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3. Die Europäische Union
Die europäische Einigung hat uns Frieden auf dem Kontinent gebracht und außerdem viele Annehmlichkeiten, einigen Ländern sogar wirtschaftliche Vorteile. Auch genießen wir alle die Reisefreiheit und die Bequemlichkeit, in vielen Ländern kein Geld mehr wechseln zu müssen. Wenn in diesem Kapitel die EU kritisiert wird, so gilt das der momentan existierenden Form der Europäischen Union. Dass hier etwas nicht in Ordnung ist, zeigen nicht nur der Brexit, sondern auch die finanziellen Probleme einiger Mitgliedsstaaten und die europafeindlichen Tendenzen in einigen anderen Ländern. Nur eine vorbehaltlose Analyse der Ursachen kann hier Abhilfe schaffen und die EU-Skepsis stoppen.
Entstehung der Europäischen Gemeinschaft
Der Gedanke an eine Einigung Europas reicht bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Damals wollte Napoleon mit seinen Eroberungszügen ein vereintes Europa unter seiner Herrschaft errichten. Als Reaktion darauf erschienen zur Zeit des Wiener Kongresses Karl Christian Krauses "Entwurf eines europäischen Staatenbundes"69 und eine Schrift des Grafen Claude Henri de Saint-Simon und seines Schülers Augustin Thierry,70 die sogar dem Kongress überreicht wurde. Beide Abhandlungen gingen davon aus, dass die Souveränität der europäischen Staaten nicht angetastet werden solle. Trotzdem war die Zeit für solche Gedanken noch nicht reif; zu groß war die Rivalität der europäischen Großmächte.
In den Jahren des Umbruchs 1832 und 1848/49 kamen weitere bedeutende Beiträge aus dem italienischen Risorgimento, von Johann Georg August Wirth und von Victor Hugo71 als Präsident des Pariser Weltfriedenskongresses von 1849. Aber erst 1923 entstand vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Ersten Weltkriegs die Paneuropa-Union, die ein "Vereinigtes Europa" als neuen Staat zum Ziel hatte. Sie existiert heute noch, hat aber keine politische Bedeutung mehr. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Sehnsucht nach einem geeinten Europa besonders stark. Der erste konkrete Schritt in diese Richtung war 1944 der Beschluss der Exilregierungen der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs, eine Zollunion zu errichten, die schließlich 1948 verwirklicht wurde. Gleichzeitig strebten die drei Staaten eine Wirtschaftsunion und eine enge militärische Zusammenarbeit an. Im selben Jahr 1948 beschlossen auch Frankreich und Italien eine Zollunion. Nach dem Zweiten Weltkrieg versprach ein vereintes Europa dauerhaften Frieden zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern. In Westeuropa spielten aber auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle. Der Wiederaufbau ließ sich in einem größeren Wirtschaftsraum leichter vorantreiben. Diesen Gedanken förderten vor allem die USA, die in den nationalen Beschränkungen ein Hindernis für den Absatz ihrer Erzeugnisse sahen. Ihr erster Versuch, in Form der "International Trade Organization" ein internationales Freihandelsabkommen zu schließen, scheiterte. In einem zweiten Anlauf wurde aber bereits 1947 das "General Agreement on Tariffs and Trade" (GATT) geschaffen, das in der gesamten westlichen Welt eine liberale Wirtschaftsordnung durchsetzen sollte. Amerika unterstützte dabei auch alle Bestrebungen für ein starkes Westeuropa, das in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht ein Bollwerk gegen den Kommunismus bilden sollte.
Die Idee einer Freihandelszone in Zentraleuropa griff vor allem Frankreich auf. Eine der treibenden Kräfte war der französische Außenminister Robert Schuman. Auf seine Initiative hin wurde am 18. April 1951 die "Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl", die sogenannte "Montanunion", gegründet, die die damals kriegswichtigen Materialien Kohle, Eisenerz und Schrott einer gemeinsamen Kontrolle und Verwertung unterzog. Die Mitglieder waren Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Niederlande und Luxemburg. 1953 wurden die Verträge auf Eisen und Kommerzstahl, 1954 auch auf Edelstahl ausgedehnt.72
Das ausführende Organ war die "Hohe Behörde", die aus Vertretern der Mitgliedsstaaten bestand und als Vorläuferin der Europäischen Kommission gilt. Die psychologische Wirkung der Montanunion auf die Bevölkerung darf nicht unterschätzt werden: Während die früheren Aktivitäten für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum vor allem von den USA ausgingen, unternahm jetzt Europa selbst den ersten Schritt für eine Zusammenarbeit in einem wichtigen Industriezweig.
