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Ein Licht in seiner Dunkelheit
Christopher Argent ist ein Auftragskiller, geboren und aufgewachsen im berüchtigten Newgate Prison in London. Seit er als Junge mit ansehen musste, wie seine Mutter ermordet wurde, sind ihm menschliche Empfindungen fremd. Seine Aufträge erfüllt er unbeirrt und mit kalter Präzision. Doch dann soll er die Schauspielerin Millie LeCour eliminieren. Zum ersten Mal kann er einen Auftrag nicht vollenden - denn Millie erweckt Gefühle in ihm, die ihn in tiefste Verwirrung stürzen. Er, der ihr Mörder sein sollte, wird zu ihrem Beschützer. Doch kann die Leidenschaft, die zwischen ihnen brennt, die Finsternis seiner Seele wirklich vertreiben? "Emotional, gewaltig, ein Buch, das man nicht mehr weglegen kann!" Romantic Times
Band 2 der Victorian Rebels
Newgate Gefängnis, London 1855
Es war eine einzige Folter.
Christopher Argents Muskeln bebten vor Anstrengung. Schweiß mischte sich mit dem eiskalten Regen und rann in kleinen Bächen an ihm herab. Es machte ihn wahnsinnig. Es war, als würden kleine Würmer über seinen zitternden Körper kriechen. Er würde seine Seele dafür hergeben, sie wegwischen zu können. Aber obwohl Christopher die Zähne zusammenbiss, bis ihm der Kiefer schmerzte, versuchte er keine Gefühlsregung zu zeigen - aus Furcht vor den Konsequenzen.
Er beobachtete aufmerksam den Mann neben sich und ahmte die Bewegungen seines Shifu akkurat nach. Es war schwierig ihnen zu folgen oder, besser gesagt, die fließenden Bewegungen, die Meister Wu Ping ihm mit übernatürlicher Präzision vormachte, mit derselben, unglaublichen Langsamkeit auszuführen.
»Du weißt, warum wir das Siu lim tao im Regen üben, Junge?«, fragte Meister Ping mit seinem starken chinesischen Akzent, ohne die Übung zu unterbrechen. Es waren die ersten Worte, die er zu Christopher sagte, seit sie heute mit dem Unterricht begonnen hatten.
Christopher fiel es sehr viel schwerer, die Bewegungen korrekt auszuführen, während er sprach, er brauchte seine ganze Konzentration für die Form. Aber er versuchte es.
»Zur Strafe«, sagte er. »Weil ich John und Harry verprügelt habe .«
»Und?«
Christopher holte tief Luft, um seine Schande einzugestehen, aber er musste seine Bewegung unterbrechen und sich neu sammeln, um dem Rhythmus des Shifu zu folgen.
»Und Hugh«, murmelte er.
Meister Ping schwieg eine Weile, man hörte nur seinen Atem, während er die flache Hand nach oben geöffnet von sich fort bewegte und dann senkrecht, in Verlängerung des Brustbeins, vor den Körper zurückführte. »Ich bin dein Shifu, Junge. Was bedeutet das Wort in deiner Sprache?«
Das wusste Christopher. »Es bedeutet Lehrer.«
Wu Ping nickte kurz. »Also steht es mir nicht zu, dich zu bestrafen. Meine Aufgabe ist es, zu lehren.«
Die Stille dehnte sich zu einer gefühlten Ewigkeit, während sie die präzisen Bewegungsabfolgen ausführten, die Christopher inzwischen seit beinahe zwei Jahren übte. Jetzt mit elf war er fast so groß wie der Lehrer, der ihn unter seine Fittiche genommen hatte.
»Heute, Junge, ich dir zeigen, wie Wasser sein.« Master Ping hatte ihn immer nur »Junge« genannt.
Christopher lauschte aufmerksam, während er vor sich auf den nassen, grauen Hof des Newgate Gefängnisses blickte. Der alte Mann hatte schon früher über Wasser gesprochen, aber Christopher musste zugeben, dass er nicht zugehört hatte. Aber jetzt würde er es tun. Er war so durchnässt von dem feuchten Element, er war so erschöpft und zitterte so sehr, dass es einen ziemlichen Eindruck auf ihn machte.
