Schweitzer Fachinformationen
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"Der moderne Mensch leidet an Bewegungsmangel. Manche halten eine Wanderniere bereits für eine ausreichende körperliche Betätigung."
Piet Vlanders
Die kulturhistorische Dominanz der aristotelischen Lehre, wonach die Welt vor allem verstanden und nicht mehr erlebt werden soll, ist eine Hauptursache für den menschlichen Forschungsdrang. Wir verdanken ihm Entdeckungen und Entwicklungen wie zum Beispiel die Elektrizität, die Medizintechnik oder die Computertechnologie mit einer immer stärkeren Durchdringung des täglichen Lebens. Geistige Erkenntnisse bedeuten leider nicht, dass auch der menschliche Körper davon gleichzeitig profitiert. Gegenwärtig scheint der Körper sogar trotz einer beachtlichen Steigerung des Wissens immer mehr zu verkümmern.
Ein wichtiger Grund dafür ist die Erfindung von großartigen oder teilweise sinnlosen Geräten und Maschinen zur sogenannten Lebenserleichterung. Diese Erfindungen werden häufig anders gebraucht, als ursprünglich geplant war. Der Fahrstuhl ist nützlich, wenn der Mensch hohe Bauwerke erklimmen möchte. Allerdings wird er auch als Alternative zur Bewältigung nur weniger Treppenstufen verwendet. Autos ermöglichen der Menschheit eine vollkommen neue Dimension der Mobilität. Wahrscheinlich ist es jedoch nicht im Sinne des Erfinders, damit die Brötchen vom Bäcker um die Ecke zu holen.
Die heutigen Menschen können - im Gegensatz zu den Tieren in freier Wildbahn - fast vollständig ohne großen Einsatz ihres Körpers überleben.
Das im Tierreich und bei früheren Menschen lebensnotwendige körperliche Leistungsniveau zur Verteidigung oder Nahrungsgewinnung ist in der heutigen Zeit nicht mehr zwingend erforderlich. Sind wir vor evolutionsbiologisch relativ kurzer Zeit noch weit gelaufen und haben schwer getragen, um die Nahrung in die Höhle zu transportieren, jagen wir heute unser Essen abgestützt auf rollenden Drahtgestellen. Mit größeren Blechwagen bringen wir die Beute möglichst dicht an unsere Behausung heran, um sie dann eventuell mit einem fahrenden Treppenersatz keuchend in unserer Höhle zu lagern. Neben der Nahrungsgewinnung, die nahezu ohne großen körperlichen Einsatz erfolgt, ist auch deren Zubereitung auf dem Feuer ohne mühsames Sammeln und Transportieren von Brennmaterial möglich.
Weitere Grundbedürfnisse können vollständig ohne eigenen Energieverbrauch befriedigt werden. Die Wärmeerzeugung in der Höhle war vor einigen Jahren wenigstens noch mit dem Tragen von Kohlen verbunden. Heute reicht eine minimale Rotation im Unterarm und demnächst das Eintreffen eines Smartphones mit dem dazugehörigen Besitzer in der volldigitalisierten Behausung.
Mittlerweile legen viele von uns durchschnittlich nur etwa 700 Meter Fußweg zurück und sitzen oftmals 12 bis 14 Stunden pro Tag. Wir mutieren vom Bewegungswunder zum dauersitzenden Denkwunder (? Abb. 2.1).
Abb. 2.1 Die Entwicklung des Menschen.
Bereits unsere Vorfahren und alle Naturvölker haben sitzende Haltungen eingenommen, allerdings nicht annähernd so lange und so statisch. In vielen Ländern wurde und wird auch heute noch wesentlich mehr gekniet, gehockt, gekauert oder gelegen (? Abb. 2.2). Die japanische Art des Sitzens auf dem Boden beispielsweise ist in europäischen Ländern fast nur noch von kleinen Kindern nachzuvollziehen. Die meisten Erwachsenen in Europa würden sich bei diesen Positionen erheblich zerren, auskugeln, überdehnen oder anderweitig verletzen.
Abb. 2.2 Haltung in verschiedenen Kulturen.
Das Sitzen auf Stühlen ist etwas ganz Besonderes. Ursprünglich war dies nur den Königen, Kaisern und Kirchenoberen zur Machtdemonstration vorbehalten. Es entwickelte sich etwa 1500 n. Chr. in unserer Region eine gesellschaftsfähige Sitzkultur. Zu dieser Zeit wollte auch das Bürgertum an der kulturellen Errungenschaft des Stuhlsitzens teilhaben.
Die Grundidee für das Sitzen war neben der Machtdemonstration zu späterer Zeit eine Energiesparfunktion des Körpers. Geistige Ressourcen sollten durch körperliche Einsparungen frei werden. Diese Idee war bereits im 19. Jahrhundert in deutschen Schulen angekommen. "Was dabei dem körperlichen Bewegungsdrang vorenthalten wird, soll sich zu einem geistigen Bewegungsdrang, zu einer geistigen Freiheit weiten." (Eickhoff, H.)
Dauersitzen ist allein deshalb unökonomisch, weil auch das Gehirn Sauerstoff zum Arbeiten benötigt. Der Sauerstoff kommt aber nur im Gehirn an, wenn der Herzmuskel durch Muskelaktivität jenseits der Fingertipp- oder -schreibbewegung angeregt wird. Bewegtes Lernen in Grundschulen belegt eindrücklich diese These. Die Denkleistung verbessert sich durch Bewegungsangebote im Unterricht.
Der Beginn des Sitzzwangs bereits im frühesten Kindesalter ist erschreckend. In der Kita (Kindertagesstätte) befinden sich die Kinder in einem Alter, in dem viele motorische Grundlagen entwickelt werden müssen. In dieser entscheidenden Phase sitzen die Kinder durchschnittlich fünf bis sechs Stunden täglich. Diejenigen Kinder, deren natürlicher Bewegungs- und Entdeckungsdrang immer wieder das sozio-kulturell angepasste Verhalten zum dauerhaften Stillsitzen torpediert, werden nicht selten auf ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) diagnostiziert und mit chemischen Substanzen ruhig gestellt. Das ADHS-Problem steigert sich erheblich, wenn der Sitzzwang mit Bildschirmmedien kombiniert wird.
Spätestens in der Schule müssen wir dann alle lernen, sitzend zu lernen.
Die Diskrepanz zwischen der Benutzung des Körpers im Verhältnis zum Gehirn wird in ? Tab. 2.1 deutlich:
Bewegungsapparat
Gehirn
Knochen
Muskeln
Gewicht (70 kg schwerer, untrainierter Mann)
12,2 kg
30,6 kg
1,4 kg
Prozentualer Anteil am Gesamtgewicht
17,5 %
43,7 %
= 61,2 %
2.0 %
Durchschnittliche Stundenanzahl in deutschen Schulen (33 h)
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