Schweitzer Fachinformationen
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"...vererbe ich meinem Patenkind und Mündel Annalena Siebert mein komplettes Vermögen, sowie mein Gestüt Baldomar, unter der Bedingung, dass sie eine gründliche Ausbildung zur Pferdewirtin dort absolviert. Der Gestütsleiter und Tierarzt Dr. Lukas Forster wird solange die Geschäfte leiten, bis Annalena diese übernehmen kann. Außerdem bestimme ich."
Was der Notar noch weiter vorlas hörte Lena nur noch verschwommen. Das Blut rauschte so laut in ihren Ohren, dass sie dachte ihr Kopf zerplatze. Zum Glück hielt dieser Zustand nicht lange an, so dass sie sich wieder auf die Worte des Notars konzentrieren konnte. Er war bereits am Ende der Verlesung angelangt und belehrte sie darüber, dass sie eine Bedenkzeit von vier Wochen darüber habe, ob sie das Erbe annehmen oder ablehnen wollte.
Nachdem sich der Notar verabschiedet hatte sank sie auf ihren Stuhl zurück, um über das nachzudenken, was sie gehört hatte. Sie war in dem Gedanken angereist, dass ihre verstorbene Tante ihr wohl ein paar Stücke ihres Schmuckes vererbt hatte. Annalena Beyer war die ältere Schwester ihrer Mutter und Lenas Patin. Es war ihr Wunsch gewesen, dass ihr Patenkind ihren Vornamen erhielt. Von ihren Eltern wurde sie immer nur Lena genannt.
Zuletzt hatte Lena ihre etwas egozentrische Patin vor mehr als vier Jahren gesehen. Bei der Beerdigung ihrer Eltern, die bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren. Ihre Tante hatte ihr damals angeboten zu ihr zu ziehen, was sie jedoch nach kurzem Bedenken abgeschlagen hatte. Da ihre Eltern oft für längere Zeit geschäftlich unterwegs waren, hatten sie ihr einziges Kind in einem exklusiven Internat untergebracht.
Für Lena war es zur zweiten Heimat geworden, deshalb wollte sie dort bis zu ihrem Schulabschluss bleiben.
Sie hatte damals jedoch zugestimmt die Ferien bei ihrer Tante zu verbringen. Als sie das letzte Mal dort war, war sie ein Kind von zehn Jahren gewesen und Tante Anne, so wollte sie genannt werden, hatte einen kleinen Reiterhof besessen.
Aus dem Reiterhof war dann ein Gestüt geworden. Ihre Tante hatte das umliegende Gelände aufgekauft und daraus große Koppeln für ihre Pferde gemacht. Soweit sich Lena erinnerte züchtete sie zwei Pferderassen, die verschiedener nicht sein konnten. Zum einen kohlschwarze Friesen mit langen gewellten Mähnen und Schweifen und üppigem Behang an den Fesseln. Die Pferde der anderen Rasse waren hingegen schneeweiß, hatten aber ebenso eine lange Mähne, Schweife und Behänge. Ihre Tante hatte ihr erklärt das sei ein früherer Farbschlag der Friesen, der eigentlich nicht mehr gezüchtet wurde. Da ihr aber diese schneeweißen Tiere so gut gefielen, hatte sie nach langem Suchen einige Exemplare auf einem Pferdemarkt entdeckt und sofort gekauft. Seither züchtete sie neben den schwarzen auch weiße Friesen. Als einziges Gestüt auf der Welt, wie sie Lena stolz erzählt hat. Einige Fohlen dieser Rasse trugen sternförmige Wirbel auf der Stirn und hatten leicht silbrig schimmernde Augen. Sie waren Tante Annes ganzer Stolz gewesen, aber warum hatte sie Lena nicht verraten.
Bei diesem Ferienaufenthalt hatte Lena ihre Liebe zu Pferden entdeckt, besonders nachdem sie bei der Geburt eines Fohlens dabei sein durfte. Der kleine schwarze Hengst hatte ebenfalls einen sternförmigen Wirbel auf der Stirn getragen und im Licht der Stallbeleuchtung hatten seine Augen golden gefunkelt, als er Lena angeblickt hatte. Tante Anne war damals schier aus dem Häuschen gewesen, nachdem sie den kleinen mit Stroh trockengerieben und den Stern entdeckt hatte.
"Lanzelot! Mein Hoffnungsträger", hatte sie bewegt gesagt und sich die Tränen aus den Augen gewischt.
"Endlich bist du da."
Kurz bevor die Ferien zu Ende gingen hatte Lena nochmals einen Spaziergang über das weitläufige Gelände gemacht. Es reichte bis zu einer Bucht, die versteckt zwischen hohen Felsen lag. Diese Felsen erstreckten sich bis ins Meer und schirmten den Strand ab. Dieser war nur über steile, unregelmäßige Steinstufen erreichbar, die irgendwann vor langer Zeit in die schroffe Felswand gehauen worden waren.
Warum Lena damals den beschwerlichen Weg zur Bucht hinunter gemacht hatte wusste sie später nicht mehr zu sagen. Es war als zöge sie etwas dahin. Barfuß, im seichten Wasser stehend, hatte sie aufs Meer geblickt, als sie plötzlich ein leises Wimmern vernahm. Es kam von den groben Steinen, die dicht an der Felswand aus dem Wasser ragten. Langsam war sie darauf zugegangen und plötzlich den Kopf eines braunen Hundes entdeckt der, als er sie sah, lauter jaulte.
