Ein besonderer Dank geht an Alexzandra, die Anastasia eine so wunderbare Freundin ist, und an Grandma Beth, die ihre Liebe zu Regency-Romanen mit Alexzandra teilt. Wir wünschen euch beiden nur das Beste, ebenso wie der jüngsten Leserin in der Familie - ganz gleich, welche Art von Büchern Norah später mal mag. Möge das Leben für euch alle voller Glück und Zufriedenheit sein.
PROLOG
1810
Sloane stemmte sich gegen den Wind, lehnte sich dann zurück, eine Hand am Ruder, und genoss einfach nur den Moment. Das Sonnenlicht glitzerte auf dem Wasser, und die Meeresbrise milderte die Hitze des Sommertages. Bauschige weiße Wolken zogen über den blauen Himmel. Sein Vater weilte momentan auf seinem Gut in Cornwall, daher musste Sloane sich nicht bang fragen, ob er gerade anderweitig Haus und Hof verspielte oder in einem Londoner Laden, dessen Betreiber immer noch dumm genug war, Marcus weiter Kredit zu gewähren, eine absurd hohe Rechnung auflaufen ließ.
Doch was diesen Moment wirklich perfekt machte, war Annabeth, die ihm gegenüber auf der Bank saß. Der Wind wirbelte durch ihr hellbraunes Haar und ließ die frei gepusteten Locken um ihr Gesicht tanzen. Die blonderen Strähnen, die von all den Tagen herrührten, die sie ohne ihr Bonnet im Freien verbracht hatte, schimmerten golden. Auf ihren Wangenknochen verteilten sich ein paar Sommersprossen, die ihre Mutter schimpfend versuchte, mit Gurkenmasken auszumerzen. Sloane wollte die zarten Pünktchen einfach nur küssen.
Aber natürlich wollte er alles an Annabeth einfach nur küssen. Ihm schwoll das Herz, weil er wusste, dass sie ihn liebte - nicht so sehr, wie er sie liebte, denn Sloane war sicher, dass niemand ihn dermaßen lieben konnte -, aber dennoch, sie liebte ihn bedingungslos.
"Ich habe dich von dem Moment an geliebt, in dem ich dich zum ersten Mal gesehen habe", sagte er, denn er konnte Annabeth alles sagen, ihr jede Schwäche, jeden Makel offenbaren. Sie kannte alle seine Fehler, jeden einzelnen davon, seit dreizehn Jahren, und trotzdem liebte sie ihn.
Lachend richtete sie ihren Blick vom Meer auf Sloane. "Du hast mich an den Haaren gezogen."
"Du hast mir gegen das Schienbein getreten."
"Nun, du hattest Nathan umgeworfen. Völlig grundlos."
"Reicht die Tatsache, dass er Nathan ist, nicht als Grund?"
Sie schnitt eine Grimasse, aber in ihrem Ton schwang kein Vorwurf mit. "Du bist unfair ihm gegenüber."
Sloane schnaubte verächtlich. "Er ist so ein kleiner Gentleman. Immer dem Anlass entsprechend gekleidet, jedes Haar an seinem Platz, und er sagt immer genau das Richtige."
"Die meisten Leute würden das für gute Eigenschaften halten."
"Er liebt dich."
"Ich liebe ihn auch", erwiderte sie mit so viel platonischer Zuneigung, dass Sloane nicht allzu eifersüchtig sein konnte. "Aber nicht auf dieselbe Weise wie dich", fügte sie hinzu, wobei ein sinnliches Lächeln um ihre Lippen spielte.
Dieses Lächeln vibrierte in ihm nach, als hätte sie ihn geschlagen. Sie brauchte nur so wenig zu tun, um sein Verlangen zu schüren. Allein sie anzuschauen ließ Erregung in ihm aufwallen. Sie zu küssen war ein fast unerträgliches Vergnügen, und wenn er sie in seinen Armen hielt . nun er war nicht sicher, welches Wort, welcher Satz beschreiben könnte, was er dann fühlte. Es war, als ob ihre Wärme, ihre Güte, ihre Schönheit in ihn hineinströmte und all die Wut und den Groll und die Einsamkeit vertrieb.
Annabeth legte eine Hand über ihre Augen, um sie vor der Sonne zu schützen, und schaute in den Himmel. "Es ist schon spät." Sie seufzte. "Ich muss zum Abendessen zurück sein, sonst unterzieht mich Großmutter einem Verhör."
Obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte, als dieses Beisammensein bis in alle Ewigkeit auszudehnen, begann Sloane, das Boot zu wenden. "Wie lange bleibt deine Großmutter denn noch zu Besuch?"
Sie kicherte. "Genau dasselbe hat Papa mich heute morgen auch gefragt. Der arme Mann wohnt seit ihrer Ankunft praktisch in seiner Werkstatt. Die Antwort ist, dass keiner es weiß. Sie wird abreisen, wann immer ihr danach ist. So, wie sie fast ohne Vorwarnung eintrifft, wird sie irgendwann aus heiterem Himmel verkünden, dass sie wieder verschwindet. Ich glaube, sie genießt es, alle im Ungewissen zu lassen."
"Dessen bin ich ganz sicher. Wann immer ich sie sehe, verspüre ich den nahezu unkontrollierbaren Drang, mich unter dem nächstbesten Teetisch zu verstecken. Offensichtlich bin ich zu frech, meine Haare sind zu lang und meine Manieren zu ungeschliffen. Einmal hielt sie mir sogar vor, dass meine Augen zu blau sind." Er hielt kurz inne. "Allerdings bin ich nicht sicher, was sie diesbezüglich von mir erwartet hat."