»Wasser ist flüssig, wandelbar«, begann Ping. »Ist weich. Nimmt die Form an, die es enthält. Findet die tiefsten Orte und nimmt den Weg des geringsten Widerstandes. Es erhält Leben. Wird leicht umgeleitet zum Nutzen anderer. Du verstehst?«
»Ja, Shifu.« Er verstand gar nichts, aber das würde er schon noch, wenn Meister Ping fertig war.
»Aber Wasser auch tödlich«, fuhr der Lehrer fort. »Nicht einmal Stein widersteht seiner Kraft. Wasser überflutet. Ertränkt. Zerstört alles auf seinem Weg ohne Denken. Ohne Gnade. Ohne Reue.«
Der alte Mann hielt inne in seiner Bewegung und drehte sich zu Christopher um, der seine zitternden Arme erleichtert sinken ließ und den kleinen Chinesen ansah. Früher hatte er gefunden, dass Meister Ping wie eine Wurst aussah, rund und krumm und in straffe Haut gehüllt. Dabei war der kleine, freundliche Fremde der gefährlichste Mann im ganzen Gefängnis.
»Was sind die fünf Reaktionen auf einen Konflikt?«, fragte Ping.
Christopher zählte sie aus dem Gedächtnis auf. »Vermeidung, Entgegenkommen, Kooperation, Kompromiss und Angriff.«
Wieder nickte Ping kurz. »Fäuste und Kraft sind nur nötig einmal von fünf. Weißt du, warum das so ist?«
Christopher sah auf die schmierigen Pflastersteine des Hofes und folgte einem dunklen, schmutzigen Rinnsal mit den Augen, das auf einen Abfluss zulief. »Weil ich mich nicht prügeln soll«, murmelte er.
»Falsch«, schimpfte Ping, aber er war sanft, als er Christophers Kinn hob und ihm in die Augen blickte. »Weil unser Kung Fu ist nicht zum Kämpfen. Nur zum Töten. Du nicht benutzen, nur um ein Leben zu nehmen, dich zu verteidigen oder jemand zu beschützen.«
Wieder biss Christopher die Zähne zusammen, aber diesmal nicht vor Kälte oder Erschöpfung, sondern weil eine vertraute Hitze in ihm aufstieg. Er konnte den Trotz in seinen Augen nicht verbergen. »Sie haben nicht gehört, was die über meine Mutter gesagt haben.«
»Stimmt, was sie gesagt haben?«, fragte Ping.
»Nein.«
»Warum dann wichtig?« Der Shifu zuckte mit den Schultern.
Es war aus so vielen Gründen wichtig, aber Christopher konnte sie nicht benennen und schwieg wütend.
Pings schwarze Augen wurden weich, und um die Augenwinkel erschienen winzige Fältchen - näher war er einem Lächeln noch nie gekommen. »Du schon sein wie Wasser, nur deine Gefühle zu tief. Zu stark. Wie Ozean. Du musst Gefühle zur Ruhe bringen, Wut, Hass, Angst .« Ping legte Christopher die Hand auf die Schulter, ein ungewöhnliches Zeichen der Zuneigung. »Liebe.«
»Wie?«, flüsterte Christopher.
»Leite um, wie ein Bauer, der einen Fluss umleitet, um seine Felder zu bewässern. Du musst verwandeln in Geduld, Logik, Rücksichtslosigkeit. Nur dann fließt Tod von deinen Händen mit der zerstörerischen Macht der Flut.« Meister Ping wandte sich von ihm ab, nahm die Grundposition ein und schlug mit der flachen Hand gegen die Gefängnismauer. Der Stein bröckelte unter seinem Schlag, und es bildeten sich strahlenförmige Risse.
