Schweitzer Fachinformationen
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Früher war Samuel Carver einer der besten Geheimagenten der Welt, heute arbeitet er ausschließlich auf eigene Rechnung - und auch nur, wenn es ihm passt. Doch dann wird Carver plötzlich erpresst: Entweder er tötet einen prominenten Milliardär, oder London wird Ziel eines Anschlags. Carver bleiben nur fünf Tage, um das Schlimmste zu verhindern ...
beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
East Hampton, New York, 5. Juni 2007
Malachi Zorn trat aus seinem Haus an der Lily Pond Road und schlenderte über den Rasen zu dem Weg, der zum Strand hinunterführte. Er war ein mittelgroßer, schmal gebauter Mann mit wirren, schmutzig blonden Haaren, der das ganze Jahr über braun war, weil er schon sein Leben lang regelmäßig Sport trieb. Die Frühsommersonne gab seinem Dreitagebart einen goldenen Schimmer. Er trug ein altes hellblaues Button-Down-Hemd von Brooks Brothers, das stellenweise verschossen und an den Kragenspitzen ausgefranst war. Es hing ihm lose über die khakifarbenen Cargohosen. Er war barfuß.
Kurz blieb er stehen und sah angewidert zu dem Gebäude, das auf dem Nachbargrundstück hochgezogen wurde. Ein Hedgefondsmanager hatte das elegante, achtzig Jahre alte Haus, das vorher dort gestanden hatte, abreißen lassen und baute sich nun einen Tempel der Geschmacklosigkeit und des Übermaßes. Zorns mit Schindeln verkleidetes Strandhaus mit dem Giebeldach und der gemütlichen, seeseitigen Veranda, das 1896 ein Schüler Stanford Whites entworfen hatte, wirkte dagegen zwergenhaft. Das Monstrum des Nachbarn stand für alles, was Zorn an diesen amoralischen, raffgierigen, vulgären Typen verabscheute. Sie hatten die Wallstreet in eine gigantische Melkmaschine verwandelt, um den gewöhnlichen Amerikanern das Geld abzuknöpfen und sich mit dem Profit die eigenen Taschen zu füllen.
Mühsam drängte er seine schäumende Wut zurück und ging weiter. Er wollte sich nicht den Tag verderben lassen, und schon gar nicht sollte das seine Gedankengänge stören. Am Strand genoss er den warmen Sand unter den Füßen und ließ sich die anrollenden Wellen um die Knöchel wirbeln. Eine Weile stand er da und schaute aufs Meer hinaus, ohne den Ausblick wirklich wahrzunehmen. Schließlich nickte er entschieden, machte kehrt und lief zum Haus zurück.
Fünf Minuten später, nachdem er sich eine Tasse starken Kaffee gekocht und zwei selbst gebackene Kekse aus der großen Glasdose genommen hatte, saß er wieder an seinem Arbeitsplatz, vor sich acht Flachbildschirme in zwei Reihen übereinander. Darauf liefen Dauerstreams von Real-Time-Marktdaten, in- und ausländischen Nachrichtensendungen und Newssites. Auf seinem Schreibtisch lag ein gelber Notizblock neben dem alten Kaffeebecher aus Harvard, in dem lauter gespitzte Bleistifte des Härtegrades HH standen. Zorn setzte den Bluetooth-Telefonhörer auf und blickte auf den einzigen anderen Gegenstand auf dem Schreibtisch: ein zwanzig Jahre altes Foto seiner Eltern. »Das ist für euch«, murmelte er und drückte eine Kurzwahltaste.
