Schweitzer Fachinformationen
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Roland Engehausen
1 Not und Hoffnung
1.1 Umbruch: Unsicherheit im Krankenhausmanagement
1.2 Einseitige Erzählung: Die Pflege im Krankenhaus muss entlastet werden
2 Veränderung braucht Sicherheit
2.1 Rückblick: Aus der Vergangenheit lernen
2.2 Konsens: Reformbedarfe in Politik und Selbstverwaltung anpacken
2.3 Gestaltung: Menschen im Krankenhaus machen lassen
3 Pflegefachpersonen machen den Unterschied
3.1 Entwicklung: professionelles Berufsbild der Pflege stärken
3.2 Management: Bei stationärer Versorgung kommt es auf die Pflege an
3.3 Image: Anerkennung und Status für Pflegefachpersonen
4 Ausblick
Literatur
Abstract:
Die Unsicherheit in Krankenhäusern war in den letzten Jahrzehnten noch nie so groß wie nach drei Jahren Corona-Pandemie, Fachkräftemangel, Kostenexplosion und einer vor der Tür stehenden Krankenhausreform. Die Bewältigung der kurzfristigen Herausforderungen bindet das Krankenhausmanagement, obwohl grundsätzliche Strukturfragen zu gestalten wären. In der Pflege dominiert der akute Personalmangel. Die dringend notwendige Entlastung der Pflege bestimmt die Diskussion. Doch der Blick sollte auch stärker auf die zukünftige Bedeutung der Pflege im Krankenhaus gehen. Die Pflegeleistung wird künftig stärker bestimmen, ob ein stationärer oder ein ambulanter Versorgungsbedarf vorliegt. Die Bedeutung einer aktiven Professionsentwicklung der Pflege als Fundament für Veränderungsprozesse im Krankenhaus wird noch unterschätzt und nicht systematisch genug mit modernen Personalkonzepten, Fachkarrieremöglichkeiten und Berufsbild-Entwicklungen gefördert. Pflegefachpersonen können aber in Zukunft eine Schlüsselrolle einnehmen, wenn Kliniken der Dreh- und Angelpunkt in einer regional vernetzten Gesundheitsversorgung werden.
Dass Krankenhäuser ein Grundpfeiler der Gesundheitsversorgung sind, ist unstrittig. Nicht nur in der stationären Versorgung, sondern zunehmend auch in der (ambulanten) Notfallmedizin und als Anker für komplexe ambulante Versorgung.
Jedoch war die Unsicherheit noch nie so groß: Die Kosten explodieren, die Corona-Pandemie führt weiterhin zu massiven Personalausfällen, die Versorgung muss erneut eingeschränkt werden. Die hohen Aufwände durch zusätzlichen Hygieneschutz bei einer Höchstzahl von Patienten "mit" Corona führt zu Engpässen überall in den Kliniken, von der Notfallversorgung bis zu erneut verschobenen planbaren Operationen. Dieser Versorgungsengpass verschlimmert auch die finanzielle Problematik für die Kliniken, weil eingeplante Umsätze fehlen.
Ein Jahr nach der Bundestagswahl fehlt ein verlässliches Zielbild für die künftige stationäre Versorgung und die ambulant-stationäre Vernetzung. Ein Reformbedarf ist unstrittig. Dies gilt zur Sicherstellung einer hochkomplexen Spitzenmedizin in Deutschland durch Spezialisierung und Fokussierung. Dies gilt auch für Kliniken, die in klinisch-ambulante Strukturen umgewandelt werden könnten - ob diese nun Integrierte Gesundheitszentren, ambulante Kliniken oder Überwachungskliniken genannt werden (Stiftung Münch, 2022). Doch im Herbst 2022 fehlen noch konkrete Gesetze vom Bund, um die möglichen Chancen veränderter Strukturen zur Versorgungssicherung und Versorgungsentwicklung nutzen zu können.
Im Krankenhausmanagement werden die nächsten Monate insbesondere von der Lösung kurzfristiger Herausforderungen geprägt sein. Dazu zählt die Finanzierungsunsicherheit in Höhe von 15 Mrd. EUR für 2022 und 2023 (Deutsche Krankenhausgesellschaft, 2022), die über Hilfsfonds mit zusätzlicher Antragsbürokratie anstelle einer verlässlichen Regelfinanzierung ausgeglichen werden soll. Außerdem bindet der tägliche Umgang mit akuten Personalausfällen viel Aufmerksamkeit im täglichen Management der Kliniken. Die Pflege steht dabei besonders im Fokus.
