Schweitzer Fachinformationen
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Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Wenn du durchs Wasser gehst, ich bin bei dir, und durch Ströme, sie werden dich nicht überfluten.
JESAJA 43,1B-2
Ich war mitten in der chirurgischen Ausbildung, als eine einzige Nachtschicht in der Notaufnahme meinen Glauben an Gott zerschellen ließ.
Rückblickend würde ich mich als Namenschristen bezeichnen. Mein Bild von Gott gründete sich mehr auf Gefühle als auf biblischen Wahrheiten. Doch in dieser besagten Nacht hörten zu viele Herzen unter meiner Hand auf zu schlagen, und mein fadenscheiniger Glaube fing an, sich aufzulösen. Am nächsten Morgen und dem Ende meiner Schicht fühlte ich mich leer, als wäre mir ein lebenswichtiges Organ aus dem Leib gerissen worden. Zwar sehnte sich mein Körper nach Ruhe; dennoch nahm ich eine zweistündige Autofahrt auf mich in der verzweifelten Hoffnung, wieder die Verbindung zu etwas Gutem, Wahrem zu finden.
Es war einer dieser wunderschönen Oktobertage, an denen Neuengland in Juwelenfarben erstrahlt. Ich hielt an einer Brücke in den Berkshire Mountains, wo sich der Connecticut River blau und gesprenkelt zwischen den wie in Flammen stehenden Bergen hindurchwindet. Inmitten dieser schönen Kulisse schloss ich die Augen zu einem Gebet.
Doch kein Wort kam aus meinem Mund. Vor meinem inneren Auge sah ich nur meine blutbeschmierten Handschuhe und die Augen eines Jungen, die in ihrem letzten Blick erstarrt waren. Ich hörte seine Mutter laut schreien, während sie in ihrem Schmerz auf dem Boden zusammenbrach.
Ich öffnete die Augen wieder und ließ meinen Blick über den Horizont gleiten, auf dem Gottes Fingerabdrücke zu glitzern schienen. Wie sehr wünschte ich mir, die Gewissheit, dass er ein guter Gott ist, würde mich wie ein Blitz treffen und mein Innerstes durchdringen.
Aber in mir war nicht einmal der Funke eines Glaubensfeuers. Stattdessen quälten mich viele Fragen: Wie können Menschen einander ansehen und keinen Wert im anderen erkennen? Wie kann Gott so etwas Böses zulassen? Wie kann er zulassen, dass Leid Menschen zerstört, die ihre Familien lieben, die von Glück träumen und auf bessere Zeiten hoffen, so wie wir alle?
Am nächsten Tag im Krankenhaus machte ich meine übliche Runde. Ich kümmerte mich wie immer um meine Patienten, sah mir schwarz-weiße CT-Aufnahmen an und löste Verbände von Wunden. Aber in meinem tiefsten Inneren hatte sich etwas verhärtet. Meine Glieder gingen ihrer gewohnten Routine nach, doch meine Gedanken befanden sich noch immer auf dieser Brücke und sehnten sich nach dem Gott, dem ich den Rücken zugekehrt hatte.
Viele kennen diese Glaubenszweifel, wie ich sie im Krankenhaus hatte. In all den Jahren, in denen ich kranke Patienten, Kollegen und Freunde begleitete, habe ich hautnah erlebt, wie Krankheit unser Verständnis von Gottes Liebe bedrohen kann. Im Gottesdienst singt man Gott noch mit Inbrunst Loblieder, doch wenn wir keine Luft mehr bekommen, wenn der Schmerz nicht loslässt oder wenn wieder einmal eine Behandlung fehlgeschlagen ist, rückt seine Gegenwart in weite Ferne.
Auch wenn wir nicht selbst erkranken, werden wir doch alle von den Schockwellen erfasst. Vielleicht saßt du am Bett einer dir nahestehenden Person, und während sich die Falten der geliebten Hand, die du einfach nicht loslassen willst, in dein Gedächtnis einprägten, hast du dir über die Frage den Kopf zerbrochen, wo in alledem Gottes Plan zu erkennen sein soll. Vielleicht hast du dich aber auch dazu entschlossen, dein Leben der Pflege von Kranken zu widmen, und du hinterfragst regelmäßig Gottes Mitgefühl, wenn Kinder sterben oder wenn Familien durch schlimme Unfälle ihrer Liebsten beraubt werden. Wo ist Gott?, fragst du dich. Warum antwortet er scheinbar nicht, wenn ich bete? Ob du nun selbst schwer erkrankt bist oder jemand, den du liebst, oder aber ob du Kranke pflegst - im Krankenhaus kann man die dunkelsten Stunden erleben, und es drängen sich Zweifel an Gottes Liebe oder gar an seiner Existenz auf.