Als der Anruf entgegengenommen wurde, gab es weder Begrüßung noch Smalltalk, sondern nur eine simple Anweisung. »Ich möchte einen Short Call auf Lehman«, sagte Zorn. »Beginnen Sie mit einhundert in Drei-Monats-Optionen. Halten Sie sich bereit, mehr zu zeichnen.«
»Sind Sie sicher, Mal?«, fragte der Angerufene dezent überrascht. Diesen Ton behielt ein Broker seinen Kunden vor, wenn sie sich auf etwas Verrücktes einlassen wollten. »Lehman-Aktien stehen bei knapp achtzig und steigen weiter. Sie haben hundert Millionen Dollar und sagen, es geht in die andere Richtung?«
»Ja.«
»Okay. Es ist Ihr Geld, und Sie haben bisher immer richtiggelegen, aber .«
»Kein Aber. Tun Sie es. Und noch etwas: Wie hoch ist im Augenblick die Prämie bei Lehmans Kreditausfall-Swaps?«
»Weniger als ein Basispunkt, paar Zehntel vielleicht . Aber warum wollen Sie das wissen? Sie wollen wetten, dass eine hundertfünfzig Jahre alte Bank -«
»»Hundertsiebenundfünfzig Jahre, um genau zu sein.«
»Wie auch immer . Sie meinen, dass diese altehrwürdige Institution, die viertgrößte Bank der amerikanischen Finanzindustrie, kurz vor dem Zusammenbruch steht?«
»So ist es. Irgendwann in den nächsten ein, zwei Jahren, behaupte ich. Investieren Sie zehn Milliarden Dollar in Lehmans Kreditausfall-Swaps. Wenn sie Ihnen mehr verkaufen wollen, kaufen Sie. Hören Sie nicht auf.«
»Sie riskieren Millionen, wissen Sie das?«
»Ich riskiere zwei Zehntel von einem Prozent auf zehn Milliarden. Das ist kein schlechtes Geschäft. Also machen Sie's.«
»Alles klar .«
»Und mein Name erscheint nirgendwo. An keiner Stelle.«
Penthouse Executive Club, 45th Street, New York City: 18. September 2008
»Wie haben Sie das gemacht, Mal? Mensch, Sie haben mir angekündigt, dass Lehman Brothers abstürzt. Ich dachte, Sie sind total verrückt geworden. Und dann passiert genau, was Sie gesagt haben. Wie kommt es, dass Sie recht hatten und jeder andere in der Branche falschlag?«
Drei Tage waren vergangen, seit Lehman Brothers Konkurs angemeldet hatte und die Aktie ins Bodenlose gefallen war - innerhalb eines guten Jahres von zweiundachtzig Dollar auf nur drei Cent. Nachdem die Vorstände der großen Wall-Street-Banken sowie der amerikanische Finanzminister Hank Paulson, der britische Schatzkanzler Alistair Darling und Führungskräfte der Bank of America (BoA) und Barclays, die beide Interesse gezeigt hatten, die angeschlagene Bank zu kaufen, ein Wochenende lang verhandelt hatten, musste der Vorstandschef von Lehman Brothers, Richard Fuld, sein Scheitern eingestehen. Fulds Ruf als Größe der Finanzwelt war zerstört, genau wie die Institution, für die er verantwortlich gewesen war. Er machte geltend, ebenfalls mittellos zu sein, doch seine Kritiker glaubten ihm nicht. Sie wiesen auf die geschätzte halbe Milliarde Dollar hin, die er zwischen 2000 und 2007 von der Lehman-Bank erhalten und deren Rückgabe niemand verlangt hatte.
Malachi Zorn jedoch hatte durch seine Spekulation gegen Lehman Brothers einen noch besseren Schnitt gemacht. Er hatte gut 10,7 Milliarden eingestrichen.
Jetzt saß er mit seinem Börsenmakler Donny Trimble, zwei von dessen besten Mitarbeitern und drei Stripperinnen, die sie mit Fünfzig-Dollar-Scheinen überhäuft und mit Unmengen Crystal gelockt hatten, im Penthouse Executive Club an einem Tisch und blickte in die Runde.
Weil es an der Wall Street lauter Kerle wie dich gibt, dachte Zorn bei Trimbles Frage.
