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Die Spezielle Relativitätstheorie
Auf einen Blick
Die Allgemeine Relativitätstheorie krönte Einsteins wissenschaftliche Karriere. Sie steht jedoch insofern nicht allein da, als sie auf seiner 1905 veröffentlichten Speziellen Relativitätstheorie aufbaut. Es ist deshalb unerlässlich, die wichtigsten Erkenntnisse dieses nicht minder revolutionären Werkes zu verstehen. Der Kern beider Theorien ist ein fundamental neues Verständnis von Raum und Zeit. Um diesen Umsturz nachzuvollziehen, rufen wir uns kurz den Stand der entscheidenden physikalischen Gesetze ins Gedächtnis, die Ende des 19. Jahrhunderts als unumstößlich galten.
Den Begriff der Relativität hat nicht Einstein eingeführt. Er bildete bereits die Grundlage der klassischen Physik von Galilei und Newton und beschreibt, wie die Gesetze der Physik Beobachtern erscheinen, die sich relativ zueinander bewegen. Galileo Galilei formulierte schon 1632 in seinem >Dialog über die beiden hauptsächlichen zwei Weltsysteme< das Relativitätsprinzip. Demnach laufen in gleichförmig bewegten Systemen alle Vorgänge unverändert ab. Gleichförmig meint mit konstanter Geschwindigkeit.
Jeder kennt die Situation: Man sitzt in einem Zug, der im Bahnhof hält. Auf dem Nachbargleis steht ebenfalls ein Zug. Plötzlich, so meinen wir, fahren wir langsam los, denn die anderen Waggons bewegen sich aus unserem Blickfeld hinaus. Schließlich sind sie gänzlich verschwunden, doch zu unserem Erstaunen haben nicht wir den Bahnhof verlassen, sondern der Zug gegenüber. Im Nachbarzug aber hatten einige Reisende vermutlich genau das Gegenteilige empfunden und gemeint, sie selbst würden stehen bleiben und wir uns bewegen. Dieses Phänomen lässt sich nur dann beobachten, wenn die Beschleunigung des Zuges zu gering ist, um von uns wahrgenommen zu werden, das heißt wenn sich der Zug mit nahezu konstanter Geschwindigkeit bewegt. Dann können wir nicht zwischen Ruhe und Bewegung unterscheiden. Fahren wir in einem ICE mit 200 km/h und lassen einen Kugelschreiber los, so wird er senkrecht nach unten fallen - genau so, als würden wir unbewegt am Bahnsteig stehen.
Vom Standpunkt eines Physikers aus sind beide Personen - oder wie man sagt: Bezugssysteme - gleichberechtigt. Alle Vorgänge laufen im gleichförmig bewegten System exakt so ab wie in einem ruhenden. Beide Systeme sind ununterscheidbar, weswegen der Begriff Ruhe aus physikalischer Sicht relativ ist, wie uns das Beispiel der Personen in den beiden Zügen im Bahnhof zeigt. Solche gleichförmig bewegten Systeme nennen Physiker Inertialsysteme.
Geschwindigkeiten sind immer relativ und hängen davon ab, von wo aus sie gemessen werden. Nehmen wir an, auf einer Autobahn versuchen zwei Autos, die bezüglich eines an der Straße stehenden Radars der Polizei mit jeweils 120 km/h fahren, einander zu überholen. Auf der Gegenspur kommt ihnen ein PKW mit 150 km/h bezüglich des Radars entgegen. Die beiden Autofahrer bewegen sich nun relativ zueinander gar nicht, haben also die Relativgeschwindigkeit 0 km/h. Der von ihnen auf der anderen Seite entgegenkommende PKW rast indes mit 270 km/h auf sie zu. Alle Bezugssysteme, sowohl das der Autos als auch das am Straßenrand stehende Radar, sind aus physikalischer Sicht gleichberechtigt. Begibt man sich von einem System in das andere, so müssen die Geschwindigkeiten abhängig von der Bewegungsrichtung addiert oder subtrahiert werden.
Isaac Newton übernahm in seinem 1687 erschienenen, fundamentalen Werk >Philosophiae Naturalis Principia Mathematica< das Relativitätsprinzip und kombinierte es mit dem Trägheitssatz. Danach bleibt jeder Körper im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen, geradlinigen Bewegung, solange keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken. Ein gutes Beispiel hierfür sind heute interplanetare Raumsonden. Ein Raketentriebwerk beschleunigt sie, bis sie schnell genug sind, um das Schwerefeld der Erde zu verlassen. Dann wird das Triebwerk abgeschaltet, und die Sonde fliegt näherungsweise auf einer geraden Bahn weiter - sieht man einmal von den Schwerkrafteinflüssen der anderen Himmelskörper ab.
