Schweitzer Fachinformationen
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Just in dem Moment überkam ihn die quälende Gewissheit seines nahenden Todes.
Er war dabei, sich mit Rasierschaum einzuseifen, als er erst zusammenfuhr und dann innehielt, die schaumigen Finger auf der rechten Wange. Sein Spiegelbild entsprach der Haltung, die er auf dem Cover der letzten Business & Communication eingenommen hatte, einem ganzen Heft über die bedeutendsten Manager des Landes, inklusive eines langen Interviews mit ihm selbst.
In Gedanken hatte er eben noch bei dem gestrigen Abendessen verweilt, bei dem der alte Birolli in Begleitung einer zwanzigjährigen Enkelin zu Gast gewesen war, als diese Worte urplötzlich vor ihm aufgetaucht waren. Oder vielmehr: er sie gelesen hatte. Doch wo? Auf dem Spiegel?
Ja, aber nicht eigentlich auf dem Spiegel, sondern anstelle des Spiegels. Denn für die Länge eines Wimpernschlags musste der Strom ausgefallen sein. Und in dieser Dunkelheit hatte sich der Spiegel in eine Kinoleinwand verwandelt, auf der klar und deutlich in weißen Buchstaben ebenjener Satz erschienen war, in Kursivschrift, wie eine Ankündigung am Ende eines Stummfilms.
Allerdings hatte er den Satz nicht gelesen. Irgendjemand hatte ihn mit lauter Stimme ausgesprochen.
Also wirklich, er war doch nicht im Kino! Er war in seinem Badezimmer.
Daher konnte nur er selbst es gewesen sein. Er hatte diese Worte gesagt.
Das war das erste Mal, dass ihm so etwas passierte. Oder vielleicht war es ihm auch schon andere Male passiert, nur hatte er es nicht bemerkt?
Erste Anzeichen des Alters? Mit zweiundvierzig Jahren? Sehr witzig .
Allerdings konnte er sich den Luxus nicht leisten, Dinge laut auszusprechen, über die er keine Kontrolle mehr hatte. Nicht auszudenken, wenn ihm das während einer Vorstandssitzung passierte oder während einer komplizierten Verhandlung!
Er nahm sich vor, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit mit Guidotti zu reden.
Dann begann er sich zu rasieren, doch wirklich wohl war ihm dabei nicht.
Vor allem störte ihn die Fremdartigkeit dieses Satzes. Zu elegant, zu gut formuliert. Er redete nicht so, und er schrieb auch nicht so. Das war der Satz eines Schriftstellers. Und er hatte doch niemals das Bedürfnis zu schreiben verspürt, auch als Junge nicht, wenn die erste Verliebtheit einen dazu antreibt, Worte zu Papier zu bringen. Dieser Satz musste wirklich wie von außen auf ihn projiziert worden sein, es war ausgeschlossen, dass er ihn in seinem Inneren, aus sich heraus erdacht hatte.
Und außerdem: Wer war denn das Subjekt des Satzes?
Oder das Objekt?
Kurz gesagt, zu wem gehörte dieser Tod?
Doch sicher nicht zu ihm!
Es sei denn, er hatte jetzt auch noch angefangen, über sich selbst in der dritten Person zu reden. Wie der alte Manuelli. «Manuelli hatte keine Ahnung, was eine Fabrik überhaupt war, als er mit sechzehn als Schweißerlehrling dort eintrat.» Manuelli redete stets so, als würde er aus seiner eigenen Biographie vorlesen. Und alle lachten heimlich über ihn.
Nackt verließ er das Bad und ging ins Ankleidezimmer. Er legte seine Armbanduhr an und warf einen prüfenden Blick aufs Zifferblatt. Es war noch viel Zeit, erst in einer Stunde würde der Wagen ihn abholen. Er wollte die Schublade mit der Unterwäsche schon aufziehen, als er es sich anders überlegte und ins Schlafzimmer ging.
Marisa schlief noch; bestimmt würde sie, wie sonst auch, nicht vor zehn Uhr aufstehen. Sie liebte die Wärme, daher ließen sie auch nachts die Heizung auf vollen Touren laufen. Doch offenbar war es ihr nun zu heiß geworden, denn sie lag quer auf dem Bett, bäuchlings, das Laken zerknüllt neben ihr. Ihre Schenkel waren leicht gespreizt, eines ihrer langen Beine, das linke, baumelte über den Bettrand hinunter.
Ebenso unversehens wie drängend überfiel ihn ein heftiges Begehren. Am Abend zuvor hatten sie nicht miteinander geschlafen, obwohl er gewollt hätte: Sie waren erst um zwei Uhr im Bett gewesen, und kaum hatte Marisa sich hingelegt, hatte sie behauptet, furchtbar müde zu sein.
Doch das geschah nur selten. In den fünf Jahren ihrer Ehe hatte sich Marisa ihm nur in Ausnahmefällen verweigert; ja, eigentlich war sie diejenige gewesen, die meistens die Initiative ergriffen hatte. Er betrachtete sie: Ihr Körper war makellos wie der einer Zwanzigjährigen, doch mit dem reifen Selbstbewusstsein einer Dreißigjährigen.
Sie aufwecken?
Er kannte sie gut genug; außer einem gereizten «Verschwinde, lass mich schlafen» hätte er nichts bewirkt.
Sie verschloss sich in ihren Schlaf wie ein Küken in sein Ei - wehe, wenn die Schale vor der Zeit aufgebrochen wurde!