Er war ganz sicher nicht prüde, aber er hielt nichts davon, für weibliche Gesellschaft zu bezahlen, und hatte das auch nicht nötig. Aber die Steaks im Club gehörten zu den besten in der Stadt, und er wollte seinen Brokern nicht verwehren, einen Coup zu feiern, bei dem auch sie Millionen verdient hatten. Also hatte er sich angeschlossen und gab sich Mühe, höflich zu sein.
»Wissen Sie, Don, was ich unglaublich finde, ist nicht die Tatsache, dass ich sehen konnte, wie sehr dieses ganze System am Ende war«, sagte Zorn, »sondern dass es so viele andere nicht sahen. Ich meine, drei Jahre vorher stand in einem FBI-Bericht, dass der Hypothekenbetrug um fünfzig Prozent zugenommen hat. Eine Rekordzahl von Leuten kam mit ihren Immobilienraten in den Rückstand oder wurde zahlungsunfähig. Und nur zweierlei hielt die ganze Sache noch in Gang. Erstens die ganzen Trottel, die sich einbildeten, ihr Haus könne im Wert nur steigen, und zweitens die Kreditgeber, die jedem, aber auch wirklich jedem Geld gaben, der sie darum bat. Und selbst wer sie nicht darum bat, bekam es in den Rachen gestopft. Ich meine, haben Sie mal von einer Subprime-Hypothek mit Einfachverzinsung, Nulltilgung und variablen Raten gehört?«
»Äh, nein, nicht dass ich wüsste«, antwortete Trimble, der augenscheinlich weniger an obskuren Hypothekenarten als vielmehr an den hübschen jungen Brüsten seiner Sitznachbarin interessiert war.
»Na, dann sage ich es Ihnen, Don. Das war eine Hypothek, bei der der Kreditnehmer vom Kapital nichts zurückzahlen muss und wo es okay ist, wenn er mit den Zahlungen in Verzug kommt, weil die entsprechende Summe einfach auf die Hypothekenschuld wieder aufgeschlagen wurde. Folglich ist der arme Blödmann, der wahrscheinlich keinen Job hatte, geschweige denn genug Einkommen, um ein Haus zu kaufen, immer tiefer ins Schuldenloch gerutscht, bis er schließlich sagte: Scheiß drauf, und das Haus, die Hypothek und den ganzen Kram einfach aufgegeben hat. Und was er hinter sich ließ, war ein Haufen Schulden, der mit einer wertlosen Immobilie abgesichert war.«
Eine der Stripperinnen, die sich Misti nannte, bezahlte ihr Studium an der Columbia University Business School, indem sie für hundertfünfundzwanzig Dollar pro Strip bei Privatleuten auftrat. Sie konnte in einer Nacht mehr Geld verdienen als ihre kellnernden Freundinnen in einem Monat. Jetzt blickte sie Zorn nachdenklich an. Wenn sie nur den betrunkenen Widerling, der sie für ihre Gesellschaft bezahlte, für ein paar Minuten zum Schweigen brächte, könnte sie hier sogar etwas lernen.
»Aber was ist mit dem Management der Lehman-Bank?«, fragte sie. »Ich meine, hätten die nicht eher etwas an der Situation ändern können, also, bevor es total kritisch wurde? Und wenn ja, hätten Sie dann nicht Ihr Geld verloren?«
»Gute Frage, Misti.« Zorn lächelte, weil die Kleine ihren scharfen Verstand bisher hinter der professionellen Dummchenmaske verborgen hatte, und gab ihr durch seinen Tonfall zu verstehen, dass er das wusste.
»Wären diese Leute mit der Situation ehrlich umgegangen - indem sie zunächst einmal ehrlich zu sich selbst sind -, hätten sie das Unternehmen vielleicht retten können. Sie hätten ihre Posten einem Verantwortungsbewussteren zur Verfügung stellen können. Sie hätten überprüfen können, welche Risiken ihre Angestellten eingehen, um dann die Praxis zu ändern. Sie hätten sich um geschickte Deals bemühen können, die auf wirklich unterbewerteten Anlagegütern basieren - und übrigens hätten sie damit auch mehr Geld gemacht. Sie hätten sich nach...
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