Er erwähnte nicht, dass Lady Lockwood ihn auch des Öfteren an die Fehler seines Vaters erinnerte - die er zwar durchaus erkannte, aber lieber nicht mit wem auch immer diskutieren wollte - und ihn, noch schlimmer, warnte, dass er ihm wahrscheinlich eines Tages nacheifern würde, eine Angst, die schon lange tief in Sloanes Seele verwurzelt war, so sehr er sich auch darum bemüht hatte, eine gänzlich andere Persönlichkeit zu entwickeln.
"'Die Frau ist eine Heimsuchung'", zitierte Annabeth. "Das sagt mein Vater immer. Aber die arme Mama knickt natürlich immer vor ihr ein. Sie kann einfach nicht Nein sagen oder sich widersetzen. Ich bin der einziger Mensch, der Großmutter je widerspricht."
"Ah, aber dich wird sie auch nicht niedermachen. Du bist der einzige Mensch, den sie liebt. Du und dieser dämliche Köter Petunia."
"Ich glaube, sie liebt ihre Kinder", entgegnete Annabeth. "Nein, wirklich", fügte sie hinzu, als Sloane nur abfällig schnaubte. "Sie liebt Adeline und Mama, und ich habe das Gefühl, sie vergöttert Sterling."
"Dann hat sie aber eine merkwürdige Art, das zu zeigen."
"Das stimmt."
Als ihr kleines Boot das Ufer fast erreicht hatte, warf Sloane den Anker und watete mit Annabeth auf den Armen durchs Wasser.
"Du brauchst mich nicht zu tragen", sagte sie, machte aber keine Anstalten, sich aus seinen Armen zu winden. "Ich könnte meine Röcke hochbinden und auf eigenen Füßen gehen."
"Das wäre zwar ein schöner Anblick, aber ich trage dich trotzdem lieber."
Sie erreichten den Strand, und als Sloane sie absetzte, glitt ihr Körper auf eine Art an seinem entlang, die seine Sinne erregte. Annabeth rührte sich nicht vom Fleck, schlang ihm die Arme um den Hals und legte den Kopf in den Nacken, um Sloane ins Gesicht schauen zu können. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden, und er würde es nicht mal dann tun, wenn er es könnte. Es wäre so leicht, in ihren klaren grünen Augen zu ertrinken, dachte er, und er hätte nicht den Wunsch, sich zu retten.
Sloane neigte den Kopf und küsste Annabeth. Ihr Mund öffnete sich unter seinem, sie schmiegte sich an ihn, und er verlor sich in dem Kuss, verlor sich in ihr. Er wollte mehr, wolle so viel mehr als Küsse und Liebkosungen, wollte in ihr versinken, sie ganz und gar einnehmen. Wollte, dass er zu ihr gehörte und sie zu ihm.
"Für immer", murmelte er an ihren Lippen und ließ seinen Mund dann an ihrem Hals entlanggleiten.
Sein Hunger nach ihr lauerte immer ganz dicht unter der Oberfläche und erwachte brüllend zum Leben, wann immer er sie schmeckte, sie berührte. Aber natürlich konnte er diesen Hunger nicht befriedigen. Annabeth wäre willig, sogar begierig; wenn es um Herzensdinge ging, hatte sie ein strahlendes Vertrauen, das er nicht besaß. Sie glaubte, dass die Liebe alle Hindernisse überwinden und alle Wunden heilen würde. Sie glaubte, dass die Welt sie gut behandeln würde und dass sie etwas nur inbrünstig genug wollen müsste, um es schließlich auch zu bekommen.
Sloane wusste es besser. Und er würde niemals etwas tun, das Annabeth entehren oder ihr Schaden zufügen könnte. Egal, wie sehr sein Verlangen ihn umtrieb, er würde warten.
Annabeth fuhr ihm mit den Händen durchs Haar und zog daran. Diese kleine Berührung reichte aus, um ihn zu erregen, doch als er den Kopf hob, um ein wenig auf Distanz zu gehen, stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um ihn erneut zu küssen. Ihre Lippen waren warm und nachgiebig, und das Begehren drohte ihn zu überwältigen. Mit einer Hand umschloss er ihre Brust, spürte durch den Stoff ihres Kleides hindurch, wie sich ihre Brustwarze aufrichtete. Das leise Seufzen, das Annabeth entfuhr, fachte seine Leidenschaft nur noch weiter an.
Wieder versuchte er, sich ein Stück zurückzuziehen. Sein Atem kam keuchend, stoßweise. Annabeths Augen blickten verträumt, ihre Lippen waren rot und leicht geschwollen, und Sloane sehnte sich danach, sie erneut zu küssen, sie mit sich auf den Boden zu ziehen und ihren Körper zu erkunden.
Doch stattdessen holte er tief Luft und legte seine Stirn an ihre. "Dauert es wirklich noch vier Jahre, bis wir heiraten können?"
Mit einem bemerkenswerten Mangel an Mitgefühl kicherte sie. "Also, ich wäre jederzeit bereit für einen Ausflug nach Gretna Green."
"Du weißt, dass ich das nicht tun werde."
"Ich weiß. Du brauchst ein richtiges Aufgebot und all das." Sie tätschelte seine Brust. "Es macht mir einfach Spaß, dich zu ärgern."
...