Doch je länger er sie betrachtete, umso drängender wurde sein Verlangen. Wenn er es jetzt nicht stillte, würde er es auch noch mit ins Büro nehmen, und es würde ihn benebeln und seine Konzentrationsfähigkeit einschränken.
Dabei war das ein Vormittag, an dem er seine volle Aufmerksamkeit dringend brauchte.
Er trat näher, legte sich aufs Bett, achtete aber darauf, dass sein Gewicht die Matratze nicht aus der Balance brachte, dann stützte er sich auf die linke Hand, schwang das rechte Bein über ihren Körper und setzte erst das Knie und dann die rechte Hand auf. Eine akrobatische Meisterleistung, auf die er stolz sein konnte.
Langsam senkte er sich auf Marisa herab, bis er dicht genug über ihr schwebte, damit sein Geschlecht den feinseidigen Spalt unter ihm berühren konnte.
Marisa ist in dem Moment wach geworden, als sie sein Gewicht auf der Matratze gespürt hat, doch sie hat sich weiter schlafend gestellt. Sie hat sich auf die Zunge beißen müssen, um die Welle von Ekel zu unterdrücken, die in ihr aufgestiegen ist, als sie sein Glied zwischen ihren Pobacken fühlte.
Nicht einmal, als Mauro nach einer Ewigkeit zum Ende gekommen und ins Bad zurückgekehrt ist, hat sie sich gerührt. Mit gespitzten Ohren liegt sie da, um die Geräusche aus dem Ankleidezimmer zu orten. Endlich, jetzt ist er in die Küche runtergegangen, um zu frühstücken. Vorsichtig steht sie auf, läuft barfuß ins Bad, um den Schmutz abzuwaschen, der an ihr klebt. Dann legt sie sich wieder ins Bett.
Wie ist es nur möglich, dass Mauro nicht sieht, nicht begreift, dass alles anders geworden ist? Dass sie es nicht mehr erträgt, von ihm angefasst zu werden? Einen Monat ist es her, dass .
Früher war sie nur eine Larve, aber dann ist da jemand gekommen und hat sie in einen Schmetterling verwandelt. Ja, seit diesem Moment, diesen wenigen zauberhaften Tagen, hat sie das Gefühl, nicht mehr zu gehen, sondern zu schweben. Innerhalb von drei Stunden, an einem ganz normalen Nachmittag, hat sich dieses Wunder ereignet.
Ihr ist klar, dass sie jetzt sowieso nicht mehr einschlafen wird.
Nach einer Weile steht sie auf, wirft einen Blick in den Flur und schleicht zur Treppe. Sie kann nichts hören, Mauro muss schon weg sein. Sie kehrt ins Schlafzimmer zurück, nimmt ihr Handy aus der Handtasche und wählt eine Nummer.
«Überraschung! Buongiorno, amore!»
«Buongiorno! Wie kommt's, dass du schon wach bist?»
«Mauro hat etwas fallen lassen und mich .»
«Und, wie ist es gestern Abend gelaufen?»
«So was von langweilig!»
«Was machst du gerade?»
«Ich liege auf dem Bett, nackt. Und mit ganz viel Lust auf dich. Würdest du . würdest du mir eins aufsagen?»
«Jetzt?»
«Ja, jetzt.»
«Amore mio, das ist jetzt wirklich nicht der richtige Moment. Ich fahre gerade ins Büro, ich habe kein Headset, und der Verkehr ist die reinste Hölle.»
«Ach, bitte - nur ein ganz kurzes!»
«Na gut.»
Marisa berührt sich mit der Hand zwischen den Beinen.
«Gerade so gerundet, mich zu quälen,
Löse die Schenkel einen vom andren .
Lass deinen Zorn eine bittere Nacht lang währen!»
«Weiter, weiter!»
«Nein! Das reicht erst mal.»
«Von wem war das?»
«Von Ungaretti.»
«Ich habe zwar nicht viel verstanden, aber es hat mir gefallen. Schaffst du's heute um fünf?»
«Wahrscheinlich.»
«Weißt du, ich kann's kaum mehr aushalten. Seit einer Woche .»
«Ich genauso wenig. Entschuldige, amore, aber ich sitze im Auto und .»
«Das Frühstück ist fertig, Dottore.»
Er antwortet ihr nicht einmal und fährt fort, seine Krawatte zu binden. Anka, das Hausmädchen, geht wieder.
Sein Vater hat darauf bestanden, dass er sie einstellt. Er scheint sie ein paar Monate lang gevögelt zu haben, in allen erdenklichen Positionen, und dann hat er wie bei all seinen Gespielinnen genug von ihr gehabt und sie seinem Sohn untergeschoben.
Anka ist Rumänin, irgendwo zwischen dreißig und vierzig, zugegebenermaßen eine echte Schönheit, mit einem unglaublichen Hintern und unglaublichen Titten, sie spricht perfekt Italienisch und hat in ihrem Heimatland einen Abschluss als Vermessungstechnikerin gemacht.
Ihre Hauptaufgabe ist, in seiner Wohnung herumzuspionieren, dem Herrn Papà mitzuteilen, wie der Filius sich benimmt, ob er zu viel trinkt, ob er kifft . Das hat er sofort gemerkt. Andererseits, auch Giuliana, seine Sekretärin, ist eine Hinterlassenschaft seines alten Herrn. Und was für eine! Doch mit Giuliana .
Verdammter Mist, ständig gehen ihm die Haare aus!
Und abnehmen müsste er auch, der Gürtel ist schon im letzten Loch.
Er geht ins Esszimmer...
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