Bei finanzieller und struktureller Unsicherheit sind negative Auswirkungen auf die Arbeitssituation im Krankenhaus nahezu unvermeidlich. Entscheidungen mit finanziellem Aufwand werden im Krankenhausmanagement aufgrund fehlender Planbarkeit zurückgestellt. Leider wird dieser Aspekt bei politischen Entscheidungen oft unterschätzt.
Der Fachkräftemangel im Krankenhaus und insbesondere in der Pflege ist unbestritten. Die Jobportale sind voll mit entsprechenden Stellenanzeigen der Kliniken. Die Pflege im Krankenhaus ist zu oft unterbesetzt. Bei Krankheitsausfällen werden Pflegefachpersonen "aus dem Frei" geholt und im dritten Corona-Jahr wird die Arbeit in den Kliniken nicht einfacher. In der derzeitigen Diskussion über die Pflege im Krankenhaus steht die Erzählung einer dringend notwendigen Entlastung von Pflegefachpersonen eindeutig im Fokus.
Forderungen nach Entlastungstarifverträgen wie bisher insbesondere in Berlin, Nordrhein-Westfalen und zuletzt in Hessen haben dieses Problem zum Programm gemacht. Auch im Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) soll es darum gehen, Pflegefachpersonen vor Überforderung zu schützen. Auf der Website des BMG wird zum Kabinettsentwurf des KHPflEG der Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach zitiert:
"Wir brauchen ein Umdenken in der Klinikbranche. Pflegekräfte sind extrem belastete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nur wer sie gut bezahlt, Überstunden ausgleicht, ihre Stationen gut besetzt, wird am Arbeitsmarkt Pflegekräfte halten oder neue gewinnen. Eine angemessene Personalausstattung in der Pflege im Krankenhaus ist essentiell, sowohl für die Qualität der Patientenversorgung als auch die Arbeitssituation der Pflegekräfte in den Krankenhäusern. Das wird durch das neue Entlastungsgesetz sichergestellt." (Bundesgesundheitsministerium, 2022).
Aus der Sicht vieler Pflegerinnen und Pfleger gibt es attraktive Angebote außerhalb einer Festanstellung in der Zeitarbeit, oft zulasten der Stammbelegschaften. Dort kann besser bezahlt werden und Wunschdienstpläne sowie ein festes Frei sind möglich. Dies sind wichtige Kriterien für die Steigerung der Berufsattraktivität (Grautmann/Seiters, 2022). Krankenhäuser leiden unter einer Zunahme des Personalleasings durch höhere Kosten und sozialen Unfrieden in der Belegschaft. Aber neben einer zufriedenstellenden Work-Life-Balance und besseren Vergütung hat bei Pflegefachpersonen auch die Selbstverwirklichung im Beruf eine hohe Bedeutung.
Die Herausforderungen erscheinen größer zu sein, als durch Entlastungstarifverträge oder ggf. einer Begrenzung der Zeitarbeit lösbar. Eine nachhaltige Entlastung wird auch davon abhängen, wie sich das Berufsbild, die praktische Tätigkeit und damit die fachliche Attraktivität und Entwicklungsperspektive der Pflege im Krankenhaus entwickelt. Dies wird entscheidend bei der Frage sein, wie viele und wie gut qualifizierte Pflege-Auszubildende und Pflege-Studierende künftig gewonnen und in der praktischen Tätigkeit für die Patientenversorgung gehalten werden können.
Die PPR 2.0 soll über das KHPflEG nur verkürzt umgesetzt werden ohne die aktive Berücksichtigung einer inhaltlichen Professions- und Skill-Mix-Entwicklung. Die Pflegebedarfsbemessung soll laut dem Kabinettsentwurf unter dem finanziellen Vorbehalt des Bundesfinanzministers stehen. So erscheint die PPR 2.0 insbesondere auf eine Entlastung ohne Impulse für die Professionsentwicklung beschränkt zu sein, soweit es die Finanzmittel zulassen (medhochzwei, Maucher, 2022). Mit Blick auf die Zukunft besteht derzeit die Gefahr einer zu einseitigen Fokussierung auf Entlastungen in der Pflege, so nötig diese sind.
Der Bedarf einer zukunftsorientierten Personal- und Professionsentwicklung in der Pflege droht in den Hintergrund zu geraten. Dies ist auch ein Risiko für das Krankenhausmanagement. Denn es dürfte unstrittig sein, dass die Pflegeleistung künftig stärker bestimmen wird, ob ein stationärer oder ein ambulanter Versorgungsbedarf vorliegt, worauf in Kapitel 3.2 näher eingegangen wird. Daher sollte in der Reformdebatte über die Zukunft der Pflege im Krankenhaus die notwendige Entlastung von Pflegefachpersonen um zwei weitere Handlungsfelder ergänzt werden:
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