1 - Inhalt [Seite 4]
2 - Geleitwort [Seite 5]
3 - Vorwort [Seite 6]
4 - Teil I: Grundlagen und generelle Abklärungen [Seite 8]
5 - 1 Neuroanatomie und Neurophysiologie des Magen-Darm-Traktes [Seite 10]
6 - 2 Psychosoziale und lebensgeschichtliche Ursachen chronischer Bauchbeschwerden [Seite 22]
7 - 3 Allgemeine Abklärungen und diagnostische Schritte [Seite 32]
8 - 4 Patienten mit chronischen Bauchbeschwerden: Abklärungsstrategie für somatische Ursachen [Seite 44]
9 - Teil II: Spezielle Diagnostik und allgemeine therapeutische Ansätze [Seite 56]
10 - 5 Ernährung und chronische Bauchbeschwerden bei Erwachsenen [Seite 58]
11 - 6 Ernährung und chronische Bauchbeschwerden bei Kindern [Seite 68]
12 - 7 Der Bewegungsapparat als Ursache chronischer Bauchschmerzen [Seite 82]
13 - 8 Diagnostik und Behandlung von Bauchschmerzen nach der traditionellen chinesischen Medizin [Seite 94]
14 - 9 Phytotherapeutische und ausgewählte weitere komplementärmedizinische Behandlungen bei Bauchschmerzen [Seite 102]
15 - 10 Klassische Homöopathie bei Bauchschmerzen [Seite 116]
16 - Teil III: Spezifische Diagnostik und Therapie [Seite 124]
17 - 11 Allergien [Seite 126]
18 - 12 Reizdarmsyndrom [Seite 136]
19 - 13 Chronische Bauchschmerzen und Reizdarmsyndrom im Kindesalter [Seite 144]
20 - 14 Psychotherapeutische Interventionen beim Reizdarmsyndrom [Seite 156]
21 - 15 Obstipation und chirurgische Therapieoptionen [Seite 164]
22 - 16 Divertikulose [Seite 174]
23 - 17 Verwachsungsbauch [Seite 184]
24 - 18 Urogenitale Beschwerden bei der Frau [Seite 194]
25 - 19 Chronische urologische Schmerzen [Seite 202]
26 - 20 Chronischer Unterbauchschmerz: Diagnose und Therapie aus anästhesiologischer Sicht [Seite 212]
27 - Teil IV: Wertung therapeutischer Ansätze [Seite 220]
28 - 21 Evidenz und Komplementärmedizin am Beispiel des Reizdarmsyndroms [Seite 222]
29 - Über die Autorinnen und Autoren [Seite 234]
30 - Sachregister [Seite 236]
2 Psychosoziale und lebensgeschichtliche Ursachen chronischer Bauchbeschwerden (S. 23-24)
Rudolf Buchmann
2.1 Psychosomatik des Alltags
Unverstellte Selbstwahrnehmung
Beobachten wir uns selbst, spüren wir, wie unser Körper auf Ereignisse reagiert. Zwingend und unmittelbar stellt sich das Erleben der psychosomatischen Einheit her. Besonders deutlich wird dies zum Beispiel bei starken Affekten: Prüfungsangst, Schrecken oder Trauer usw. Werden wir erschreckt, ist nur mit gewaltiger Anstrengung eine Muskelreaktion zu verhindern. Sind wir auf ein kommendes Ereignis gespannt – ob freudig oder ängstlich – «reagieren wir» mit körperlichen Veränderungen, zum Beispiel Herzklopfen.
Das Einschlafen wird schwierig oder der Magen drückt. Alltäglich sprechen wir wohl von somatischer Antwort auf den psychischen Vorgang. Oder wir sehen Heißhunger, Übelkeit, Kribbeln bis hin zu Schmerzen oder auch Durchfall als Hinweis auf etwas «Psychisches ». Nun spürt nicht jede(r) beim selben Anlass das gleiche Organ.
Das affektive Erleben und die zugehörigen innerkörperlichen Prozesse sind keinesfalls naturgesetzlich, sondern sehr individuell angesiedelt. Ich kann meine «Nervosität» verschieden im Körper verteilen, zumeist geschieht mir dies unbewusst. Aber Yogaübungen, Meditationstechniken oder bewusstes Atmen lehren uns mit Spannungen bewusst umzugehen.
Dies beweist, dass es sich nicht einfach um bloße physiologische Abläufe handelt. Unser Bewusstsein kann – im Prinzip – direkt Einfluss ins vegetative Nervensystem hinein nehmen. Umgekehrt erleben wir, dass uns ein Unwohlsein, Krämpfe oder Appetitlosigkeit befallen, deren «Ursache» uns keineswegs klar sind.
Aber wir können lernen, welche Informationen uns bestimmte körperliche Beschwerden mitteilen, sofern wir es denn hören wollen. Magenweh oder Durchfall sagen uns, dass etwas mit uns oder unseren Lebensumständen nicht im Gleichgewicht ist. Manchmal wird uns rasch klar, worum es geht, oder «es fällt uns wie Schuppen von den Augen».
Manchmal können wir uns «keinen Reim darauf machen». Tatsächlich kann sowohl ein Virus, verdorbenes Essen oder die bevorstehende Prüfung Auslöser sein. Auseinander zu halten, was eine «materielle» Reaktion auf einen «materiellen» Einfluss ist und was der Lebenssituation entspringt, ist oft nicht einfach. Zudem besteht die «Lebenssituation » noch aus äußerem (z. B. drohende Arbeitslosigkeit) und innerem Geschehen (z. B. Zukunftspanik – eine mögliche, aber nicht notwendige Reaktion auf die Gefahr).