Die nächsten Stationen auf dem Weg zur europäischen Einigung waren die "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG) und "EURATOM". Sie umfassten ebenso wie die Montanunion die sechs Länder Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Beide Gemeinschaften wurden 1957 mit den Römischen Verträgen gegründet. Dass sie zusammen realisiert wurden, war kein Zufall, erhoffte sich doch Frankreich durch die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kernenergie, auf dem sie unter den Vertragspartnern führend war, eine Schlüsselrolle; mit Blick auf eine Wirtschaftsgemeinschaft war es inzwischen hingegen eher skeptisch. Umgekehrt war das wirtschaftlich erstarkte Deutschland an der EWG interessiert, hatte aber ebenso wie die Niederlande Vorbehalte gegen die Atomgemeinschaft. Da beide Verträge zusammen verhandelt wurden, stimmten schließlich alle sechs Partner zu.
Die EWG sollte vor allem auch einen gemeinsamen Agrarmarkt schaffen. Sie legte fest, in welchen Regionen welche Art von Landwirtschaft zu fördern war. Die Älteren unter uns erinnern sich noch, dass es damals plötzlich französischen Käse und südeuropäische Weine zu erschwinglichen Preisen gab. Aber die Kosten für diesen gemeinsamen Agrarmarkt sind auch heute noch wegen der hohen Subventionen eine der Hauptbelastungen für den EU-Haushalt. Außerdem wurde an vielen Orten die Diversität der Landwirtschaft eingeschränkt. Monokulturen entstanden.
Die drei Verträge über die Montanunion, die EWG und über EURATOM begründeten die Europäische Gemeinschaft (EG). In den Ländern, die später der EU beitraten, führte es wiederholt zu Unmut, auch den EURATOM-Vertrag unterschreiben zu müssen, sind sie doch damit an den Subventionen der Kernenergie beteiligt, auch wenn sie selbst keine Atomkraftwerke betreiben.
Oberstes Organ der EG war der "(Minister-)Rat", der sich aus je einem Fachminister der Mitgliedsstaaten bzw. dessen Vertretung zusammensetzte. Der Rat tagte also für die verschiedenen Fachbereiche in unterschiedlicher Besetzung. Die Kommission bildete die Exekutive. Jedes Mitgliedsland schlug einen (Belgien, Dänemark, Griechenland, Irland, Luxemburg, Niederlande) bzw. zwei EU-Kommissare vor (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien) vor, die dann im gegenseitigen Einvernehmen der Mitgliedsstaaten für vier Jahre ernannt wurden. 1974 kam der "Europäische Rat" hinzu, der aus den Regierungschefs der Mitgliedsländer bestand. Er gab die grundsätzlichen Impulse für die Politik und für die Weiterentwicklung der Gemeinschaft. Seit 1979 gibt es auch das "Europäische Parlament", das von den EG-Bürgern direkt gewählt wird, wenn auch mit sehr unterschiedlicher Gewichtung der Stimmen - es sollte ein Übergewicht der großen Staaten vermieden werden. All diese Organe bestehen heute noch. Der "Europäische Gerichtshof" schließlich wacht über die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts.
Lange Zeit blieb es bei dem "Kerneuropa" mit nur sechs Mitgliedern. Erst 1973 traten Großbritannien, Irland und Dänemark der EG bei - ein wichtiger Schritt für den Friedensprozess in Nordirland. Griechenland folgte 1981, Spanien und Portugal 1986. 1995 kamen Finnland, Schweden und Österreich dazu. Die große "Osterweiterung" fand 2004 mit dem Beitritt von Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien, Malta und Zypern statt. Den vorläufigen Abschluss bildeten 2007 Rumänien und Bulgarien, sowie 2013 Kroatien.
Der nächste große Schritt bei der europäischen Einigung war der "Vertrag zur Errichtung der Europäischen Union" (EUV), besser bekannt als "Vertrag von Maastricht", der am 7. Februar 1992 unterzeichnet wurde und am 1. November 1993 in Kraft trat. Er übertrug wesentliche Souveränitätsrechte der Mitgliedsstaaten auf die Europäische Union (EU). Das betrifft vor allem die "Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" (GASP), die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und die Schaffung einer EU-Polizei (Europol). Gleichzeitig wurde eine gemeinsame Währung (der ECU, also noch nicht der Euro) eingeführt und die Gründung der Europäischen Zentralbank beschlossen. Die engere wirtschaftspolitische und finanzielle Zusammenarbeit führte schließlich 1997 zum "Vertrag von Amsterdam", der unter anderem Stabilität und Wachstum garantieren sollte und das sogenannte "Sozialprotokoll" in der EU verbindlich einführte.
Der Verfassungsentwurf und der Vertrag von Lissabon
Die Entscheidungsstrukturen in der EU waren auf die Mitgliedschaft einiger weniger Staaten ausgelegt. Vieles musste einstimmig beschlossen werden. Angesichts der großen "Osterweiterung" war es dann aber nötig, die Regeln elastischer zu gestalten. Dies geschah 2001 im "Vertrag von Nizza". Doch auch das konnte nur eine vorläufige Lösung sein. Eine grundlegende Überarbeitung der Verträge schien unverzichtbar. Außerdem wollte man abgesehen von EURATOM alle Verträge zur Gründung der EU zusammenfassen und so erreichen, dass die Union eine einheitliche "Verfassung" erhielt. Ferner sollten die Mitgliedsstaaten stärker in eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik...
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