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. oder doch eher Unbedarftheit? Keine andere Frage könnte treffender beschreiben, wie mein Leben begann, sich mehr und mehr um die Pferde zu drehen.
Meinen Eltern bin ich sehr dankbar, dass mein "Initiationsritus" zur Reiterin nicht, wie üblich, im örtlichen Reitverein vonstattenging. Diese Erfahrung sollte ich erst machen, nachdem ich mein Herz bereits an die Pferde verloren hatte. Und das war auch gut so, vielleicht hätte ich sonst die Freude an dem Zusammensein mit diesen sanften Wesen verloren oder nie erfahren dürfen.
Mein Weg zum Reiten war eher ungewöhnlich: Als ich acht Jahre alt war, bekam mein Vater die Chance, ein Staudammprojekt in Lateinamerika als kaufmännischer Leiter zu betreuen. Also zog die ganze Familie nach Honduras mitten in den Busch, in ein eigens aus Mobilehomes zusammengesetztes Camp, eineinhalb Stunden von der Zivilisation entfernt. Für mich begann damit ein wunderbares Abenteuer: Zuckerrohr pflücken im Busch, Begegnungen mit Skorpionen und giftigen Schlangen, Freundschaften mit Kindern aus Österreich, Italien und der Schweiz.
Dass Pferde mein ganzes Leben bis zum heutigen Tag zu einem andauernden und erfüllenden Abenteuer machen würden, war zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht einmal zu erahnen. Zunächst streiften die Pferde der umliegenden Bauern durch das Camp, war dies doch ursprünglich ihr Weideland. Nachdem das Camp umzäunt und von den neuen Bewohnern bezogen wurde, mussten die Pferde weichen. Doch eines schönen Tages zogen auch sie wieder auf das Gelände - als Reittiere einzelner Kinder im Camp. Ob diese Kinder schon in ihrer Heimat mit dem Reiten begonnen hatten, weiß ich bis heute nicht. Die Pferde wurden von den umliegenden Bauern erworben oder geliehen und wurden dann einfach auf den Freiflächen innerhalb des Camps gehalten, zum Teil einfach mit langen Leinen an Bäumen angebunden. In unserer Unbedarftheit war den Beteiligten zunächst gar nicht klar, was es bedeutet ein Pferd zu halten und zu versorgen. Nachdem ein Pferd zu Tode kam, weil es sich in Panik um den Baum gewickelt und quasi erhängt hatte, wurde ein Areal außerhalb des Camps für die immer zahlreicher werdenden Pferde gefunden. Man stellte einen "Pferdeboy" ein, der sich auskannte und den letztendlich ahnungslosen Europäern die Pferde versorgte und sattelte.
Die "Wiese", auf der die Pferde lebten, war ein riesiges eingezäuntes Stück Dschungel mit Hügeln und Tälern, Trampelpfaden und dem einen oder anderen Kuhgerippe. Natur pur! Die Pferde kannten keinen Stall, lediglich ein Gebäude für das Sattelzeug befand sich auf einem Hügel am Rande der riesigen Weidefläche. Nicht selten musste ich mein Pferd mit dem Lasso fangen und ritt dann zum "Stallgebäude". Zu Fressen bekamen die Pferde eine Handvoll Mais - für ein ausgemergeltes Arbeitspferd im bitterarmen Honduras ein Festmahl.
Irgendwann befiel der um sich greifende Pferdevirus auch meine Eltern, die als ehemalige Stadtkinder in ihrem Alltag höchstens beim Besuch der Verwandtschaft auf dem Lande Kontakt zu Pferden gehabt hatten. Mein Vater mietete beim Bauern nebenan zwei Pferde für ein Jahr lang zum Preis von 300 DM. Für die armen Bauern war das ein gutes Geschäft: Es gab einige Mäuler weniger zu stopfen und die Pferde wurden gut versorgt. Gut aufgefüttert und ausgeruht, bekamen sie die Pferde nach Ablauf unseres Aufenthaltes in Honduras wieder zurück.
Unsere beiden Pferde waren Silver, ein brauner Wallach, und Espaviento, ein weißes Pony, das aber bald von Bajazzo (Bild rechts) abgelöst wurde, da ich sehr schnell zu groß für Espaviento war.
Aus heutiger Sicht, kann ich über meine Reitanfänge nur den Kopf schütteln: Absolut unerfahren, ohne je auf einem Pferderücken gesessen zu haben, rasten wir im gestreckten Galopp durch den Busch - natürlich ohne Kappe - fest davon überzeugt, dass das Horn am Westernsattel eigens zum Festhalten angebracht worden war. Die Pferde wurden darüber hinaus auf blanker Kandare mit starker Zungenfreiheit gezäumt. Zum Glück waren die hart arbeitenden Bauernpferde eher faul als heiß, so dass die Kandare letztendlich kaum zum Einsatz kam. An die Gefahren einen Sturzes wurde kein Gedanke verschwendet. Auch nicht, nachdem sich mein Pferd in einem Gewitter erschrak, ich vom blanken Pferderücken rutschte und mit einem Loch im Kopf ins Krankenhaus kam.
