Schweitzer Fachinformationen
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Drei Frauen, deren Wege sich sonst nie gekreuzt hätten. Drei Frauen auf der Suche nach Glück und Liebe. Ein Sommer, der ihr Leben für immer verändern wird.
1955 - sie alle kommen nach New York, der Stadt ihrer Träume, um dort den aufregendsten Sommer ihres Lebens zu verbringen. Laura, die Schönheit vom Lande, die gegen den Willen ihrer Mutter ein Praktikum bei der angesagten Modezeitschrift Mademoiselle absolviert. Dolly, ihre hoffnungslos romantische Zimmernachbarin, die Sekretärin und noch lieber Ehefrau werden möchte. Und die wilde Vivian, die sich an keine Regeln hält, in einem Nachtclub jobbt und Sängerin werden will.
Sie alle treffen in dem New Yorker Barbizon Hotel aufeinander und erleben einen Sommer, den sie nie vergessen werden.
Juni 1955
Wie seltsam es war, dass ein so großes Gebäude, in dem so viele Menschen in so viele verschiedene Richtungen eilten, so still sein konnte. Doch in der Grand Central Station herrschte kein Lärm, kein Stimmengewirr, wie man es erwarten würde vom »Bahnhof der Welt«; nein, das bestimmende Geräusch war vielmehr ein tiefes, stetiges Brummen, wie eine unter Strom stehende Leitung, ein Vibrieren, das von den Aberhunderten von Menschen erzeugt wurde, die hier aneinander vorbeiströmten.
Laura wäre am liebsten dort geblieben. Still und geborgen im Schatten der großen, eleganten Uhr in der Mitte der Bahnhofshalle, um von dort aus unbemerkt das geschäftige Treiben zu beobachten und ein jedes der vielen Gesichter in Ruhe zu betrachten. Sie könnte diesen Gesichtern Geschichten zuschreiben, eine Vergangenheit und eine Zukunft erfinden oder sich das dramatische Wiedersehen längst verlorener Liebender ausmalen, wie sie aufeinander zuliefen, sich im Schein der zu den hohen, kathedralenartigen Fenstern hereinfallenden Sonne in die Arme sanken. In solchen Augenblicken fühlte sie sich ganz und gar lebendig und von einer ungeahnten Energie erfasst. Von der Gewissheit, dass sie all diese Geschichten schreiben konnte. Und sie würde sie schreiben. Deshalb war sie schließlich hergekommen.
Erneut schaute sie hinauf zu dem großen Ziffernblatt, das bereits eins zeigte.
Ich sollte endlich anrufen.
Sie seufzte und schleppte ihren Koffer zu einer Reihe Telefonkabinen, zwängte sich in die letzte. »Hallo, Vermittlung?«, sagte sie in den Hörer. »Ein R-Gespräch nach Greenwich, Connecticut, bitte. Greenwich-1, 3453.«
David nahm ab. Für einen Elfjährigen zeigte er eine leicht befremdliche Faszination für das Telefon, die niemand sich so recht erklären konnte, aber von allen mit mildem Gleichmut hingenommen wurde. Vermutlich war man einfach nur dankbar, dass er keine noch spezielleren Eigenheiten zeigte. Wie sein Cousin Donald beispielsweise, den man mehrfach dabei ertappt hatte, wie er den Schmuck seiner Mutter trug, was ebenfalls der gesamten Familie bekannt war, doch stets stillschweigend übergangen wurde. Über solche Dinge sprach man nicht bei den Dixons.
