Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Im 7. Jahrhundert v. u. Z. stritt sich der griechische Bauer Hesiod mit seinem Bruder Perses. Der wollte schnell reich werden und nicht, wie Hesiod, sein Geld durch harte landwirtschaftliche Arbeit verdienen. Und wie man das eben so macht unter streitenden Bauernbrüdern, dachte sich Hesiod mal eben 828 Hexameter aus, um dem unwilligen Bruder seinen fehlerhaften Lebenswandel in Form des Lehrgedichts Werke und Tage vorzuhalten. Und erklärte ihm darin auch gleich die Ordnung des Kosmos und die Geschichte der Menschheit. Danach ist sehr viel Geschichte passiert, und 2007 wurden folgerichtig die Science Busters gegründet.
Das ist, zugegebenermaßen, keine vollständige Geschichte der Wissenschaftskommunikation.*1 Aber wenn man davon ausgeht, dass die Science Busters deren Höhepunkt darstellen, und anders ist es eigentlich kaum denkbar, dann verpasst man auch nicht viel, wenn man all das ignoriert, was vor uns gekommen ist. Konzentrieren wir uns also auf den Ursprung der Science Busters.
Ziemlich genau 13,8 Milliarden Jahre nach dem Urknall, ob der an einem Donnerstag war oder Freitag, da gehen die Quellen auseinander, ist Heinz Oberhummer emeritiert worden.
Davor war er Assistenzprofessor an der TU Wien für Theoretische Physik, Astrophysik, Teilchenphysik, Didaktik der Physik, Kosmologie und noch manches mehr, wenn man davon ausgeht, Fachkraft zu sein, nur weil man auf einem wissenschaftlichen Paper als Autor oder Co-Autor geführt wird. Der russische Regisseur Andrei Tarkowski lässt in seinem Film Nostalghia die Hauptdarstellerin sinngemäß sagen, mit manchen Männern gehe man nur deshalb ins Bett, damit sie endlich zu reden aufhörten. So war es bei Heinz Oberhummer sicherlich nicht, aber man könnte schon mutmaßen, dass er überall so lange lästig war, bis er irgendwo Professor geworden ist. Emeritiert worden ist er schließlich als Professor für Theoretische Physik, möglicherweise, weil dort der Andrang am geringsten war. Jedenfalls kann der Tag der Pensionierung als offizieller Startschuss gelten, nach dem sich ein paar Tausend Billiarden menschliche Zellen auf den Weg gemacht haben, das zu werden, was in den letzten 15 Jahren als Science Busters von sich reden gemacht hat. Wenn man so möchte, ist also das österreichische Beamtendienstrecht mitschuldig daran, dass die schärfste Science Boygroup der Milchstraße das Licht der Welt erblickt hat.
Denn während seiner Laufbahn als Universitätsprofessor hatte sich Heinz Oberhummer gehütet, populärwissenschaftlich auffällig zu werden. Forschen, ja bitte, Lehren, wenn es sein muss, aber populärwissenschaftliche Vorträge halten, das sieht der Gesetzgeber nicht vor. Wer für so was Zeit hat, der kann nicht genug forschen und folglich auch nicht publizieren und Karriere machen.
Den Menschen, mit deren Geld ein Großteil der Forschung finanziert wird und die letztlich von den Ergebnissen auch profitieren sollen, zu erklären, was genau man herausgefunden hat und wie toll das sei, galt an den Universitäten viele Jahrhunderte lang als reine Zeitverschwendung. Noch Florian Freistetter, der 2014 zu den Science Busters gestoßen ist, hat erlebt, dass ihn ein Vorgesetzter an einer deutschen Universitäts-Sternwarte gerügt hat, weil er in seiner Freizeit zu viele Blogartikel verfasst hatte. Dadurch könnte in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, an der Uni würde nicht ordentlich gearbeitet, sondern er, Freistetter, würde mit Steuergeldern dafür bezahlt, schlichte Aufsätze zu tippen, die alle verstehen können. Anstatt zu forschen. Was solle denn die Öffentlichkeit glauben, was auf einer Uni passiere!
Die Situation hat sich nicht nur in Österreich, sondern weltweit in den vergangenen 15 Jahren deutlich verbessert. Dass es da einen Zusammenhang mit der Gründung der Science Busters gibt, haben Sie gesagt.
