Schweitzer Fachinformationen
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Als Erstes baute sich Gnazio ein Häuschen aus Stein, weiß verputzt, ganz so wie ein Würfel, von drei Metern Seitenlänge und drei Metern Höhe. Für den Bau setzte er seine ganze Fertigkeit als Maurer ein, wie er es in Amerika gelernt hatte. Die rückwärtige Mauer des Würfels war dem Meer zugewandt, wohingegen die Eingangstür genau zehn Schritt vom Olivenbaum entfernt war. Neben der Tür befand sich in Mannshöhe ein Fensterchen von dreißig auf dreißig Zentimetern, um ein bisschen Licht im Haus zu haben, wenn die Tür geschlossen war. Das Häuschen hatte keine anderen Öffnungen, abgesehen von einer Art Schornstein von einem Meter Länge, der, statt sich wie alle Schornsteine senkrecht über das Dach zu erheben, waagerecht angebracht war, und zwar gleich unterhalb der gewölbten Dachziegel und quer oberhalb der Tür. Er diente dazu, Luft hereinzulassen. Dann ließ er sich einen Esel kommen und transportierte mit ihm alles, was er in Vigàta eingekauft hatte: eiserne Bettfüße und Holzbretter für das Bett, eine Matratze, einen kleinen Tisch, zwei Stühle, mehrere irdene Krüge unterschiedlicher Größe und Form - nämlich eine giarra, zwei quartare und zwei bummuli -, ein hölzernes Schränkchen, das an die Wand gestellt werden sollte, zwei Teller, zwei Gläser, Besteck, einen tönernen Tiegel und ein Pfännchen, um sich ein Ei darin zu braten.
In einer Ecke des Raumes baute er sich eine Feuerstelle aus Stein, denn an Brennholz mangelte es ja nicht. Das Wasser holte er mit den beiden quartare, die er auf jeder Seite des Esels festband, von einem Brunnen, der sich weniger als zehn Minuten zu Fuß neben der Straße befand. Alle drei Tage unternahm er diesen Weg zwei Mal: Beim ersten Mal füllte er die giarra auf, indem er den Inhalt der beiden quartare hineingoss, das zweite Mal diente dazu, die quartare selbst voll zu halten.
Eine extra Reise unternahm er, um sich ein Fass mit fünfzig Litern Wein zu kaufen. Weil nun aber das Fass in dem kleinen Raum zu viel Platz einnahm, brachte er es über dem Bett schwebend an, wo es von drei in die Mauer getriebenen Eisenstangen gehalten wurde. Er richtete es so ein, dass er sich morgens, wenn er Lust darauf hatte, nur halb aufrichten, den Arm ausstrecken, den Zapfhahn des Fasses umdrehen und den Mund öffnen musste, damit der Wein ihm direkt in die Kehle floss.
Schließlich baute er noch einen zweiten Raum von drei mal drei Metern, nämlich den Stall, der nur zehn Schritt von dem Raum entfernt war, in dem er wohnte, und er stellte den Esel dort hinein. Auch im Stall baute er den gleichen Luftschornstein ein. Der Stall war groß genug für ein weiteres Tier, ein Maultier, das er dringend benötigte.
An der Außenmauer des Stalls legte er ein großes Gehege an, das in drei Abschnitte unterteilt war, einer für Hühner, einer für Ziegen und einer für Kaninchen, die er gleich kaufen ging.
Jeden Morgen stand er um vier Uhr auf und arbeitete bis acht Uhr abends; er säuberte seine zehn Salmen von allem Unkraut, und weil das gute Wetter gekommen war, putzte er auch die Mandelbäume aus.
Und die Bäume, die schon nach kurzer Zeit wie nach einer langen Krankheit geheilt wirkten, eilten sich, ihm zu danken, und fingen an, neue Blätter auszutreiben.
Irgendwann kaufte er sich ein Maultier und spannte es vor den Pflug.
Und auch das war wieder eine Knochenarbeit, denn der Boden, um den sich so viele Jahre niemand gekümmert hatte, war so hart geworden, dass die Pflugschar Mühe hatte, ihn aufzubrechen. Als er fertig war und die Farbe der Erde sich von Grau zu Braun verwandelt hatte, lief er einen ganzen Tag auf seinem Land herum, hin und her, über Stock und Stein, stets mit gesenktem Kopf, damit er nur ja das Meer nicht sah. Und er erholte sich beim Duft von Frische und Sauberkeit, den die Erde ihm in die Nase trieb.
Von morgens bis abends ging er so herum, denn der Duft der Erde veränderte sich im Laufe der Stunden: Morgens um sieben roch es, als würde man den Kopf in einen Brunnenschacht stecken und den Duft von Wasser und Moos einatmen; mittags, wenn die Sonne am höchsten stand, roch die Erde plötzlich wie frischgebackenes Brot; und wenn die Dämmerung einsetzte, duftete sie nach Jasmin und Orangenblüten, obwohl es keinen Jasminstrauch und keinen Orangenbaum in der Nähe gab.
Jeden Samstag machte er sich mit seinem Esel nach Vigàta auf, um sich neue Vorräte zuzulegen.
Er kaufte sieben Kilo Brot, ein Kilo eingelegte Oliven, ein schönes Stück Tumazzo-Käse, ein halbes Kilo Fleisch, zwei Pakete Pasta, zwei Kilo Tomaten und Obst, das es in dieser Jahreszeit zu kaufen gab.
Doch niemals Fisch. Denn der roch nach Meer.
Tagsüber, wenn er arbeitete, aß er mal Brot mit Tumazzo, mal Brot mit Oliven, dann auch mal Brot mit hartgekochtem Ei. Und er hatte einen bummolo bei sich, der ihm frisches Wasser lieferte.