»Hallo Bucko, ich bin's, Laura«, sagte sie und erfreute sich an der kindlichen Begeisterung, mit der er sie bestürmte, sie über die Zugfahrt ausfragte, ihre Wohnung - sie hatte es längst aufgegeben, ihm zu erklären, dass es bloß ein Zimmer war, zumal eines, das sie noch gar nicht gesehen hatte. »Halt, halt, nicht so schnell«, lachte sie und versuchte seinen Redeschwall zu unterbrechen. »Ich bin immer noch hier am Bahnhof. Sobald es etwas zu berichten gibt, schreibe ich dir einen ganz langen Brief, versprochen. Aber weißt du was? Ich habe dir sogar schon etwas gekauft.«
»Was, wirklich?!!« Er klang, als wäre er am liebsten durchs Telefon gekrabbelt, um es sich zu holen. »Was denn?«
»Den brandneuen Batman. Ich glaube, den bekommt man hier immer schon etwas eher als daheim bei Carson's.« Nun völlig aus dem Häuschen, wollte er ganz genau wissen, wie das Cover aussah und worum es in der Geschichte ging. Laura kramte die Juli-Ausgabe von Detective Comics wieder aus ihrer Tasche. »Knappes Entkommen für Batman und Robin«, las sie den Titel vor und beschrieb ihm das bunte Cover, auf dem Batman und sein treuer Gefährte gefesselt ins Meer stürzten. Marmy, wie sie ihre Mutter nannten, mochte es gar nicht, dass David Comics las - »Superman hat noch niemandem einen Studienplatz in Yale verschafft« war einer ihrer Lieblingssprüche -, aber Lauras Vater hielt stets dagegen, dass es immer noch besser sei, als ständig vor dem Fernseher zu sitzen. »Ich gebe es Marmy mit, wenn sie mich besuchen kommt«, versprach Laura.
»Nein, nicht!«, rief ihr Bruder. »Die schmeißt es doch bestimmt gleich weg.«
Da hatte er womöglich recht. »Hmm«, meinte sie. »Na schön, dann machen wir es anders: Ich kaufe dir einfach noch ein Geschenk und verstecke das Heft darin - klingt das nach einer guten Idee? Jetzt bekommst du sogar schon zwei Sachen aus New York.«
Damit gab er sich zufrieden und ging ihre Mutter holen. Laura hatte angenommen, Marmy würde neben dem Telefon auf ihren Anruf warten, doch stattdessen hörte sie ihren kleinen Bruder die Treppe hinaufbrüllen, dass Marmy abnehmen sollte. Laura seufzte. Vermutlich hatte ihre Mutter mal wieder Migräne.
Ein Knacken ertönte, als der Hörer im Schlafzimmer abgenommen wurde. »Auflegen, David«, sagte ihre Mutter. Erneut knackte es in der Leitung, als ihr Bruder in der Küche gehorsam den Hörer auf die Gabel legte. »Na, dann bist du wohl gut angekommen. Rufst du aus dem Hotel an?«
»Nein, ich bin noch in der Grand Central Station. Es ist so .«
»Terminal, Liebes. Es heißt Grand Central Terminal. Denk bitte immer daran, dich korrekt auszudrücken, Laura. Frauen mit guter Kinderstube sind stets korrekt.«
Laura atmete tief durch. »Natürlich«, murmelte sie. Sie hätte ihrer Mutter ja zu gern gesagt, dass es auf Korrektheit nicht ankam, dass es Wichtigeres gab. Beispielsweise unten in der Oyster Bar zu sitzen, an einem Tom Collins zu nippen und sich höchst angeregt mit einem Handelsreisenden aus St. Louis zu unterhalten, der einem versicherte, noch nie einer so interessanten und faszinierenden jungen Dame begegnet zu sein, und der zudem noch nie von Greenwich, Connecticut gehört und auch nicht die Absicht hatte, definitiv nicht, sich jemals dorthin zu verirren.
Aber undenkbar, so etwas zu sagen. Ein falsches Wort, und sie befände sich mit dem nächsten Zug auf dem Weg zurück nach Greenwich - und wer weiß, ob sie dann jemals wieder von dort wegkäme.
