Schweitzer Fachinformationen
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«Connie!» Ich stürmte in unsere Wohnung und schüttelte auf dem Weg in die Küche Tasche und Schuhe ab. «Ich brauche deine Hilfe! Und dazu können wir die hier leeren.»
Sie beäugte die Flasche Prosecco in meiner Hand und sprang vom Tisch auf, wo sie hinter ihrem Dauerstapel Schulhefte gesessen hatte.
Unsere Wohnung war ein Glücksgriff gewesen, jedenfalls im Hinblick auf die bezahlbare Miete. Die offene Küche ging ins Wohnzimmer über, das mit einem dünnem Industrieteppich ausgelegt war, durch den man jeden Nagel im Boden spürte. Die spärlichen Möbel machten den Raum nur unwesentlich wohnlicher. Das zentrale Element war der Flatscreenbildschirm, der auf einem DVD-Spieler balancierte, unsere hauptsächliche Unterhaltungsquelle, da wir permanent pleite waren und diverse Nächte mit einer Flasche Wein und in eine Wolldecke eingewickelt auf dem Sofa verbrachten, denn es war immer eiskalt in der Wohnung.
Die Heizung war abhängig von einem Boiler mit besonders arbeitsscheuem Charakter. Unser Vermieter schien nicht besonders interessiert daran, ihn reparieren zu lassen, und wir waren es langsam leid, uns dauernd zu beschweren.
«Ooooh, Prosecco! Und dann noch der gute. Sechs Pfund fünfundneunzig bei Co-op, nehme ich an.» Connies Augen leuchteten auf, wie immer, wenn Alkohol im Spiel war.
«Nein, von Marks & Spencer, Victoria Station. Für neun neunundneunzig. Ich hatte ihn schon gestern gekauft, als ich noch dachte, dass ich befördert werde.»
«Oh, Scheiße. Bist du nicht? Was ist passiert?»
«Der blöde Josh ist passiert.»
«Was hat er getan?» Connie hatte Josh noch nicht kennengelernt, weil er immer wollte, dass wir uns bei ihm trafen.
«Was er getan hat? Er hat mir die Beförderung geklaut. Und weißt du, was er noch getan hat?» Meine Stimme schraubte sich in Höhen, auf die ein Knabenchor neidisch gewesen wäre. «Er hat mir meine Idee geklaut und sie für seine ausgegeben.»
«Konntest du das nicht sagen?»
«Nicht wirklich. Ist etwas schwierig, der Marketing-Direktorin von unserem postkoitalen Gespräch zu erzählen, bei dem ich Josh die Markenstrategie und die Idee für eine neue App erzählt habe.»
Connie hob die Hand. «Viel zu viel Information. Aber mal im Ernst, wenn dein Bettgeflüster so aussieht, dann musst du wirklich mehr unter Leute.»
«Du hättest dabei sein sollen.»
«Ich bin froh, dass ich das nicht war.» Sie holte zwei Gläser. «Was hat er gesagt?»
Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf.
Joshs SMS-Bombardement hatte erst nachgelassen, als ich zustimmte, mich mit ihm im Treppenhaus zu treffen. Niemand in der Agentur nahm jemals die Treppe.
Zumindest hatte er den Anstand, sich bei mir zu entschuldigen.
«Schau mal, Kate, ich verstehe ja, dass du enttäuscht bist. Aber du musst das im Zusammenhang sehen. Ich habe diese App-Idee nur ganz nebenbei erwähnt. Ich habe niemals behauptet, dass sie von mir ist.»
«Aber du hättest mir sagen können, dass du dich auf die Stelle bewirbst! Warum hast du mir das verschwiegen?»
«Ich war ja zuerst gar nicht so wild darauf. Aber dann . na ja, wenn man dreißig wird, fängt man langsam an, über die Zukunft nachzudenken. Für dich ist das ja nicht so wichtig. Aber ich werde eines Tages die Brötchen verdienen müssen. Ich brauche die Beförderung.»
«Moment mal.» Ich wiederholte seine Worte mit so ätzendem Ton, wie mir bei aller Fassungslosigkeit möglich war. «Du wirst eines Tages die Brötchen verdienen müssen?»
Ich legte meine Hände ungläubig an den Kopf. Das konnte doch nicht sein Ernst sein.
«Kate, du wirst mal heiraten und Kinder haben. Du brauchst das Gehalt nicht.»
«I-ich .» Etwas anderes als Stottern brachte ich nicht heraus.
«Komm schon, Daddy wird dir schon unter die Arme greifen, wenn du keine Lust mehr hast, Karriere zu spielen.»
«Was?!» Ich starrte ihn an, und auf einmal fiel mir sein dickliches Kinn auf, die Falten um die Augen, sein dünner werdender Haaransatz und dass sein gutgeschnittener Anzug bloß seinen weichen Bauch verdeckte. «Wer auch immer behauptet hat, Neandertaler seien vor vierzigtausend Jahren ausgestorben, der hat sich definitiv geirrt.»
Mit diesen Worten beendete ich meinen Bericht, füllte uns mit bitterer Miene Prosecco ein und hob mein Glas, um mit Connie anzustoßen.
Sie schnaubte den Prosecco aus beiden Nasenlöchern wieder aus und gackerte, bis ich ebenfalls lachen musste.
«Du verarschst mich doch!»
