit denen sie und mein Vater gerade im Gespräch sind.
Arrogantes Gelächter und Gläsergeklirr schallen aus der offen stehenden Tür, als ich mich an der geselligen Abendrunde vorbeimogele. Einfach so. Aber, na, Gott sei Dank. Ich bin ja schon glücklich, dass ich jetzt wenigstens das zustande bringe. Nun kann ich ja hoffen, dass es weiter so gut läuft und Sean heute Abend vielleicht auch noch für mich da ist. Die letzten Male, als ich mich zu ihm nach Hause flüchtete, hatte er mich nicht gerade einladend empfangen. Liebevoll, ja. Einladend, nein. Er wirkte leicht frustriert, als er kürzlich mit mir sprach, und war insgesamt irgendwie komisch drauf, als ich ihn besuchte, wobei ich gar nicht genau sagen kann, wieso. Egal, jetzt muss ich dorthin. Jetzt sofort. Nirgendwo sonst ginge das jetzt. Nicht heute Abend, wo ich innerlich so wund und nervös bin.
Ich schaffe es in die gigantische Garage, die von den Dimensionen her auch gut und gerne als Fußballfeld dienen könnte, und komme an der endlosen Ansammlung der schon zwanghaften Leidenschaft meines Vaters vorbei: Autos. Von klassischen amerikanischen Modellen bis hin zu europäischen Sportwagen, mein Vater besitzt sie einfach alle. Mit genug Geld, um Queen Elizabeth aus dem Buckingham Palace herauszukaufen, kann er sich auch das Beste leisten, und er beweist es mit jedem chromblitzenden Neuerwerb.
Ich springe in mein schwarzes, vergleichsweise bescheidenes Mercedes S-Klasse Coupé, wahrscheinlich das günstigste Auto des gesamten Fuhrparks, aber immer noch ein Luxusteil. Eine volle Minute lang sitze ich da und atme einfach nur ein, versuche, gegen die tiefe Niedergeschlagenheit anzukämpfen, die mich völlig zu erdrücken droht.
Bald wirst du ihm näher sein, sage ich mir, bis ich seine Stimme vernehme. Wie in einem Traum oder einer Erinnerung, die einfach zu schwer zu fassen ist.
Halte durch, Honeybunny. Sei ruhig . finde deinen Frieden.
Im Flüsterton dringt Hannons Stimme in meine Sinne ein. Als ich die Worte höre - und es sind die letzten, die er zu mir gesagt hat -, zieht sich mein Herz zusammen, als würde er es mit seinen starken Händen halten.
Für dich werde ich das tun, Han. Versprochen.
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