Schweitzer Fachinformationen
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Contessina Liliana di Salamandra reist zusammen mit ihrer Großmutter und der Zofe Gina aus dem sonnigen Italien in das viktorianische England. Dort soll Liliana den Duke of Everweard heiraten, als Bedingung dafür - ihren Vater aus dem Gefängnis freizubekommen.
Der Duke, viele Jahrzehnte älter als Liliana, besitzt Dokumente, die die Unschuld ihres Vaters beweisen. Nur um ihre Familie und ihre sechs Schwestern vor Schande, Obdachlosigkeit und Armut zu bewahren, lässt sich Liliana auf das Opfer ein.
Keiner versteht, warum der Duke ausgerechnet Liliana, die siebente Tochter, der siebenten Generation aus dem Hause Salamandra heiraten möchte. Er kennt sie nur von einem Gemälde, hat sie aber noch nie zuvor persönlich getroffen.
Auf ihrer Reise nach England schließt sich ihnen Salvatore Brava an.Liliana und Salvatore verlieben sich sofort ineinander.
Maître Salvatore Brava, Architekt und Restaurator, wurde vom Duke of Everweard beauftragt, eine geheimnisvolle geheime Kammer auf Everweard Castle zu restaurieren - in der Lilianas Hochzeitsnacht stattfinden soll.
Bei seinen Nachforschungen findet Salvatore heraus, dass die geheime Kammer mit anderen Welten verbunden ist und Liliana soll dort geopfert werden, um diese Weltenbarriere endgültig niederzureißen.
Die unabhängigen Freigeister aus Italien werden aber völlig unterschätzt - die Frauen beginnen, ihr Schicksal in ihre eigenen Hände zu nehmen.So wirbeln sie Dukedom Everweard gehörig durcheinander und fangen an, es nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Hilfreich ist hierbei eine philosophische Weltanschauung, jede Menge Zauberei und natürlich die Magie der Liebe.
Harriet R. Burrell erschafft hier eine vielschichtige Welt voller Magie, spannender Charaktere und komplexer Geschichten, garniert mit Dialogwitz und subtilem Humor.
Kapitel 1
Gare du Nord, Paris
»Wann geht es endlich weiter?«, seufzte Liliana.
Seit einer Ewigkeit saßen sie in dem Zug Paris-Calais und warteten auf die Abfahrt. Nicht einen einzigen Schritt hatte Liliana vor den Bahnhof treten dürfen. Großmutter hatte es untersagt. Der Gare du Nord war ein Käfig aus hohen Pfeilern und einem spitzen Dach. Ein langer Mittelstreifen aus Glas sollte Tageslicht hereinlassen, war aber so verrußt, dass er die Halle noch mehr verdüsterte. Tauben stolzierten auf den Bahnsteigen unbekümmert zwischen den Beinen der Reisenden. Nur die Spatzen schienen sie zu stören, eine räuberische Bande, die im Sturzflug vom Metallgerüst herunterkam und ihnen die Beute an Brotkrumen und Essensresten abjagte. Dann flogen sie wieder hinauf zu den Querträgern direkt unter dem fahlen Streifen Licht, den die Glasscheiben gefangen hielten.
Hoch oben auf einem Querträger entdeckte Liliana einen kleinen gelben Fleck. Ein Maler hatte ihn hingetupft, wohl aus Protest gegen das vorherrschende Grau.
Großmutter schlief und schnarchte mit offenem Mund. Gina ließ sich dadurch nicht stören und las in aller Seelenruhe einen Liebesroman. Einen ganzen Koffer voll hatte sie davon mitgenommen. Liliana dachte an die prächtigen Boulevards, die Brücken über die Seine, den Jardin du Luxembourg, den Louvre und die Buchhandlungen mit ihren verborgenen Schätzen und an die eleganten Damen und Herren, die das alles genießen konnten, während sie in diesem tristen Bahnhof gefangen war.
»Ist das Buch spannend?«
Gina nickte.
»Woher nimmst du nur die Ruhe, jetzt zu lesen? Ist dir nicht bewusst, dass wir in Paris sind?«
»Das lässt sich nicht leugnen«, antwortete Gina. »Es steht auch auf dem Schild dort draußen.«
»Ist das nicht eine ziemlich freche Antwort für eine Zofe?«
»Es ist nur eine Tatsachenfeststellung, Contessina Liliana di Salamandra. Muss ich jedem Satz die Anrede Contessina Liliana hinzufügen? Du weißt doch, wer du bist. Oder nicht?«
»Darum geht es nicht. Sollte aber jemand zuhören, darf ihm nicht vorenthalten werden, dass ich etwas Besseres bin. Wir müssen uns streng an die Etikette halten, Zofe Gina. Wir wollen doch nicht riskieren, wieder nach Hause geschickt zu werden.«
»Mich würde man wegschicken, nicht dich«, sagte Gina.