Dennoch oder gerade deshalb gehört diese Anfangszeit auf dem Pferderücken zu meinen schönsten und intensivsten Kindheitserinnerungen. Ich bin meinen Eltern auf ewig dankbar, dass sie meinen Freiheitsdrang nie zugunsten ihrer Sorgen und Ängste eingeschränkt haben! Nie wieder habe ich mich so frei, so mit der Natur im Einklang, so unbefangen und so eins gefühlt mit dem Pferd wie im honduranischen Urwald!
Rudolf G. Binding hat dieses Gefühl wunderbar poetisch in Worte gefasst: "Liebst Du den Tanz? Das Pferd ist ein Tänzer an Deiner Hand: Ein Tänzer in die Unendlichkeit. Aus dem Schwung, dem Du ihm mitteilst folgt die Leichtigkeit, folgt das Schweben. Alle Kraft fühlst Du sich unter Deinem Sattel vereinigen. Das Land bleibt hinter Dir zurück. Die Welt fliegt an Dir vorüber. Dein Tänzer trägt Dich davon." (aus: "Reitanweisung für eine Geliebte")
Diese Erfahrung der Unbefangenheit wünsche ich jedem Reitanfänger. Denn Angstfreiheit, Vertrauen und Zwanglosigkeit sind Grundvoraussetzung, um ein richtiger Reiter zu werden.
Habe ich Angst herunterzufallen, kann ich mich nie ganz auf die Pferdebewegungen einlassen und eine vertrauensvolle Verbindung zum Pferd aufbauen. Meist zeichnet sich eine solche Unsicherheit auch im Sitz ab: Klemmen mit Knien und Oberschenkeln, Hochziehen der Schultern und eine insgesamt verkrampfte Körperhaltung sind nur einige Indizien, die auf ein subjektives Empfinden von Angst und mangelnder Sicherheit hinweisen.
In meiner Praxis erlebe ich häufig, dass unsichere Reiter in heiklen Situationen die Hände nach oben reißen. Eine ganz normale Reaktion, denn wir Menschen reagieren auf Störungen im Gleichgewicht, indem wir uns irgendwo festhalten. Das war überlebenswichtig als wir entwicklungsgeschichtlich betrachtet noch auf Bäumen lebten. Für das Pferd ist diese Reaktion allerdings kritisch. Es ist sowieso schon verunsichert, und der Reiter irritiert es zusätzlich durch seine Körpersprache und unkoordinierte Zügelanzüge. So entsteht aus einem kleinen unentspannten Moment unter Umständen eine echte Problemsituation. Der Reiter sollte üben, in solchen Momenten seine Hände auf dem Widerrist aufzulegen und/oder das Pferd dort mit den Fingern zu kraulen. Das beruhigt und vermittelt Sicherheit - und Halt gibt es auch noch.
Als Ausbilder stelle ich fest, dass das Thema Angst heutzutage immer mehr in den Vordergrund tritt. Das mag zum einen dran liegen, dass immer mehr Späteinsteiger, aber auch erwachsene Wiedereinsteiger vom Reiten fasziniert sind. Zum anderen glaube ich aber auch, dass wir in einer Zeit leben, die von wachsender Unsicherheit geprägt ist. Und das, obwohl zumindest die westliche Welt selten solch komfortable Lebensumstände genießen konnte. Da man mit Angst auch noch gute Geschäfte machen kann, stürzen sich Medien und Wirtschaft auf das Sicherheitsbedürfnis der Menschen. Diese gesellschaftliche Entwicklung wird auch deutlich, wenn man in der reiterlichen Geschichte zurückblickt. In Dokumentationen, Filmen und auf Bildern aus der Nachkriegszeit kann man feststellen, dass zu dieser Zeit sogar im Geländeparcours und beim Springen auf eine Reitkappe verzichtet wurde. Heute wird man in den sozialen Netzwerken schon aufs Schärfste kritisiert, wenn man einmal ein Reitbild ohne Kappe veröffentlicht. Tatsächlich ist es auch ratsam sich zu schützen! Reiten ist nicht ungefährlich, haben wir es doch mit einem Fluchttier zu tun, das in Panik seinen Instinkten folgt. Es kann daher schnell und manchmal völlig unerwartet passieren, dass sich ein Pferd unter dem Sattel erschrickt, losrennt, Haken schlägt und den Reiter so in heikle Situationen bringt. Stürzt der Reiter in einem solchen Moment, kann eine Reitkappe Leben retten.
Praxistipp 1: Auswahl der Sicherheitsausrüstung
Aus meiner Sicht als Bewegungstrainer gibt es bei der Auswahl der Sicherheitsausrüstung ein paar wichtige Dinge zu beachten:
Die Reitkappe: Bei der Wahl der Reitkappe ist neben der aktuell gültigen Sicherheitsnorm auf eine gute Passform zu achten. Rutscht die Kappe zu weit ins Gesichtsfeld, macht man sich als Reiter bei dem Versuch den Überblick zu behalten im Nacken fest. Unter diesem Aspekt ist es auch sinnvoll, darauf zu achten, dass der Schirm nicht zu groß ist. Probieren Sie es aus: Stellen Sie sich mit leicht gebeugten Knien hin und schuckeln Sie ein wenig. Dabei nehmen Sie den Kopf mal in den Nacken und mal auf die Brust. Fühlen Sie nach, wie geschmeidig sie Schuckeln können. In welcher Kopfposition fühlt sich die Bewegung am harmonischsten an? Wann...
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