Schnelle Antworten können derartige Qualen nicht mindern. Nichts auf der Welt kann den Schmerz wegnehmen, wenn der Bildschirm des Kardiogramms eine Nulllinie zeigt, oder die Fragen auslöschen, wenn der Schmerz uns lähmt. Unsere einzige Hoffnung und eine zufriedenstellende Antwort finden wir, wenn wir uns mit Herz, Verstand und Seele an den Wahrheiten der Bibel festhalten: dass Gott "barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue" ist (2. Mose 34,6) und dass er "die Welt [so] geliebt [hat], dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat" (Johannes 3,16).
Auch wenn uns die Verzweiflung den Blick auf Gott verschleiert, versichert uns sein Wort, die Bibel: Er ist da. Er ist heilig und gnädig, der große "ICH BIN", der Manna vom Himmel herabfallen lässt, um die Hungrigen satt zu machen (2. Mose 3,14; 16,4; 34,6). Aus Liebe gab der Vater seinen eingeborenen Sohn für uns hin (Johannes 3,16). Aus Liebe steht ebendieser Sohn nun für uns ein, wenn der "Lohn" der Sünde uns niederzudrücken droht (1. Johannes 2,1-2; Römer 8,34; Epheser 2,4-7). Er geht mit uns, wenn unser Körper schwächer wird und nach und nach kaputtgeht, wenn unsere Hoffnungen zerbröckeln und sich schließlich in alle Winde zerstreuen (Psalm 34,19). Wenn die Flut steigt, hält er unseren Kopf über der Wasseroberfläche (Jesaja 43,2). Er hat selbst unsäglich gelitten (Jesaja 53,3) und umschließt uns mit seiner Liebe - ganz egal, welche schlechte Nachricht wir erhalten oder welche Ängste wir auszustehen haben. In ihm haben wir Vergebung. In ihm haben wir ein Leben jenseits des Todes, jenseits unserer vergänglichen Hülle (1. Korinther 15,55).
Auch wenn wir in Bedrängnis geraten und niedergeschlagen durch Flure schlurfen, den Geruch von Desinfektionsmittel in der Nase und den Aufklärungsbogen in der Hand: Gottes Güte ist unveränderlich. Seine Liebe zu uns, die er in Christus gezeigt hat, bleibt bestehen. Seine Treue hört niemals auf.
Wenn die Sünde Körper und Seele quält, ziehen wir unsere einzige Hoffnung aus dem inspirierten Wort Gottes. Allein durch die Bibel können wir uns daran erinnern, wer er ist und was er für uns in Christus getan hat - aus Liebe zu uns. Und wenn wir uns an die Verheißungen erinnern, die Gott bereits erfüllt hat, und unseren Blick auf die richten, die er uns für die Zukunft gegeben hat, dann erblühen die Geschichten unseres Lebens mit Beispielen seiner Gnade.
In diesem Buch möchte ich dich einladen, dich gemeinsam mit mir an Gottes unerschütterliche Liebe zu erinnern, die uns auch inmitten von medizinischem Elend umhüllt. Als ich darüber nachdachte, dieses Buch zu schreiben, betete ich zum Herrn, und dabei kamen mir immer wieder Bibelverse in den Sinn, in denen es um das Erinnern geht: Josua richtete ein Denkmal aus zwölf Steinen auf (Josua 4,1-7); der sterbende Mose ermahnte sein Volk, sich immer an die Taten Gottes zu erinnern (5. Mose 4,9); Asaf richtete seine Gedanken auf das, was Gott bereits getan hatte, um sich in der Verzweiflung aufrechthalten zu können (Psalm 77,10-12); Jesus forderte seine Jünger am Abend vor seiner Hinrichtung auf, sich mithilfe von Wein und Brot an ihn zu erinnern (Lukas 22,19). Solche Bibelabschnitte machen deutlich, dass wir lernen können, seine leitende Hand zu erkennen, wo wir bislang nur Leid sehen - wenn wir uns nur an Gottes Gnade erinnern. Wir erkennen Streiflichter der Gnade, die durch die Dunkelheit schimmern wie unvergängliche Sterne.
Dieses Buch hat einen anderen Schwerpunkt als mein erstes Buch Between Life and Death. Das Anliegen dieses ersten Buches war es, praktische Hilfestellung zu leisten, und so fanden sich darin viele medizinische Studien und Tabellen. In dem vorliegenden Buch hingegen stehen persönliche Zeugnisse und Eindrücke aus meiner Stillen Zeit im Vordergrund. Ich möchte die Erlebnisse verwalten, die Gott mir während meiner Zeit im Krankenhaus anvertraut hat. Wie Jackie Hill Perry1 es so schön ausgedrückt hat, lade ich dich mit diesem Buch ein, mit mir gemeinsam anzubeten.
In den meisten der folgenden Kapitel finden sich Geschichten aus meinem eigenen Erleben als Chirurgin auf einer Intensivstation und als Freundin erkrankter Personen, die ich mit biblischen Aussagen in Verbindung zu bringen versuche. Kapitel mit Andachtscharakter, gekennzeichnet durch kursiv gesetzte Titel, wechseln sich mit Fallbeispielen ab und konzentrieren sich darauf, wie medizinische Routinehandlungen - das Legen...
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