»Das ist wahr. Siehst du jetzt ein, wie wichtig das ist?«
»Darf ich daran erinnern, dass wir inkognito reisen, Signorina Rossi? Da du jetzt keine Contessina bist, bin ich auch keine Zofe.«
»Was Großmutter sich da wieder ausgedacht hat!«
»Lass mich endlich weiterlesen! Er wird sie jetzt küssen.«
»Was hat das arme Mädchen verbrochen?«
»Wie kannst du nur so unromantisch sein, Liliana!«
»Für mich gibt es keine Romantik. Das übergehe ich und heirate gleich. Ist das nicht zeitsparender?«
Gina seufzte:
»Du willst es ja so. Vielleicht hast du Glück und der Duke ist ein Traummann.«
»Eher ein Albtraummann. Der Duke ist fast ein Greis. Aber ich will deine Illusionen nicht zerstören, du unschuldiges Kind. Mögest du eines Tages deinen Romeo finden oder besser, noch eine Schiffsladung voller Romeos.«
»Mit Romeo nahm es kein gutes Ende«, sagte Gina.
»Lass dir das eine Warnung sein!«
»Wenn ich jetzt in Ruhe weiterlesen dürfte, Signorina Rossi?«
Das Schnarchen hörte auf. Großmutter schlug die Augen auf.
»Ist er schon da?«
»Wer denn, Großmutter?«, sagte Liliana. »Wartest du auch auf deinen Romeo?«
»Hast du wieder eine deiner Stimmungen, Enkelin?«
»Ich bin in ausgezeichneter Stimmung. Besonders da du mir verboten hast, auch nur einen einzigen Blick auf Paris zu werfen, von dem ich annehme, dass es sich jenseits dieser Gefängnismauern erstreckt.«
»Wir sind mitten in Paris«, sagte Großmutter.
»Meinen Enkelkindern werde ich erzählen können, wie verrußt, stickig und laut Paris ist - und wie klein, nicht größer als ein Eisenbahnabteil.«
»Wenn du die Duchess of Everweard bist, kannst du mit deinem Gatten, sooft du willst, nach Paris reisen.«
»Bist du sicher?«
»Warum nicht?«
»Vielleicht weil mein Gatte seinen vertrauten Schaukelstuhl am Kamin nicht verlassen möchte?«
»Endlich!«, sagte Großmutter. »Dann hast du dir also Gedanken gemacht. Gut! Bist du endlich zur Vernunft gekommen?«
»Da wir schon einmal hier sind, hätte ich gern die Stadt gesehen, über die ich so viel gelesen habe.«
»Wir haben eine Vereinbarung, dickköpfige Enkelin. Solange du noch nicht rechtskräftig verheiratet bist, bestimme ich, wo es lang geht.«
Liliana nickte. Großmutter fuhr fort:
»Ich wiederhole es dir gern. Niemand darf Wind davon bekommen, was wir vorhaben. Es könnte unsere Mission gefährden.«
»Wer sollte mich schon erkennen? Man würde mich für eine Bettlerin halten, so blass wie ich aussehe, und mir eine Münze in die Hand drücken.«
»Wenn du dich dazu entschlossen haben solltest, deinen heldenhaften Opfergang abzublasen, bin ich sofort bereit, mich mit dir in den Sündenpfuhl Paris zu stürzen. Nichts wäre mir lieber!«
Liliana schob die Fensterscheibe herunter. Sie lehnte sich hinaus und blickte hinauf zu dem gelben Fleck auf dem Eisenträger. Jetzt sah sie, dass es ein Kanarienvogel war. Er würde hier kläglich umkommen. Sie streckte die Arme nach oben und öffnete die Hände.
»Komm, du verirrter Vogel, komm!«, rief sie hinauf.
Jetzt erst schienen die Spatzen den exotischen Eindringling in ihrem Reich zu bemerken. Mit schrillem Geschrei flog ein Schwarm hinauf zu dem Eisenpfeiler.
