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Fanny Mendelssohn-Hensel stammte aus der gebildeten und wohlhabenden Familie, die Moses Mendelssohn gegründet hatte. Moses Mendelssohn, am 17. August 1728 in Dessau geboren, kam 1742 nach Berlin. Bei dem Oberrabbiner David Fränkel absolvierte er seine «Lehrjahre» und suchte als Autodidakt Annäherung an die europäische Bildung der Zeit. Er gilt als Vorkämpfer für die politische und soziale Gleichstellung der Juden in Preußen und als Vordenker der Aufklärung und des Toleranzprinzips. «Nach Wahrheit forschen, Schönheit lieben, Gutes wollen, das Beste tun»[1] war Motto seiner geistigen Haltung und seines gelebten Menschenbildes, das er seiner Familie und seinen Freunden vermittelte. Noch während seiner Sprach- und Philosophiestudien kam er 1750 als Hauslehrer zu dem Berliner Seidenfabrikanten Isaak Bernhard, später arbeitete er dort als Buchhalter und bewies beachtliches geschäftliches Geschick. Nach dessen Tod wurde er Teilhaber der Firma. Seine Stellung ließ ihm Zeit für wissenschaftliche Arbeit. Berühmt in ganz Europa wurde Moses Mendelssohn durch seine Schrift «Phädon oder die Unsterblichkeit der Seele in drei Gesprächen», eine Neubearbeitung der Dialoge Platons. Wegen seiner verständlichen Darstellung hatte das Werk außerordentlichen Erfolg beim Publikum. Seit 1754 war Moses Mendelssohn mit Gotthold Ephraim Lessing befreundet, den er zu seinem «Nathan» anregte, ja ihm letztlich als Vorbild diente. Lessing förderte Mendelssohns literarische und philosophische Arbeit und verhalf ihm zu Veröffentlichungen.
1761 lernte Moses Mendelssohn bei seinem Gönner Aaron Emmerich Gumpertz, der im Haus seiner Verwandten, des Kaufmanns Abraham Guggenheim in Hamburg lebte, dessen 24-jährige Tochter Fromet Guggenheim kennen, die er 1762 heiratete, nachdem ihm die preußische Regierung das Recht auf Niederlassung eingeräumt hatte, ohne das keine Eheschließung möglich war. Die Liebesbriefe Moses' und Fromets brechen mit den Konventionen dieses Genres, sie zeigen offen die herzliche Beziehung der beiden zueinander. Moses Mendelssohn soll auf die Frage, ob Ehen im Himmel geschlossen würden, geantwortet haben, dass dem so sei und ihm dabei etwas Besonderes geschehen sei: «Bei der Geburt eines Kindes wird im Himmel ausgerufen: Der und der bekommt die und die. Wie ich nun geboren wurde, wird mir auch meine Frau ausgerufen, aber dabei heißt es: Sie wird, leider Gottes, einen Buckel haben, einen schrecklichen. Lieber Gott, habe ich da gesagt, ein Mädchen, das verwachsen ist, wird gar leicht bitter und hart, ein Mädchen soll schön sein, lieber Gott, gib mir den Buckel und laß das Mädchen schlank gewachsen und wohlgefällig sein. Kaum hatte Moses Mendelssohn das gesagt, als ihm das Mädchen um den Hals fiel .»[2] Die Mendelssohns führten ein gastliches Haus in Berlin, dort trafen sich Persönlichkeiten aus den verschiedenen Bereichen von Kunst und Kultur. Neben der Tochter Dorothea Veit-Schlegel, die schon früh für Aufsehen sorgte, nahmen die damals in Berlin berühmten Salonieren Henriette Herz und Rahel Levin-Varnhagen regelmäßig an den Lesegesellschaften Moses Mendelssohns teil. Sie lernten, sozusagen an der Quelle, den «Geist der Aufklärung», den Freiheitsgedanken und die Bedeutung der Vernunft für das eigene Handeln kennen, machten sich diese Entwürfe zu eigen und begeisterten sich für die deutsche Kultur. Die Gedankenwelt Moses Mendelssohns war Ausgangspunkt ihres Bildungseifers wie ihres Freiheitsverlangens, hierin wurzeln die jüdischen Salons in Berlin und somit auch der musikalische Salon Fanny Mendelssohn-Hensels. Moses und Fromet Mendelssohn hatten zehn Kinder, von denen vier im frühen Kindesalter starben, die Kinder, die sie großzogen, waren: Brendel (Dorothea), 1764-1839; Recha, 1767-1831; Joseph, 1770-1848; Henriette Maria, 1775-1831; Abraham, 1776-1835 und Nathan, 1782-1852. Die Kinder Moses Mendelssohns übernahmen Verpflichtungen innerhalb der Familie, sie erhielten Zugang zur preußischen Gesellschaft, nahmen Einfluss und - widersprachen.
Salonartige und literarische Geselligkeiten gab es damals in Berlin zwar mannigfache; im hergebrachten aristokratischen Stil, wofür die Herzogin Dorothea von Kurland ein glanzvolles Beispiel bildete. [.] Auch die Töchter der Familien Itzig, Cohen und Solomon betätigten sich als freundliche Gastgeberinnen. Wenn aber von den berühmten Berliner jüdischen Salons die Rede ist, sind nicht diese gemeint, sondern die legendäre Dreierkonstellation: Henriette Herz, Rahel Levin und Dorothea Schlegel.
