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Sommer 1994. Norwegen ist außer Rand und Band: "Norge! Norge!", rufen die Fans in Oslo, Bergen, Stavanger oder Trondheim, den größten Städten des Landes. Die kleine Nation mit ihren 5,4 Millionen Einwohnern ist in ein rot-blaues Farbenmeer getaucht. Die Nationalmannschaft ist wieder da! Zum ersten Mal seit über 50 Jahren haben sich Norwegens Männer für eine WM-Endrunde qualifiziert. Zuvor gelang ihnen dieses Kunststück einzig und allein 1938 - zwei Jahre bevor das Königreich von Deutschland überfallen wurde und sich dem Joch der Nazis1 beugen musste. An der Endrunde 1938 in Frankreich nahmen seinerzeit nur 15 Mannschaften2 teil. Im Achtelfinale trafen die Wikinger auf den späteren Weltmeister Italien, das Spieler wie Silvio Piola und Giuseppe Meazza in seinen Reihen hatte. Die Norweger hatten mit einem 1:2 nach Verlängerung knapp das Nachsehen, und das Abenteuer der Mannen um Nils Kristian Eriksen fand ein jähes Ende.
Sechsundfünfzig Jahre später tritt eine neue Generation an, um Norwegen wieder auf die Fußball-Landkarte zu setzen. Denn die Nation stand im Schatten der beiden anderen skandinavischen Auswahlmannschaften: So krönte sich Dänemark 1992 zum Fußball-Europameister, während sich Schweden schon seit einem halben Jahrhundert in der Fußballlandschaft etabliert hat, allen voran durch die Goldmedaille bei den Olympischen Sommerspielen 1948 und den Vizeweltmeistertitel zehn Jahre später gegen Brasilien um O Rei Pelé.
Die Nachfolger der norwegischen WM-Pioniere von 1938 lassen mit einer fast makellosen Bilanz aufhorchen, die sie zwischen November 1992 und September 1993 durch die WM-Qualifikation trägt.
Der "starke Haufen" fährt sieben Siege und zwei Remis ein und unterliegt allein im letzten Qualifikationsspiel gegen die Türkei. Die Løvene3, wie die norwegische Fußballnationalmannschaft genannt wird, sichern sich in ihrer Qualifikationsgruppe Platz eins - vor den Niederlanden und vor England, das als Dritter den WM-Zug verpasst. Dank dieser herausragenden Ergebnisse findet sich Norwegen im Oktober 1993 hinter Brasilien sogar auf Rang zwei der neu eingeführten FIFA-Weltrangliste wieder4.
Die norwegische Auswahl erntet die Früchte, die durch den Wechsel zahlreicher Nationalspieler ins Ausland gesät wurden. Die meisten von ihnen haben ihre Heimat in jungen Jahren verlassen, um in den größeren und zahlungskräftigeren Ligen Europas Karriere zu machen. Einige von ihnen spielen in der Bundesliga, darunter Abwehrspieler Rune Bratseth (Werder Bremen). Andere zogen in die Niederlande oder nach Belgien, wie zum Beispiel Erik Mykland (FC Utrecht) oder Kjetil Rekdal (Lierse SK). Doch den Großteil der Truppe verschlägt es in die englische Premier League: Torhüter Erik Thorstvedt hütet seit 1989 das Gehäuse von Tottenham Hotspur, Verteidiger Henning Berg trägt das Trikot der Blackburn Rovers und wechselt dann zu Manchester United, Lars Bohinen läuft für Nottingham Forest auf, Jostein Flo für Sheffield United, Innenverteidiger Erland Johnsen steht beim FC Chelsea unter Vertrag und Mittelfeldspieler Gunnar Halle wechselt 1996 zu Leeds United. Der jüngste Neuzugang im Team ist ebenfalls dem Lockruf der Insel gefolgt: Alf-Inge Rasdal Haaland5, ein großer, drahtiger Blondschopf, im November 1972 geboren, hat gerade seinen Ausbildungsverein Bryne FK6 verlassen, um sich Nottingham Forest anzuschließen. Der Transfer mit einer Ablösesumme in Höhe von 350.000 Pfund Sterling (etwa 400.000 Euro) zieht sich jedoch in die Länge. Der bereits für Oktober 1992 angekündigte Wechsel geht erst im Dezember 1993 über die Bühne, da es Unstimmigkeiten bei den Geschäftstätigkeiten des norwegischen Spielerberaters Rune Hauge7 gab. Der 1,86 Meter große defensive Mittelfeldspieler wird direkt im Anschluss erstmals für die A-Nationalmannschaft nominiert. Am 19. Januar 1994 absolviert er sein erstes von insgesamt 34 Länderspielen bei einem tristen 0:0 gegen Costa Rica. Anfang Juni wird er ins Aufgebot für die Weltmeisterschaft in den Vereinigten Staaten berufen.
