Schweitzer Fachinformationen
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Vier Städte, vier grauenvoll zugerichtete Leichen - an verschiedenen Flughäfen Deutschlands werden innerhalb kurzer Zeit mehrere Männer ermordet. An den Tatorten gesicherte Spuren deuten auf einen Serientäter hin, doch zwischen den Opfern gibt es keinerlei Gemeinsamkeiten. Die Ermittler beim LKA sind fassungslos, als sie schließlich herausfinden, dass die DNA-Spuren von einer Frau stammen! Das LKA bittet den knorrigen Profiler Falk Hagedorn, ein Psychogramm der Mörderin zu erstellen. Obwohl Hagedorn sich geschworen hatte, nie wieder für die Polizei zu arbeiten, lässt er sich darauf ein - doch dann beschleicht ihn der furchtbare Gedanke, dass er die Täterin kennen könnte ...
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2. Mai - Konstanz
Wutschnaubend fegte Hagedorn einen Stapel Papier vom Schreibtisch, das wie welkes Laub raschelnd zu Boden segelte und sich im gesamten Raum verteilte. Egal, wie er es drehte und wendete, es sah nicht gut aus. Dass es nicht einfach sein würde, bis er sich etabliert hatte, war ihm von Anfang an klar gewesen. Nur, dass es sich so schleppend entwickeln könnte, damit hatte er nicht gerechnet. Ein weiterer Monat, in dem er Jasmins Lohn und die Fixkosten von seinem Privatvermögen würde bestreiten müssen.
Mit dem Handballen wischte sich Hagedorn über die Stirn und stellte murmelnd eine überschlägige Berechnung an. Drei, allerhöchstens vier Monate würde er noch überbrücken können. Danach wäre auch seine eiserne Reserve aufgebraucht. Sollte er es überhaupt so weit kommen lassen? Wäre es nicht vernünftiger, gleich die Segel zu streichen?
Er hatte sich in den Kopf gesetzt, Menschen zu therapieren, die wirklich Hilfe benötigten. Opfer schwerer Gewalttaten, schwersttraumatisierte Unfallopfer, Menschen, die, so wie er selbst, einen tödlichen Angriff überlebt hatten. Genau darauf hatte er sich spezialisiert. Die Behandlung depressiver, ängstlicher Menschen, Zwangsneurotiker, Essgestörter oder psychosomatisch Erkrankter lag ihm einfach nicht, obwohl Hagedorn während seiner dreijährigen Praxisausbildung viel mit solchen Patienten gearbeitet hatte.
»Nein«, sagte er entschlossen. Er musste sich und der Praxis einfach Zeit geben.
So leicht gibst du dich nicht geschlagen. Du ziehst das jetzt durch, schwor er sich selbst.
Gleich morgen früh würde er Jasmin anweisen, die Quartalsabrechnungen für die Krankenkassen zügig abzuschließen und bei den selbst zahlenden Patienten, die säumig waren, den Druck zu erhöhen. Außerdem würde er sie bitten, Möglichkeiten und Kosten für eine sinnvolle Werbung in Erfahrung zu bringen.
Jasmin war eine quirlige, aufgeweckte junge Frau, die seine Korrespondenz und was sonst so in der Praxis anfiel, mehr als zufriedenstellend erledigte. Überdies war sie kreativ und sehr versiert, was die sozialen Medien betraf. Hagedorn war sich sicher, dass er die Werbung in Jasmins vertrauensvolle Hände geben konnte.
Wenngleich sie ihm zu Beginn mit ihrer oft überbordenden Vitalität etwas auf die Nerven gegangen war, so hatte er sich doch in den vergangenen sechs Monaten so sehr an sie gewöhnt, dass er sie nicht mehr würde missen wollen. Wenn die Praxis nicht lief, würde er es sehr bedauern, sie nach so kurzer Zeit wieder auf die Straße setzen zu müssen.
Er zog am Joystick in der Konsole seiner Armlehne und stieß sich mit dem Rollstuhl, dessen Elektromotor sich leise summend in Bewegung setzte, von der Schreibtischkante zurück. Ächzend beugte er sich nach vorn, um eines der verstreuten Blätter Papier aufzuheben, ließ es dann aber sein.