Verena von Heyden-Rynsch: Europäische Salons. Reinbek 1995, S. 135
So heiratete Dorothea (Brendel) Mendelssohn zunächst 1783 den Berliner Bankier Simon Veit, den der Vater für sie ausgesucht hatte. In der aufklärerischen Atmosphäre des Elternhauses hatte Brendel, die als Zeichen der Assimilation ihren Vornamen in Dorothea umänderte, ein starkes Selbstbewusstsein erworben, sie wollte die Lebensbedingungen, in die sie das Judentum zwang, aufbrechen. Als sie im Salon der Henriette Herz Friedrich Schlegel begegnete, verliebte sie sich in ihn und verließ das Haus Simon Veits. Die bedingungslose Hingabe an ihr Gefühl bildet einen Kontrapunkt zu den Gesetzen der Vernunft und deutet auf die gerade erst anbrechende Romantik. Sie lebte zunächst in Paris, wo sie 1804 zum evangelischen Glauben übertrat, 1808 konvertierte sie zum Katholizismus, später lebte sie in Rom, zuletzt in Frankfurt, wo sie 1839 starb. Ihr damals als skandalös betrachtetes Leben verrät einen ausgeprägten Willen zur selbstbestimmten Gestaltung - auch gegen die herrschende Konvention - und stand so im Widerspruch zu dem integrierenden Familiengedanken der Mendelssohns. Auch ihre Schwester Henriette Mendelssohn folgte nicht dem vorgegebenen weiblichen Weg. Sie lebte zunächst in Wien, leitete dann später in Paris ein Mädchenpensionat, sprach fließend Französisch und Englisch. Germaine de Staël war ihre Freundin, Alexander von Humboldt und Benjamin Constant gingen bei ihr ein und aus. Ihr kritischer Geist und ihre Selbständigkeit - sie blieb unverheiratet - waren ebenfalls ungewöhnlich für die Zeit.
Im Unterschied zu den beiden Schwestern Henriette und Dorothea übernahm Joseph Mendelssohn die notwendigen Verpflichtungen, er wurde Leiter des Bankhauses Mendelssohn, in das sein jüngerer Bruder Abraham später ebenfalls eintrat und das die wirtschaftliche Grundlage der Familien bilden sollte. Nathan war Techniker und Instrumentenbauer, er wurde einer der Mitbegründer der Polytechnischen Gesellschaft in Berlin. Wie sehr die Familie immer wieder den Fluchtpunkt aller Mitglieder bildete, wird am Schicksal der 1767 geborenen Schwester Recha deutlich. Sie lebte nach einer unglücklichen Ehe in Hamburg-Altona, wo sie ein Mädchenpensionat gründete. Später jedoch zog sie in das Haus ihres Bruders Abraham, Leipziger Straße 3 in Berlin.
Abraham Mendelssohn, der Vater Fanny Mendelssohn-Hensels, wurde am 10. Dezember 1776 geboren. Er begann seine berufliche Laufbahn als Angestellter des Bankhauses Fould und Co. in Paris. Dort hielt er sich oft bei seiner Schwester Henriette auf; vermutlich begegnete er bei ihr Lea Salomon, die später seine Frau werden sollte. Sebastian Hensel zitiert in seiner Darstellung der Familie Mendelssohn einen Brief eines Freundes der Familie Salomon, der das Wesen Lea Mendelssohns als reizend und intelligent beschreibt und hinzufügt: «Sie hatte sich jede Gattung modischer Bildung angeeignet; sie spielte und sang mit Ausdruck und Anmut, aber selten und nur für Freunde; sie zeichnete trefflich; sie sprach und las Französisch, Englisch, Italienisch und - heimlich - Homer im Original. Heimlich! Wie hätten andere mit ihrem Können geprunkt!»[3]
Abraham und Lea Mendelssohn lebten zunächst in Hamburg, wo Fanny am 14. November 1805, Felix am 3. Februar 1809 und Rebecka 1811 geboren wurden; nach der Übersiedlung der Familie nach Berlin folgte Paul 1812. Wie sehr sich Abraham Mendelssohn seiner Familie verbunden fühlte und wie viel Glück er in ihr fand, verrät ein Brief seiner Schwester Henriette aus Paris, wo sich Mendelssohn 1819/20 geschäftlich aufhielt und dort offensichtlich wenig Gefallen an öffentlichen Veranstaltungen fand: «Auch die Opera buffa scheint ihn nicht mehr anzuziehen, und mit Recht zieht er seine Hauskapelle allen berühmten Virtuosen vor. Indessen scheint er mir ganz resigniert, und ich muss sagen, in manchem anderen noch sehr vorteilhaft verändert; er erkennt, dass er glücklich ist, fühlt es lebendig in sich, und das hat ihn verjüngt; ich finde ihn gar nicht mehr so heraklitisch, bloß ernst, wie es einem Manne, und zuweilen gerührt, wie es einem Gatten und Vater ziemt, der von allem, was er liebt, getrennt ist.»[4]
Sich und seine Familie suchte Abraham Mendelssohn in Preußen heimisch zu machen. Obwohl er eine Vorliebe für Frankreich hegte - er reiste mehrmals auch mit der Familie nach Paris -, stand er während der napoleonischen Kriege auf der deutschen Seite und rüstete zudem auf seine Kosten mehrere Freiwillige aus. Seine Verdienste wurden in Berlin durch die Wahl zum unbesoldeten Stadtrat anerkannt. Er ließ seine Kinder christlich erziehen und schließlich 1816 protestantisch taufen, später auch sich und seine Frau. Die Geschwister wuchsen in einer weltoffenen Atmosphäre auf, in der den Idealen der Aufklärung hoher Wert beigemessen wurde. Die Familie und ihr Wohl stand für alle an erster Stelle, in ihr fand man Geborgenheit, hier...
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