Abends dagegen kochte er. Er bereitete Pasta zu und grillte Fleisch über dem Feuer. Zum Essen setzte er sich auf einen bequemen flachen Stein unter dem Olivenbaum. War es zu dunkel, zündete er eine Karrenlampe an, die er an einen Ast des Baumes gehängt hatte.
Er säte Weizen aus und setzte fünfzig Mandelbäume um, von denen zehn starben, aber die anderen wuchsen gut heran. Er säte auch bittere Mandeln aus, damit die Mäuse sie nicht fraßen. Er wollte sie zu Süßmandeln veredeln oder zu Obstbäumen, sobald sie einigermaßen groß geworden wären. Das Wetter war gut. Wie hieß es doch bei den Vorvätern? «Wasser und Wind - dies guten Weizen bringt.» Und so regnete es zur richtigen Zeit, dagegen fiel im Juni nicht ein einziger Tropfen, denn wie man weiß: «Juniregen bringt der Welt keinen Segen.»
Kurz gesagt, nach einem Jahr schwerer Arbeit erkannte man die zehn Salmen nicht wieder.
Die Halme waren so hoch, dass man das Meer gar nicht mehr sehen konnte.
Gnazio schnitt sich fünf kurze Schilfrohrstücke zurecht, die er über die Finger der linken Hand zog. Aus weiteren längeren Schilfrohrstücken bastelte er sich eine Schiene für das linke Bein. So waren Hand und Bein davor geschützt, von falschen Sensenhieben getroffen zu werden. Danach machte er sich auf die Suche nach der durchsichtigen Haut, die Schlangen zurücklassen, wenn sie sich häuten. Er fand zwei von ihnen und steckte sie in ein Säckchen, das er sich an den Gürtel band.
Wenn man ein Stückchen von dieser Haut auf eine Wunde legte, wurde die Blutung augenblicklich gestillt.
Er begann mit dem Schneiden des Weizens; am Ende des Tages sammelte er die Ähren ein, bündelte sie und legte sie ringsum auf eine Tenne in der Nähe des Stalls.
Weil der Wind oft vom Land her kräftig wehte, wurden auf diese Weise jene Teile von den Ähren gelöst, denen der Wind am kräftigsten zusetzte. War Gnazio mit dem Schnitt fertig, nahm er mit der Forke einige der Bündel auf, löste den Bast ab, der sie zusammenhielt, zerstreute sie und bedeckte die gesamte Tenne mit den Halmen. Danach holte er das Maultier und ließ es an langen Zügeln im Kreis herumgehen, mal in weiteren, mal in engeren Runden, damit die Hufe des Tieres die Ähren zum Platzen brachten und die Körner herausfallen konnten. Und dabei sang er ein Lied, das er gehört hatte, damals, als er noch Tagelöhner war.
Dreh dich, Maultier, ohne Ende,
Von der Tages- zur Abendwende,
Dreh dich immer nur im Kreis,
Wie's dir Gott gebot zum Fleiß.
Diese Arbeit schafft das Brot
Für der Christenmenschen Not.
Jeder Schritt ein ganzer Laib.
Dem Tag sei Preis in Ewigkeit.
Als alle Ähren auf diese Weise durchgearbeitet waren, wartete Gnazio auf einen Tag mit kräftigem Wind vom Land und fing an zu worfeln. Er nahm eine Schaufel voll Weizenkörner und Stroh und warf diese in die Luft. Der Wind trug die Spreu fort, die leichter war, und ließ die Körner zurück auf die Erde fallen. Am Ende füllte er vierzig Säcke mit großen blonden Hartweizenkörnern.
Er ging ins Bureau von Cosimo Lauricella und brachte ihm ein Säckchen Weizen als Probe mit. Cosimo war zufrieden, beglückwünschte ihn und nannte einen Preis.
Gnazio nannte einen anderen. Sie kamen überein. Gnazio steckte sich das erste Geld, das er mit seinem Stück Land verdient hatte, in den Sack.
Abends, als er unter dem Olivenbaum seine Vesper zu sich nahm, dachte Gnazio Manisco, dass er siebenundvierzig Jahre alt war und sich endlich eine Frau nehmen sollte.
Er beschloss, mit Donna Pina darüber zu reden, wenn er sie das nächste Mal auf der Straße vorbeiziehen sah.
Donna Pina war siebzig, blass wie der Tod und spindeldürr. Sie trug immer dasselbe Kleid, das irgendwann einmal schwarz gewesen, jetzt aber ins Grünliche verschossen war. Ihr weißes Haar war bedeckt von einem großen Schulterschal, der ihr vom Kopf bis zu den Füßen reichte, und zusätzlich von einem Tüchlein von der kackgelben Farbe kranker Hunde. Auf dem Rücken trug sie stets einen Sack voller Kräuter. Zu Fuß brach sie von Gallotta auf, das auf einem Berg lag, morgens, wenn die Sonne noch nicht aufgegangen war, und begab sich nach Vigàta, um alte und neue Kunden zu treffen. Denn Donna Pina kannte das richtige Kraut gegen jede Beschwerde, an der ein Mann oder eine Frau nur leiden konnte.
Kopfschmerzen? Böser Blick? Bauchweh? Brustschmerzen? Sehuntüchtigkeit? Appetitlosigkeit? Kraftlosigkeit im männlichen Glied? Blutüberschuss bei Frauen zu den Mondphasen? Kinder, die nicht kamen? Blutwallungen, die nicht vergingen? Stuhlgang, der sich nicht einstellte? Schleimhusten? Liebesbeziehungen, die nicht gutgeheißen wurden? Betrug durch den Mann...
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