»Und vergiss bitte nicht, dass ich dich in zwei Wochen mit Tante Marjorie besuchen komme, dann gehen wir den Rest deiner Garderobe kaufen«, riss Marmy sie aus ihren Gedanken. »Wir können dich schließlich nicht in einem der großen Verlagshäuser arbeiten lassen, ohne dass du dich von deiner besten Seite zeigst.«
»Es ist ja bloß für einen Monat.«
»Es ist Mademoiselle, Laura. Du kannst nicht beim schicksten Modemagazin für Collegemädchen anfangen, ohne der Rolle gerecht zu werden.« Marmy ließ einen matten Seufzer hören. »Also gut. Zuerst gehen wir zu Bendel und natürlich ins Bergdorf; wenn dann noch Zeit bleibt, können wir bei Knox nach Hüten schauen. Deine Tante Marjorie wird wieder im Colony Club essen wollen, was meine Geduld stets aufs Äußerste strapaziert, aber gut, es lässt sich nun mal nicht vermeiden.« Lauras Blick war derweil auf eine Frau gefallen, die das brandneue Pünktchenkleid von B. Altman trug. Sie wollte es ihrer Mutter gerade berichten, doch im selben Moment räusperte sich Marmy - das altbekannte mütterliche Signal, dass ein Gespräch sein Ende fand. »Ich richte deinem Vater aus, dass du gut angekommen bist. Fahr jetzt direkt ins Hotel und ruf morgen noch mal an, damit wir wissen, wie deine Unterkunft ist und ob auch alles seine Ordnung hat.«
Keine zehn Minuten später rauschte die Stadt wie im Zeitraffer an ihr vorbei, als das Taxi die Third Avenue hinauf Richtung East 63rd Street schnürte. Laura hätte am liebsten alle Eindrücke auf einmal in sich aufgesogen, aber sie zwang sich zur Gelassenheit. Dafür bleibt noch genug Zeit, sagte sie sich. Du bist keine Touristin - du lebst jetzt hier. Wenn auch nur für einen Monat.
Die anderen »Gastredakteurinnen«, wie die Mädchen genannt wurden, die einen Monat bei Mademoiselle arbeiteten, um das Collegeheft als Sonderausgabe im August herauszugeben, trafen ebenfalls dieses Wochenende ein. Laura hatte Marmy und Dad bekniet, schon ein paar Tage eher kommen zu dürfen, damit sie ein wenig Zeit hatte, sich einzuleben und am Montag, wenn sie alle ihren Antritt in den Verlagsräumen von Street & Smith hatten, frischer, wacher und ausgeruhter als die anderen Mädchen war. Mit diesem Argument hatte sie insbesondere bei Marmy punkten wollen, denn wenn ihre Mutter eines war, dann auf ihren Vorteil bedacht, wovon ihre Bridgepartnerinnen ein Lied singen konnten. Doch wie man sah, hatte die Strategie nicht verfangen. Früher als Freitag hatten ihre Eltern ihr nicht anzureisen erlaubt. Immerhin hatten sie Laura allein fahren lassen.
Der Wagen hielt auf der linken Straßenseite, und der Fahrer hieb mit der flachen Hand aufs Taxameter. »Vierzig Cent, Schätzchen.«
»Welches junge Mädchen würde nicht an diesem wunderbaren Ort leben und für die Zukunft lernen wollen?«, hatte die Anzeige in der Charm verheißungsvoll gefragt, und von dem Moment an, als sie sie im Alter von fünfzehn Jahren gelesen hatte, hatte Laura gewusst, dass sie eines Tages im Barbizon Hotel for Women leben würde.
»Name?«, fragte die sauertöpfisch wirkende Frau am Empfang.
»Dixon. Laura Dixon.«
»Aha. Sie gehören doch zu den Mademoiselle-Mädchen, richtig?«
»Ja, aber ich dachte, ich komme schon etwas eher, damit ich .« Sie holte tief Luft. Warum war sie so nervös? »Um die Stadt ein bisschen kennenzulernen und mich zurechtzufinden.« Wie dumm sie klang, wie provinziell!
Die Empfangsdame würdigte sie keines Blickes und schaute angestrengt über den Rand ihrer Brille in das vor ihr aufgeschlagene Register. »Na schön. Normalerweise müssten Sie erst zum Antrittsgespräch zu Mrs Mayhew, ehe Sie Ihr Zimmer beziehen, nur ist Mrs Mayhew heute leider außer Haus.« Sie machte sich einen Vermerk. »Morgen früh um neun melden Sie sich hier im Foyer, es findet eine Orientierungstour statt, um Sie mit den Örtlichkeiten und den...
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