Aber wie bitter sich diese Arroganz und Ignoranz rächen würden, haben wir während der laufenden Pandemie erleben müssen. Heerscharen von Nichtswisser:innen haben sich plötzlich als Fachkräfte für Virologie, Impfstoffherstellung und Epidemiologie aufgespielt. Als Experten für »Normale Grippewellen«, an denen das einzig Normale ist, dass jedes Jahr Tausende Menschen nur deshalb daran sterben, weil so viele andere so rücksichtslos und selbstsüchtig und faul sind, sich nicht impfen zu lassen. Und dafür auch noch als »Impfskeptiker:innen« geadelt werden wollen. Als ob es so was gäbe. Was für ein Unsinn. Impfungen gehören zu den größten Errungenschaften der Zivilisation, und es gibt schon seit, äh, Moment, da muss ich im Kalender schauen (Papierrascheln) - ah ja, genau. Es gibt schon seit rund 150 Jahren kein vernünftiges Argument mehr, eine Schutzimpfung nicht in Anspruch zu nehmen, wenn gesundheitlich nichts dagegen spricht. »Impfskepsis« ist ein Nullwort wie Schulmedizin oder Elektrosmog. So was gibt es einfach nicht. Auch wenn es das Wort bis in seriöse Medien geschafft hat, wo man vor lauter Furcht, Blödmänner und -frauen auch als genau das zu bezeichnen, was sie sind, nämlich Blödmänner und -frauen, auf diesen Quatschausdruck zurückgegriffen hat. Skeptizismus ist etwas komplett anderes. Und bedeutet nicht, einfach etwas in Zweifel zu ziehen und sich schon dadurch im Recht zu fühlen, egal ob man vernünftige Einwände hat oder nicht. Skeptizismus hat mit Nachdenken und dem Abwägen rationaler Argumente zu tun. Und davon kann bei »Impfskeptiker:innen« keine Rede sein. Der Wissensstand, was Impfungen betrifft, ist grundsätzlich ein anderer, als von solchen behauptet wird. Je mehr Menschen geimpft sind, etwa gegen Masern, Mumps, Röteln oder Corona, desto weniger Chancen bestehen für Krankheiten. Und desto mehr Sicherheit für alle, vor allem auch für die, die zu jung sind, um geimpft zu werden, oder zu schwach.
Dazu gibt es zwar viele Meinungen, aber keine 2 verschiedenen Fakten. Wer etwas anderes behauptet, hat entweder keine Ahnung, wovon er spricht, oder unlautere Motive. In Österreich hat sich im Laufe der Pandemie etwa eine »Partei« gegründet, deren Hauptgeschäftsgegenstand im Wesentlichen zu sein scheint, Impfungen blöd zu finden, die bekanntlich, Moment, das hab ich gerade erst wo gelesen, Augenblick . (Papierrascheln) - da hab ich es, »zu den größten Errungenschaften der Menschheit« gehören. Und warum gibt es die »Partei« trotzdem? Vermutlich nicht zuletzt deshalb, weil man sich mit ihrer Hilfe wichtig machen, seine Ignoranz ausstellen und dafür auch noch Millionen Parteienförderung kassieren kann. Das kann auch passieren, wenn man zu wenig Bedacht darauf legt, dass wissenschaftliches Denken in einer Gesellschaft der Stand der Dinge ist. Dass man den Menschen jedoch nur erklären müsse, was richtig und falsch sei, dann würden sie schon das Richtige glauben, nachdem ihnen bislang das aktuelle Wissen gefehlt habe, ist aber leider auch nicht richtig. Das wurde in der Wissenschaftskommunikation lange fast als Goldstandard gehandelt und ist als Defizitmodell bekannt. Einer weiß was, sagt es, die anderen hören zu, und danach sind alle schlauer und richten sich nach der neuen Erkenntnis. Wer schon ein bisschen Leben hinter sich gebracht hat, weiß, dass das nur für eine Schnittmenge gilt und keinesfalls für eine Deckmenge. Viele Menschen glauben ja nicht deshalb an Astrologie oder Homöopathie oder die besondere Kraft des Vollmondes, weil ihnen noch nie wer mitgeteilt hat, dass das Unsinn ist. Und gerade sehr gut und für viel Steuergeld ausgebildete Menschen glauben mitunter besonders gern an Homöopathie und geben viel Geld dafür aus. Fehlende Information ist also nicht zwangsläufig ausschlaggebend dafür, dass Menschen Blödsinn glauben oder sich nicht für Wissenschaft interessieren. Zumindest nicht allein. Weshalb neuere Konzepte in der Wissenschaftskommunikation auch immer schauen, dass es sogenannte Feedback-Kanäle gibt, man also prüfen oder zumindest fragen kann, was denn von dem ganzen Wissen wie bei den Adressat:innen angekommen ist. ...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.