Bleibt die Frage: Wie kann ich überhaupt feststellen, ob eine Bahn geradlinig verläuft oder nicht? Im All gibt es keine festen Markierungen, die man als Bezugspunkte nutzen könnte. Newton sah damals keinen anderen Ausweg, als einen absoluten Raum zu definieren. Er schrieb: »Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen äußeren Gegenstand stets gleich und unbeweglich.« Damit hatte er eine Art imaginäres Koordinatenkreuz geschaffen, anhand dessen sich absolute Ruhe und absolute Bewegung festmachen ließen. Er definierte sogar den Nullpunkt, indem er annahm, das Universum besitze ein ruhendes Zentrum. Dies sah er in dem Schwerpunkt des Sonnensystems, der etwas außerhalb des Sonnenzentrums liegt.
Um entscheiden zu können, ob eine geradlinige Bewegung auch mit konstanter Geschwindigkeit erfolgt, bedurfte es noch eines Zeitmaßes, denn Geschwindigkeit ist definiert als zurückgelegte Entfernung pro Zeitintervall. Hierzu legte Newton fest: »Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand.« Diese Festlegung ist deshalb so wichtig, weil die Zeitmessung bei der Definition nahezu aller physikalischen Größen der klassischen Physik, wie Geschwindigkeit, Beschleunigung, Kraft, Impuls oder Energie, eine entscheidende Rolle spielt.
Der Raum bildet somit eine Art kosmische Bühne, auf der sich das Weltenspiel entwickelt. Die Zeit fließt gleichförmig wie ein Fluss, auf dem alle Körper mit gleicher Geschwindigkeit dahintreiben. Das Konzept des absoluten Raumes und der absoluten Zeit wurde zwar durchaus nicht von allen Kollegen akzeptiert, wie im nächsten Kapitel weiter ausgeführt wird, aber Newtons Mechanik vermochte alle Vorgänge sowohl auf der Erde als auch im Weltall so gut zu beschreiben, dass lange Zeit niemand an sie rührte.
Neben dem Newton'schen Werk beherrschte die Elektrodynamik des schottischen Physikers James Clerk Maxwell die Physik des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Um 1855 hatte er eine Theorie entwickelt, mit der er die zahlreichen experimentellen Ergebnisse aus dem Bereich der elektrischen und magnetischen Kräfte in einer einzigen Theorie zusammenfasste. Hierin beschrieb er Licht als eine Form von elektromagnetischen Wellen. Ähnlich, wie sich Wasserwellen auf einem See ausbreiten, sollte sich Licht im Raum bewegen, wobei es im Vakuum die maximale Geschwindigkeit von 300 000 km/s erreicht. In der Analogie zur Wasserwelle sollte sich auch eine elektromagnetische Welle in einem Medium ausbreiten. Die Physiker nannten es Äther.
Damit schien das theoretische Gebäude der Physik errichtet. Als Max Planck 1878 seinem Physikprofessor Philipp von Jolly seinen Entschluss mitteilte, theoretische Physik zu studieren, riet dieser ihm: »Theoretische Physik, das ist ja ein ganz schönes Fach. Aber grundsätzlich Neues werden Sie darin kaum mehr leisten können . Man kann wohl hier und da in dem einen oder anderen Winkel ein Stäubchen noch auskehren, aber was prinzipiell Neues, das werden Sie nicht finden.«1
Doch das Neue näherte sich bereits am Horizont. Man musste nur genau hinsehen. Überraschenderweise schien nämlich auf Licht die Newton'sche Physik nicht zuzutreffen. Die Gleichungen, mit denen man seine Ausbreitung beschrieb, nahmen unterschiedliche Formen an, wenn man sich in unterschiedlich schnelle, gleichförmig bewegte Bezugssysteme begab. Licht verhielt sich also nicht so wie Autos auf der Straße, bei denen man die Geschwindigkeiten einfach addieren muss.
Das zeigte sich eindeutig in einem Experiment des Physikers Albert Michelson. Ziel war es, die Lichtgeschwindigkeit in verschiedenen Bewegungsrichtungen relativ zum Äther zu messen. Als Bezugssystem diente Michelson sein Laboratorium, das mit der Erde um die Sonne herumwirbelte und somit auch durch den Äther flog. Zwar war weder bekannt, mit welcher Geschwindigkeit noch in welcher Richtung sich die Erde relativ zum Äther bewegt. Auf jeden Fall aber mussten Richtung und Geschwindigkeit an verschiedenen Punkten der Erdbahn, beispielsweise bei Frühlings- und Sommeranfang, unterschiedlich sein.
Michelson führte seine Messung nun nicht an zwei Tagen im Jahr durch, sondern er spaltete einen Lichtstrahl in zwei Teile auf, die sich anschließend senkrecht zueinander durch die Apparatur bewegten. Danach führte er sie wieder zusammen und maß im gemeinsamen Zielpunkt die Differenz der Geschwindigkeiten beider Lichtstrahlen. Diese sollte wegen der unterschiedlichen Bewegungsrichtung relativ zum Äther entstehen.
Ein erster Versuch im Jahre 1881, den Michelson bei einem Studienaufenthalt in Potsdam durchführte, erbrachte keinerlei Unterschied der Lichtgeschwindigkeit auf den beiden...
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