»Lasst ihn in Ruhe!«
Die Spatzen drehten ab und schimpften. Da löste sich der gelbe Fleck und schwebte herunter in Lilianas Hände. Vorsichtig setzte sie ihn auf der Sitzbank ab. Dann schloss sie das Fenster. Sie holte die Thermosflasche und goss Wasser auf ihre Handinnenfläche. Der Vogel trank. Dann flatterte er hinauf zur Gepäckablage und setzte sich auf Lilianas sonnengelben Strohhut, sodass er kaum noch zu erkennen war.
»Jetzt hast du einen Kanarienvogel«, sagte Großmutter.
»Wenn wir draußen sind auf dem Land, wenn wir Bäume sehen und die Sonne scheint, wenn ein milder Wind weht und die Welt still und friedlich ist, dann werde ich ihn wieder freilassen. Denn frei wollen wir alle sein, nicht wahr?«
»Das ist ein Kanarienvogel«, sagte Großmutter. »Kanarienvögel sind die Freiheit nicht gewohnt. Sie werden gezüchtet, um in Käfigen zu leben und dann und wann im Zimmer herumzuflattern. Ihre Aufgabe ist es, die Menschen zu erfreuen mit ihrem Aussehen und ihrem Gesang. Er wird draußen umkommen.«
Liliana seufzte. »Ich habe doch gleich gefühlt, dass unser Schicksal verwoben ist. Ein Leben im Käfig, immer schön sein, artig süße Melodien singen und die Körner picken, die ein gnädiger Herr in die Futterschale füllt - und ab und zu darf ich herumflattern, auf einem Ball oder einem Festdiner, - aber immer nur bei geschlossenen Fenstern.«
Großmutter lachte.
»Ja, ja, so kann es kommen. Aber es gibt keine Gitter und keine verschlossenen Türen. Es sei denn, du bringst sie selbst an.«
»Du hast mich gerade auf eine Idee gebracht, Großmutter. Daran hatte ich noch nicht gedacht, nämlich meine Türen zu verschließen.«
»Vielleicht wirst du sie gern öffnen.«
»Vielleicht sollte ich mich gleich einmauern.«
»Schluss jetzt mit all den Vielleichts! Wir erwarten noch einen Mitreisenden.«
»Wer ist das?«
»Er heißt Salvatore Brava. Der Duke bat ihn, uns nach Everweard Castle zu begleiten.«
»Befürchtet er, dass wir es ohne männliche Hilfe nicht finden?«, sagte Liliana.
»Das werden wir von dem jungen Mann erfahren.«
Gina legte das Buch mit einem Seufzer zur Seite. Die erste Kussszene ging ihr jedes Mal unter die Haut. Mitleidig sah sie zu Liliana hinüber, die solchen Gefühlsregungen nichts abgewinnen konnte. Wie verschieden sie doch waren! Vor siebzehn Jahren waren sie am selben Tag zur selben Zeit zur Welt gekommen, Liliana als die Contessina und sie als niemand.
»Marchesa«, sagte Gina, »viel Zeit hat der junge Mann nicht mehr. Der Schaffner gibt schon das erste Signal zum Einsteigen.«
Liliana sah in den Spiegel über der Sitzbank.
»Ich sehe ja schrecklich aus! Gina, könntest du meine Haare .?«
Die Tür ging auf. Liliana drehte sich um. Ein junger Mann trat in das Abteil. Ihre Augen trafen sich und hielten sich fest. In diesem Augenblick gab es sonst nichts mehr auf der Welt, keine anderen Menschen, keine Eisenbahn, kein Paris, kein Lärm, keine Gerüche, keine Vergangenheit und keine Zukunft, nichts außer dem schmerzlich süßen Erkennen zweier Seelen.
Liliana fiel in Ohnmacht.
*
Außer Atem erreichte Salvatore Brava das Abteil mit der Ziffer 7.
Die Nacht hatte er damit verbracht, seine Koffer abwechselnd zu packen und wieder auszupacken. Florence hatte gedroht, ihn zu verlassen, wenn er abreise, oder sich umzubringen, wenn er sie nicht auf der Stelle heirate. Die Koffer wurden ausgepackt. Florence hatte gesagt, dass es ihr gar nichts ausmache, wenn er für Monate, vielleicht für Jahre weg sei, es könne auch gut für immer sein. Die Koffer wurden wieder gepackt. Außerdem habe sie einen wahren Gentleman kennengelernt, der sei nicht so knauserig wie er. Solch eine Chance bekomme man nur einmal im Leben und jünger würden wir alle nicht. Das war das. An diesem Morgen hatte er endgültig dem ha! Zarten Geschlecht den Rücken gekehrt. Es war schlichtweg...
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