Er schüttelte seinen massigen Schädel. Jasmin würde ihm die Unordnung nachsehen, trotzdem würde sie ihn mit einem Grinsen wieder einmal für seine Unbeherrschtheit schelten.
Frustriert schnappte er sich seine Jacke und rollte aus dem Büro hinaus in die nachmittägliche milde Maisonne.
Mit spitzen Fingern zupfte er ein Stofftaschentuch aus der Brusttasche seiner Jacke und rieb damit über das glänzende Messingschild, das neben der Eingangstür mit schwarz eloxierten Schrauben angebracht war.
»F. Hagedorn - Psychotherapeut« war darauf zu lesen.
Das Schild war genauso neu wie der Titel, auf den er drei Jahre lang hingearbeitet hatte. Würde das alles bald schon bedeutungslos sein? Auf gar keinen Fall!
Hagedorn wendete den Rollstuhl um die eigene Achse und fuhr die Marktstätte Richtung Uferpromenade hinab.
»Nicht schon wieder!«, brüllte Hagedorn, begleitet von einigen unflätigen Flüchen und Verwünschungen, als er zwei Stunden später in den Hausflur rollte und das Chaos erblickte.
Er hatte sich im Café Konzil noch ein Kännchen Kaffee und ein Stück Käsekuchen gegönnt.
»Wo steckst du, du Lump!«
Überall lag Füllmaterial aus einem Sofakissen, das wie gewaltige Schneeflocken den Fußboden bedeckte.
Ich bringe ihn um, diesen Hund.
Nur für ein paar Tage, hatte sie gemeint. Er sei auch ganz lieb und pflegeleicht, hatte sie gemeint. Außerdem täte Hagedorn ein wenig Gesellschaft ganz gut, hatte sie gemeint.
Karina, seine Tochter, war mittlerweile eine gefragte Schauspielerin. Und obwohl sie sich gut verstanden, was nicht immer so gewesen war, stand sie kurz davor, seine ohnehin nur ansatzweise vorhandene Gutmütigkeit überzustrapazieren, wenn sie ihren Hund nicht bald wieder abholte.
Murrend setzte er sein Gefährt in Bewegung, wodurch die Riesenschneeflocken auseinanderstoben.
Hoffentlich hat er nirgendwo hingepinkelt oder Schlimmeres, ging es ihm durch den Kopf, als er den Gang bis zur Küche hinunterfuhr.
Der zehnjährige Golden Retriever lag, als könnte er kein Wässerchen trüben, den Kopf zwischen den Vorderläufen auf dem mit Terrakotta gefliesten Küchenboden. Offenbar hielt er es nicht einmal für nötig, den Kopf zu heben.
Nur seine Augen wandten sich Hagedorn zu, als wollte sein vorwurfsvoller Blick sagen: Ach, bist du auch endlich mal zu Hause!
Hagedorn konnte ihm nicht wirklich böse sein. Der Hund musste ja auf dumme Gedanken kommen, sooft wie er ihn allein ließ. Vielleicht würde er Sam morgen mit in die Praxis nehmen.
»Na, komm schon! Hopp! Geh in den Garten«, sagte er und öffnete die Terrassentür.
Träge erhob sich Sam und trottete hinaus, wo er am nächstgelegenen Busch das Bein hob und sich erleichterte.
Seiner Tochter gegenüber würde Hagedorn das niemals zugeben, aber die Gesellschaft dieses Hundes war vielleicht doch nicht so übel.
Sam sah für Hagedorn nicht wie ein Sam aus, abgesehen davon mochte er den Namen nicht besonders. In manchen Momenten sah er einen gewissen Schalk in seinen rehbraunen Augen aufblitzen, weshalb er ihn nur »Lump« nannte. Dem Hund schien das herzlich egal zu sein, da er sowohl auf »Sam« wie auf den Namen »Lump« zu hören schien. Mal mehr, mal weniger.