Connie war praktisch meine Familie. Mein ganzes Leben lang hatte sie neben uns gewohnt. Unsere Mütter hatten sich beim Geburtsvorbereitungskurs kennengelernt, und als wir beide später nach London zogen, war sonnenklar, dass wir zusammenwohnen würden. Wir hatten schon eine Menge miteinander erlebt. Connies Mutter war mit dem Milchmann durchgebrannt - sprichwörtlich -, und meine war ganz plötzlich an einem Aneurysma gestorben. Sie hinterließ ein riesiges Loch in unserer Familie, das niemals richtig geschlossen worden war.
Connie kriegte sich gar nicht mehr ein. «Du sagst deinem Dad am besten, er soll schon mal den Rolls-Royce putzen.»
Ich schüttelte traurig den Kopf, und unser Gelächter erstarb.
«Sorry, Kate, was für ein Arsch, dieser Josh.» Connie wusste, dass ich Dad bei seinen Hypothekenzahlungen unterstützte.
«Schenk nach», sagte sie und hielt mir ihr Glas hin. «Also, hast du ihn abserviert?»
«Das habe ich in der Tat.»
«Braves Mädchen. Und hast du ihm die Eier abgeschnitten?»
«Mist, ich wusste doch, ich hab irgendwas vergessen.»
Wir ließen wieder die Gläser klirren. Connie stützte das Kinn in die Hand, und wir schwiegen eine Weile nachdenklich. Ich hatte Joshs Verrat so leichtfertig erzählt, aber er schmerzte mich. Wir waren nicht lange zusammen gewesen, aber ich hatte es genossen, mal zur Abwechslung einen Partner zu haben. London konnte für Singles ein ziemlich einsamer Ort sein. Es war schön, jemanden zu haben, mit dem man als Paar etwas unternehmen konnte. Wir arbeiteten beide hart, weshalb es mit uns gut funktionierte. Wir hatten so vieles gemeinsam.
«Katie, ist es das wert?» Ihre Stimme klang weich.
Ich schluckte. Connie und ich führten selten tiefschürfende Gespräche.
«Ist es was wert?», fragte ich und leerte mein Glas, wobei ich spürte, wie sich meine Schultern verspannten.
«Du weißt schon. Dein Job. Das ist alles, was du in letzter Zeit tust: arbeiten. Selbst Josh hatte was mit deinem Job zu tun. Brauchst du nicht mal mehr Spaß?»
«Ich habe massenhaft Spaß.» Ich verzog das Gesicht. «Tatsächlich gehe ich demnächst sogar zu einem . Event. Auch wenn ich eigentlich mit Josh hingehen wollte. Apropos: Kann ich mir dafür vielleicht dein blaues Kleid ausleihen?»
«Natürlich kannst du das. Was ist das für ein Event?»
«Ähm . das ist, ähm . so eine feierliche Veranstaltung.»
Connie stöhnte. «Es ist Arbeit, stimmt's?»
«Es ist eine Preisverleihung. Für die höchste Zeitungsauflage. Aber es wird nett, und ich liebe meinen Job.»
«Ist ja der Hammer.» Sie stellte ihr Glas hin und schob die Schulhefte zur Seite. «Ernsthaft, Katie, ich mache mir Sorgen um dich. Du bist wie so ein kleiner Hamster in seinem Rad. Du läufst und läufst und läufst, und hin und wieder biegst du kurz ab, weil da eine Sonnenblume steht, aber du stopfst sie dir bloß für später in die Backen. Ich arbeite auch viel, aber ich habe wenigstens die Schulferien. Wann nimmst du dir mal frei? Wenn ich am Wochenende nach Hause fahre, dann kümmert mein Dad sich um mich. Wenn du nach Hause fährst, dann machst du bei deinem Dad sauber und räumst hinter ihm und deinen Brüdern auf. Oder ordnest die Küchenschränke neu. Du kannst nicht für alle Zeiten deine Mutter ersetzen, weißt du? Sie müssen es irgendwann mal selbst schaffen.»
«Ich mache mir einfach Sorgen um sie. Und dass Dad nicht ordentlich isst.»
«Und du meinst, das hilft ihnen weiter?»
Es half auf jeden Fall, mein Schuldgefühl zu besänftigen, weil ich die drei verlassen hatte. «Sie sind nun mal meine Familie - ich muss ihnen helfen. Ich verdiene doch viel mehr als sie.»
«Ich weiß, aber ganz ehrlich, dein Bruder John könnte auch mal seinen verdammten Beitrag leisten. Wie viele Jobs hat er schon gehabt? Er kündigt einfach immer, bevor er rausgeworfen wird, weil er ein derartiger Faulpelz ist. Und Brandon .» Ihre Mundwinkel verzogen sich beim Namen meines jüngeren Bruders zu einem kleinen Lächeln. «. der ist zwar anders. Aber er ist auch nicht blöd. Dieses Modell von TARDIS ist unglaublich. Total genial.»
Mein Bruder war ein großer Science-Fiction-Fan und baute in seiner Freizeit lebensgroße Modelle von Sachen aus seinen Lieblingsfilmen und TV-Serien nach.
Connie klopfte ihre Fingernägel gegen das leere Prosecco-Glas und richtete sich auf. «Wenn er mal aufhören würde, dieses bescheuerte FiFa zu spielen, könnte er viel bessere Jobs machen. Mehr als bloß diesen scheiß Teilzeitjob beim Schrotthändler. Und dein Dad ist auch nicht so nutzlos, wie er gern tut.» Sie presste die Lippen zu einer...
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