Eilig war sie auf ihn zugelaufen. Er schien verletzt, denn er konnte nicht aus eigener Kraft aufstehen. Bernsteinfarbene Augen hatten sie bittend angeschaut und sie hatte keine Sekunde gezögert, dem Hund aus dem Wasser zu helfen. Er war größer als sie zuerst vermutet hatte und ziemlich schwer. Es hatte sie viel Kraft gekostet, ihn bis an den Strand zu ziehen. Dort hatte sie entsetzt festgestellt, dass seine Beine in einer Angelschnur verheddert waren, die sich tief in die Haut geschnitten und böse Wunden verursacht hatten.
Mühsam hatte sie die dünne Schnur entknotet, da sie natürlich kein Werkzeug zum Zerschneiden dabeihatte. Währenddessen hatte ihr der Hund voller Dankbarkeit ununterbrochen die Hände abgeleckt, was die Prozedur noch mehr in die Länge gezogen hatte. Sie konnte es jedoch nicht übers Herz bringen ihn daran zu hindern.
Dann hatte sie gehört wie jemand ihren Namen rief und sich erleichtert gemeldet. Ihre Tante hatte sie bereits vermisst und einen Stallburschen ausgeschickt, nach ihr zu schauen. Mit dessen Hilfe konnte Lena den Hund die Treppen hochschaffen und bis zum Gestüt bringen, wo er vom zufällig anwesenden Tierarzt untersucht und verarztet worden war.
Es hatte sich herausgestellt, dass der Hund eine trächtige Hündin war. Vermutlich wäre sie eine Bulldogge, hatte der alte Tierarzt gemeint und gefragt, ob er sie mitnehmen und im Tierheim abgeben sollte. Nach nur kurzem Überlegen hatte Anne sich jedoch entschlossen die Hündin bei sich aufzunehmen. Sie beauftragte den Tierarzt den Hund im Tierheim zu melden, und dass er bei ihr abgeholt werden konnte, falls sich der Besitzer fand. Weil sie die Farbe von Weinbrand hatte, bekam die Hündin den Namen Brandy.
Was wohl aus Brandy geworden war, überlegte Lena wehmütig. Falls sie bei Anne geblieben war, hatte sie kein Frauchen mehr. Der Gedanke machte sie seltsam traurig. Sie selbst hatte gar nicht richtig um ihre Tante getrauert, kam ihr dabei in den Sinn. Die Nachricht von Annes Tod hatte sie zwar schockiert, doch hatte sie es unterdrückt um sie zu trauern und sich stattdessen um ihr bevorstehendes Abitur gekümmert.
"Soll ich dich zum Gestüt mitnehmen, damit du dir dein Erbe anschauen kannst?"
Eine tiefe Stimme riss sie aus ihren Gedanken und sie fuhr erschrocken herum. Neben ihr stand ein hochgewachsener schlanker Mann mit dunklen Haaren. Er sah gut aus, fand Lena, sie schätzte ihn auf etwa fünfundvierzig Jahre.
"Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken", sagte er mit einem kleinen Lächeln.
"Ich bin der Gestütsleiter von Baldomar und gleichzeitig auch der Tierarzt. Mein Name ist Lukas Forster."
"Ich weiß nicht so recht", antwortete sie verlegen. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Tante Anne mir ihr Gestüt vermachte und weiß gar nicht, was ich tun soll."
Unsicher sah sie zu ihm hoch. Doch er meinte in beruhigendem Ton:
"Na, dann schau dir doch erst einmal alles in Ruhe an, zum Entscheiden hast du ja noch vier Wochen Zeit. Hast du schon ein Zimmer für die Nacht? Du kannst auch gerne im Haus deiner Tante wohnen."
Nach kurzem Nachdenken entschied sich Lena mit zum Gestüt zu fahren. Wo sie jetzt schon einmal hier war, konnte sie sich auch alles gleich anschauen. Und falls sie sich entschied die Nacht im Haus ihrer Tante zu verbringen, so konnte sie ihr gebuchtes Hotelzimmer absagen.
Die Fahrt von der Stadt bis zum Gestüt dauerte länger als es ihr in Erinnerung war, erst nach etwa einer halben Stunde sah sie es in der Ferne auftauchen. Es wirkte noch größer auf sie als damals. Vielleicht hatte Tante Anne noch mehr Land dazu gekauft um darauf Koppeln einzurichten. Wie viele Pferde wohl inzwischen in den Ställen und auf den Weiden standen? Bei dem Gedanken überlief sie eine Gänsehaut und sie fragte sich unwillkürlich, ob sie überhaupt in der Lage wäre ein Gestüt zu übernehmen. Mit ihren siebzehn Jahren hatte sie gerade ihr Abitur gemacht und wusste noch nicht einmal welchen Beruf sie ergreifen wollte. Von der Pferdezucht hatte sie nicht die geringste Ahnung. Und auch nicht von dem was sonst so alles an Arbeit auf einem Gestüt anfiel, allein was an Büroarbeit und Papierkram darin stecken musste, war für sie ein Buch mit sieben Siegeln. Da reichte ihr recht guter Abschluss in BWL sicher nicht aus.
Auch was das Wohlergehen und die Gesundheit der Pferde angeht, besaß sie keine Ahnung. Sie hatte bei ihrem letzten Aufenthalt zwar manchmal bei der Fütterung geholfen und einmal ein Pferd geputzt und gestriegelt. Diese Erfahrung reichte jedoch nicht einmal für ein...
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