Christopher starrte mit offenem Mund darauf und schmeckte den Regen auf der Zunge. »Wie . wie haben Sie das gemacht?«
Ping zwinkerte ihm zu. »Ich zeige dir morgen. Du schlägst nicht auf das Ziel, sondern hindurch, dann wird Kraft übertragen, und Ziel fällt.«
»Können Sie es mir jetzt zeigen?«, fragte Christopher hoffnungsvoll.
Ping schüttelte den Kopf. »Deine Mutter wartet auf dich in der Zelle. Fast Zeit zu essen.«
»Woher .«
Die Uhr schlug. Christopher drehte sich so rasch zu dem Wachturm um, dass Wassertropfen in den Regen wirbelten. Anscheinend wusste der geheimnisvolle alte Mann selbst an Tagen, an denen die Sonne nicht zu sehen war, wie spät es war.
Als Christopher sich wieder zu Meister Ping umdrehte, stand er allein im Hof.
Jetzt mehr vor Aufregung als vor Kälte zitternd, lief Christopher durch den Regen zum Dead Man's Walk, einem Gang, dessen Dach nur aus einem rostigen Gitter bestand und durch den man die Todgeweihten zum Galgen führte. Er grüßte ein paar bekannte Gesichter, als er durch die Katakomben des Gefängnisses ging und klopfte dann an die Eisentür, die den Bereich der Männer von dem der Frauen trennte.
»Wer ist da?« Eine Stimme mit starkem schottischem Akzent drang durch das vergitterte Fenster in der Tür, dann zeigte sich das runde Gesicht des jungen Ewan McTavish, der auf ihn hinunterblickte. »Aye, Kleiner, du bist es! Du hast Glück, dass du vor dem Wachwechsel zurück bist. Wenn Treadwell dich auf der falschen Seite der Tür entdeckt, lässt er dich die ganze Nacht da hocken und du bist den üblen Kerlen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, kapiert?«
Christopher war in diesen Mauern geboren worden. Er wusste besser als McTavish, in welche Hölle sich Newgate bei Einbruch der Nacht verwandelte. Das Rasseln der Ketten war sein Schlaflied gewesen, das Schreien und Wimmern der Schwachen und die widerstrebenden Schritte der Verurteilten, die sich den langen, übergitterten Gang entlangschleppten und nie zurückkehrten. Seine Mutter weinte manchmal um die Gehängten, aber Christopher tat das nie. Ein toter Gefangener hieß manchmal Schuhe oder einen Gürtel.
Die rostige Eisentür schrappte mit ohrenbetäubendem Lärm über den Steinboden, als McTavish sie weit genug öffnete, damit der schmale Junge hindurchschlüpfen konnte. Dann stieß er sie wieder zu und schob den Riegel vor.
»Mum schickt mich immer raus, wenn neue Vorräte gebracht werden.« Christopher hüpfte von einem nackten Fuß auf den anderen, um sich warm zu halten. Er mochte McTavish, und an Tagen, an denen er nichts anderes zu tun hatte, folgte er dem stämmigen, dunkelhaarigen Wärter manchmal auf seiner Runde.
McTavishs Augen passten zu dem schicken Dunkelblau seiner Uniform. Es lag Mitleid darin, als er nickte. »Aye, Bursche. Ich weiß.«
»Die Wärter wollen nicht, dass ich da bin, wenn sie Feuerholz oder Konserven bringen. Mum sagt, ich bin nur im Weg.«
McTavish wich Christophers Blick aus und starrte in den feuchtkalten Gang, der mit eisernen Gitterstäben flankiert war. »Sie sind fertig«, murmelte er. »Lauf los zu deiner Mutter, damit sie nicht mit dem Essen warten muss.«
Christopher, der sich schon richtig auf das Feuer freute, rannte einen Gang hinauf, den nächsten hinunter und drückte sich flach an eine Wand, als zwei Wärter sich näherten. Einer machte gerade seinen Gürtel zu. Hier in Newgate musste man wissen, welchen Wärtern man besser aus dem Weg...
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