Mit seiner Vielseitigkeit passt Alf-Inge Haaland perfekt ins 3-5-2-System von Coach Egil Olsen, mit dem er in WM-Gruppe E die drei Kontrahenten Italien, Mexiko und Irland ärgern möchte. Am 19. Juni 1994 steht der "junge Neuling" im RFK Stadium von Washington D.C. beim 1:0-Erfolg über Mexiko 90 Minuten lang als rechter Läufer auf dem Platz. Auch vier Tage später beim Aufeinandertreffen mit Italien im Giants Stadium von New York schafft er es in die Startelf. Über eine Stunde lang hält Norwegens Nummer 18 gemeinsam mit seinen Teamkollegen den Angriffen der Squadra Azzurra stand. Doch Mitte der zweiten Halbzeit wird Dino Baggio bei einer Freistoßflanke von links nicht eng genug gedeckt, sodass er Italien mit einem fulminanten Kopfball unter die Latte in Führung bringt. Norwegen kassiert damit sein einziges Gegentor und seine einzige Niederlage bei dem Turnier, das die Mannschaft mit einem 0:0 gegen Irland abschließt. Nach zwei gelben Karten in den ersten beiden Spielen bleibt der Neuzugang von Nottingham Forest im dritten Gruppenspiel dann ohne Einsatz. Danach sollte er nie wieder bei einer Weltmeisterschaft spielen. Die Løvene scheiden infolge eines äußerst unwahrscheinlichen Szenarios aus: Alle vier Mannschaften haben am Ende der Gruppenphase die gleiche Anzahl an Punkten und die gleiche Tordifferenz. Letztlich sichern sich Mexiko, Irland und Italien ihren Platz im Achtelfinale nur aufgrund der mehr erzielten Tore.
Bei seiner Feuertaufe zeigte Alf-Inge Haaland ansprechende Leistungen, auch wenn er dem Spiel seiner Mannschaft, das eher körperbetont war und dem "Kick and Rush" englischer Prägung ähnelte, keinen besonderen Stempel aufdrücken konnte. Fortan wird der ehemalige Akteur von Bryne FK seine Karriere im roten Dress von Nottingham Forest fortsetzen, das in der Saison 1994/95 wieder in die Premier League zurückgekehrt ist. "Alfie", wie der Mittelfeldspieler von den Anhängern des Klubs bereits genannt wird, hat sich in Compton Acres und damit in einem der schönsten Bezirke der Stadt nicht weit vom City Ground entfernt niedergelassen. Dort wohnt er mit seiner Lebensgefährtin Gry Marita Braut, einer ehemaligen norwegischen Siebenkämpferin, die in ihrer sportlichen Laufbahn zwischen 1981 und 1991 mehrere nationale Titel geholt hat, in einem prachtvollen Einfamilienhaus. Das Paar erwartet sein erstes Kind: Astor wird nach dem Großvater väterlicherseits benannt, der einst ebenfalls Spieler bei Bryne FK war. Auch die Familie von Gry Marita ist mit sportlichen Meriten gesegnet: Ihre Mutter Inger Aase Høyland Braut war eine gute Leichtathletin, die in den 1960er-Jahren einige Erfolge feierte. Ihr Onkel Gabriel Høyland ist bis heute eine lebende Legende bei Bryne FK.
Im Jahr 1997 bekommt Familie Braut Haaland weiteren Zuwachs: Am 9. Januar stößt ein kleines Mädchen ihre ersten Schreie in der Geburtsklinik von Nottingham aus. Zu Ehren ihres bekannten Großonkels wird sie Gabrielle genannt. In jenem Jahr heißt es für die Familie aber auch Koffer packen. Nach drei Spielzeiten bei Forest, in denen Alfie Haaland mit seinem Team das Viertelfinale des UEFA-Pokals erreichte, aber auch in die Division One abstieg, zieht er mit seiner Familie etwas weiter nach Norden und geht zu Leeds United.
Seine erste Saison beim Klub von der Elland Road sollte seine erfolgreichste in England werden: Die Nummer 4 der Peacocks8 markiert in 32 Premier-League-Begegnungen für die Mannschaft von Coach George Graham sieben Treffer. Die meisten davon erzielt er per Kopf, wenngleich er auch mit gut getimten Schüssen erfolgreich ist. In der Saison 1997/98 nimmt er mit Norwegen einen weiteren erfolgreichen Anlauf, um sich für die WM-Endrunde zu qualifizieren. Doch in der Auswahl, in der mit Tore André Flo (FC Chelsea) und Ole Gunnar Solskjær (Manchester United) zwei junge Offensivtalente auf sich aufmerksam machen, tritt Alfie mehr und mehr in den Hintergrund. Zunächst verliert er seinen Stammplatz in der Nationalelf, ehe sein Name im Juni 1998 ganz von der Liste der 22 Akteure gestrichen wird, die ihr Land bei der Weltmeisterschaft in Frankreich vertreten dürfen. Aus der Ferne erlebt er mit, wie seine Teamkollegen im letzten Gruppenspiel am 23. Juni in Marseille Brasilien mit 2:1 bezwingen und damit den größten Erfolg im norwegischen Fußball feiern9. Und wie schon 60 Jahre zuvor im gleichen Land geht das WM-Märchen der Løvene auch diesmal im Achtelfinale zu Ende, als einmal mehr Italien mit 1:0 die Oberhand behält. Durch die zwei aufeinanderfolgenden WM-Teilnahmen und die historische Leistung gegen den amtierenden Weltmeister erlebt der Fußball in Norwegen einen neuen Aufschwung. Diesmal sollte der Generationswechsel besser gelingen .
Die Helden von 1994 und 1998 reichen den Staffelstab höchstpersönlich weiter: Im Jahr 1999 wird der 97-malige Nationalkeeper Erik Thorstvedt stolzer Papa von Kristian, der...
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