Sechs Monate waren vergangen, seit er sein Haus in Stuttgart, Bad Cannstatt zu einem unverschämt guten Preis verkauft hatte. Den Erlös hatte er in ein schmuckes Häuschen im Konstanzer Musikerviertel gesteckt. Nur kleinere Umbaumaßnahmen waren nötig gewesen, um es behindertengerecht zu gestalten, dennoch hatte er sich von der Bank noch eine ordentliche Summe leihen müssen.
Unter normalen Umständen wäre er niemals bereit gewesen, mehr als eine Dreiviertelmillion Euro für ein Haus auszugeben, aber er wollte, nachdem er sich vor fast vier Jahren in die Landschaft verliebt hatte, unbedingt an den Bodensee zurück.
Obwohl etwas kleiner als sein altes Haus, bot es wesentlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten und hatte sich leichter für seine Bedürfnisse umbauen lassen. Die Badewanne hatte er demontieren und gegen eine barrierefreie Dusche ersetzen lassen.
Ebenso hatte er einen rollstuhlgeeigneten Treppenlift einbauen lassen, der eine ordentliche Stange Geld gekostet hatte. Der Architekt, der die Umbaumaßnahmen geplant und geleitet hatte, wollte Bad und Schlafzimmer ins Erdgeschoss verlegen, was aber zulasten des großen Wohnzimmers gegangen wäre, und das vorhandene Gäste-WC hätte entsprechend vergrößert werden müssen. Hagedorn hatte sich bewusst dagegen entschieden.
Gerade das Wohnzimmer war eines der Glanzpunkte des Hauses. Versehen mit einer beinahe über die gesamte Länge des Raumes verlaufenden Fensterfront, hatte er hier Sicht auf den Bodensee. Der Raum maß über vierzig Quadratmeter und war während des ganzen Tages lichtdurchflutet. Über eine breite Schiebetür gelangte er mit dem Rollstuhl bequem auf die mit Bangkirai-Holz belegte Terrasse. Außer dass er das Schiffsdielenparkett hatte aufbereiten lassen, hatte er in diesem Raum so gut wie keine Veränderungen vornehmen lassen.
Dass sich das Schlafzimmer, Bad und Büro nun im Dachgeschoss befanden, tat seiner Freude an der neuen Behausung keinen Abbruch.
Den Schritt, sein altes Leben in Stuttgart aufzugeben, hatte er nicht bereut. Schon während der Wintermonate hatte er mit dem Rollstuhl die nähere Umgebung erkundet. Nun genoss er die frühlingshaft milden Nachmittage am Ufer der Konstanzer Bucht.
Kurz überlegte Hagedorn, ob er zum Essen auf die Terrasse des Casino-Restaurants gehen sollte, entschied sich aber dagegen. Sparsamkeit war im Moment angebracht, zumindest so lange, bis die Durststrecke überwunden wäre. Und er zweifelte nicht daran, dass es sehr bald mit der Praxis aufwärtsgehen würde. Aber vielleicht sollte er sich doch einem breiteren Patientenkreis öffnen?
Sam stand mit geneigtem Kopf neben ihm. Aufmerksam sah er ihn an, als könnte er seine Gedanken hören.
Hagedorn schob eine Aufbackpizza in den Backofen, ehe er sich erweichen ließ, Sams Lieblingsspielzeug, einen einäugigen, speicheltriefenden Teddybären, den Sam ihm vor die Füße gelegt hatte, quer durch den Garten zu werfen. Sam jagte hinterher und brachte ihn freudig zurück.
Gerade als Hagedorn das Stofftier mit spitzen Fingern aufgehoben hatte und zu einem neuerlichen Wurf ausholte, erklang die Big-Ben-Tonfolge aus dem Hausflur. Die Klingel war das Einzige, was er aus seinem alten Haus mitgenommen hatte. Kraftvoll schleuderte er den Teddy, so weit es ging, in den Garten hinaus, fest entschlossen, das Läuten zu ignorieren. Weder standen irgendwelche Termine an, noch erwartete er Besuch.
»Herrgott noch mal!«, fluchte er.
Er ärgerte sich, dass er mit den Umbaumaßnahmen keine Gegensprechanlage hatte installieren lassen. Innerlich stellte er sich gerade darauf ein, zum hundertsten Mal einen...
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